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Der Lewe-Campus | Eine Generationenfrage | Unbekanntes Flugobjekt
Guten Tag,
in Wahlkampfzeiten werden Themen aus vielen Gründen nach vorne geschoben. Zum Beispiel, weil sich Parteien damit positionieren und profilieren können. Oder weil sie damit Wähler:innen-Stimmen gewinnen können. Oberbürgermeisterkandidaten wollen zeigen, wofür sie stehen und was sie besser machen werden als ihre Mitbewerber. Manchmal geht es auch um Relevanz, um Bedeutung, um Zukunftsvisionen. Oder es geht darum, Stimmungen und Befindlichkeiten aufzuspüren und aufzunehmen.
Doch ausgerechnet bei einem sehr münsterschen Thema halten sich irgendwie alle Politiker:innen zurück. Und das, obwohl es umstritten ist und obwohl es dazu viele Meinungen in Politik und Stadtgesellschaft gibt. Das Interesse wäre folglich groß, der Debatten-Bedarf ebenfalls. Es geht um ein Konzerthaus für Münster. Es geht um den Musik-Campus. Und es geht dabei um die Frage, welche Kultur die Münsteraner:innen haben wollen und welche sie bekommen werden. Es geht dabei auch um Partizipation der Bürger:innen und Pläne, die konkret scheinen, obwohl sie es eigentlich noch gar nicht sind.
Sebastian Stachorra widmet sich jetzt in unserem neuen RUMS-Schwerpunkt dem so genannten Jahrhundertprojekt „Musik-Campus“. In diesem ersten Teil erklärt er, wie alles mit einer Pressemitteilung der Stadt begann und warum das Projekt daran scheitern könnte, dass Oberbürgermeister Markus Lewe und Unirektor Johannes Wessels es unbedingt durchsetzen wollen.
Die Kommunalwahlen, so das Fazit des Schwerpunkttextes, werden darüber entscheiden, wie es weitergeht. Denn auch wenn viele Politiker:innen sich im Vorfeld der Wahlen nicht festlegen wollen, weil sie nicht wissen, welche Bündnisse noch geschlossen werden – eines steht schon jetzt fest: Der Musik-Campus wird auf die Tagesordnung des neu gewählten Rats kommen. Und dann wird darüber gestritten. So oder so.
Hier geht es zum RUMS-Schwerpunkt „Musik-Campus“.
Alles eine Frage der Generation?
Ein ganz anderes Thema hat hingegen großes Wahlkampfpotenzial bewiesen. Ja, Sie ahnen es schon: Jetzt kommt wieder etwas zur autofreien Innenstadt. Die Westfälischen Nachrichten haben in ihrer Freitagsausgabe Zahlen aus ihrem Münster-Barometer veröffentlicht. Die Zeitung wollte wissen, wie die Münsteraner:innen dazu stehen, Autos weitestgehend aus der Innenstadt zu verbannen. Wenig überraschend kam dabei heraus, dass zwei Drittel der CDU-Wähler:innen dagegen und zwei Drittel der Grünen-Anhängerschaft dafür sind. Was ich interessanter fand, war folgendes Ergebnis: Die Altersgruppe der 35- bis 49-Jährigen spricht sich eindeutig für Restriktionen gegenüber dem Autoverkehr aus, schreiben die WN.
Ist also die Frage, ob man für oder gegen Autos in der Innenstadt ist, am Ende eine Generationenfrage?
Dafür würde sprechen, dass es sogar seitens der Kaufleute eine Art Generationswechsel zu geben scheint. So ärgert sich zum Beispiel Andreas Weitkamp, Inhaber des Modehauses Schnitzler und selbst Teil dieser Altersgruppe, über das klischeehafte Bild in der Öffentlichkeit. Häufig werde so getan, als seien sich alle Einzelhändler:innen einig, dass ihre Geschäfte kaputt gingen, wenn keine Autos mehr in die Stadt kämen. „Das sehen längst nicht mehr alle so“, sagt er. Er glaubt, die Stadt habe auch so viel zu bieten und setzt auf eine höhere Aufenthaltsqualität durch weniger Autos. Sein Gefühl ist: „Die Älteren denken, wir brauchen das Auto vor der Tür.“
Das denkt auch Karin Eksen vom Handelsverband NRW, der im Münsterland mehr als 1000 Einzelhändler:innen vertritt. Sie stört bei der Diskussion um eine autofreie Innenstadt vor allem, dass in Münster das Fahrrad als Lösung für alles gesehen wird. Das funktioniert nicht immer. Viele ältere Menschen zum Beispiel fühlten sich auf dem Rad nicht immer wohl und sicher, gerade wenn auf den Radwegen viel los ist. Das Auto sei dann eine gute Alternative.
Jede Generation hat eine andere Sichtweise. Wir bleiben also dran an der autofreien Innenstadt – auch übrigens nach dem 13. September, wenn das Thema kein Wahlkampfthema mehr ist.
Und vielleicht können Sie uns ein wenig dabei helfen. Uns interessiert, wie die schon oft zitierte Aufenthaltsqualität in der Innenstadt Ihrer Meinung nach verbessert werden könnte? An welchen Orten in der Innenstadt stören Sie Autos, wo kommt man ohne Ihren Pkw gar nicht hin? Was sollte man mit dem Platz anfangen, der frei würde, wenn dort keine Autos mehr stünden? Was wünschen Sie sich? Mehr Bänke, mehr Fußwege, mehr Fahrradstellplätze, mehr Spielplätze oder mehr Blumenbeete? Schreiben Sie uns gerne hier.
Apropos Mobilität. Kaum ist das Mobilitätsangebot „Loop“ in Münsters Süden gestartet, berichten schon der Wiedertäufer und die Westfälischen Nachrichten über Ärger. Es geht dabei nicht nur um einen spuckenden Taxifahrer, der seine Wut über die neue Konkurrenz in Münsters Süden offensichtlich nicht im Griff hatte, es geht dabei vor allem um Folgen, die die Einführung eines kostengünstigen Angebots mit sich bringt. „Loop“ wird mit Fördermitteln unterstützt und suggeriert damit den Kund:innen: So günstig geht’s auch! Auch wir haben schon über das On-Demand-Pilotprojekt und seine Schwächen geschrieben. Im RUMS-Brief vom 31. Juli kommt unter anderem der Geschäftsführer der Taxi-Zentrale Münster, Roland Böhm, zu Wort. Seine Warnung: Das Projekt produziert in den nächsten Jahren einen gestörten Verkehrsmarkt.
+ + +Explosion am Hessenweg. Zwölf Tage vor der geplanten Großevakuierung in Mauritz ging jetzt völlig unerwartet eine Bombe hoch. Bei Fräsarbeiten am Hessenweg explodierte eine 75-Kilo-Bombe. Die weit umherfliegenden Teile verletzten zum Glück niemanden. Wie hoch der Sachschaden ist, steht noch nicht fest, meldet die Stadt. Amerikaner hatten die Bombe im Zweiten Weltkrieg über Münster abgeworfen, seitdem lag sie unerkannt im Erdreich.
+ + + Wahlen und Zahlen. In Münster leben 248.270 wahlberechtigte Menschen. Mehr als 66.000 von ihnen haben bereits ihre Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahl am kommenden Sonntag angefordert. Das ist viel. Im Vergleichszeitraum, also vor der letzten Kommunalwahl im Jahr 2014, waren es 13.000 weniger. Wichtig ist jetzt aber: Vergessen Sie nicht, die roten Wahlbriefe auch rechtzeitig zur Post zu geben – also spätestens am Donnerstag! Wer allerdings die Briefkästen der Stadthäuser 2 (Ludgeriplatz) und 3 (Albersloher Weg 33) oder die der Bezirksverwaltungen in Kinderhaus, Handorf, Wolbeck, Hiltrup oder Roxel nutzt, hat noch ein bisschen mehr Zeit. Diese Briefkästen werden am Wahltag noch einmal um 14.30 Uhr geleert. Am Stadthaus 1 (Klemensstraße) sogar noch einmal um 16 Uhr.
Um ganz sicher zu gehen, können Sie Ihre Stimme aber auch direkt in einem der Hauptwahlbüros abgeben. Wo und wie das geht, erklären wir auf unserer Website. Und natürlich haben am Wahlsonntag die 172 Wahllokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Das Tragen einer Mund-Nasen-Maske ist dort Pflicht.
24 Stunden am Tag und so oft Sie wollen, können Sie noch bis zur Wahl den von RUMS unterstützten Kommunalwahlcheck machen. Falls Sie also in Vorbereitung auf Ihre Stimmabgabe noch Informationen brauchen: Hier geht’s lang zum Online-Wahlhelfer.
+ + + Noch mehr Wahlen. 15.000 Jugendliche bekommen in diesen Tagen Post von der Stadt. Sie alle könnten sich als Kandidat:innen für den Jugendrat aufstellen lassen. Einzige Voraussetzung: Sie müssen am 24. November mindestens zwölf, aber noch keine 18 Jahre alt sein. Wer sich vorstellen kann, die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Münster zu vertreten, kann eine beigefügte Karte ausfüllen und sich so um einen Platz im Jugendrat bewerben. In der Zeit vom 24. bis 26. November stehen dann die Wahlurnen an den weiterführenden Schulen, außerdem können die jungen Wähler:innen ihre Stimme auch im Stadthaus 1 (Bürgerbüro Mitte) abgeben. Mehr zur Arbeit im Jugendrat finden Sie hier.
Zum Glück bleibt Münster in Sachen Neu-Infektionen einstellig. Nur drei neue Corona-Fälle meldet die Stadt Münster seit Freitag. Von gestern auf heute waren es sogar nur null. Damit gelten aktuell 25 Münsteraner:innen als infiziert.
Viertelladen für Viertler. Mitten im Kreuzviertel, direkt an der Kreuzkirche, liegt das Café Grotes. Schon von außen sieht man: Dort ist es gemütlich. Gedimmtes Licht, kleine Blumensträuße auf den Tischen, Bilderrahmen auf Regalen – und beim Eintreten winkt schon der Barmann. Gastgeberin Iris sagt jedem „Hallo“ und duzt nicht nur ihre Stammgäste. Das Familiäre, Freundschaftliche gehört zum Wohlfühl-Konzept. Sie sagt: „Wir wollen ein Viertelladen für die Viertler sein.“ Und die bekommen bei ihr Selbstgebackenes und frische, regionale Speisen. Unsere Mitarbeiterin Sabine schwärmt übrigens vom gratinierten gereiften Ziegenkäse mit Tomaten-Jam, von der Ziegenfrischkäse-Praline mit süß-scharfem Birnen-Senf im Cashew-Cranberry-Mantel und – natürlich – von Grotes-Brot.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Erst die Serie, dann Corona. Gäbe es kein Covid-19, wäre Sløborn eine richtig gut gemachte Serie. Sie greift sich aus den Genres Katastrophen-, Horror-, Teenager- und Skandinavienfilm gnadenlos das Beste heraus, um es dann gekonnt miteinander zu einem sehr spannenden Stoff zu verweben. Durch die Corona-Pandemie ist Sløborn jetzt aber zusätzlich auch noch eine Serie, die so aktuell ist, wie es aktueller wohl nicht geht. Sie handelt vom Ausbruch eines tödlichen Virus auf einer kleinen, abgelegenen Nordseeinsel im dänischen Grenzgebiet. Wir sehen Menschen mit Masken, Wutbürger:innen, die an eine Verschwörung glauben, Desinfektionsmaßnahmen. Wir hören aus dem Off Nachrichten, wie auch wir sie seit Februar hören und auch am Anfang nicht so recht ernst nahmen. Beim Zuschauen mochte ich es kaum glauben, aber Regisseur und Drehbuchautor Christian Alvart („Dogs of Berlin“) hatte alle Szenen tatsächlich schon geschnitten, bevor im Frühjahr plötzlich die Corona-Wirklichkeit über uns alle hereinbrach (Nur das mit dem Desinfektionsmittel-Trinken wurde nachträglich eingebaut). Der Satz „Hier holt die Realität die Fiktion ein“ ist tatsächlich keine Plattitüde. Zum Glück setzt Alvart nicht nur auf düstere Bilder. Er nimmt sich viel Zeit für seine Figuren, deren persönliche Lebensdramen und das langsame Hereinbrechen der Katastrophe. Der Spiegel schreibt: „Das ist nicht sehr subtil, aber packend.“ In der ZDF-Mediathek finden Sie alle acht Folgen.
Noch schnell in die Heide. Die Faustregel lautet: „Vom 8.8. bis 9.9. blüht die Heide.“ Das stimmt natürlich nie so ganz. Trotzdem ist jetzt Endspurtzeit, wenn man die zartlila Blüten noch sehen möchte. Hier meine drei selbsterprobten Tipps für den perfekten Septemberspaziergang durch gerade noch blühende Heidelandschaften im Münsterland:
- Die Westruper Heide in Haltern am See – Heide bis zum Horizont
- Die Bockholter Berge – Idyllischer Picknickplatz mit Heidesicht
- Klatenberge Telgte – Viel Wald und eine Lichtung
Den nächsten Brief bekommen Sie wieder am Freitag. Genießen Sie bis dahin die frische Spätsommerluft.
Herzliche Grüße
Katrin Jäger
Mitarbeit: Sebastian Stachorra, Sabine Rügenhagen
PS
Einige unserer Leser:innen haben offensichtlich sehr gute Augen. Sie haben am Samstag etwas Außergewöhnliches am Himmel entdeckt. Und das trotz grauer Wolken und Regen. Am kommenden Samstag bekommen alle Guck-in-die-Lufts eine neue Chance, das unbekannte RUMS-Objekt zu entdecken. Hoffentlich dann bei freier Sicht!
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