- Newsletter
- Briefe
- Brief von Svenja Stühmeier
Keine Versicherung, keine Versorgung? | Fotoreportage: „Komm‘ erst mal rein, hier ist es warm“ | Illustre Runden
Guten Tag,
bekommen Sie auch manchmal kryptische Nachrichten von Ihrer Krankenkasse? Bei mir sind es SMS. Ich soll die App öffnen, um eine wichtige Mitteilung zu lesen, steht darin. Dort zur Sicherheit nochmal das Passwort eingeben, das ich natürlich auf Papier in irgendeinem Ordner herumfliegen und nicht im Passwortmanager abgespeichert habe. Ewige Sucherei, endlich gefunden, was ist jetzt nun die wichtige Nachricht? Das neue Mitgliederheft ist da. Na, danke auch, denke ich dann leicht gereizt. Dafür so ein Aufriss?
Ich wünsche mir trotzdem, dass Sie auch SMS oder Briefe oder Hefte von Ihrer Krankenkasse bekommen. Das bedeutet schließlich, dass Sie versorgt werden, wenn Sie krank sind. Und wenn Sie dann auch nur nicht ganz so wichtige Nachrichten erhalten, heißt das vielleicht, dass es Ihnen soweit ganz gut geht.
Die meisten Menschen in Deutschland haben einen direkten Zugang zum Gesundheitssystem. Aber was ist mit denjenigen, die eben zur kleinen Minderheit gehören und keinen Zugang haben?
Einige Gründe, aus denen Menschen keine Versicherung haben
In Münster gibt es für sie zwei Anlaufstellen, einmal bei den Maltesern und im Haus der Wohnungslosenhilfe. Der Pressesprecher der Malteser sagt, dass die meisten Menschen zu ihnen kommen, weil sie erst seit Kurzem in Deutschland sind und keine Versicherung haben. Andere seien jahrelang selbstständig gewesen, hätten ihre Selbstständigkeit allerdings nicht aufrechterhalten können und nun Schwierigkeiten, wieder in die Krankenkasse hineinzukommen.
Ein Hilfsangebot für sie ist der sogenannte Notfallfonds. Er existiert seit 2017, gestern hat die Stadtverwaltung ihren jährlichen Bericht darüber veröffentlicht. Mittlerweile stehen 30.000 Euro pro Jahr zur Verfügung, mit denen die Stadt notwendige Behandlungen von Menschen ohne Versicherungsschutz bezuschusst oder komplett bezahlt. Davon wurden dieses Jahr knapp 28.000 genutzt. Das meiste Geld floss in Behandlungen im Schwangerschafts- und Geburtskontext, schließlich kamen auch über ein Drittel der Ratsuchenden im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft.
Die Anzahl der Anträge ist seit 2019 angestiegen, was die Stadt insofern positiv bewertet, als dass sie den Fonds nun als etabliert einstuft. Von Mitte April 2022 bis Mitte April 2023 haben 41 Menschen Rat gesucht und 85 Anträge gestellt.
Das Ganze soll die akute Versorgung sichern. Ein weiteres Ziel ist allerdings auch, die Ratsuchenden in das Versorgungssystem aufzunehmen. Wenn jemand etwa zur Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung bei den Maltesern oder ins Haus der Wohnungslosenhilfe kommt, wird erst einmal geprüft, ob es nicht auch direkt möglich ist, die Person in die Krankenversicherung aufzunehmen. Dafür ist die Clearingstelle „Klar für Gesundheit“ zuständig. Sie konnte von Herbst 2016 bis Herbst 2022 über 70 Prozent der Hilfesuchenden vermitteln, sodass sie den Notfallfonds nicht in Anspruch nehmen mussten.
Andere Kostenträger sind notwendig
Samira Platz arbeitet in der Clearingstelle. Sie hält den Fonds grundsätzlich für eine gute Sache, sagt aber, dass die Mittel eben begrenzt seien. Bisher hätten sie immer ausgereicht, weil die Stelle auch versuche, andere Kostenträger zu finden.
Das ist ebenfalls nötig, wenn Antragstellende sich nicht seit mindestens drei Monaten in Münster befinden. Dieses Kriterium wurde für den Fonds inzwischen zwar etwas aufgeweicht, es kann allerdings auch sein, dass die Behandlung in diesem Fall über Spendengelder finanziert werden muss. Und außerdem könne über den Fonds nur der einfache Satz abgerechnet werden, sagt Samira Platz.
Was sich nun konkret verbessern soll, ist zum Beispiel die zahnmedizinische Versorgung und der erste Kontakt zu Patient:innen. Die beiden Sprechstunden für Menschen ohne Krankenversicherung finden nämlich dienstags statt, sodass sie unter Umständen eine Woche lang auf einen ersten Kontakt warten müssen. Dass das in vielen Fällen unangenehm bis gefährlich sein kann, liegt auf der Hand. (sst)
Heute lesen Sie im Brief:
- Anzeige gegen AfD-Politiker Kramer
- Grabschmuck gestohlen – und wiedergefunden
- Kinderbetreuung: Stadt unterstützt Spielgruppen
- Fotoreportage: „Komm‘ erst mal rein, hier ist es warm“
- Grüße aus dem Urlaub: Eine Insel ohne Vokale
- Klima-Update: Telefonische Beratung bei Hitze
- Ein-Satz-Zentrale: Heimbewohner:innen reisen mit VR-Brillen
- Unbezahlte Werbung: Illustre Runde
- Drinnen und Draußen: „Peng!“-Improtheater
Kurz und Klein
+++ Die VVN-BdA hat Anzeige gegen den AfD-Politiker Karl-Heinz Kramer aus Münster erstattet. Kramer verbreitet in den sozialen Medien Beiträge, in denen etwa die Politik der Grünen mit dem deutschen Faschismus gleichgesetzt wird. Das kritisiert die VVN-BdA als Volksverhetzung und Verharmlosung des Holocausts. (sfo)
+++ In Münster und Umgebung haben es Dieb:innen laut Polizei seit einiger Zeit auf Grabschmuck abgesehen. Sie haben insbesondere Bronze- und Messingfiguren von Friedhöfen gestohlen. Das Ganze scheint ein ziemlich großes Ausmaß zu haben: Die Polizei hat laut Pressemitteilung „umfangreiche Ermittlungen“ durchgeführt und konnte einige Figuren bereits zurückgeben. Über 100 bewahrt sie allerdings noch immer in Steinfurt auf. Die Gegenstände können Sie nun auch online in einem Katalog ansehen. Falls auch Ihnen so eine Figur geklaut wurde, schauen Sie einmal rein, es handelt sich um Gegenstände aus der gesamten Region. (sst)
+++ Vor einigen Tagen hat das Elternbündnis „Jubel? Trubel!“ in einer Pressemitteilung per Mail mitgeteilt, dass sich ein paar Vertreter:innen mit Oberbürgermeister Markus Lewe und Stadtdirektor Thomas Paal getroffen haben. Warum? Na ja, wegen der schwierigen Kita-Situation. Auch die Ratsfraktionen hätten Gesprächstermine in den kommenden Wochen angeboten. Man scheint sich also ums Thema Kinderbetreuung zu kümmern. Jetzt hat die Stadt verkündet, dass sie die Gründung und den Erhalt von Spielgruppen fördern will. Konkret dadurch, dass sie die Personalkosten der Mini-Jobber:innen übernimmt, die die Kinder in den Gruppen betreuen. Das wiederum mindert den Beitrag, den Eltern zahlen müssen. Sprecherin Sabine Mahlmann von „Jubel? Trubel!“ schreibt, dass das Bündnis das für ein gutes Signal hält. Gleichzeitig sei es nur ein „kleiner Baustein“, denn es gebe kein Konzept, wie die Verwaltung mit der fehlenden Kinderbetreuung umgehen möchte. Vor allem fordert das Bündnis ein größeres Budget für das Betreuungspersonal. So könnten neue Erzieher:innen angeworben und die generelle Arbeitssituation verbessert werden. (sst)
Mal sehen
„Komm‘ erstmal rein, hier ist es warm“
Die beiden Sleep-Ins in Münster halten ihre Türen jeden Abend offen für Jugendliche, die sonst keinen Schlafplatz haben. Dort gibt es Betten, ein Bad, eine Küche – und ganz wichtig: Menschen, die zuhören, wenn die Jugendlichen jemanden zum Reden brauchen. Die jungen Menschen zwischen 16 und 21 müssen keine Voraussetzungen erfüllen, um in der Notschlafstelle unterzukommen. Das Ziel: Anlaufstellen finden, mit deren Hilfe sie ihre persönliche Situation verbessern können. Aber erst einmal durchatmen. In ihrer Fotoreportage zeigt Rosa Tägtmeyer, wie das Sleep-In bei Tag aussieht, wenn gerade keine Jugendlichen dort sind.
Korrekturen
In der Meldung über den Rewe-Markt am Hansator habe ich im RUMS-Brief am Dienstag geschrieben, der Supermarkt habe „Zettel ausgehangen“ mit Kontaktdaten von Verdi- und Ordnungsamtmitarbeiter:innen. Richtig ist aber: Der Supermarkt hat Zettel ausgehängt. Falls Sie sich jetzt fragen, wo es in dem Satz „gehangen“ und „gehängt“ hat, lesen Sie diese Zwiebelfisch-Kolumne von Bastian Sick im „Spiegel“. Der Unterschied wird darin sehr gut erklärt. Eine Leserin hatte mich auf diesen Grammatikfehler aufmerksam gemacht. (sfo)
Grüße aus dem Urlaub
Ralf Heimann verbringt seinen Sommerurlaub gerade auf einer Insel ohne Vokale. Sie können ja mal raten, welche das sein könnte. Kleiner Tipp: Sylt ist es nicht. Schicken Sie uns gerne auch ein Urlaubsfoto an redaktion@rums.ms für diese Rubrik zu!
+++ Die Stadt Münster hat eine telefonische Beratung eingerichtet, die über die Gesundheitsrisiken von Hitzewellen informiert. Die Berater:innen sollen aufklären, wer zu den gefährdeten Gruppen gehört und wie sich Betroffene bei Hitzestress verhalten sollten. Die „Sprechstunde Klimaanpassung“ findet montags von 14 bis 16 Uhr und mittwochs zwischen 10 und 12 Uhr statt. Die Telefonnummer ist 02041/7230658. Wie wir vor Kurzem im Klima-Update berichtet haben, erarbeitet gerade eine Person im Gesundheitsamt einen Hitzeschutzplan für die Stadt (RUMS-Brief). (sfo)
+++ Eigentlich hatten die Stadtnetze vor, bis 2027 die Leitungen für Fernwärme zwischen Hafenweg und Ostmarkstraße komplett zu erneuern. Die Arbeiten werden allerdings Ende des Jahres auf Höhe des Franziskushospitals erst einmal beendet. Die alten Leitungen werden auf dem restlichen Abschnitt punktuell ausgebessert. Der Grund dafür ist laut Pressemitteilung, dass die Planungen 2014 gemacht worden sind. Seitdem hätten sich aber die Umstände deutlich verändert. Zum Beispiel wegen der Energiekrise und einer schnelleren Abkehr von fossiler Wärmeerzeugung. Man wolle das Geld nun erst einmal für dringendere Projekte nutzen. (sst)
Über 600 IT-Kolleginnen und Kollegen machen die LVM Versicherung fit für die digitale Zukunft. Bring Dein Know-how ein und arbeite mit modernen Technologien an System- und Anwendungslandschaften eines Top-Arbeitgebers. Unser Anspruch: Ein spannendes Arbeitsumfeld und Zukunftsideen statt Software von der Stange. Kaffee? Haben wir auch.
+++ Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung prognostiziert für Münster einen Bevölkerungszuwachs um 8,1 Prozent bis 2040. (Westfälische Nachrichten)
+++ Nur fast die Hälfte aller Ausbildungsplätze sind in Münster besetzt und trotzdem suchen immer noch rund 300 Jugendliche eine Lehrstelle. (Arbeitsagentur Ahlen-Münster)
+++ Die Arbeitslosigkeit in Münster ist im Juni nur leicht gestiegen. (Arbeitsagentur Ahlen-Münster)
+++ Einer Auswertung von Google-Rezensionen zufolge ist der Flughafen Münster/Osnabrück der beliebteste in Deutschland. (Hasepost)
+++ Die Bewohner:innen von Pflege- und Betreuungseinrichtungen der Diakonie können mit Virtual-Reality-Brillen künftig virtuelle Ausflüge und Reisen unternehmen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Mit knapp 200.000 Besucher:innen seit Juli vergangenen Jahres hat das Planetarium einen Besucherrekord aufgestellt. (Antenne Münster)
+++ Die münstersche Sängerin und Schauspielerin Ute Lemper feiert heute ihren 60. Geburtstag – herzlichen Glückwunsch! (Deutsche Presseagentur, hier: „Zeit online“)
Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
Vor ein paar Jahren hat sich die „Illustre Runde“ in Münster zusammengefunden. Das ist ein Kollektiv von fünfzehn Illustrator:innen, die von Ihren illustren Runden Zeichnungen anfertigen. Zum Beispiel können Sie die Illustrator:innen buchen, um Hochzeiten, Partys oder Konzerte auf Papier verewigen zu lassen. Eine Auswahl der Bilder finden Sie bei Instagram. Sehr schön sind etwa die Kneipenszenen, die die Künstler:innen nach dem Ende der Coronapandemie gezeichnet haben.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute haben Fabian Cohrs und Sebastian Fobbe in den Terminkalender geschaut und das für Sie gefunden:
+++ Endlich wieder Lesewetter. Wenn Sie Lust haben, ein bisschen zu schmökern, und nebenbei noch was Gutes tun wollen, dann schauen Sie mal hier vorbei: Die Studierendengruppe Weitblick sammelt gerade Spenden für ein Kinderbuchprojekt in Benin. Wer sich beteiligen möchte, braucht jemanden, der für jedes gelesene Buch einen Geldbetrag spendet. Zur Anmeldung geht’s hier entlang. Und falls Sie noch ein paar Lesetipps benötigen: Am Welttag des Buches hatten wir Ihnen in diesem RUMS-Brief sieben Bücher empfohlen.
+++ Heute Abend und am Donnerstagabend spielt das Studierendenorchester der Uni Münster in der Halle Münsterland. Auf dem Plan stehen Werke von Schubert und Rachmaninow. Einlass ist ab 19:15 Uhr, Konzertbeginn um 20 Uhr. Karten gibt es hier und an der Abendkasse.
+++ In der Baracke können Sie sich am Donnerstagabend den Film „Seven Winters in Teheran“ ansehen und vorher einem Bericht von Shouresh Shakibapour aus der iranischen Community in Münster lauschen. Los geht es um 19 Uhr.
+++ Am Freitagabend findet das Schlossgartenfest der Uni Münster statt. Dabei wird es neben einem Familienprogramm später auch noch Konzerte von verschiedenen Musik- und Tanzgruppen geben, außerdem gibt es Essens- und Eisstände. Los geht es ab 17 Uhr.
+++ Am Freitagabend tritt das „Peng!“-Improtheater in der Trafostation auf, Beginn: 19:30 Uhr, Preis: 5 bis 10 Euro. Mehr Infos zur Theatergruppe finden Sie hier.
+++ Ebenfalls am Freitag, allerdings später am Abend, findet die „bessre Zeiten“-Party im Hot Jazz Club statt. Dabei steht die musikalische Auswahl komplett im Sinne der Nullerjahre und ist genremäßig bunt gemischt, von Indie über Rock bis hin zu Electro. Ab 22 Uhr geht es los.
Am Freitag schreibt Ihnen außerdem Sebastian Fobbe. Haben Sie eine tolle Woche.
Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier
Mitarbeit: Fabian Cohrs (fco), Sebastian Fobbe (sfo), Jan Große Nobis (jgn)
Lektorat: Lisa Mensing
Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen
PS
Hier noch viele Veranstaltungstipps getarnt als einer: Der Verein CSD Münster hat nun das Programm für die Pride Weeks 2023 veröffentlicht. Im Zeitraum vom 12. bis zum 27. August gibt’s zum Beispiel einen Vortrag der Autorin Felicia Ewert zu hören, die Ausstellung „Verschaff mir Recht“ zu sehen und vor allem Austauschmöglichkeiten mit queeren Menschen und Allys, zum Beispiel bei einem Picknick am Kanal. Höhepunkt der Wochen ist die CSD-Demo, die am 26. August um 14 Uhr startet. Dieses Mal organisiert der Verein keine Party im Anschluss, sicherlich gibt’s aber andere Möglichkeiten, nach dem Demozug gemeinsam in Regenbogenfarben zu feiern. Glücklicherweise geht der CSD-Gottesdienst am Sonntag danach auch erst um 18 Uhr los.
Ihnen gefällt dieser Beitrag?
Wir haben Ihnen diesen Artikel kostenlos freigeschaltet. Doch das ist nur eine Ausnahme. Denn RUMS ist normalerweise kostenpflichtig (warum, lesen Sie hier).
Mit einem Abo bekommen Sie:
- 2x pro Woche unsere Briefe per E-Mail, dazu sonntags eine Kolumne von wechselnden Autor:innen
- vollen Zugriff auf alle Beiträge, Reportagen und Briefe auf der Website
- Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen: Die ersten 6 Monate zahlen Sie nur einen Euro.
Wir freuen uns sehr, wenn wir Sie ab heute in der RUMS-Community begrüßen dürfen!