Warum die CDU auf Gefühle baut | data:unplugged: Die KI-Branche kommt nach Münster | Unbezahlte Werbung: Second-Hand-Lieblingsstücke

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

die CDU in Münster hat sich offenbar für einen Kommunalwahlkampf mit den Mitteln des Populismus entschieden. Das ist keine Wertung, das ist das Ergebnis, wenn man analysiert, wie die Partei Politik macht.

Ein Blick in die CDU-Pressemeldungen der vergangenen zwei Wochen ist dazu sehr hilfreich. Am Freitag veröffentlichte die CDU-Ratsfraktion eine Pressemitteilung mit der Überschrift: „CDU fordert Ende von Straßenumbenennungen und Volkspädagogik“. Am gleichen Tag erschien eine weitere Meldung mit dem Titel: „CDU will dringend benötigte Wohnungen für Familien, aber Grüne blockieren“.

Die Grünen als Bevormunder. Die Grünen als Blockierer. Die Grünen als Feindbild. Diese Motive kommen in der CDU-Pressearbeit immer wieder vor.

Wenn die Grünen etwas fordern, das die CDU gern anders hätte, dann ist es „Ideologie“. Was die CDU selbst sich vorstellt, das ist nach dem eigenen Verständnis gesunder Menschenverstand. Und die CDU bleibt sogar dann bei ihrer Geschichte, wenn man sich ausnahmsweise einig ist. Dann heißt es: „Endlich mal etwas, was die Grünen nicht blockiert haben“.

Das Feindbild, das Identifikationsangebot für „normale Leute“, die Inszenierung als Stimme einer vernünftigen Mitte, die Abwertung einer vermeintlich abgehobenen Elite. Das alles sind Merkmale von Populismus. Und zur Erinnerung, Populismus bedeutet: Nicht Argumente zählen, sondern Emotionen und Stimmungen.

Wirksam ist die populistische Strategie nur dann, wenn man komplexe Probleme in ein sehr einfaches Schema drückt, Schuldige konstruiert und die anschwellenden Emotionen nutzt, um Zustimmung herzustellen. Anders gesagt: Es ist viel einfacher, Menschen gegen die Grünen aufzubringen, als sie von eigenen Ideen zu überzeugen.

Konservatismus ist eine Reaktion

Dass konservative Politik einen Gegenpol braucht, erklärt sich schon aus ihrer Geschichte. Der Konservatismus-Forscher Thomas Biebricher hat Ende Februar im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gesagt, um den Konservatismus zu verstehen, sei wichtig: „Seit er in Europa als Reaktion auf die Französische Revolution entstand, ist sein Kern der Versuch, sich gegen den Fortschritt zu stellen. Daraus ergibt sich: Konservatismus ist im Wesentlichen eine Reaktion.“

Es ist natürlich legitim, die Politik des politischen Gegners zu kritisieren. In diese Richtung geht oft die Reaktion auf Populismus-Kritik. Das sei eben eine etwas rustikalere Art der Auseinandersetzung, heißt es dann. Wer sich daran stört, der sei empfindlich.

Tatsächlich geht es hier eher um etwas anderes – um Redlichkeit. Denn wenn das Ziel ist, die eigene Klientel gegen den politischen Gegner aufzubringen, ist gar nicht so wichtig, ob das, was man behauptet, tatsächlich auch stimmt.

Am vergangenen Montag hat die CDU eine Falschmeldung verbreitet. „Münsters Baustandards machen Familienhaus 60.000 Euro teurer“, schrieb die Ratsfraktion und bezog sich auf ein Gutachten des Ingenieurbüros Otte, das im Auftrag der Fraktion berechnet hatte, um wie viel teurer es ist, in Münster zu bauen.

Das Büro hat drei Bauweisen verglichen: den gesetzlichen Mindeststandard, die strengeren Regeln der Stadt Münster (Gebäudeleitlinien), die gelten, wenn die Stadt selbst baut, zum Beispiel Schulen oder Kitas, und den besonders sparsamen KfW-Standard „Effizienzhaus 40“. Ein danach gebautes Haus verbraucht nur 40 Prozent der Energie eines normalen. Das ist in Münster die Norm für Privathäuser.

Auf die 60.000 Euro kam die CDU, indem sie die Kosten für ein Haus zugrundelegte, das nach den städtischen Gebäudeleitlinien gebaut wird. Der Klimastabsstellenchef des CDU-Oberbürgermeisters, Thomas Möller, früher Kreisvorsitzender der Grünen, wies am vergangenen Montag in einer Stellungnahme der Stadt darauf hin, dass diese Leitlinien gar nicht relevant seien, wenn Privatpersonen ein Haus planen. Die Stellungnahme kam morgens in den Fraktionen an, um 12:53 Uhr ging die falsche Pressemitteilung der CDU an die Redaktionen. Die CDU hätte also die Chance gehabt, den Fehler zu erkennen. In jedem Fall hätte die Möglichkeit gehabt, die falsche Mitteilung später zu korrigieren.

Die Grünen schrieben: „CDU-Fraktion macht Wahlkampf mit Äpfel-Birnen-Vergleich“. Und sogar die CDU-freundlichen „Westfälischen Nachrichten“ kommentierten: „Warum die CDU (…) öffentlich und ohne Not mit noch höheren Zahlen poltert und dabei unzulässigerweise die städtischen Gebäudeleitlinien auf das Familienhaus anwendet, erschließt sich nicht wirklich. Politisch geschickt mutet das jedenfalls nicht an.“

Die CDU hat noch immer nichts korrigiert oder klargestellt. Und fragt man Marco Kolloczek vom Ingenieurbüro Otte, der den Vergleich erstellt hat, sagt er, er habe das Gefühl, es sei etwas ganz anderes angekommen, als er mitteilen wollte. „Ich wollte nicht sagen, dass wir keine energieeffizienten Gebäude mehr bauen sollen – sondern dass wir dafür eine bessere Förderung brauchen, sonst funktioniert das nicht“, sagt er. Energieeffizient zu bauen, das sei aber schon wichtig.

Eine der wichtigsten Fragen überhaupt

So bleibt der Eindruck, dass es nicht darum geht, etwas mit belastbaren Fakten zu belegen, sondern darum, ein emotional aufgeladenes Narrativ zu bedienen – und damit genau die Art von Politik mit ideologischem Unterton zu machen, die man dem politischen Gegner gern vorwirft.

Das ist schade, denn die Frage, um die es hier geht, ist in der Kommunalpolitik im Moment eine der wichtigsten überhaupt. In Düsseldorf arbeitet die CDU mit genau der Partei an Kompromissen und Lösungen, die sie in Münster populistisch bekämpft.

Bauen ist in Münster teurer als anderswo. Das belegen die Zahlen des Ingenieurbüros. Die gesellschaftliche Frage ist: Wie viel Klimaschutz darf oder muss man Menschen zumuten, wenn Bauen und Wohnen generell schon so teuer ist, dass Menschen mit einem normalen Einkommen sich strecken müssen?

Mit Populismus kommt man hier nicht weiter. Auf diese Art kann man Menschen wütend und ängstlich machen, um sie gegen andere Parteien aufzubringen und sich selbst Zuspruch zu sichern. Das ist eine politische Strategie. Doch sie geht auf Kosten der politischen Kultur, die von Rechtsradikalen ohnehin schon bekämpft wird. Das muss man sich vielleicht bewusst machen. Es kann ja durchaus sein, dass CDU und Grüne sich nach der Kommunalwahl auch in Münster in einer gemeinsamen Koalition wiederfinden. (rhe)

Wie es weiterging

… Missbrauchsvorwürfen gegen einen Ruhestandspriester

Weil die Taten mittlerweile verjährt seien, nimmt die zuständige Staatsanwaltschaft Arnsberg keine Ermittlungen gegen den ehemaligen Priester auf, teilte das Bistum Münster mit. Besagter Ruhestands-Priester steht im Verdacht, in den 1980er-Jahren sexualisierte Gewalt ausgeübt zu haben (RUMS-Brief). Die erste Meldung kam im Dezember 2024: Eine betroffene Person wandte sich an die Interventionsstelle des Bistums und schilderte, 1984 in einem Jugendlager der Pfarrei St. Johannes der Täufer in Kirchhellen missbraucht worden zu sein. Nach der Veröffentlichung meldeten sich fünf weitere Personen mit ähnlichen Vorwürfen. Strafrechtlich lasse sich der Fall nicht mehr aufarbeiten, aber kirchenrechtlich schon: Das Bistum habe eine Untersuchung eingeleitet. (ani)

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Kurz und Klein

+++ In der Nacht zu Samstag ist in Rheine ein 32-jähriger Lkw-Fahrer gestorben, nachdem die Polizei ihn nach einer Verfolgungsjagd mit einer Elektroschockwaffe gestellt hatte – einem sogenannten Taser. Aus Neutralitätsgründen hat die Polizei Münster den Fall übernommen. Das ist üblich, wenn Polizeibeamt:innen Teil der Ermittlungen sind. Laut dem vorläufigen Ergebnis des Obduktionsberichts besteht kein Zusammenhang zwischen dem Tod des 32-Jährigen und dem Taser-Einsatz. Ob der Mann Drogen konsumiert hat, werde derzeit noch untersucht, hieß es. In der Vergangenheit gab es immer wieder Todesfälle nach Taser-Einsätzen der Polizei. Die Nachrichtenagentur Reuters hat über eintausend solcher Fälle ausgewertet. Sie sieht in der Hälfte der Fälle einen Zusammenhang zwischen Taser-Einsätzen und Drogen, Alkohol und Medikamenten (RUMS-Brief). Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) bezieht sich auf Anfrage auf ein eigenes medizinisches Gutachten (hier auf Seite 19 zu finden). Dieses sieht keinen generellen Zusammenhang zwischen Tasern und Todesfällen. Zurzeit wertet das Landesamt eine Testphase zum Taser-Einsatz in Nordrhein-Westfalen aus. Solange noch keine Ergebnisse vorliegen, dürfen die Polizeibeamt:innen die Elektroschusswaffen mit sich führen. Was sich aber schon jetzt sagen lässt: In acht von zehn Fällen reicht laut Landesamt die Androhung aus, einen Taser einzusetzen, um eine Situation zu deeskalieren. (ani)

+++ Das Gymnasium Paulinum soll für rund 13,2 Millionen Euro erweitert werden. Grund ist die Rückkehr zu G9 – also dem Abitur nach 13 Schuljahren. Der geplante Neubau soll laut der Beschlussvorlage neun zusätzliche Unterrichtsräume, Räume zum Lernen und barrierefreie Zugänge bringen. Eigentlich kein Problem, wäre da nicht der sensible Baugrund. Denn Teile des ältesten jüdischen Friedhofs Münsters liegen unter dem Schulgelände. Die Gräber bleiben unberührt, das ist mit der Jüdischen Gemeinde und ihrer rabbinischen Vertretung abgestimmt. Damit der Bau den historischen Friedhof nicht beeinträchtigt, wird das neue Gebäude so geplant, dass es nur ganz oberflächlich in den Boden eingreift. Ansonsten wird der Schulhof neu gestaltet und neue Fahrrad- und Autostellplätze entstehen. Der Neubau soll ein komplett begrüntes Flachdach bekommen, die alten Dächer eine große Photovoltaikanlage obendrauf. 2027 soll das Ganze fertig werden. (ani)

+++ Die Stadt Münster plant, zwei weitere Offene Ganztagsschulen in freie Trägerschaft der Jugendhilfe zu überführen – die Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule und die Idaschule. Beide Einrichtungen sollen künftig von der gemeinnützigen Gesellschaft Outlaw betreut werden – sofern der Stadtrat am 21. Mai zustimmt. Das ist recht wahrscheinlich. Die Übertragung ist Teil eines seit 2020 laufenden Prozesses: Schritt für Schritt gibt die Stadt die Trägerschaft ihrer OGS-Angebote an freie Jugendhilfeträger ab. Für die beiden Schulen im Südosten Münsters wurden im Winter 2024 entsprechende Bewerbungsverfahren durchgeführt. Neben Outlaw hatten sich auch der Caritasverband, der ASB, das Kolping-Bildungswerk und der Verein Seht Münster beworben. Die Verwaltung begründet ihre Auswahl unter anderem mit der Erfahrung des Trägers in Münster sowie mit strukturellen Vorteilen: Die Schulen sollen stärker mit bereits bestehenden OGS-Standorten vernetzt werden – etwa in Hiltrup und Wolbeck. Auch ein gemeinsames Vertretungsmodell bei Personalausfällen ist vorgesehen. An der Annette-Schule soll der Trägerwechsel zum 1. Februar 2026 erfolgen, an der Idaschule zum 1. August 2026. (ani)

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Interview mit Marcel Windau

„Künstliche Intelligenz ist heute schon überall“

Ist Künstliche Intelligenz wirklich die Antwort auf alles? Beim KI-Festival „data:unplugged“ kommt in Münster die Branche zusammen. Wir haben mit Festival-Co-Chef Marcel Windau gesprochen – auch über die Schattenseiten der Technologie

Herr Windau, Sie erwarten am Donnerstag in der Halle Münsterland 5.000 Menschen. Man würde so eine Veranstaltung eher in München, Berlin oder Hamburg verorten. Warum haben Sie sich für Münster entschieden?

Windau: Das hat historische Gründe – und ein bisschen persönliche. Wir sind im Gründerteam zu dritt: Arne Tönjann, Bernard Sonnenschein und ich. Wir kommen alle aus Münster. Wir lieben diese Stadt, und wir fühlen uns hier auch sehr wohl.

Das sind die persönlichen Gründe. Und was sind die historischen?

Windau: Wir haben vor fünf Jahren einen Podcast gestartet, anfangs unter dem Titel „Datenbusiness-Podcast“; heute heißt er wie das Festival: „data:unplugged“. Und irgendwann kam aus der Community der Wunsch, sich mal im echten Leben zu treffen. Daraus ist vor drei Jahren das erste Festival entstanden. Das haben wir in Frankfurt veranstaltet. Wir dachten: Wenn das nichts wird, kriegt’s hier oben niemand mit. (lacht)

Es war also eine Art Testballon.

Windau: Ja, genau. Wir hatten alle schon mal Geburtstage geplant oder geheiratet. Aber keiner von uns hatte je so eine große Veranstaltung auf die Beine gestellt. So ein Event, das war für uns Neuland.

Im vergangenen Jahr waren Sie im Skater’s Palace. Aber da ist es schon nach einem Jahr zu klein geworden.

Windau: Ja, und wir merken: Die Stadt stößt an ihre Grenzen. Zum Beispiel bei den Hotelkapazitäten. In Münster ist während des Festivals so gut wie kein Zimmer mehr zu bekommen.

Sie haben mit der Veranstaltung ein Thema aufgegriffen, das im Moment eines der größten überhaupt ist. Wie sind Sie so früh darauf gekommen, dass Daten und künstliche Intelligenz so wichtig werden könnten?

Windau: Mein Mitgründer Bernard Sonnenschein ist promovierter Physiker. Er arbeitete schon damals auf diesem Gebiet, also im Bereich „Data Science“. Man sagte ja noch nicht KI. Bernard hat nicht nur sehr früh verstanden, dass das ein großes Thema werden wird; er hat auch gesehen, dass es in Deutschland noch kein Medium gibt, das dieses Thema verständlich erklärt.

Wie kamen Sie zu dem Thema?

Windau: Ich habe selbst ein KI-Startup mitgegründet.

Was genau haben Sie gemacht?

Windau: Das Unternehmen hieß Kaitos, das gibt es auch heute noch. Es ist eines der ersten KI Technologie- und Forschungsunternehmen hier in Münster. Und ganz witzig: Ich war zu der Zeit selbst Gast in Bernards Podcast, und da habe ich gemerkt, dass das ein extrem spannendes Feld ist. So kam dann eins zum anderen.

Mittlerweile machen Sie nichts anderes mehr. Also, das ist Ihr Hauptjob.

Windau: Genau. Nach der dritten Veranstaltung war klar: Wir machen nur noch das.

Wie groß ist das Team, das das Festival vorbereitet?

Windau: Das sind insgesamt 15 Leute, und es ist ganz interessant, dass das immer wieder zu ganz unterschiedlichen Reaktionen führt.

Inwiefern?

Windau: Einige sagen: „Krass, ihr macht das mit nur 15 Leuten?“ Und andere: „Wieso braucht ihr dafür 15 Leute?“

Viele Menschen verwenden KI-Apps mittlerweile ganz selbstverständlich im Alltag. Andere haben noch so gut wie gar keine Berührungspunkte. Wieso halten Sie das Thema für so wichtig?

Windau: Weil man es nicht mehr wegdenken kann. Künstliche Intelligenz ist heute schon überall. Wir merken es nur oft nicht. Und künstliche Intelligenz kann ein unfassbar hilfreiches Werkzeug sein. Das wissen aber viele nicht. Und da wollen wir ansetzen. Wir wollen Verständnis schaffen. Und das geht am besten, wenn Menschen zusammenkommen.

Was genau bedeutet Festival?

Windau: Wir haben ein breites Programm auf mehreren Bühnen. Aber es geht nicht nur um das, was auf der Bühne passiert.

Sondern?

Windau: Wir wollen, dass die Leute ins Gespräch kommen, andere Menschen kennenlernen, die sich auch mit dem Thema beschäftigen. Lernen. Unter den Teilnehmenden ist zum Beispiel der Technologiechef eines großen europäischen Versicherungskonzerns. Der kommt mit seinem Team nach Münster, um sich zu vernetzen und Impulse mitzunehmen.

Das klingt alles sehr positiv. Aber es gibt auch viele kritische Stimmen, die vor den Risiken warnen – Datenschutz, Energieverbrauch, Ethik. Wie gehen Sie damit um?

Windau: Auch das ist uns sehr wichtig. Und auch das wird Thema auf den Bühnen sein. Ich greife mal ein Beispiel raus: die Rechenleistung. Um KI-Modelle zu trainieren, braucht man unfassbar viel Power. Die Technologie war schon vor zehn Jahren bekannt, aber erst heute können wir sie wirklich einsetzen, weil erst jetzt die Rechenleistung da ist.

Was bedeutet das konkret?

Windau: Das Training von ChatGPT – also das, was nötig ist, um das Modell überhaupt benutzen zu können – kostet mehrere hundert Millionen US-Dollar. Allein für die Rechenleistung. Das ist Wahnsinn. Das Training von ChatGPT – also das, was nötig ist, um das Modell überhaupt benutzen zu können – kostet mehrere hundert Millionen US-Dollar. Allein für die Rechenleistung. Das ist Wahnsinn. Dieser Energieverbrauch, das ist ein echter Kritikpunkt. Und über solche Themen sprechen wir auch.

Und über solche Themen sprechen wir auch.

Worüber noch?

Windau: Sagt Ihnen Stable Diffusion etwas?

Das war irgendwas mit Bildgenerierung, oder?

Windau: Genau. Das ist ein KI-Modell zur Bildgenerierung, das aus Texteingaben realistische oder kreative Bilder erzeugt. Das ist ein großes Thema, aber nur sehr schwer zu greifen. Niemand weiß so richtig, wie man das eigentlich kontrollieren will.

In Brüssel hat man mit dem AI Act, also der Verordnung über künstliche Intelligenz, einen ersten Versuch unternommen, die Technologie zu regulieren.

Windau: Ja, und bei der Bildgenerierung ist man sich sogar auf EU-Ebene nicht einig, wie man das kontrollieren will. Es ist unklar, wer bei von der KI generierten Bildern für Urheberrechte, Falschinformationen oder diskriminierende Darstellungen verantwortlich ist.

Was meinen Sie mit diskriminierenden Darstellungen?

Windau: Es gab mal KI-Modelle bei Apple, da bekamen Frauen trotz gleicher finanzieller Lage geringere Kreditlimits. Das darf nicht passieren. Genau da versucht die KI-Verordnung anzusetzen. Und da wird’s auch für Unternehmen richtig spannend.

Inwiefern?

Windau: Verstöße gegen den AI Act können richtig teuer werden. Das ist ein unsicheres Feld. Es gibt viel Unwissenheit. Und die versuchen wir abzubauen, indem wir aufklären und Orientierung geben.

Welche Bedeutung hat künstliche Intelligenz Ihrem Eindruck nach zurzeit für die Unternehmen in der Region?

Windau: Da gibt es große Unterschiede. Bei einigen gar keine, bei anderen schon eine recht große. Aber ich bin davon überzeugt, dass viele mittelständische Unternehmen in die Röhre schauen werden, wenn sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen.

In Ihrem Programm stehen große Namen. Der frühere VW-Chef Herbert Diess ist zu Gast, der ehemalige Formel-1-Rennfahrer David Coulthard, abends wird Jan Delay singen. Welche Namen aus der KI-Szene sollte man unbedingt kennen?

Windau: Einer der weltweit bekanntesten KI-Wissenschaftler ist Björn Ommer. Er ist der am häufigsten zitierte Forscher und der Kopf hinter dem Bildgenerierungsmodell Stable Diffusion. Björn Ommer ist nicht der Typ, der auf jeder Konferenz auftritt. Daher freuen wir uns umso mehr, dass er in Münster dabei ist.

Zum Schluss noch eine Frage, die sich viele stellen werden, wenn sie denken: Klingt interessant, würde ich gern hingehen. Die regulären Tickets kosten 499 Euro. Warum sind die Karten so teuer?

Windau: Weil eine solche Veranstaltung extrem kostenintensiv ist. Messehalle, Technik, Experten – all das kostet Geld. Trotzdem ist der Preis im Geschäftsumfeld absolut üblich. Unsere Zielgruppe sind Unternehmen und Fachleute, und diesen Mehrwert bieten wir auch.

Werden Sie mit dem Festival in Münster bleiben?

Windau: Wir haben einen Dreijahresvertrag mit der Halle Münsterland, sind also mindestens noch die nächsten zwei Jahre hier. Die einzige Herausforderung ist die Infrastruktur, also das Problem mit den Hotels. Aber unser Ziel ist klar: Wir wollen in Münster bleiben.

Das Festival „data:unplugged“ am 10. und 11. April in der Halle Münsterland zählt zu den bedeutendsten Veranstaltungen für Daten und Künstliche Intelligenz (KI) in Europa. Auf vier Bühnen werden 150 Sprecherinnen und Sprecher auftreten. Dazu gibt es sogenannte Side-Events, Veranstaltungen an anderen Orten in der Stadt zum Anlass des Festivals. Das komplette Programm finden Sie hier.

Fundbüro

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Die Kirschblüte in Münster ist wirklich hübsch anzusehen. Kristof Nieroba schickt uns dieses schöne Foto vom Servatiiplatz zu. Die zwei Figürchen, die darauf zu sehen sind, hat der „Muckepickemechaniker“ gebastelt, der überall in Münster kleine Korkmännchen aufstellt. Haben auch Sie etwas in der Stadt entdeckt, das Ihnen kurios erscheint oder Fragen aufwirft? Schicken Sie uns gern ein Beweisfoto (am liebsten im Querformat) per E-Mail zu. Wir recherchieren die Hintergründe.

Ein-Satz-Zentrale

+++ Das Wasserwerk Hornheide wird bis 2026 mit Ultrafiltration und Umkehrosmose aufgerüstet und gehört dann zu den modernsten in Europa. (Stadtnetze Münster)

+++ Pluggendorf könnte ein Bewohnerparkkonzept bekommen, da die Auslastung im Viertel besonders hoch sei. (Stadt Münster)

+++ Die CDU in Münster-Nord fordert „Mülldetektive“ für Coerde und Kinderhaus nach Dortmunder Vorbild, um gegen illegale Müllentsorgung vorzugehen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Am Merschkamp ist am Montag eine 500-Kilo-Bombe entschärft worden, wegen der über 3.000 Menschen vorübergehend ihre Häuser verlassen mussten. (WDR Münster)

+++ In Münster leben aktuell etwa 60 Menschen auf der Straße – eine seit Jahren konstante Zahl, doch ihre Probleme werden komplexer und sind oft mit psychischen Erkrankungen verbunden. (Westfälische Nachrichten, RUMS-Brief)

+++ Der Jugendrat hat sich dafür ausgesprochen, dass Handys für jüngere Schülerinnen und Schüler im Unterricht verboten werden. (Antenne Münster)

+++ Der 13-jährige Alwin Fröhlich aus Münster ist bei „The Voice Kids“ in den sogenannten Knockouts ausgeschieden. (Antenne Münster)

+++ Fünf Projekte aus Münster waren bei „Jugend forscht“ erfolgreich, unter anderem eine Gruppe vom Annette-Gymnasium, die im Fach Biologie mit einer KI-gestützten Analyse von Pollen im Honig den Landessieg geholt hat. (Westfälische Nachrichten)

+++ Wegen des Personalmangels im Allwetterzoo haben Freiwillige beim Frühjahrsputz geholfen. (WDR)

+++ RUMS-Kolumnistin Dina El Omari vom Zentrum für Islamische Theologie der Uni ist als erste muslimische Theologin mit dem Herbert-Haag-Preis ausgezeichnet worden. (Uni Münster)

Unbezahlte Werbung

Den Tipp einer Leserin geben wir gerne weiter: den Lieblingsstücke Second Hand Laden an der Warendorfer Str. 16. Wer wertige, ausgefallene und bunte Kleidung sowie Accessoires gerne aus zweiter Hand kauft, wird hier fündig. Aktuell ist der Laden wegen einer Baustelle vor der Tür nicht ganz so gut sichtbar, er ist aber zugänglich und hat zu den üblichen Zeiten geöffnet: Montags bis freitags 10 bis 18:30 Uhr und samstags von 10:30 Uhr bis 16:30 Uhr.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Katja Angenent hat für Sie in den Kalender geschaut. Hier sind ihre Empfehlungen für diese Woche:

+++ Am Mittwoch wird die Debatte um unser Gesundheitssystem in der Bibliothek im Haus der Niederlande um eine internationale Perspektive erweitert: In einer Podiumsdiskussion wird über die unterschiedlichen Gesundheitssysteme und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen gesprochen. Auch grenzübergreifende Zusammenarbeit wird thematisiert. Die kostenlose Veranstaltung um 19:15 Uhr findet auf Deutsch und Englisch statt.

+++ Am Donnerstag findet im Dietrich-Bonhoeffer-Haus ein Gespräch mit der deutsch-iranischen Journalistin und Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi statt. Das Thema lautet: „Die feministische Revolte im Iran als Gegenmodell zum Trump’schen Machtkonzept – Zum Erstarken autoritärer Kräfte weltweit“. Der Eintritt ist frei, los geht es um 19 Uhr.

+++ Wie vielseitig ein einzelnes Cello klingen kann, präsentiert Stephan Schrader am Donnerstag um 19 Uhr im Kulturbahnhof Hiltrup. Der Musiker verspricht: „Ein Cello klingt wie ein Orchester.“ Dafür verkabelt er sein Cello mit der Loopmaschine und streut Gesang ein. Einen Eindruck von seiner Musik bekommen Sie hier. Karten für das Konzert kosten 19 Euro.

+++ Ebenfalls am Donnerstag findet zum letzten Mal das Pubquiz „Wissenstropfen“ von Viva Con Agua statt. Unter dem Motto „Drop your Knowledge“ geht es um 20 Uhr in der Pension Schmidt um Allgemeinwissen.

Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche!

Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Anna Niere (ani), Jan Große Nobis (jgn), Katja Angenent (kat) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Svenja Stühmeier

PS

Der Münster-„Tatort“ hat am Wochenende schon wieder sensationell gut performt, meldet die Quotenseite „Quotenmeter“. Diesmal nicht bei der Zuschauerzahlen. 11,8 Millionen schalteten ein, das waren früher schon mal mehr. Vor acht Jahren zum Beispiel, da sahen 14,6 Millionen Menschen den Münster-„Tatort“ mit dem Titel „Fangschuss“. Wobei man natürlich sagen muss: Wer schaut heute noch nach Programmzeitschrift? Gut, 11,8 Millionen. Aber wahrscheinlich denken sich deutlich mehr Menschen als vor acht Jahren: Ich schaue einfach wenn ich Zeit hab. Im Jahr 1978 war das noch anders. Da sahen 26,6 Millionen Menschen die Folge „Rot – rot – tot“ mit Kommissar Lutz in Stuttgart. Das war der erfolgreichste Tatort aller Zeiten. Und wenn „Quotenmeter“, nun schreibt, der Krimi am Sonntag habe mit einem Marktanteil von 42 Prozent einen Allzeitbestwert aufgestellt, fragt man sich: Wie viele Menschen saßen denn 1978 abends vor dem Fernseher? Kurz nachgerechnet. Das müssten dann mindestens 63 Millionen gewesen sein. Das stimmt aber wohl nicht. Es gibt auch noch mindestens einen weiteren „Tatort“, der einen größeren Marktanteil erzielte. Das ist „Stoevers Fall“ aus Hamburg, mit Manfred Krug und Charles Brauer, der zweiterfolgreichste „Tatort“ aller Zeiten. Marktanteil: 52,8 Prozent. Und um mal von den Zahlen wegzukommen. Wie fanden Sie denn den Fall am Sonntag? Meinen Eindruck hat der Zeichner Til Mette in einem sehr schönen Cartoon illustriert. (rhe)

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