🌟 Weihnachten 🎁 Weihnachten 🎅 Weihnachten 🎄

Porträt von Ralf Heimann und Constanze Busch
Mit Ralf Heimann und Constanze Busch

Guten Tag,

heute endet der Weihnachtsmarkt. Wir hatten dort einen Stand. Für uns war das eine neue Erfahrung, eine wirklich schöne, denn wir haben viele Menschen getroffen und viele Gespräche geführt. In den Kategorien von 2019 klingt das nicht nach viel. Doch heute ist das etwas anders, denn was in der Corona-Zeit sehr viel seltener geworden ist, das sind zufällige Begegnungen.

Menschen, die sich schon länger nicht gesehen haben und sich zufällig im Gedränge über den Weg laufen. Beim Stadtfest, zu Karneval, bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, einfach bei Partys. Im Sommer war das für kurze Zeit wieder möglich, aber immer noch unter dem Eindruck der Pandemie, später dann mit Schnelltests und Impfausweisen, mit einem Fuß auf der Bremse.

Klaus Brinkbäumer hat vor ein paar Tagen einen Absatz aus dem Buch „Hard Land“ von Benedict Wells ins Netz gestellt. Wells schreibt:

„Der Punkt ist: Man haut nicht einfach von Partys ab oder geht, wenn es mal langweilig wird. Sondern man bleibt, denn die wahren Wunder passieren immer erst am Ende der Nacht oder am frühen Morgen. Das ist die wichtigste Lektion.“

Dazu schreibt Klaus Brinkbäumer: „Ach, damals … Partys!“

Der Weihnachtsmarkt war immerhin eine kleine Party, mit Abstand und in aller Vorsicht, aber mit der Möglichkeit, Menschen zu treffen, die man dort nicht vermutet hatte. Ein typischer Moment dabei: oben die Mütze, unten die Maske, der erste Blick auf die Augen: Ist das nicht…? Ach, nein. Oder doch?

Impfen unter Strafen stellen. Als Lösung?

Am Sonntagabend kam ein Leser zu unserer Hütte, der uns vorher geschrieben hatte. Wir kannten ihn von Fotos, er uns von unseren Porträts über den RUMS-Briefen. Er stand einen Moment da, als warte er auf irgendwas. Ein Fahrradhelm, eine Maske. Wir konnten ihn nicht auf den ersten Blick zuordnen. Ist das nicht…? Ach, nein. Oder doch? Dann sprach er uns an. Später sagte er einen Satz, den man vor der Pandemie noch nicht so oft gehört hat: „Ich habe Sie an Ihren Augenbrauen erkannt.“

Wir redeten und diskutierten eine Weile, über Corona, das Impfen, diesen schwer begreiflichen Widerstand einer kleinen Gruppe gegen etwas, das im besten Fall verhindern könnte, dass Corona-Wellen eine ebenso verlässliche Tradition werden wie der Weihnachtsmarkt.

Der Hirnforscher Gerhard Roth hat vor zwei Wochen in einem bemerkenswerten Interview mit dem Spiegel gesagt, bei vielen Menschen richte sich der Widerstand gar nicht gegen das Impfen selbst, sondern gegen den Druck, die Begleitumstände, den Staat. „Würde man die Impfung unter Strafe stellen, würde sie für diese Menschen sofort interessant“, sagt er.

Am Montagabend marschierten etwa tausend Menschen in Münster durch die Innenstadt, um für ihre Freiheit zu demonstrieren, so sehen sie das. Dabei stört es sie offenbar nicht, dass hinter der Veranstaltung Menschen stehen, die schlichte Unwahrheiten verbreiten. Und weil sie das wissen, könnte man sagen: Lügen. „Masken bringen nichts. Impfen bringt nichts.“ Das ist großer Unsinn. Man kann es nicht anders sagen. An der Pferdegasse machten sich junge Menschen über den vorbeiziehenden Tross lustig, indem sie aus einer Box den Ententanz spielten oder Marschmusik, wie Frank Biermann für seine Münstersche Volkszeitung dokumentiert hat.

Ist das der richtige Weg? Sich lustig machen? Wir haben vor anderthalb Wochen ebenfalls eine Meldung geschrieben, in der wir das gemacht haben. Eine Frau schrieb in die Kommentare, das sei nicht respektvoll. Damit hat sie wohl recht. Und ja, vielleicht ist das der falsche Umgang. Einige Menschen haben eine andere Meinung. Damit muss man umgehen. Doch andere lügen ganz unverhohlen. Ist Respekt für solche Aussagen dann noch die richtige Haltung?

Eine laute Minderheit

Der Satiriker Jan Böhmermann hat in dieser Woche bei Twitter die Frage gestellt, ob man denn auch den Effekt mitdenke, dass „vernünftige Geboosterte einfach keinen Bock mehr auf den dummen Trotz und das lamoryante (sic!) Gelaber der Ungeimpften haben und es ihnen darum nur noch um ihre eigene Sicherheit und die ihres geimpften Umfelds geht?“

Und sind es nicht nur wenige? Geht hier wirklich ein Riss durch die Gesellschaft? Oder bröckelt einfach am Rand etwas ab? Wenn Menschen sich bei einer Montagsdemo einen gelben Stern anheften, wie Frank Biermann es hier ebenfalls zeigt, dann ist das schon ein Indiz dafür, in welcher Gesellschaft all die vermeintlich arglosen Menschen unterwegs sind, die nur ihre Sorge um die Freiheit zum Ausdruck bringen wollen. Man kann zusammen mit Schwurblern marschieren, um seinen Protest auszudrücken. Die Demokratie hält das aus. Die Frage ist eher: Will man mit Schwurblern verwechselt werden?

Ruprecht Polenz hat vor zwei Tagen eine Grafik des Bayerischen Rundfunks veröffentlicht, die sehr schön die Mehrheitsverhältnisse illustriert. Es ist eine Übersicht für Bayern, die in Nordrhein-Westfalen vermutlich sehr ähnlich aussieht. Sie zeigt vier kleine rote Punkte, jeder steht für 10.000 Menschen. Die vier Punkte, das sind die Menschen, die in Bayern gegen die Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht demonstriert haben. Daneben zeigt die Abbildung 424 blaue Punkte. Das sind die Menschen, die sich eine Booster-Impfung geholt haben.

Eine kleine Minderheit läuft mit Plakaten durch die Straßen, auf denen das Wort „Impf-Diktatur“ steht. Korrigieren Sie uns, aber unter einer Diktatur verstehen wir, wenn eine kleine Minderheit über die Belange der Mehrheit bestimmt.

Das Hase-und-Igel-Spiel

Auf dem Weihnachtsmarkt haben wir in den vielen Stunden, die wir dort standen und Gespräche geführt haben, so gut wie keinen Menschen ohne Maske gesehen. Die Mehrheit ist einverstanden. Und mal ehrlich, bei diesen Temperaturen, gegen die man sich mit Mützen, Schals, Handschuhen, dicken Jacken und langen Unterhosen gegen die Kälte schützt, ausgerechnet in der Maske eine unzumutbare Einschränkung zu sehen, ist das nicht auch ein bisschen absurd?

Man kann natürlich trotzdem verzweifeln. Bald beginnt das dritte Corona-Jahr. Wir haben Testmöglichkeiten, wir haben Impfungen. Aber es ist wie mit dem Hasen und dem Igel, Corona ist immer schon da.

Ab morgen ändern sich in Münster wieder die Regeln. Dann gilt die Maskenpflicht nicht mehr in der gesamten Innenstadt, sondern nur noch auf den Haupteinkaufsstraßen und dem Wochenmarkt (hier eine Übersicht). Gleichzeitig haben die Landesregierungen sich darauf geeinigt, dass ab Dienstag wieder schärfere Regeln gelten. Kurz darauf gab das Robert-Koch-Institut ein Papier heraus, in dem es forderte, Kontaktbeschränkungen sofort durchzusetzen, also noch vor Weihnachten. Das möchten die Bundes- und die Landesregierungen den Menschen aber nicht zumuten. In den Niederlanden ist man nicht ganz so zurückhaltend. Dort steht das öffentliche Leben wieder still. Deswegen kommen die Menschen von dort jetzt zum Einkaufen nach Münster, wo die Infektionsgefahr damit steigt. Wer soll das alles noch verstehen? Und wer soll für das Durcheinander noch Verständnis haben?

Vielleicht hilft es, sich vorzustellen, dass all diese Entscheidungen auch von Menschen getroffen werden. Sie haben vielleicht mehr Informationen, aber auch sie haben es mit Informationen zu tun, die sich widersprechen, sie müssen Risiken eingehen. Osnabrück hat seinen Weihnachtsmarkt geschlossen. Münster ist das Risiko eingegangen, dass es auch hinterher heißen könnte: Ihr hättet es wissen müssen.

Vor zwei Tagen meldete die Stadt, dass sich zehn von zwölf Studierenden bei einem privaten Glühweintreffen mit Corona infiziert haben, trotz Impfung und trotz Schnelltest.

Was ist mit den Kindern?

Es geht um Wahrscheinlichkeiten, um Risiken und um Nachsicht, also um die Annahme, dass Menschen versuchen, dieses unglaublich schwierige Problem so gut wie möglich zu lösen. Dabei können Fehler passieren. Deswegen gehört dazu Kritik, auch fortdauernde Kritik.

Die Bedürfnisse von jungen Menschen, vor allem von Kindern, haben in den vergangenen knapp zwei Jahren eine geringe Rolle gespielt. In der Öffentlichkeit stellt man gern den gut verkäuflichen Teil der Begründung in den Vordergrund: Die Kinder brauchen Kontakte, sie müssen sich mit anderen Kindern treffen können. Der andere, unangenehmere Teil der Begründung ist: Die Eltern müssen arbeiten können, sonst bekommen die Unternehmen Probleme. Was ist wie wichtig? Das ist eine Frage, die uns weiter begleiten wird, wenn vielleicht bald der nächste Lockdown kommt, der ja eigentlich niemals kommen sollte.

Da sind auch die Pflegekräfte, denen man seit Beginn der Pandemie immer wieder versichert, wie wichtig sie sind – die aber offenbar doch nicht so wichtig sind, dass man ihnen mehr Geld geben oder bessere Arbeitsbedingungen bieten möchte. In den ärztlichen Chefetagen verdienen Menschen im Schnitt 300.000 Euro im Jahr. Pflegekräfte im Krankenhaus bekommen etwa 40.000 Euro. Ist das gerecht? Bald wird es ein klein wenig mehr sein. Es gibt einen neuen Tarifvertrag. Doch der ist, unsere Kolumnistin Juliane Ritter schrieb es am Sonntag, für die Pflegenden enttäuschend. Im Grunde bleibt alles, wie es ist.

Die Pflege hat Sie in diesem Jahr von allen RUMS-Themen am meisten bewegt (siehe nächster Abschnitt). Das Problem bleibt. Wird sich im nächsten Jahr etwas ändern? Wir wissen es nicht. Aber mit der Kolumne versuchen wir, etwas zu tun, das Medien sonst schwerfällt. Wir lassen Menschen immer wieder zu Wort kommen, Monat für Monat, auch wenn es keinen Anlass gibt. Wenn Medien das nicht machen, geht das Kalkül auf, das hinter der Entscheidungen steht, den Gegenwind zu überstehen und die Dinge so zu belassen. Wenn die öffentliche Aufmerksamkeit wieder abklingt, redet ohnehin niemand mehr über die Pflege.

Dieses Kalkül ist weit verbreitet. Es kalkuliert die flüchtige menschliche Aufmerksamkeit mit ein. Menschen wollen etwas Neues hören, nicht immer das Gleiche. Und Menschen vergessen Dinge schnell.

Hier liegt das Problem mit der Nachsicht. Menschen machen Fehler. Aber man darf auch erwarten, dass sie diese Fehler nicht drei Mal hintereinander machen.

Die Tradition der abgetrennten Finger

Mit der Hoffnung, dass wenigstens einiges besser wird, gehen wir ins Jahr 2022. Wieder ohne Feuerwerk an den Orten in der Stadt, an denen es am 31. Dezember um Mitternacht immer verlässlich hell, laut und gefährlich wurde. Die Stadt hat das Böllern an diesen Stellen verboten.

Einige ärgern sich darüber, denn es ist ja eine Tradition. Eine Tradition ist allerdings auch, dass in Krankenhäusern in der Neujahrsnacht abgetrennte Finger wieder angenäht werden. Und hier wird das Problem mit der Freiheit sehr deutlich. Eine freie Gesellschaft muss damit leben, wenn Menschen Jahr für Jahr das Risiko eingehen möchten, sich in der Silvesternacht zu verstümmeln.

Und dann ist die Frage: Wem räumt die Gesellschaft hier die Priorität ein? Einem Menschen, der die Freiheit in Anspruch genommen hat, sich nicht impfen zu lassen? Oder dem, der seine Freiheit darin sieht, eine Rakete anzuzünden?

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Es kann Silvester auch Menschen treffen, die unbeteiligt in der Nähe stehen. Und es können auch Menschen mit einer Covid-Infektion ins Krankenhaus kommen, die dreifach geimpft sind. Man muss so vieles bedenken. Und auch das wird uns im nächsten Jahr begleiten.

Vor einer Woche haben wir uns am Freitagabend mit dem RUMS-Team vor unserer Weihnachtsmarkt-Hütte getroffen. Ein neuer Kollege, den Sie im Februar kennenlernen werden, war gekommen. Wir kannten uns bislang nur aus Videokonferenzen, ein Zustand, an den wir uns mittlerweile gewöhnt haben.

Wir sprachen über das, was wir in den vergangenen zwei Jahren gemacht haben, über das, was im nächsten Jahr kommen soll. Und was in dieser Zeit sicher auch vergessen wird: Da ist zwar die Sorge, dass wir noch über einen großen Berg müssen, dass es vielleicht noch schlimmer wird. Aber da ist wieder das Gefühl, das Schlimmste überstanden zu haben, und vielleicht stimmt es ja diesmal. Da ist auch Vorfreude auf das, was wir machen werden, wenn Sätze, in denen das Wort Corona vorkommt, in der Vergangenheit formuliert sind. Da ist Zuversicht, denn wir haben viel vor. Anfang des Jahres werden wir den RUMS-Brief überarbeiten. Wir werden Ihnen neue Kolumnen vorstellen. Und wir werden uns hoffentlich bald wieder bei Veranstaltungen sehen, in Videokonferenzen – oder vielleicht zusammen in einem Raum, mit einem Bier im Anschluss und netten Gesprächen. Man könnte sagen: wie früher.

Fürs Erste aber bedanken wir uns bei Ihnen ganz herzlich für das Vertrauen, das Sie uns in diesem Jahren geschenkt haben. Wir wissen das zu schätzen. Und wir freuen uns auf das nächste Jahr, hoffentlich zusammen mit Ihnen.

Bis zum 4. Januar machen wir eine Winterpause, in der wir etwas Kraft tanken und uns Gedanken über neue Ideen machen. Aber bevor wir uns von Ihnen in die Ferien verabschieden, werfen wir noch einen Blick zurück und einen nach vorne.

Die RUMS-Jahresbilanz

Vor einigen Tagen haben wir noch einmal zurückgeschaut und uns gefragt: Was waren denn eigentlich die wichtigsten Themen in diesem Jahr in Münster. Uns fiel die Debatte über den Flyover ein, die vielen Diskussionen über die Verkehrspolitik, die Verkehrsversuche im Sommer. Immer wieder ging es um Corona und alles, was damit zusammenhängt. Das sagte uns die Erinnerung. Aber was davon hat Sie am meisten interessiert? Auch dazu können wir etwas sagen. Wir haben in die Statistik geschaut.

Der erfolgreichste RUMS-Brief in diesem Jahr war der, in dem es um die katholische Gemeinschaft Emmanuel ging. Über den Text gab es eine heftige Debatte. Man warf uns vor, Zitate in einen falschen Zusammenhang gestellt zu haben. Aber wir hatten die Zitate vorher inklusive Kontext autorisieren lassen. Unter dem Beitrag (siehe unten) steht eine lange Ergänzung, in der wir das alles erklären.

Ende Januar haben wir über die Debatte über die autofreie Innenstadt geschrieben – und über die Berichterstattung in den Westfälischen Nachrichten darüber. Das war der RUMS-Brief, der am zweithäufigsten geöffnet wurde, prozentual (Anteil der geöffneten Briefe an allen versandten). Das ist deshalb wichtig, weil Anfang des Jahres noch viel weniger Menschen RUMS gelesen haben als jetzt. Mittlerweile gehen unsere Briefe an knapp 2.100 Menschen.

Nach absoluten Zahlen war ein RUMS-Brief aus dem Oktober am erfolgreichsten, es ging um die Verkehrspolitik, um das psychologische Phänomen der Reaktanz und die toxischen Folgen.

Auf Platz zwei steht der RUMS-Brief über das Baugebiet an der Vogelstange in Hiltrup, das über Jahre geplant, aber dann, nun ja, abgesägt wurde.

Noch schnell zu den dritten Plätzen: Auf Platz drei steht in beiden Fällen ein RUMS-Brief, der Anfang April erschienen ist, zu einer Zeit, als es kurz so aussah, als wäre der schlimmste Teil der Pandemie überstanden. Es ging um die Frage, was denn nun wieder öffnen darf. Acht Monate später fragen wir: Was wird bald wieder schließen?

Wir haben auch einen Blick auf die Zahlen der Reportagen und Analysen auf unserer Website geworfen. Vorne auch hier: der Beitrag über die katholische Gemeinschaft Emmanuel. Auf Platz zwei steht der Report über die Zentrale Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete, dahinter der Beitrag über Tierversuche an der Uni Münster.Interessant sind die Zahlen bei den Kolumnen. In vier der fünf erfolgreichsten Texte ging es um das Thema Pflege. Die erfolgreichste Kolumne darunter hat Marina Weisband geschrieben. Auf Platz zwei, vier und fünf landen die ersten drei Texte unserer Pflegekolumnistin, die unter dem Pseudonym Juliane Ritter schreibt. Einziger Mann in den Top fünf: Ruprecht Polenz mit einem Kommentar zur Verkehrspolitik aus dem Oktober auf Platz drei. Das ist auch gleichzeitig der Text mit den meisten Kommentaren.

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In aller Kürze

+++ Die Polizei sucht einen verurteilten Mörder, und zwar den 56-jährigen Ralf H. aus Münster. Seine Geschichte haben wir im Juli 2020 im RUMS-Brief erzählt. Er hat vor 28 Jahren eine Frau in Dortmund ermordet, die Polizei kam ihm aber erst spät auf die Spur. Im vergangenen Jahr war das Gericht sich schon recht sicher, dass er der Täter ist, hatte ihn aber noch nicht verurteilt. Nach der Verurteilung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe wurde er zunächst aus der Untersuchungshaft entlassen. Das Gericht hatte sich zu viel Zeit gelassen. Jetzt hätte H. die Strafe antreten müssen. Am Montag wurde sein Urteil rechtskräftig, am Dienstag löste er seine Fußfessel und verschwand. Die Polizei hat ein Fahndungsfoto des Mannes veröffentlicht, außerdem ein Bild von dem Wagen, mit dem er und seine Lebensgefährtin unterwegs sein könnten.

Nachtrag, 24. Dezember: Die Polizei hat H. inzwischen in den Niederlanden gefasst. Daher haben wir seinen vollständigen Nachnamen und den Link zum Fahndungsfoto wieder entfernt.

Korrekturen und Ergänzungen

Im RUMS-Brief am Dienstag hatten wir geschrieben, wie und wie oft die Stadt untersuchen lässt, ob Corona-Infektionen auf die Omikron-Variante zurückgehen. Das haben wir aber unvollständig und dadurch leider auch etwas unverständlich erklärt, wie wir an einigen Leser:innen-Rückfragen gemerkt haben (vielen Dank dafür!). Deshalb erklären wir es heute noch einmal, und hoffentlich besser: 5 Prozent aller positiven Corona-Befunde werden routinemäßig sequenziert, also auf die Variante untersucht. Dazu kommen (und das hatten wir am Dienstag unterschlagen) Sequenzierungen, die das Gesundheitsamt bei begründeten Verdachtsfällen zusätzlich beauftragt – etwa bei Reiserückkehrer:innen und Kontaktpersonen von Menschen, bei denen die Variante bereits nachgewiesen wurde. Deshalb sind deutlich mehr Omikron-Fälle bekannt als 5 Prozent der gesamten Infektionen.

Corona-Update

Für den Fall, dass Sie sich in den nächsten Tagen testen lassen möchten: Die Stadt hat eine Übersicht der Stellen zusammengestellt, bei denen das möglich ist. Diese Übersicht finden Sie hier. Und zu den aktuellen Corona-Zahlen: Kurz vor Weihnachten bewegt sich die Inzidenz in Münster bei knapp unter 140, genauer: 137,2 (Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche). Seit gestern sind 93 gemeldete Neuinfektionen dazugekommen, schreibt die Stadt. Damit gelten in der Stadt 832 Menschen als infiziert. 27 liegen im Krankenhaus, 11 auf Intensivstationen, 9 von ihnen werden beatmet.

Unbezahlte Werbung

Fast jede:r in der Stadt kennt wahrscheinlich das Teehaus Tropic, den kleinen, bunten Asia-Laden am Spiekerhof 32. Aber waren Sie schon mal in dem Geschäft? Wir würden Ihnen das wärmstens ans Herz legen, auch wenn Sie nicht unbedingt Tee oder eine Winkekatze aus dem Schaufenster kaufen möchten. Es gibt dort auch einige Lebensmittel und vor allem hübsche Geschenkideen. Unser Tipp wären zum Beispiel die schönen Essstäbchen. Und die könnten Sie in das handgeschöpfte Geschenkpapier einwickeln, das es dort ebenfalls zu kaufen gibt. Weil morgen Heiligabend ist, können wir ausnahmsweise nicht schreiben, wer aus unserem Team Ihnen diesen Tipp gibt. Denn die Person, die die Essstäbchen bekommen wird, soll das vorher möglichst nicht erraten. Aber was wir Ihnen sagen können: Das Teehaus hat morgen noch von 10 bis 13 Uhr geöffnet.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Engagement in Münster: Unsere Interviews aus der RUMS-Hütte zum Nachlesen

Im Rahmen unserer Marketingaktionen auf dem X-MS-Markt in Münster haben wir Menschen vorgestellt, die sich in der Stadt engagieren. Leider konnten wir wegen der Corona-Beschränkungen diese Gespräche, bei denen wir verschiedenen Ehrenamtsorganisationen eine Bühne geboten haben, nicht vor Publikum führen. Aber wir haben sie für Sie aufgenommen und veröffentlichen sie nun nach und nach in gekürzter Version als schriftliche Interviews.

Zwei dieser Interviews möchten wir Ihnen heute schon mit in die Weihnachtsferien geben: Im ersten Interview, das Sie ab jetzt hier nachlesen können, hat unsere Mitarbeiterin Alina Köller mit Thomas Mühlbauer vom Haus der Wohnungslosenhilfe (HdW) darüber gesprochen, warum manche Menschen freiwillig obdachlos sind. Und darüber, wie sein Team diejenigen unterstützt, die nicht auf der Straße leben möchten. Im zweiten Interview berichtet Wolfgang Wittler von der Münster-Tafel darüber, wo und wie er und seine Kolleg:innen Lebensmittel retten und was der Tafel fehlt, um noch mehr Hilfe leisten zu können. Dieses Interview finden Sie hier. Die anderen Gespräche werden wir im neuen Jahr nach und nach aufbereiten und veröffentlichen. Wir verlinken sie dann wieder an dieser Stelle für Sie.

Drinnen und Draußen

Sie hören nun ja eine gute Woche lang nichts von uns. Deshalb kommen heute ein paar mehr Tipps als sonst, sozusagen auf Vorrat. Wir haben in der Redaktion gesammelt, was Sie in der RUMS-Brief-freien Zeit lesen oder sich anschauen könnten.

+++ Wir starten mit einem Kino-Tipp. Ann-Marlen Hoolt empfiehlt Ihnen die Neuverfilmung von „West Side Story“. Falls Sie die Handlung nicht kennen: Es ist ungefähr dieselbe wie in „Romeo und Julia“, zwei Liebende sollen nicht zusammen sein. Der Film und das Musical, auf dem er basiert, spielen allerdings in New York und in den 1950er-Jahren. Wie das in einem Film aus dem Jahr 2021 aussieht, können Sie sich in diesem Trailer anschauen. Oder direkt im Kino, die Story läuft im Cineplex.

+++ Vor einiger Zeit haben wir Ihnen in einem RUMS-Brief die Känguru-Comics verlinkt, die bei der Zeit erscheinen. Wenn Ihnen die gefallen oder Sie vielleicht sowieso schon großer Fan des Beuteltiers aus Berlin sind, dann könnte der Weihnachtstipp von Jan Große Nobis etwas für Sie sein: In der ZDF-Mediathek gibt es Die Känguru-Chroniken als Spielfilm zu sehen. Der Film ist am 5. März 2020 in den Kinos angelaufen. Aber Sie wissen ja wahrscheinlich noch, was ein paar Tage später geschah. Ab Anfang April 2020 konnte man den Streifen dann bei einem bekannten Internet-Versandhändler gegen Geld anschauen. Und nun eben ganz ohne Geld beim ZDF. Die etwas tragische Kinostart-Geschichte ändert aber nichts daran, dass der Film selbst wirklich sehr schön und lustig ist. Darum geht es: Der Kleinkünstler und Autor Marc-Uwe Kling öffnet seine Wohnungstür, davor steht ein Känguru, das gerade gegenüber eingezogen ist und Pfannkuchen backen möchte. Und das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

+++ Von mir, Constanze Busch,gibt es auch eine Empfehlung aus der ZDF-Mediathek: Jules Vernes Roman In 80 Tagen um die Welt als Miniserie. Kostüme, Drehorte und Szenen sind mit viel Liebe gestaltet. Bei den Figuren haben sich die Autor:innen ein wenig künstlerische Freiheit gegenüber dem Original erlaubt. Deshalb werden Gentleman Phileas Fogg und sein Diener Passepartout auf ihrer abenteuerlichen Reise von einer Journalistin begleitet, die bei Jules Verne nicht vorkommt. Sie ist natürlich die heimliche Heldin der acht Episoden.

+++ Edina Hojas würde Ihnen gern einen Text empfehlen, den Essay Allein von Daniel Schreiber. Worum es geht? Das kommt darauf an, wen man fragt. Der Autor sagt: Es ist ein Buch übers Gärtnern, Wandern und Stricken geworden. Edina Hojas sagt: Das stimmt ein bisschen, aber es geht auch um das überkommene Konstrukt der romantischen Zweisamkeit und um die Bedeutung von Freundschaften. Also seien Sie gespannt. Die anderen Bücher von Daniel Schreiber heißen „Nüchtern“ und „Zuhause“. Und da gleich noch ein Tipp von Edina Hojas: Lassen Sie sich von den etwas schwermütigen Titeln nicht abschrecken. Sie hat sie alle gelesen und ist sehr angetan von der ermutigenden Kraft und Ehrlichkeit, die in den Essays stecken.

+++ Von mir, Ralf Heimann, kommt auch etwas zum Lesen, außerdem eine Musik- und eine Filmempfehlung. Mein Buchtipp des Jahres ist „Die Anomalie“ von Hervé le Tellier. Ein Flugzeug landet, einige Monate später landet es zum zweiten Mal, es gibt die Menschen jetzt doppelt. Einer ist schon gestorben, er hat sich umgebracht. Einer liegt schwerkrank im Sterben. Niemand hat eine Erklärung. In Frankreich hat das Buch den Prix Goncourt gewonnen, als Roman des Jahres. Die musikalische Entdeckung der letzten Monate war für mich die amerikanische Band Khruangbin, hier ein Eindruck. Und ich hatte es schon mal erwähnt: Wenn Sie noch keinen Stadtbücherei-Ausweis haben, dann überlegen Sie sich, ob die 24 Euro im Jahr sich nicht lohnen könnten. Sie bekommen Zugang zum Streamingdienst Filmfriend, können über die App Pressreader 6.000 Zeitungen und Magazine täglich lesen, die Washington Post, den Tagesspiegel, die NZZ, den Guardian, dazu Dutzende Regionalzeitungen. Über die App Onleihe können Sie täglich in die SZ, die FAZ, die Zeit, viele Magazine und Tausende von Büchern schauen. Und dann noch eine Filmempfehlung: „Ich bin dein Mensch“ von Marie Schrader, zu finden in der ARD-Mediathek. Ganz wunderbar. Und vielleicht noch als Anreiz: Seit gestern steht der Film auf der Shortlist für den Oscar.

+++ Wir bleiben beim Film, mit einer ganz frischen Empfehlung von Johanne Burkhardt: Ab heute läuft im Cinema die Verfilmung von Haruki Murakamis Kurzgeschichte „Drive My Car“. Es geht um einen alkoholsüchtigen Regisseur, der seinen Führerschein verloren hat und sich nun von einer jungen Frau fahren lässt. Davon ist er am Anfang nicht sonderlich begeistert. Aber die beiden führen dann doch schnell tiefgründige Gespräche miteinander. Und für den Fall, dass Ihnen der Film besonders gut gefällt, empfiehlt Johanne Burkhardt auch noch ihren Lieblingsroman von Haruki Murakami: Kafka am Strand. Hier gibt es eine Leseprobe.

+++ Zum Schluss noch ein Veranstaltungstipp, der gleichzeitig eine Geschenkidee für die allerletzte Sekunde ist: Das Stadtensemble veranstaltet wieder Spaziergänge, bei denen Menschen auf Kulturschaffende treffen. Es sind Zweierbegegnungen, in denen es um die Frage geht: Wie relevant ist Kunst? So erklärt sich der Name dieses Veranstaltungsformats: Systemrelevanziergang. Weitere Infos und Tickets bekommen Sie hier.

Das war es für dieses Jahr von uns. Am 4. Januar schreiben wir Ihnen wieder. Bis dahin wünschen wir Ihnen schöne Weihnachtstage und eine ruhige Zeit.

Herzliche Grüße

Constanze Busch und Ralf Heimann

PS

Um mit Nachrichten die Aufmerksamkeit von Menschen zu bekommen, muss der Inhalt spektakulär sein. Die Meldung „Münsteraner gewinnt 1,5 Milliarden Euro bei spanischer Lotterie“ erfüllt dieses Kriterium. Einziges Problem: Sie ist falsch. Die Nachricht kam gestern über einen Messenger bei uns an. Und ein häufiges Problem mit Nachrichten, die über einen Messenger ankommen, ist: Sie sind nicht komplett falsch, sondern stimmen so halb. Ein 52-jähriger Münsteraner hat bei einer spanischen Weihnachtslotterie tatsächlich gewonnen. Wenn man in die Überschrift der dpa-Meldung schaut, fragt man sich: Wieso denn 1,5 Milliarden Euro? Es sind doch viel mehr. Die Überschrift lautet: „Jackpot von 2,4 Milliarden Euro! Deutscher sahnt bei spanischer Weihnachtslotterie ab“. Die Deutsche Welle macht den englischsprachigen Teil der Welt gerade mit dieser Nachricht vertraut. Ihre Überschrift lautet: „Spain’s Christmas lottery winners share €2.4 billion“. Billion? Geht es hier also doch um etwas mehr als um eine Kleinigkeit? Nein, „billion“ ist das englische Wort für Milliarde. Aber man ahnt schon, wie es mit der in verschiedene Richtungen übersetzten Nachricht weitergehen könnte. Und falls Ihnen über die Weihnachtstage jemand erzählen sollte, ein Münsteraner habe bei einer spanischen Lotterie 3,8 Trilliarden Euro abgesahnt, das hier ist die richtige Version: Der Mann gewann den zweiten Preis, und der fällt leider etwas schmaler aus. Der Mann muss jetzt zusehen, wie er mit den 1,25 Millionen, die ihm aus Spanien überwiesen werden, noch schnell ein paar Weihnachtsgeschenke zusammenbekommt. Keine leichte Aufgabe. Für das Geld bekommt man ja nicht mal einen Musik-Campus. Wir hoffen trotzdem, dass es dem Mann gelingt. Aber vor allem von uns: Herzlichen Glückwunsch!

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