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Die Kolumne von Roudy Ali | Schluss mit der Diskriminierung bei der Wohnungssuche
Guten Tag,
ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.
Es ist Anfang August, viele von Ihnen waren wahrscheinlich noch vor wenigen Tagen im Urlaub, im Hotel, am Strand, vielleicht waren sie auch zu Hause, an einem Ort, an dem es sicher und bequem ist.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich ein einziges Zimmer mit allen Familienmitgliedern teilen – dieselbe Küche und dasselbe Badezimmer, in einer Unterkunft, in der viele fremde Menschen aus vielen fremden Ländern leben.
Wenn Sie in eine größere Wohnung umziehen wollten, wäre das nicht einfach so möglich. Sie müssten Sie sich angemessene Gründe überlegen.
Sie müssten an Ihrer Sprache arbeiten, um eine Wohnung besichtigen zu können, denn nur wer akzentfrei spricht, gilt als erfolgreich integrierter Mensch.
Sie müssten befürchten, dass Sie nach Ihrem Aufenthaltstitel gefragt werden, dass man sie fragt, woher sie kommen. Ihr Name könnte mit darüber entscheiden, ob Sie die Wohnung bekommen.
Menschenrecht auf Wohnen
Während der Wohnungsbesichtigung müssten Sie über den Krieg oder über Ihre traumatischen Erfahrungen sprechen. Sie müssten erklären, wie wichtig es ist, eine Wohnung zu finden, um eine Therapie beginnen zu können.
Wenn Sie das alles nicht müssen, dann haben Sie ein Privileg. Auch ohne all diese Einschränkungen ist es schwer, in Münster eine Wohnung zu finden – mit ihnen ist es eine Tortur und nahezu unmöglich. Diese Kolumne schreibe ich, um Ihnen eine Perspektive zu eröffnen, die Sie vielleicht noch nicht kennen.
Je mehr Menschen sich um eine Wohnung bewerben, desto strenger werden die Auswahlkriterien. Und wenn das der Fall ist, werden Menschen in vielen Fällen diskriminiert.
Zuhause, das ist der Ort, an dem Menschen leben, sich nach der Arbeit ausruhen und geschützt sind. In ihrer Wohnung fühlen Menschen sich sicher und frei. Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Menschenrecht auf Wohnen ist Teil des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard.
Viele Menschen haben eine neue Heimat in Münster gefunden. Einige studieren, andere arbeiten, alle fühlen sich sicher, aber um eine Wohnung zu bekommen, müssen sie beweisen, dass sie zu „den Guten“ gehören.
Geflüchtete teilen diese Erfahrungen
Wer das nicht kann, wer keine Arbeit hat, nicht studiert, älter ist und die deutsche Sprache nicht perfekt gelernt hat, gilt als weniger gut integriert. Das bedeutet für viele: Sie müssen in einer Unterkunft für Geflüchtete bleiben.
Es kann schon ausreichen, Mustafa, Özgür oder Mohammad zu heißen, um bei der Wohungssuche schlechtere Chancen zu haben. Das ist eine Erfahrung, die Menschen, in deren Pass Müller, Maier oder Rossmann steht, wahrscheinlich nie gemacht haben.
Es sollte auch eigentlich nicht so sein. Die Hautfarbe oder ethnische Zugehörigkeit sollte auf dem Wohnungsmarkt keine Rolle spielen. Diskriminierung ist sogar verboten. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie Realität ist. Ich kenne viele geflüchtete Menschen in Münster. Sie alle kennen diese Situationen, sie alle teilen diese Erfahrung. Sie haben das Gefühl, dass sie wegen ihres Namens, wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden.
Der Wohnungsmarkt in Münster ist für alle ein Problem, die eine Wohnung suchen. Das macht es noch schwieriger, denn je mehr Menschen sich um eine Wohnung bewerben, desto strenger werden die Auswahlkriterien. Und diese vermeintlich objektiven Kriterien verschleiern oft eine rassistische Diskriminierung.
Das Gesetz hat Schwachstellen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet seit dem Jahr 2006, dass man Menschen bei der Vergabe von Wohnungen aus bestimmten Gründen benachteiligt. Die Gründe sind: Alter, Behinderung, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, Religion und Geschlechtsidentität.
So steht es auf dem Papier. Doch vieles deutet darauf hin, dass dieses Gesetz viele Menschen nicht schützt – dass es einige Schwachstellen hat.
Der sozioökonomische Status ist in der Liste der Eigenschaften nicht enthalten, die bei der Auswahl keine Rolle spielen sollten. Wenn Menschen eine Wohnung mieten möchten, müssen sie oft Auskunft darüber geben, welchen Beruf sie haben oder wie viel sie verdienen.
Auch die Anzahl der Kinder, der Familienstand oder ein ungesicherter Aufenthaltsstatus können bei einer Wohnungsbesichtigung zu einer Absage führen.
Einige Vermieter:innen wollen keine muslimischen Mieter:innen oder keine Frauen mit Kopftuch. Andere wollen keine Ausländer:innen, keine Menschen, die gebrochen oder mit Akzent sprechen. Menschen werden aus ganz unterschiedlichen Gründen diskriminiert.
Beweise zu finden, ist schwer
Die Geschichte ist hier nicht zu Ende, denn es gibt auch Fälle, in denen Menschen ohne Kinder, Studierte oder Berufstätige, Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, keine Wohnung finden. Es sind mehrere Fälle von früheren Geflüchteten bekannt, bei denen es Hinweise darauf gibt, dass sie aufgrund ihrer ethnischen Herkunft abgelehnt worden sind.
In vielen Fällen würde ich Betroffenen zu einer Anzeige raten. Das Problem ist: Diese Menschen erfahren nichts über die tatsächlichen Gründe, die zur Absage geführt haben. Sie hören oft einfach: „Leider haben wir uns für jemand anders entschieden.“
Es ist schwer, Beweise für eine Diskriminierung zu finden. Hinzu kommt: Oft schämen Betroffene sich. Schon das hält sie davon ab, eine Anzeige zu erstatten.
Solche Formen der Benachteiligung und Chancenungleichheit sollten nicht existieren. Daher ist es wichtig, dass Menschen, die eine Wohnung suchen, ihre Rechte kennen und ihre Rechte geltend machen. Auch die Wohnungseigentümmer:innen müssen ein Bewusstsein dafür bekommen, dass sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie Menschen bei der Vergabe von Wohnungen diskriminieren.
Das alles geht nicht von selbst
Münsters Ziel ist, die Stadt „nach den Prinzipien ‚Gelebte Akzeptanz‘ und ‚gleiche Chancen für ALLE‘ zu einer weltoffenen, internationalen Stadt weiterzuentwickeln, in der Achtung der Menschenrechte sowie die Wahrung des sozialen Friedens oberste Priorität besitzen, damit alle Bewohnerinnen und Bewohner gleichermaßen gut in Münster leben können“. So steht es im Leitbild zur Integration und Migration, auf das man sich in der Stadt geeinigt hat.
Doch das passiert nicht von selbst. Wenn man möchte, dass Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt gleichberechtigt und auf Augenhöhe sind, wenn man möchte, dass die Diskriminierung keine Rolle spielt, dann muss die Stadt etwas dafür tun.
Sie kann diese Fälle zum Beispiel in ihren lokalen politischen Gremien thematisieren. Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen können versuchen, Menschen zu sensibilisieren und das stereotype Bild von geflüchteten Menschen zu durchbrechen.
Auch anonyme Bewerbungen für Wohnungen wären eine Möglichkeit, wenn es darum geht, Menschen die Chance auf ein diskriminierungsfreies Leben zu geben.
Herzliche Grüße
Ihre Roudy Ali
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Roudy Ali
Die Kurdin Roudy Ali ist aus Syrien geflohen. In Münster hat sie Soziale Arbeit studiert und inzwischen den Masterstudiengang Netzwerkmanagement begonnen, neben ihrem Studium arbeitet sie als freie Journalistin. Für ihr ehrenamtliches Engagement ist sie mit dem renommierten Diana Legacy Award ausgezeichnet worden. In ihrer Kolumne wird sie über Themen schreiben, die die internationale Community in Münster bewegen.
Die Kolumne
Immer sonntags schicken wir Ihnen eine Kolumne. Das sind Texte, in denen unsere acht Kolumnistinnen und Kolumnisten Themen analysieren, bewerten und kommentieren. Die Texte geben ihre eigene Meinung wieder, nicht die der Redaktion. Mitgliedschaften in politischen Parteien oder Organisationen machen wir transparent. Wenn Sie zu den Themen der Kolumnen andere Meinungen haben, schreiben Sie uns gern. Wenn Sie möchten, veröffentlichen wir Ihre Zuschrift im RUMS-Brief. Wenn Sie in unseren Texten Fehler finden, freuen wir uns über Hinweise. Die Korrekturen veröffentlichen wir ebenfalls im RUMS-Brief.
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