Die Kolumne von Michael Jung | Wieso es bei den Bädern nicht läuft

Porträt von Michael Jung
Mit Michael Jung

Guten Tag,

in den letzten Wochen ist ein Problem in Münster wieder offensichtlich geworden, das schon lange schwelt und bei dem keine Lösung in Sicht ist. Das sind die Bäder. Schon seit mehr als zehn Jahren ist es so, dass in allen Bürger:innenumfragen deutlich wird, dass es kaum eine städtische Einrichtung gibt, mit der die Menschen in Münster so unzufrieden sind wie mit dem Betrieb der Bäder. 

Die Meldungen der letzten Tage und Wochen dürften das eher noch verschärft haben: Das Ostbad ist seit Wochen wegen eines Legionellenbefalls geschlossen, das Hallenbad in Hiltrup seit letzter Woche auch, das Südbad wird nicht eröffnet wegen eines Problems mit der Wasseraufbereitung, und die Bäder in Roxel und Wolbeck sind wegen Personalmangels dicht. Man darf gespannt sein, wie lange die Bäder in Mitte und Kinderhaus noch durchhalten. Dass es nicht läuft, hat gute Gründe. 

I. Alle Probleme haben eine Vorgeschichte

Als vor fast 50 Jahren die kommunale Gebietsreform vollzogen wurde, da fiel nicht nur der Landkreis Münster weg, sondern die Stadt wuchs deutlich. Vorher selbstständige Gemeinden wie Hiltrup und Amelsbüren wurden zu Stadtteilen Münsters. Und natürlich sorgten die Gemeinderäte vorher dafür, dass es noch mal schön wurde vor Ort. 

Es entstanden nagelneue Schwimmbäder – zum Beispiel in Hiltrup ein Hallen- und ein Freibad, in Amelsbüren ein Hallenbad. Bezahlen musste den Betrieb dann später die größere Stadt Münster. Und das funktionierte auch gut – in den Achtziger- und Neunzigerjahren war das kein Problem. In den Nullerjahren, nach einem Vierteljahrhundert Betrieb, zeigte sich dann aber, dass es Sanierungsbedarf gab, und es konnte teuer werden. 

Diese Notwendigkeit fiel in eine Zeit knapper kommunaler Kassen und einer schwarz-gelben Ratsmehrheit, die sich das Sparen zum politischen Markenkern gemacht hatte. Das Ergebnis war ein umfassendes Gutachten, das die Schließung zahlreicher Hallen- und Freibäder in Münster empfahl: Zu teuer im Betrieb, zu teuer in der Sanierung. 

Eine Frage ließ das Gutachten mit zwei alternativen Szenarien offen, nämlich das Schicksal des Südbads am Inselbogen. Die Ratsmehrheit entschied sich für den radikalen Schnitt und schloss auch das Südbad. Und schon bald war klar: Das Südbad und das Bad in Handorf provozierten den größten Protest. 

Ein Bürgerbegehren gegen die Schließung des Südbads wurde aus formalen Gründen abgeschmettert, in Handorf übertrug man den Betrieb des Bades einer Bürger:inneninitiative, gelobte aber, kein städtisches Geld mehr zuzuschießen, sondern allenfalls Schulschwimmzeiten anzumieten (Am Ende bezahlte die Stadt natürlich den Neubau, die Zeiten des Sparens sind vorbei). 

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So rutschte das Südbad in den Kommunalwahlkampf 2009, und wer nun dachte, SPD und Grüne hätten mit diesem Symbol des schwarz-gelben Kürzungswillens punkten können als damalige Opposition, der kannte den neuen CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Markus Lewe schlecht. Der versprach nämlich kurzerhand ein neues Südbad, das die Stadt nichts kosten würde, weil auf dem Grundstück gleichzeitig Wohnungen errichtet werden sollten, durch deren Bau sich die Kosten quasi aufheben sollten. 

Bunte Bilder zeigten schon, wie schön es werden könnte. Nach gewonnener Wahl ging es in die Ausschreibung, und es zeigte sich: Die tolle Idee funktionierte nicht, es fand sich kein Investor, das Grundstück war nämlich viel zu klein. Und so blieb die Südbad-Frage weiter offen. Derweil waren viele Bäder in den Stadtteilen geschlossen worden (Nienberge, Amelsbüren und so weiter). Gleichzeitig hatte die seinerzeitige Koalition 25 Millionen Euro in die Sanierung bestehender Bäder investiert, von denen vor allem diejenige des Ostbads noch lange Freude machen sollte. 

Der neue Sauna- und Solebereich nämlich funktionierte seither auch häufiger nicht, als dass man ihn hätte nutzen können. Alles in allem gab es nach der schwarz-gelben Rosskur also weniger Bäder und weniger Badezeiten, weitere Wege für Schulen und Vereine zum Bad und Sanierungen, die wenig überzeugend ausgefallen waren. 

In der neuen schwarz-grünen Koalition setzten die Grünen 2015 schließlich einen Neubau des Südbads durch, dessen Baukosten allerdings in den Etat der Stadtwerke verschoben wurden – das war die Erinnerung an das „Investorenmodell“ des Oberbürgermeisters. Das neue Südbad ist jetzt gerade fertiggestellt worden. Rechte Freude mag sich nicht einstellen, denn allzu groß sind noch immer die Probleme. Gehen wir sie einzeln durch.

II. Das Steuerproblem

Das größte Problem des Bäderbetriebs in Münster ist steuerrechtlicher Natur. Vor langer Zeit nämlich hatte die Stadtverwaltung – stets auf der Suche nach Sparmöglichkeiten – ein Steuersparmodell entdeckt. Dabei wurden im Stadtkonzern die Stadtwerke und der Bäderbetrieb miteinander steuerlich verknüpft, und zwar so, dass die Bäder zur „Mutter“ der Stadtwerke wurden. 

Vorteil dabei: Man konnte die Gewinne der Stadtwerke, verkürzt gesagt, mit den Verlusten des Bäderbetriebs steuerlich verknüpfen und so Steuern sparen. Dieses ganze Konstrukt ergab nun einen „Betrieb gewerblicher Art Bäder“, der lediglich steuerrechtlich existiert. Es gab in den letzten 15 Jahren zwei Anläufe, dieses Konstrukt zu überprüfen. 

Beide Male stellte sich heraus, dass bei einer Auflösung dieses Konstrukts ein größerer, in die Millionen gehender Steuerschaden entstehen würde. Es geht dabei um die Aufdeckung verdeckter Gewinne und etwaige Steuernachforderungen der Finanzverwaltung. Es gibt inzwischen kaum noch eine andere Stadt, die ihre Bäder als Verwaltung betreibt, die meisten anderen Kommunen haben den Bäderbetrieb ihren Stadtwerken übertragen oder ihn in einer eigenen Betriebsgesellschaft ausgegründet. 

In Münster ist in der Vergangenheit die Stadtwerkelösung stets daran gescheitert, dass es steuerschädlich erschien, die Mutter gewissermaßen zur Tochter umzuschminken oder das Mutter-Tochter-Verhältnis aufzulösen. Daran scheitert bis jetzt jede Organisation der Bäder nach betriebswirtschaftlichen Kriterien oder Effizienz. 

Bis heute hat die Verwaltung aber nie eine Rechnung vorgelegt, wann sich eigentlich der einmalig auftretende Steuerschaden durch eine bessere Organisation und Bewirtschaftung der Bäder amortisieren würde. Stattdessen war die Diskussion jedes Mal sofort beendet, wenn man an das Steuerproblem gelangte. Das ist ein Fehler, denn aus dem Steuerproblem folgt ein Steuerungsproblem.

III. Das Steuerungsproblem

Anders als in fast allen anderen Städten ist es also in Münster die Verwaltung, die die Bäder führt. Anders als in einer GmbH oder bei den Stadtwerken gibt es also keinen Wirtschaftsplan oder eine Steuerung nach wirtschaftlichen Kriterien. Es gibt nicht einmal eine Leitung für die Bäder innerhalb der Stadtverwaltung, und das seit vier Jahren. 

Nun hat der Rat nach mehrfach erfolgloser Personalsuche für die Bäderleitung den Plan des Dezernenten Thomas Paal aufgegriffen, ein externes Beratungsunternehmen zu suchen, das für drei Jahre den Bäderbetrieb übernehmen soll. Auch hier ist es natürlich nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit war eine Personalie bei Paal nicht wohlgelitten, und der Mitarbeiter arbeitet jetzt in einer Führungsposition in einem anderen Amt der Stadtverwaltung. 

So kam es zu einer langen Vakanz und – wenig überraschend – auch nicht mehr dazu, dass sich etwa intern andere geeignete Bewerber:innen fanden. Es wird interessant zu sehen, was nun eine externe und befristete Lösung bewirken wird. Das Grundproblem bleibt jedenfalls. Die Bäder machen millionenschwere Defizite, aber in sehr unterschiedlichem Maße. 

Während die Bäder in Roxel und Wolbeck – vor ihrer Schließung für die Öffentlichkeit – ihre Betriebskosten zu lediglich rund 7 Prozent decken konnten, gelang das beim Stadtbad Mitte als betriebswirtschaftlich erfolgreichstem Bad zu über 40 Prozent. 

Es wird eine interessante Aufgabe sein, das Managementproblem innerhalb der Strukturen der Verwaltung zu lösen, sofern man anders als alle anderen Städte weiterhin eine Ausgliederung nicht realisieren kann. 

Eine Folge des Steuerungsproblems ist auch der Mangel an Personal. Weil Münsters Bäder Teil der Verwaltung und damit auch des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst sind, sind Bademeister:innen extrem niedrig bezahlt. 

Wenn man ausgliedern würde, wäre man raus aus dem Tarifvertrag, und das würde es eben auch ermöglichen, hier Gehälter zu zahlen, die mit Prämien oder höheren Grundgehältern wohl auch die Personalsuche deutlich erleichtern würden. So hängen alle Probleme miteinander zusammen, und die disparate Organisation ist ein wesentlicher Teil davon.

IV. Das Problem mit den Eintrittsgeldern

Warum die Defizite so hoch sind und wie wenig betriebswirtschaftliche Steuerung im Bäderbetrieb steckt, war unlängst wieder einmal zu besichtigen. In Münster gibt es kaum eine Steuerung des Nutzungsverhaltens über den Preis. Während es fast überall sonst Tarife gibt, die etwa Zeitslots verkaufen oder auch Zeiten mit niedriger Auslastung günstiger stellen als solche mit hoher, fehlt dieses Element in Münster komplett. 

Ein pauschaler Eintrittspreis wird allein über politischen Beschluss festgesetzt, und wenn die Verwaltung wieder einmal die Streichung der beliebten Jahreskarte vorschlägt, scheitert das natürlich politisch, und der Preis für diese Karte wird dann einfach im Ausschuss festgesetzt. 

Das passiert mit keinen anderen Gebühren in Münster, und der Vorgang zeigt, dass in Münster keinerlei betriebswirtschaftliche Steuerung stattfindet. Eine Jahreskarte kostet für eine Einzelperson dasselbe wie für eine ganze Familie. Bis zum Alter von 27 Jahren aber kann man die „Kinder“ noch auf der Jahreskarte laufen lassen, unabhängig davon, ob die ihr eigenes Geld verdienen oder nicht – der Oberbürgermeister verschafft auch 27-jährigen „Kindern“ noch eine Familienkarte mit ihren Eltern. 

Solche Rabattierungen sind absurd und jenseits aller betriebswirtschaftlichen Vernunft. Schon seit langem hat die Verwaltung auch ein weiteres Problem erkannt. Mehr als die Hälfte der Badegäste betritt das Schwimmbad auch im Einzelticketverkauf zum Kindertarif, und es gibt zwei Erklärungen dafür. Entweder sind Münsters Kinder und Jugendliche besonders begeisterte Schwimmer:innen, oder es kontrolliert niemand, ob die Person eigentlich die Berechtigung für den ermäßigten Tarif besitzt. 

Die Verwaltung glaubt, obwohl sie das Problem seit Jahren beschreiben kann, weiter fest an die Ehrlichkeit ihrer Badegäste. Das ist kein Plädoyer für flächendeckende Erhöhungen von Eintrittspreisen, es würde vielleicht schon reichen, bisherige absurde Rabattierungen zu überprüfen oder vorhandene Regeln zu überwachen.

V. Das Nachfrageproblem

Nach den schwarz-gelben Kürzungen hat Münster heute weniger Bäder als vor 20 Jahren, aber etwa ein Drittel mehr Einwohner:innen. Es wird also voll in Münsters Bädern, und das Angebot an Schwimmzeiten ist knapp. Noch dazu werden die Bäder nicht nur von sportbegeisterten Einzelpersonen genutzt, sondern auch von Schulen im Rahmen des Sportunterrichts und von vielen Vereinen mit ihren Angeboten. 

Es kommt also zu klassischen Nutzungskonflikten. Die werden seit Jahren so geregelt, dass es eine Wissenschaft für sich ist, herauszufinden, wann und wo man eigentlich zu welcher Zeit schwimmen gehen kann. Im Zweifel ist das Bad entweder gerade von Schulen und Vereinen belegt oder ganz geschlossen (zum Beispiel an Wochenenden). 

Aber auch für Schulen und Vereine ist die Lage prekär, eigentlich bräuchte man viel mehr Schwimmzeiten, aber dann wären die Bäder eben auch komplett belegt und stünden der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung. 

In Münster führt das seit Jahren zu Kompromissen, die wenig überzeugend sind. Weil man der Öffentlichkeit weiter jedes Bad auch zur Nutzung anbieten will, hält man teure Strukturen vor, um das zu ermöglichen. Andere Städte sind längst einen anderen Weg gegangen. Das Problem ist nämlich nicht nur, dass Öffentlichkeit einerseits und Schulen und Vereine andererseits konkurrierende Nutzungsinteressen haben. 

Die Interessen fallen auch zunehmend auseinander. Familien brauchen andere Bäder als Sportvereine. Im Ergebnis bekommen in Münster weiterhin alle dasselbe Angebot. Jedes Bad sieht gleich aus: 25-Meter-Bahn, vielleicht noch ein Lehrschwimmbecken, vielleicht noch ein Sprungbrett. Ein richtiges Sportbad gibt es nirgendwo, eine wettkampffähige 50-Meter-Bahn, vielleicht sogar mit einer Tribüne, sucht man in Münsters Hallenbädern vergeblich. 

Auch den Anforderungen des Vereins- und Schulsports wird das Bäderangebot kaum gerecht. Die Nachfrage ist heute deutlich anders, aber die Strukturen in den Bädern sind seit 50 Jahren unverändert, und das neue Südbad mit seinem 25-Meter-Becken ist auch eine Architektur gewordene Verweigerung der Antwort auf diese Herausforderungen. 

Es bräuchte in Münster den Mut, Vereins- und Schulnutzungen und öffentliche Nutzungen endlich voneinander zu trennen und die Bäder so umzubauen, dass sie den spezifischen Nutzungsinteressen gerechter werden. Das würde bedeuten, dass einzelne Bäder in Zukunft nur noch für getrennte Gruppen zur Verfügung stehen, würde aber einen effizienteren Betrieb für alle bedeuten, wie das Beispiel fast aller anderen Städte zeigt. 

Nur die Stadt Bonn betreibt ihre Bäder noch nach demselben Modell wie Münster. Alle anderen Städte in Nordrhein-Westfalen haben längst auf die veränderte Nachfrage reagiert und sportliche Nutzungen von Badenutzungen getrennt. Dass man, wenn man etwa die Betreuung einzelner „Sportbäder“ Vereinen übertragen würde, auch Geld sparen würde und dass das klappen würde, zeigt das Beispiel der Sporthallen, bei denen das seit über 15 Jahren bestens funktioniert. 

Das wäre eine Zentralisierung der jeweiligen Nutzungen an einzelnen Standorten. Das ist bisher noch immer politisch verhindert worden, aber ganz offensichtlich gerät das bisherige Modell jetzt an sein Ende, wenn es an Personal zum Betrieb fehlt. Vielleicht ist das endlich die Chance, neu zu konzeptionieren. 

VI. Das Strukturproblem

Und damit sind wir beim letzten Problem. Die hohe Anzahl an kleinen Bädern ist vor allem ein politisches Mantra. In Wahrheit nützt es niemandem, wenn man vor Ort ein Bad hat, das aber der Öffentlichkeit gar nicht zur Verfügung steht, wie in Roxel oder Wolbeck. Gleichzeitig dürfen Familien und alle anderen Menschen, die von einem Schwimmbad mehr als eine 25-Meter-Bahn erwarten, weite Wege in Kauf nehmen und mit dem Auto nach Everswinkel, Dülmen, Osnabrück oder Hamm fahren. Münster hat nämlich schon seit 20 Jahren mit seiner Bäderstruktur den Anschluss verpasst. 

Fast alle anderen Städte haben inzwischen ein großes Familienbad, das auch Freizeitnutzungen ermöglicht. Seit dieser Vorschlag vor fast zehn Jahren das erste Mal aufkam, wird in Münster sofort die moralisch empörte Debatte geführt: Spaßbad? Das geht aber nicht an! 

Schwimmbäder sind bei uns nach Meinung so mancher in preußischer Tradition Orte der Leibesertüchtigung und Selbstkasteiung. Spaß sei Luxus und keine kommunale Aufgabe, heißt es dann, aber das ist auch betriebswirtschaftlich erwiesenermaßen falsch – andere Städte haben nur auf veränderte Bedürfnisse reagiert und betreiben ihre Bäder anders als Münster auf einer ökonomischen Grundlage. 

Daher gelingt es ihnen auch, mit neuen Angeboten ihren Bäderbetrieb effizienter und kostengünstiger zu bewirtschaften. Natürlich ist ein großes neues Familienbad teurer im Betrieb, allerdings deckt es seine Kosten auch ganz anders. Wenige Kilometer von hier, in Osnabrück oder Hamm, lässt sich das sehen. Die dortigen Familienbäder erwirtschaften rund 85 Prozent ihrer Kosten. 

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Betriebswirtschaftlich ist das münstersche Konzept inzwischen der Ausreißer, nicht die großen Bäder benachbarter Städte. Ein besseres Angebot nämlich lockt auch mehr Gäste, und für mehr Angebot zahlt man auch mehr Eintritt. Münster hat diesen Zug leider längst verpasst, vor allem durch politische Besserwisserei. 

Die Zeiten kostengünstiger Investitionsfinanzierung zu Nullzinsen sind jetzt vorbei, die Mittel werden nicht mehr reichen, um einen Befreiungsschlag in der Bäderstruktur zu führen – mit Bädern für Sport und einem Familienbad. Und so wird auch die vielbeschworene Dezentralität des Angebots weiter eine eklatante Lücke behalten, nämlich im zweitgrößten Stadtbezirk, wo vor 50 Jahren noch Acker war, heute aber Tausende leben, nämlich in Gievenbeck. 

Münster hat dafür jetzt wieder ein Südbad, aber weiter die alten Probleme, weil maßgebliche Teile der Politik, allen voran die Grünen, die Konservierung bestehender Strukturen von vor 50 Jahren durchgesetzt und jetzt mit dem neuen Südbad noch einmal festbetoniert haben, anstatt den Weg zu gehen, den alle anderen Städte außer Bonn längst gegangen sind: Eine Bäderstruktur so zu modernisieren, dass sie zu den heutigen Anforderungen passt. 

Diese Chance hat Münster im letzten Jahrzehnt verpasst. Jetzt fehlt das Geld für Investitionen, aber der laufende Betrieb ist ineffizient, teuer und dysfunktional. Es wird eine schwierige Aufgabe, in Zeiten knapper werdenden Geldes diese Strukturen zu modernisieren.

VII. Und am Ende auch ein Personalproblem

Und natürlich wird ein weiteres Problem einen effizienten Bäderbetrieb erschweren, nämlich der akute Mangel an Fachkräften. Offensichtlich ist es nicht mehr möglich, weiter Fachkräfte zu den im Tarifvertrag vorgesehenen Niedriglöhnen in den untersten Tarifgruppen zu finden. Es wird also komplett neue Betriebsmodelle, vielleicht unter Einbeziehung von Vereinen, ganz sicher aber in den Strukturen geben müssen. 

Das aktuelle Legionellenproblem zeigt aber noch etwas anderes: Die Fachkräfte fehlen nicht nur am Beckenrand, sondern auch in der Steuerung in der Verwaltung. Seit vier Jahren ist Stadtdirektor Thomas Paal jetzt für diesen Bereich verantwortlich. Jetzt soll die Verantwortung für den Bäderbetrieb erst einmal outgesourct werden an ein externes Unternehmen – aber am Ende sind die Kernprobleme von der Verwaltung zu lösen, bei Steuern, Bäderstruktur und Tarifen. 

Paal macht dazu seit Jahren keine Anstalten zu irgendwelchen Lösungen. Wenn man das aktuelle Desaster bei den Bädern nimmt, für das man in dieser Dimension in keiner anderen Stadt derzeit Vergleichbares findet, und dazu die anderen Probleme in seinem Dezernat (fehlende Kita-Plätze, verschleppter Schulausbau), dann wird klar: Wenn Paal nicht ein CDU-Parteibuch hätte, dann gäbe es in den Westfälischen Nachrichten schon lange breite Artikel, die die Eignung dieses Dezernenten in Frage stellen würden – der frühere grüne Immobiliendezernent hatte da weniger Glück.

Es bleibt also spannend, und Lösungen zeichnen sich derzeit nicht ab. Dieses Jahr geht bald zu Ende, und so wünsche ich Ihnen an dieser Stelle schöne Feiertage und einen guten und gesunden Start ins neue Jahr. Wir lesen oder sehen uns sicher im neuen Jahr mal wieder, hier oder irgendwo in Münster.

Herzliche Grüße
Ihr Michael Jung

Korrekturhinweis:

Ursprünglich stand im Text, Stadtdirektor Thomas Paal sei seit zehn Jahren für die Bäder in Münster zuständig. Tatsächlich sind es vier Jahre. Wir haben die Angabe geändert. 

Über den Autor

Michael Jung lebt schon immer in Münster. Er wurde 1976 hier geboren. Er hat an der Uni Münster Latein und Geschichte studiert und in Geschichte promoviert. Heute ist er Lehrer am Annette-Gymnasium in Münster. Michael Jung war viele Jahre in der Politik: Von 2013 bis 2020 war er Fraktionschef der SPD im Rat der Stadt. Im Jahr 2020 trat er für die SPD bei den Kommunalwahlen als Oberbürgermeisterkandidat an. 

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