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Die Kolumne von Dina El Omari | Die Frau in der Islamischen Theologie
Guten Tag,
ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.
Immer wieder hören und lesen wir von erschreckenden Ereignissen, wenn es um die Rechte von Frauen geht: Seien es die zahlreichen Gewaltdelikte gegen Frauen auf der ganzen Welt, seien es die Entrechtungen von Frauen in Afghanistan oder im Iran oder seien es die etlichen gesellschaftlichen Ungleichstellungen von Mann und Frau oder die traditionellen Rollenverständnisse, die uns auch hierzulande immer wieder vor große Herausforderungen stellen.
Die Frauenfragen und die Beziehungen zwischen den Geschlechtern stehen im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Diskurses, sind aber auch für die Theologien von großer Wichtigkeit. Entsprechend gewinnt das Thema auch in der islamischen Theologie in Deutschland zunehmend an Bedeutung.
Dabei befindet sich die islamische Frauen- und Geschlechterforschung innerhalb der Islamischen Theologie in Deutschland zwar noch in einer frühen Entwicklungsphase, aber aus dem zarten Pflänzchen ist mittlerweile ein durchaus starkes Gewächs geworden.
So gibt es angesichts der noch jungen Geschichte des Faches bereits eine ansehnliche Anzahl an Forscher:innen, die sich dem Thema aus unterschiedlichen theologischen Perspektiven widmen. Die geschlechtergerechte Auslegung des Korans steht deutlich an erster Stelle, dahinter reihen sich aber Arbeiten zur Problematisierung androzentrischer (auf den Mann ausgerichtete) Perspektiven zum Islamischen Recht, der religiösen islamischen Praxis, der prophetischen Überlieferungen und der klassischen Exegese sowie den dort etablierten Geschlechterrollen-Verständnissen.
Eine Frage des Geschlechts?
In allen Arbeiten geht es darum, patriarchale Perspektiven aufzuzeigen, zu hinterfragen und aufzubrechen. Hinzu kommen verschiedene lösungsorientierte Ansätze. Neben den vielen Forschungsfeldern zeigen sich aber auch aktivistische Bemühungen, um relevante Themen in der Öffentlichkeit und breiten Masse zu diskutieren.
Grundsätzlich zeigt sich allerdings, dass es trotz dieser vielen unterschiedlichen wissenschaftlichen Arbeiten, aktivistischen Bewegungen und Projekten an einer Systematisierung dieser Forschung im Sinne einer Querschnittsdisziplin und zukünftig eigenständigen theologischen Disziplin fehlt.
Daher haben die Arbeitsstelle für Islamisch-Theologische Genderforschung des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT), die ich leiten darf, meine Kollegin Asmaa El-Maaroufi, Professorin für Islamische Ethik am ZIT, und meine Kollegin Katajun Amirpur, Professorin der Uni Köln, im Mai eine Tagung organisiert. Ihr Titel war: „Eine Frage des Geschlechts? Islamisch-theologische Perspektiven auf eine geschlechtergerechte Theologie der Gegenwart“.
Die dreitägige Veranstaltung hatte in der islamisch-theologischen Wissenschaftslandschaft einen herausragenden Wert. Sie befasst sich erstmals mit dem Thema Frauen- und Genderforschung allein. Dazu brachte sie 28 renommierte Wissenschaftlerinnen zusammen, überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum.
Sie diskutierten aus unterschiedlichen Perspektiven der islamischen Theologie sowie aus einer interreligiösen (christlich-muslimisch) und interdisziplinären Sichtweise. Das Ziel war, über die wichtigen Fragen und Schwierigkeiten zu sprechen, die es gibt, wenn man die Forschung über Frauen und Geschlechter im Islam zu einem eigenen Fachgebiet machen möchte.
Die vielen Ergebnisse, Diskussionen und Austausche waren dabei mehr als spannend. Ich möchte versuchen, ein paar Einblicke in die Tagung zu gewähren.
In einer Diskussion ging es um die Geschichte des Feminismus im Iran und die Rolle der Frau nach der iranischen Revolution. Historisch mündete diese Entwicklung im Kampf der Frauen im Iran um Gleichberechtigung und in den aktuellen Geschehnissen.
Eine andere Runde warf einen Blick auf die feministischen Bewegungen in den USA. Sie beeinflussen den islamisch-feministischen Diskurs auch in Europa und Deutschland sehr tief.
Ein wichtiger Beitrag in der Debatte
In den Panels, die sich mit einer textwissenschaftlichen Perspektive auseinandergesetzt haben, standen die beiden zentralen Quellen des Islams, der Koran und die prophetischen Überlieferungen im Fokus – sowie der Umgang mit den Texten allgemein und mit schwierigen Textpassagen im Besonderen.
Hier zeigten sich zum einen bereits zahlreiche Früchte unterschiedlicher Auslegungsstrategien aus dem globalen und deutschsprachigen Raum, die eine geschlechtergerechte Lesart der Texte ermöglichen.
Diese Lesart zeigt deutlich, dass Frauen in den frühen Jahren des Islams aktiv an der theologischen Wissensvermittlung und -genese beteiligt waren. Sie spielten auch lange Zeit danach eine wichtige Rolle. Doch über die Jahrhunderte wurden sie aus der Geschichte marginalisiert und fast vollkommen aus den Aufzeichnungen getilgt.
Das aufzuarbeiten, sich mit den Biografien zu beschäftigen und sie überhaupt erst sichtbar zu machen, ist daher auch in Zukunft von zentraler Bedeutung für die Islamische Theologie.
Die Tagung hat deutlich gezeigt: Die Frauenfrage und all ihre Implikationen sind auch in der Islamischen Theologie fester Bestandteil und werden auch in der Zukunft einen wichtigen Beitrag für religiöse und gesamtgesellschaftliche Debatten darstellen.
Herzliche Grüße
Ihre Dina El Omari
PS
Zu der Tagung ist kürzlich ein gleichnamiger Sammelband mit Beiträgen einiger der Referent:innen erschienen.
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Dina El Omari
… ist Professorin für interkulturelle Religionspädagogik am Zentrum für Islamische Theologie. Sie forscht und lehrt zu den Themen feministische und geschlechtersensible islamische Theologie, interreligiöses Lernen sowie islamische Textwissenschaften.
Die Kolumne
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