Die Kolumne von Mathis Bönte | Was kann passieren?

Portrait von Kolumnist Mathis Bönte
Mit Mathis Bönte

Guten Tag,

haben Sie sich schon mal gefragt, was beim Klimawandel passieren kann? Für die Aktivisten der letzten Generation ist die Antwort klar: Wenn wir jetzt keine drastischen Maßnahmen ergreifen, wird es zur Klimakatastrophe kommen, die Milliarden von Menschen das Leben kostet. Ich habe einige von ihnen vor Gericht verteidigt. In keinem Fall hat ein Gericht in Abrede gestellt, dass wir uns im Klimanotstand befinden. Trotzdem wurden sie verurteilt.

Dabei ließe sich ein Freispruch strafrechtlich gut begründen. Und mit dem Bild vor Augen, das der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber mal gezeichnet hat, erscheinen die Urteile absurd: Wer würde jemanden verurteilen, der einen globalen Schulbus mit unseren Kindern blockiert, damit der nicht ins tödliche Unglück fährt?

Aber bei der Klimakrise hat kaum jemand ein solches Bild vor Augen. Auch wenn Richter die Notstandslage anerkannt haben, konnten oder wollten sie nicht erklären, wie sie sich die Gefahren vorstellen. Vielleicht ist das die Frage, die meist zu schnell ausgeblendet wird, die unbequem und schwierig zu beantworten ist: Was kann beim Klimawandel passieren?

Was wir sehen und fühlen, sind zunehmende Wetterextreme. Gut erinnern kann ich mich an den Sommer 2018, als es heiß war, kaum regnete und wir daher mit dem Wässern unseres Kleingartens kaum hinterhergekommen sind. Oder an das Hochwasser 2014, als wir aus unserer Wohnung beobachtet haben, wie sich die Straße in einen Fluss verwandelte, der Richtung Kanalstraße strömte, wo er Keller und Autos unter Wasser setzte. Solche Ereignisse machen die Klimakrise für mich anschaulich.

Sie machen auch begreifbar, warum kleine Veränderungen zu massiven Schäden führen können, mit denen kaum jemand rechnet. Unsere Infrastruktur ist darauf ausgerichtet, Regen bis zu einem bestimmten Punkt unbeschadet zu überstehen. Wird er überschritten, dringt das Wasser in Häuser ein. Wird eine weitere kritische Schwelle überschritten, werden wie im Ahrtal ganze Häuser mitgerissen. Die Schäden der Klimakrise nehmen nicht-linear zu. Da ist sich der Weltklimarat ziemlich sicher.

Sie möchten dieses Thema mit anderen Leser:innen diskutieren oder uns Hinweise geben

Nutzen Sie einfach unsere Kommentarfunktion unterhalb dieses Textes. Wenn Sie diese Kolumne gerade als E-Mail lesen, klicken Sie auf den folgenden Link, um den Text auf unserer Website aufzurufen:

diese Kolumne kommentieren

Trotzdem kann ich nachvollziehen, warum Extremwetterereignisse nicht ausreichen, um viele Menschen zum Klimaschutz zu bewegen. Sie werden zwar häufiger und heftiger. Aber Umweltkatastrophen gab es auch früher schon. Das Leben der meisten Menschen ging und geht normal weiter. Und die Stadt Münster hat für Schutzmaßnahmen gesorgt. Wenn ich an der renaturierten Aa entlangspaziere, habe ich nicht das Gefühl, dass sich so was wie 2014 wiederholen wird. Und ich sehe, wie schön Klimaanpassung aussehen kann. Sollten wir uns nicht darauf konzentrieren?

Leider würde das selbst dann nicht so einfach funktionieren, wenn die globale Erwärmung lediglich zu mehr Extremregen führen würde. Denn solange die Menschheit noch netto CO2 emittiert, wird es immer wärmer. Und das führt zu immer extremeren Niederschlägen. Wir gelangen an immer weitere kritische Schwellen – und überschreiten immer wieder den Bereich, an den wir uns angepasst haben.

Vor allem aber besteht die Klimakrise nicht aus überschaubaren einzelnen Ereignissen. Zwar können Klimaforscher zuverlässig berechnen, wie sich die globale Mitteltemperatur bei welchen Emissionen entwickelt. Wie sich die zusätzliche Wärme dann aber verteilt und was für Auswirkungen sie hat, ist viel schwieriger zu beantworten. Der Weltklimarat beschreibt das Problem so:

„Die Folgen und Risiken des Klimawandels werden immer komplexer und schwieriger zu bewältigen. Vielfältige Klimagefahren werden gleichzeitig auftreten, und vielfältige klimatische und nicht klimatische Risiken werden wechselwirken, was zu zusammengesetzten Gesamtrisiken und Risikokaskaden über Sektoren und Regionen hinweg führt.“

Abo-Aktion RUMS+1

Empfehlen Sie RUMS weiter – und wir bedanken uns mit tollen Prämien!

Grüne Logensitze mit dem Wappen des Vereins SC Preußen Münster, im Stadionumfeld angeordnet.

Wir haben große Ziele – und wir brauchen Sie, um sie zu erreichen!

Machen Sie mit bei unserer RUMS+1-Abo-Aktion und werben Sie eine weitere Person für RUMS: +1 also. So können wir unsere rund 2.100 zahlenden Leser:innen im Nu verdoppeln! Sie dürfen natürlich auch mehr Menschen werben – je mehr, desto besser! Das geht ganz einfach über unseren Button unten: Persönlichen Link erstellen und an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis schicken!

Als Dankeschön haben wir großartige Prämien für Sie, zum Beispiel Logen-Plätze für Preußen Münster inklusive Drinks und Snacks in der Loge des Bauunternehmen Gieseke Gruppe. Dafür müssten Sie sich allerdings ein bisschen ins Zeug legen, diese Prämie gibt es, wenn Sie 8 Personen geworben haben.

Aber keine Sorge, wir haben noch viele andere tolle Prämien für Sie, auch wenn Sie weniger Abos werben. Zum Beispiel Tickets für Ausstellungen und Theater, Erlebnis-Events, Wertgutscheine für Gastronomie & Shopping, Meet & Greet mit besonderen Menschen und vieles mehr.

Machen Sie mit, wir freuen uns!

Mit „Risikokaskaden über Sektoren und Regionen hinweg“ haben wir in den letzten Jahren Erfahrung gemacht. Nachdem 2007 in den USA eine Immobilienblase geplatzt war, hat die Weltwirtschaftskrise auch Deutschland erfasst. Der syrische Bürgerkrieg ab 2011 hat für viele Flüchtlinge und damit für politische Unruhe gesorgt. Und das Coronavirus hat 2020 die ganze Welt lahmgelegt.

Der Klimawandel erhöht das Risiko für solche Krisen. In Miami bildet sich eine Immobilienblase, weil viele Menschen nicht glauben wollen, dass ihre Stadt schon in 40 Jahren wegen des steigenden Meeresspiegels kaum mehr bewohnbar sein dürfte. Dem syrischen Bürgerkrieg ging eine wohl durch die globale Erwärmung verstärkte Dürreperiode voraus. Und wenn es wärmer wird, verändern sich die Lebensräume von Tieren. Damit steigt das Risiko, dass sie Krankheiten auf Menschen übertragen.

Dagegen hilft auch die schönste und weitläufigste Renaturierung der Aa nicht. Ich kann mir schwer vorstellen, was passiert, wenn solche Krisen häufiger und heftiger werden. Der Weltklimarat beschreibt nicht explizit die Folge, wenn die immer komplexere und schwierigere Bewältigung nicht mehr gelingt. Es ist alles andere als beruhigend, dass er keinen belastbaren Schätzungsbereich für die globalen Folgeschäden benennen kann. Was beim Klimawandel passieren kann, ist also nach oben offen.

Um Worte für das Worst-Case-Szenario zu finden, hilft ein Blick in die Geschichte. Bis vor etwa 10.000 Jahren waren Menschen als Jäger und Sammler unterwegs. Dann hat sich das Klima stabilisiert, sie wurden sesshaft und entwickelten nach und nach die Landwirtschaft sowie alle weiteren Errungenschaften der modernen Zivilisation. Unsere gesamte Lebensweise beruht auf einem stabilen Klima, aus dem wir uns gerade rausschießen. Was kann also beim Klimawandel passieren? Das Ende der menschlichen Zivilisation.

Herzliche Grüße

Ihr Mathis Bönte

Portrait von Kolumnist Mathis Bönte

Mathis Bönte

Nachdem er 2018 durch Vorträge und den Hitzesommer für die Klimakrise sensibilisiert wurde, begann Mathis Bönte, sich für „Fridays for Future“ zu engagieren und setzte sich aktiv für die Klimapolitik in Münster ein. Heute verteidigt er bundesweit Aktivist:innen, die auf den Klimanotstand aufmerksam machen wollen. Geboren wurde Bönte 1982 in Herdecke. Studiert und promoviert hat er in Münster. Seit 2020 arbeitet er als Anwalt in der Kanzlei Knecht und Baumann. Im Frühjahr 2023 trat er in die FDP ein, knapp zwei Jahre später verließ er die Partei wieder.

Die Kolumne

Immer sonntags schicken wir Ihnen eine Kolumne. Das sind Texte, in denen unsere acht Kolumnistinnen und Kolumnisten Themen analysieren, bewerten und kommentieren. Die Texte geben ihre eigene Meinung wieder, nicht die der Redaktion. Mitgliedschaften in politischen Parteien oder Organisationen machen wir transparent. Wenn Sie zu den Themen der Kolumnen andere Meinungen haben, schreiben Sie uns gern. Wenn Sie möchten, veröffentlichen wir Ihre Zuschrift im RUMS-Brief. Wenn Sie in unseren Texten Fehler finden, freuen wir uns über Hinweise. Die Korrekturen veröffentlichen wir ebenfalls im RUMS-Brief.

Ihnen gefällt dieser Beitrag?

Wir haben Ihnen diesen Artikel kostenlos freigeschaltet. Doch das ist nur eine Ausnahme. Denn RUMS ist normalerweise kostenpflichtig (warum, lesen Sie hier).

Mit einem Abo bekommen Sie:

  • 2x pro Woche unsere Briefe per E-Mail, dazu sonntags eine Kolumne von wechselnden Autor:innen
  • vollen Zugriff auf alle Beiträge, Reportagen und Briefe auf der Website
  • Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen: Die ersten 6 Monate zahlen Sie nur einen Euro.

Wir freuen uns sehr, wenn wir Sie ab heute in der RUMS-Community begrüßen dürfen!

Bitte melden Sie sich an, um zu kommentieren.
Anmelden oder registrieren