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Die Kolumne von Christian Vechtel | Von Löwen und Schildkröten

Guten Tag,
manchmal erzählt ein Bild eine Geschichte. Aber manchmal ist es nicht ganz leicht, diese Geschichte zu entschlüsseln. Vor einigen Monaten habe ich bei „Bares für Rares“ ein Paar Terrakotta-Reliefs der Manufaktur Goldscheider gekauft, das in der späten Historismus-Epoche entstanden ist, um 1900.
Friedrich Goldscheider gründete 1885 in Wien die „Porzellan-Manufaktur und Majolika-Fabrik“, die schnell zu einer der einflussreichsten Keramikmanufakturen Europas wurde.

Die Reliefs zeigen zwei vergoldete Neo-Rokoko-Rahmen, in die eine gemalte Landschaft eingebettet ist. Eine Kirche links, ein Felsen rechts, dazwischen eine Bucht, die sich wie ein Horizont über beide Teile hinwegzieht. Der Ort? Vielleicht Belgien, vielleicht Frankreich, vielleicht die Niederlande. Der Künstler? Unbekannt. Wer es weiß, möge sich melden.
Bis dahin bleiben die Bilder, was sie sind: ein stummes Echo aus einer vergangenen Zeit, dessen Schönheit sich auch ohne Signatur erschließt.
Eine Vase ohne Boden
Nach meiner letzten Kolumne haben sich einige Leserinnen und Leser gemeldet und Fotos von Gegenständen geschickt, über deren Geschichte sie gern mehr wissen würden. Gaby Ulrich hat uns eine Vase geschickt. Auf ihr steht in Frakturschrift ein Sinnspruch: „Keine Rose ohne Dorn“, sinngemäß „Keine Freuden ohne Leiden“.

Leider trifft das auch auf diese Fayence-Vase zu, denn sie hat keinen Boden mehr. Sie stammt wahrscheinlich aus den 1920er oder 30er Jahren, vielleicht aus Delft oder einer süddeutschen Manufaktur. Näheres kann man leider nicht behaupten, denn im fehlenden Boden wäre im Normalfall die Marke zu finden. Es gibt auch Vasen ohne Boden, diese sind für Trockenblumen gedacht, die man nicht in Wasser stellt. Jetzt ist es eine Vase, die sich ihrer eigenen Funktion verweigert.
Das Dekor stilisiert, die Farben dezent, eine Spur von Geschichte in den feinen Pinselstrichen. Was bleibt, ist ein Objekt, das eine gewisse Melancholie ausstrahlt. Eine Vase, die keine ist. Ein Gefäß, das sich selbst entzieht. Aber ein Satz, der auch ohne Blumen Bestand hat.
Der Wächter auf der Schildkröte
Susanne Bauer hat uns das Foto einer kleinen Figur geschickt, die vor 50 Jahren in einem Mainzer Kleingarten ausgegraben wurde. Wie bei allen eingesandten Fundstücken kenne ich nur das Bild. Für ein zweifelsfreies Urteil müsste ich den Gegenstand in den Händen gehalten haben. Was ich sagen kann: Es ist ein mythischer Wächter, ein sogenannter Fo-Hund, auf dem Rücken einer Schildkröte. Klein, aus Bronze oder etwas, das so aussieht, mit einer Patina, die grün leuchtet – entweder ist sie über Jahrhunderte hinweg im Boden entstanden, oder es soll so aussehen. Wenn sie künstlich erzeugt ist, sind die Spuren der Zeit hier ein Wunsch, nicht Realität. Figuren wie diese kann man in vielen Shops, auch an Flughäfen, erstehen. An letzterem Ort als Andenken an eine Reise nach China.

Objekte aus günstigeren Materialien, die seltene und identitätsstiftende Gegenstände einer Kultur imitieren oder nachahmen, werden in der Regel im Kunsthandel als Airport-Art bezeichnet. Ein letztes kleines Souvenir vor dem Abflug in die Heimat, um die letzten Münzen der Landeswährung loszuwerden.
Der Fo-Hund, auch als Wächterlöwe bekannt, ist ein traditionelles chinesisches Symbol für Schutz und Frieden. Oftmals wurden solche Figuren paarweise an den Eingängen von Tempeln platziert, um böse Geister fernzuhalten. Die Schildkröte hingegen steht in der asiatischen Mythologie für Langlebigkeit, Stärke und Ausdauer. Die Kombination beider Tiere in einer Figur ist ungewöhnlich, könnte aber als doppeltes Schutzsymbol verstanden werden.
Ist das wertvoll? Nicht im klassischen Sinne. Doch in der Hand liegt sie schwerer als ihr Preis. Ein Symbol für Glück, ein Wächter gegen böse Geister.
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Ein Krieger aus Nigeria
Von Maike Grabowski haben wir ein Foto von einem Krieger bekommen. Er steht fest, die Füße auf einem Sockel, das Schwert erhoben. Die Gesichtszüge streng, der Schmuck um Hals und Kopf deutet auf eine hohe Stellung hin. Eine kleine Bronzestatuette, inspiriert von den berühmten Benin-Bronzen, die einst die Paläste der Edo-Könige zierten. Doch stammt sie wirklich aus einer alten Gießerei in Nigeria? Oder ist sie ein späteres Kunsthandwerksprodukt, geschaffen für den Markt, für Touristen, die ein Stück Afrika mit nach Hause nehmen wollen?

Auch dieses nennt man manchmal im Kunsthandel leider etwas zu despektierlich „Airport-Art“ – eine Erinnerung an eine fremde Kultur, klein genug für den Koffer, mit genug Patina, um alt zu wirken. Aber vielleicht ist es auch einfach nur das, was es ist: Ein Objekt, das von einem Krieger erzählt, von einem Königreich, von einer Tradition. Und das ist, am Ende einer Reise, als Erinnerungsstück Wert genug.
Haben Sie zu Hause auch ein Objekt, zum Beispiel eine Antiquität, wie eine alte Porzellankanne, Familiensilber, eine Grafik oder ein Gemälde, dann schicken Sie uns gerne von allen Seiten aussagekräftige Fotos. Ich versuche mich um die Geschichte Ihres Objekts zu kümmern.
Herzliche Grüße
Ihr Christian Vechtel
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Christian Vechtel
…kam im Jahr 1998 nach Münster, um Kunstgeschichte, Ethnologie und Geschichte zu studieren. Schon während seines Studiums arbeitete er in einem Auktionshaus. Nach seinem Abschluss im Jahr 2003 fing er dort an. Im Jahr 2012 gründete er zusammen mit Christian Becker das Auktionshaus „zeitGenossen“ an der Finkenstraße. Seit 2018 wirkt er als Händler in der ZDF-Sendung „Bares für Rares“ mit.
Die Kolumne
Immer sonntags schicken wir Ihnen eine Kolumne. Das sind Texte, in denen unsere acht Kolumnistinnen und Kolumnisten Themen analysieren, bewerten und kommentieren. Die Texte geben ihre eigene Meinung wieder, nicht die der Redaktion. Mitgliedschaften in politischen Parteien oder Organisationen machen wir transparent. Wenn Sie zu den Themen der Kolumnen andere Meinungen haben, schreiben Sie uns gern. Wenn Sie möchten, veröffentlichen wir Ihre Zuschrift im RUMS-Brief. Wenn Sie in unseren Texten Fehler finden, freuen wir uns über Hinweise. Die Korrekturen veröffentlichen wir ebenfalls im RUMS-Brief.
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