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Die Kolumne von Ludwig Lübbers | Parken vor Weihnachten

Guten Tag,
alle Jahre wieder dasselbe Ärgernis. In einer Pressemitteilung vom 8. November schreibt die Stadt, dass die in der Vorweihnachtszeit alle Schwerbehindertenparkplätze an der Heinrich-Brüning-Straße entfallen. Die Stadt opfert die Parkplätze für Menschen mit Behinderungen dem Weihnachtsmarkt. Alternativ können diese Menschen an der Clemenskirche parken, etwas weniger zentral.
Die Stadt erwartet in der Vorweihnachtszeit etwa eine Million Gäste. Und das führt dazu, dass Menschen, die ohnehin schon hohe Hürden überwinden müssen, um in die Stadt zu kommen, noch höhere Hürden vor die Nase gesetzt werden.
Ich liebe die festliche Stimmung in der Vorweihnachtszeit. Und ich selbst habe das Glück, mit meinem umgebauten Fahrrad in die Innenstadt fahren zu können, wenn das Wetter es zulässt. Viele andere Menschen mit Behinderung sind auf ihr Auto angewiesen – zum Beispiel, um zu Arzt zu fahren. Der Weihnachtsmarkt macht ihnen das noch schwerer, als es ohnehin schon ist.
Aber sollte das Ziel denn nicht eigentlich sein, Menschen mit Behinderung den Besuch auf dem Weihnachtsmarkt genauso möglich zu machen wie anderen – schnell, unkompliziert und ohne finanzielle Kosten, auch an den Wochenenden?
Nächstenliebe und Besinnung
Das Gesetz garantiert Menschen und den Personen, die sie betreuen, diese Teilhabe. Und Teilhabe ist ein Menschenrecht. Ich sehe eine öffentliche Pflicht, sich dieser Personengruppe anzunehmen. In der Adventszeit feiern wir ein Fest, dessen Inhalt Nächstenliebe und Besinnung sind. Es geht darum, schwache Menschen nicht auszugrenzen, sondern sie einzubeziehen.
Ich freue mich über die Attraktivität unserer Stadt und den wirtschaftlichen Erfolg, den die Weihnachtsmärkte mit sich bringen. Das Marketing der Stadt scheint hier hervorragend zu funktionieren. Aber hat die Stadt bei den Parkplätzen für Menschen mit Behinderungen wirklich all ihre Möglichkeiten ausgeschöpft? Es wäre wichtig, dass die Stadt Menschen, die unsere Stadt besuchen, ob mit oder ohne Behinderung, besondere Angebote macht.
Die Menschen, die Münsters Weihnachtsmärkte organisieren, könnten hier voranschreiten. Sie könnten die Hürden etwas senken und den Menschen Ängste nehmen. Ich würde mir eine Kultur wünschen, in der darauf geachtet wird, dass alle Menschen teilhaben können. Das könnte in dieser Stadt, die doch auch auf anderen Gebieten so gerne Vorbild ist, zu einem Markenzeichen werden. Es hätte eine Signalwirkung. Am Geld sollte es nicht scheitern.
Ich hätte ein paar Vorschläge, wie das gelingen könnte. Zum Beispiel mit einer städtischen Hotline oder einer interaktiven Website, auf der Menschen mit Behinderung Informationen dazu finden, wie sie einen Besuch in Münster planen können. Die aktuellen Informationen auf der städtischen Homepage finden sich eher versteckt ganz unten und sind nach meiner Auffassung wenig hilfreich.
In den Stoßzeiten an Wochenenden könnten Shuttle- und Betreuungsangebote vom Schlossplatz aus eine sehr große Erleichterung sein. Hier könnten karitative Einrichtungen mit ihren Spezialfahrzeugen zum Einsatz kommen. Zivildienstleistende könnten Menschen mit Behinderungen gemeinsam in die Stadt begleiten.
Bewusstsein für die Probleme
Auch am Domplatz könnte es mehr Auto-Stellplätze für Menschen mit Behinderungen geben. Ich würde mir wünschen, dass die Stadt die Chance ergreift, wenn die Innenstadt autofrei wird. Am Mittwoch will der Rat beschließen, dass die öffentlichen Parkplätze am Domplatz im nächsten Jahr wegfallen. Genügend Platz wären dann vorhanden.
Das Problem mit den Parkplätzen für Menschen mit Behinderungen ist auch in anderen Städten ein Problem. Ich stoße immer wieder darauf. Vor vier Jahren wollte ich in Welver im Kreis Soest auf den Weihnachtsmarkt gehen. Auch dort war kein Behindertenparkplatz zu finden. Das Sicherheitspersonal wusste von nichts. Später fragte ich den Veranstalter. Der wiegelte zunächst ab, dann verwies er auf Parkplätze am anderen Ende des Marktes, und er gab zu, den Sicherheitsdienst darüber gar nicht informiert zu haben. Damit verstieß er gegen Gesetze. Möglicherweise war ihm das gar nicht bewusst.
Ich würde mir ein Bewusstsein für diese Probleme wünschen. Jeder Mensch kann durch einen Unfall oder eine Krankheit zu einem Menschen mit Behinderung werden. Und dann würde man sich selbst wünschen, Parkplätze an Orten zu finden, die einem lange Wege ersparen.
Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass es noch sehr viel zu tun gibt. In den Köpfen der Menschen, die über diese Dinge entscheiden, ist das oft immer noch nicht angekommen. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Ob sich in Welver etwas geändert hat, weiß ich nicht. Ich habe einen Leserbrief geschrieben. Doch der erschien nie in der Zeitung. Auch sonst kam nie eine Rückmeldung. Ich glaube, das kann Münster besser.
Ich wünsche Ihnen eine schöne und besinnliche Weihnachtszeit.
Herzliche Grüße
Ihr Ludwig Lübbers
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Ludwig Lübbers
… hat an der Uni Münster Mathematik und Sozialwissenschaften studiert und anschließend das Referendariat absolviert. Heute arbeitet er als Lehrer am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Von 1997 bis 2000 initiierte und betreute er das Projekt „Handicap im Internet“, eine Plattform, auf der sich Menschen mit Behinderung vernetzen und austauschen konnten. In der städtischen Kommission zur Förderung der Inklusion (KIB) setzt er sich heute für die Interessen von Menschen mit Behinderungen in Münster ein. 2021 veröffentlichte er sein erstes Buch: „L’Ultima Spiaggia – Meine letzte Hoffnung“. In seinen RUMS-Kolumnen schreibt er über Barrieren und Barrierefreiheit, über den Alltag von Menschen mit Behinderung und über Inklusion in Münster.
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