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Die Kolumne von Ruprecht Polenz | Über Angriffe auf Politiker
Guten Tag,
einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen.
Am vorvergangenen Freitagabend wurde der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl in Sachsen krankenhausreif geschlagen. Er mussßte sich anschließend im Krankenhaus einer Gesichtsoperation unterziehen. Matthias Ecke war in Dresden-Striesen unterwegs gewesen, um Plakate für seinen Europawahlkampf aufzuhängen.
Inzwischen hat das Landeskriminalamt vier mutmaßliche Täter identifiziert.
Es handele sich um drei Jugendliche im Alter von 17 Jahren und einen 18-Jährigen. Nach Recherchen des MDR seien zwei der Tatverdächtigen als „rechtsoffen, tendenziell rechtsextrem sowie als AfD-Sympathisanten“ zu charakterisieren.
Die Grünen-Politikerin Yvonne Mosler wird von Rechtsextremisten angegriffen, bedroht und bespuckt, als sie ihre Plakate für den Kommunalwahlkampf in Dresden aufhängen will. Jemand ruft eine verbotene Naziparole und brüllt: „Nur die AfD!“ Die gerade aufgehängten Wahlplakate werden abgerissen. Das alles ist dokumentiert durch ein Team der Deutschen Welle, die Yvonne Mosler an diesem Tag im Wahlkampf begleitet. Das Video können Sie hier sehen.
Auch das Kamerateam wird bedroht und an der Arbeit gehindert. Umstehende verständigen die Polizei, die schließlich kommt, einschreitet und die Personalien der Angreifer aufnimmt.
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Die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey wurde in Berlin-Rudow tätlich angegriffen. Ein Mann habe sie in einer Bibliothek unvermittelt „von hinten mit einem Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, attackiert und am Kopf sowie am Nacken getroffen.“ Frau Giffey begab sich „kurzzeitig zur ambulanten Behandlung der Kopf- und Nackenschmerzen in ein Krankenhaus“, so eine Pressemeldung der Berliner Strafverfolgungsbehörden.
Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Im vergangenen Jahr zählten die Behörden allein 2.790 Angriffe auf Mandatsträger aller politischer Ebenen.
Randalierer reißen Wahlplakate herab oder verunstalten sie, beschädigen Wahlkampfstände oder attackieren Wahlkreisbüros. Neben den Beschimpfungen oder Sachbeschädigungen häufen sich auch die tätlichen Angriffe. „Zeit Online“ hat die Vorfälle der letzten Wochen auf einer interaktiven Karte dokumentiert.
Diese Entwicklung muss alle Demokratinnen und Demokraten besorgen. Aber was können wir tun?
Die politischen Parteien und ihr jeweiliger Anhang müssen rhetorisch abrüsten. Die politische Sprache ist vielfach maßlos geworden. Vor allem ein identitätspolitisch zugespitzter Kulturkampf führt dazu, kaum noch Gemeinsamkeiten erkennen zu können. Das betrifft nicht nur das Thema Migration. Auch durch die einheimische Gesellschaft ziehen sich inzwischen tiefe identitätspolitische Risse. Man fühlt sich durch „die anderen“ bedroht. Sie sind zu Feinden geworden, die einem das Fleisch-Essen verbieten wollen.
Das ist vor allem Ergebnis der strategisch betriebenen Polarisierung unserer Gesellschaft durch die völkisch-nationalistische und rechtsextremistische AfD, die auf diese Weise die Fähigkeit zum demokratischen Kompromiss unterminieren will. Je mehr ihr das gelingt, desto weniger leistungsfähig ist unsere Demokratie, desto geringer die Zustimmung zur Demokratie und desto lauter der Ruf, jetzt müsse endlich durchgegriffen werden.
Unterstützt wird sie dabei durch ein Netzwerk von Medien und Internet-Blogs, die die aufgeladenen Debatten immer weiter anheizen.
Um so wichtiger, dass sich die demokratischen Parteien durch Stil und Sprache und den Umgang miteinander deutlich von den Rechtsextremisten unterscheiden.
Die gewaltsamen Angriffe gelten den gewählten Vertretern des Volkes. Das betrifft uns alle. Wir müssen diese Gewalt gesellschaftlich durch eindeutige Missbilligung ächten. Das sollte auch durch eine Mindeststrafe für Angriffe auf Politikerinnen und Politiker zum Ausdruck kommen.
Es geht dabei nicht um eine Extrawurst für Politikerinnen und Politiker, sondern um ein zusätzliches Signal der wehrhaften Demokratie an alle, die mit physischer Gewalt ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten einschüchtern wollen. Dieses Rechtsgut verdient extra Schutz.
Es ist unser aller Staat. Es darf nicht so weit kommen, dass sich Menschen nicht mehr für unsere Demokratie politisch engagieren, weil sie Angst haben müssen, tätlich angegriffen zu werden.
Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.
Herzliche Grüße
Ihr Ruprecht Polenz
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Ruprecht Polenz
Viele Jahre lang war Ruprecht Polenz Mitglied des Rats der Stadt Münster, zuletzt als CDU-Fraktionsvorsitzender. Im Jahr 1994 ging er als Bundestagsabgeordneter nach Berlin. Er war unter anderem CDU-Generalsekretär, zwischen 2005 und 2013 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags. Von 2000 bis 2016 war Ruprecht Polenz Mitglied des ZDF-Fernsehrats, ab 2002 hatte er den Vorsitz. Der gebürtige Bautzener lebt seit seinem Jura-Studium in Münster. 2020 erhielt Polenz die Auszeichnung „Goldener Blogger“.
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