Hebammen auf Rädern: Neues Angebot in Münster | Solidarische Landwirtschaft: Konzept steht, Land fehlt | Interview mit einem Nobelpreis-Verleger

Müns­ter, 27. Okto­ber 2023

Guten Tag,

in und um Müns­ter her­um star­tet der Arbei­ter-Sama­ri­ter-Bund (ASB) im Novem­ber ein neu­es Pilot­pro­jekt, ver­gan­ge­ne Woche hat er gewis­ser­ma­ßen zum „Tag des offe­nen Bul­lis“ ein­ge­la­den. Das Pro­jekt heißt „Heb­am­men­mo­bil“ und soll ein ergän­zen­des Ange­bot sein in Zei­ten von Ver­sor­gungs­eng­päs­sen bei Schwan­ge­ren, jun­gen Müt­tern und ihren Babys. An Bord gibt es alles, was für eine Rou­ti­ne­un­ter­su­chung not­wen­dig ist.

Klingt ja erst ein­mal gut. Ganz genaue Sta­tis­ti­ken gebe es zwar nicht zur Ver­sor­gungs­la­ge, sagt Pro­jekt­lei­te­rin Ste­fa­nie Könitz-Goes. Auf der Grund­la­ge von Zah­len auf Kreis­ebe­ne kann sie jedoch sagen: Ein Vier­tel, in man­chen Krei­sen sogar ein Drit­tel der Frau­en gehen nach der Geburt aus dem Kran­ken­haus, ohne dass eine wei­te­re Ver­sor­gung sicher ist.

Es geht aller­dings nicht nur um Frau­en, die hän­de­rin­gend eine Heb­am­me suchen und kei­ne fin­den. Man­che Schwan­ge­re wis­sen ein­fach nicht, dass sie ab dem posi­ti­ven Schwan­ger­schafts­test Anspruch auf Heb­am­men­hil­fe haben. Man­che wis­sen nicht, dass die bei gesetz­lich Ver­si­cher­ten von der Kran­ken­kas­se über­nom­men wird. Was Schwan­ge­ren zusteht, hat das Heb­am­men­netz­werk Müns­ter­land kurz in sei­nem Fly­er zusammengefasst.

„Die Idee für Ver­mitt­lungs­an­ge­bo­te zur Heb­am­men­ver­sor­gung kam in der Geflüch­te­ten­hil­fe auf“, sagt Ste­fa­nie Könitz-Goes. Des­we­gen ist zum Bei­spiel wich­tig, dass es Erklä­run­gen rund um Schwan­ger­schaft und Geburt im Mobil mit Gra­fi­ken und in meh­re­ren Spra­chen gibt. Klar: Ins­be­son­de­re die, die das Gesund­heits­sys­tem in Deutsch­land noch nicht ken­nen, kön­nen auch nicht wis­sen, wel­che Rech­te sie haben. Außer­dem spie­le der kul­tu­rel­le Kon­text eine Rol­le. Für man­che Frau­en sei­en Schwan­ger­schaft und Geburt bis­her The­men gewe­sen, die man aus­schließ­lich mit Unter­stüt­zung der Fami­lie regelt.

Stellt sich bloß die Fra­ge: Wie will der ASB die errei­chen, die bis­her kei­ner erreicht hat? Hier ver­weist Ste­fa­nie Könitz-Goes auf Erfah­run­gen mit dem Impf­bus, in dem man sich zeit­wei­se gegen Covid-19 imp­fen las­sen konn­te. „Erst­mal wird man umkreist. Leu­te gucken: Was ist denn da?“ Und dann stell­ten sie fest: Man ist kei­ne Behör­de, son­dern ein nied­rig­schwel­li­ges Ange­bot, das man ohne Ter­min nut­zen kann. Zum Bei­spiel auf Park­plät­zen, auf dem Weg zum Ein­kau­fen oder wäh­rend eines Spa­zier­gangs mit dem Neu­ge­bo­re­nen. Noch ein Vor­teil sei, dass Frau­en sich bera­ten las­sen könn­ten, ohne dass sie ande­ren davon erzäh­len und ohne dass sie jeman­den in ihre Woh­nung las­sen müssten.

Außer­dem hät­te der ASB bereits Kon­takt­punk­te in Coer­de, Kin­der­haus und Berg Fidel, wo sie in Müns­ter künf­tig ein­mal pro Woche mit dem Trans­por­ter hal­ten, hier sind die Ter­mi­ne ein­seh­bar. War­um gera­de dort? In die­sen Stadt­tei­len sind zumin­dest über die Heb­am­men­zen­tra­le beson­ders wenig Heb­am­men gemel­det. Acht in Berg Fidel, neun in Coer­de und vier­zehn in Kin­der­haus. Zum Ver­gleich: Im Kreuz­vier­tel und in der Innen­stadt sind es 43.

Ste­fa­nie Könitz-Goes rech­net nicht damit, dass das Mobil von Anfang an viel Zulauf erfährt. Sie schätzt, dass die Heb­am­men nach einer Wei­le etwa drei bis fünf Frau­en pro Ein­satz bera­ten, wenn das Ange­bot etwas bekannt gewor­den ist. Das sind zumin­dest die Erfah­run­gen, die der ASB mit sei­nem ande­ren Mobil gemacht hat. Seit März 2022 ist es in den Regio­nen in NRW unter­wegs, die von der Flut 2021 beson­ders stark getrof­fen wur­den. Die meis­ten kämen ein paar Mal mit aku­ten Pro­ble­men, wür­den das Ange­bot aber nicht dau­er­haft nutzen.

Dass Betreu­ung und Ver­sor­gung im Mobil kein Ersatz sei­en für die übli­che Beglei­tung einer Heb­am­me, son­dern ein leicht zugäng­li­ches Ange­bot für bis­her nicht ver­sorg­te Frau­en, sagt sie mehr­fach wäh­rend des Gesprächs. Und das ist auch ein Punkt, der für Julia Arnst vom Heb­am­men­netz­werk Müns­ter­land wich­tig ist. Das Netz­werk ist Part­ner des ASB. „Die bes­te Ver­sor­gung ist mei­ner Mei­nung nach die in ihrem gewohn­ten Umfeld“, sagt die Vereinsvorsitzende.

Sie geht im Gespräch dar­auf ein, dass das Mobil außer­dem für Heb­am­men ein wei­te­res Arbeits­um­feld bie­tet. „Die Arbeits­be­din­gun­gen sor­gen dafür, dass Heb­am­men oft nicht so lan­ge im Beruf blei­ben“, ist ihre Erfah­rung. Spä­tes­tens mit eige­nen Kin­dern wer­de es schwie­rig für vie­le. Wer aller­dings die Mög­lich­keit hat, plan­bar für ein paar Stun­den in dem Trans­por­ter zu arbei­ten, kön­ne das auch mit jün­ge­ren Kin­dern bes­ser orga­ni­sie­ren. (sst)

Kurz und Klein

+++ Der Schul­aus­schuss­vor­sit­zen­de Meik Bruns (CDU) kri­ti­siert, dass der Bau von Schu­len, die für die Rück­kehr zum neun­jäh­ri­gen Abitur benö­tigt wer­den, lang­sa­mer vor­an­geht als erwar­tet. Die Schuld dar­an sieht er beim Rat­haus­bünd­nis. „Das hat viel zu tun mit der Fehl­ent­schei­dung von Grü­nen und SPD im Rat vor knapp einem Jahr, dafür eine neue Gesell­schaft zu grün­den, statt mit den Bau­ten ein bestehen­des städ­ti­sches Unter­neh­men zu beauf­tra­gen“, sagt Bruns laut einer Pres­se­mit­tei­lung. Aber stimmt das? Die Stadt­ver­wal­tung schreibt auf Anfra­ge, die neue Gesell­schaft Bau­wer­ke sei „Teil der Lösung, nicht des Pro­blems“. Durch sie habe man die Kapa­zi­tä­ten erwei­tern kön­nen. Den Neu­bau der Melan­chthon­schu­le und die Erwei­te­rung des Pas­cal­gym­na­si­ums habe die Gesell­schaft schon über­nom­men, dort lau­fe alles nach Plan. Wei­te­re Pro­jek­te wür­den fol­gen. Ver­zö­ge­run­gen gebe es bei drei von ins­ge­samt 43 Schul­bau­vor­ha­ben der Stadt. Zwei Gym­na­si­en, die in Wol­beck und Hil­trup, wür­den nicht wie geplant im Jahr 2026 fer­tig. Die­se Pro­jek­te sei­en sehr kom­plex. Auch der Erwei­te­rungs­bau am Wil­helm-Hit­torf-Gym­na­si­um wer­de spä­ter fer­tig als gedacht. Hier sei der Ver­zug aber nicht kri­tisch. Die Stadt set­ze zur­zeit ein Schul­bau­pro­gramm um, „das es in dem Umfang seit der Nach­kriegs­zeit nicht gege­ben hat“. Mit den vor­han­den Kapa­zi­tä­ten kön­ne die Ver­wal­tung es nicht bewäl­ti­gen. FDP-Frak­ti­ons­chef Jörg Ber­ens sagt laut einer Pres­se­mel­dung, die CDU wol­le dem Bünd­nis die Schuld in die Schu­he schie­ben, tat­säch­lich sei aber CDU-Dezer­nent Tho­mas Paal für die Fehl­pla­nun­gen ver­ant­wort­lich. SPD-Frak­ti­ons­chefin Lia Kirsch teil mit, die CDU ver­brei­te absicht­lich Unwahr­hei­ten. Die Stadt­ver­wal­tung habe der Behaup­tung auch im Finanz­aus­schuss schon wider­spro­chen. (rhe)

+++ Tie­risch gut: Der All­wet­ter­zoo hat inner­halb von zwei Wochen über 10.000 Jah­res­kar­ten ver­kauft und damit laut Zoo­di­rek­to­rin Simo­ne Scheh­ka fast den gesam­ten Jah­res­kar­ten­um­satz des ver­gan­ge­nen Jah­res erreicht. Bis Mit­te Okto­ber hat­te der Zoo 16 Tage lang Jah­res­kar­ten zum hal­ben Preis abge­ge­ben. So kamen laut Scheh­ka genau 10.184 Jah­res­kar­ten zusam­men. 60 bis 70 Pro­zent der Men­schen, die wäh­rend der Akti­on eine Kar­te kauf­ten, hät­ten vor­her kei­ne gehabt. „Wir freu­en uns, dass neue Besu­cher in den Zoo kom­men“, sag­te Scheh­ka. Sie hof­fe, dass die Men­schen die Kar­te im nächs­ten Jahr ver­län­gern – dann aller­dings zum regu­lä­ren Preis. Wie­der­ho­len wol­le man die Akti­on nicht. Klei­ner Tipp noch: Etwas güns­ti­ger bekommt man die Jah­res­kar­te (das kann man sich jeden­falls so zurecht­den­ken), wenn man sich direkt nach einem Zoo­be­such zum Kauf ent­schei­det. Dann kann man sich näm­lich den Ein­tritts­preis anrech­nen las­sen. (rhe)

+++ Und noch ein­mal zum Zoo: Die im Juni eröff­ne­te Meran­ti-Tro­pen­hal­le hat etwa zwei Mil­lio­nen Euro mehr gekos­tet als geplant, schreibt der Zoo in einer Pres­se­mel­dung. Ursprüng­lich hat­te man für die Hal­le 21,5 Mil­lio­nen Euro ange­setzt, am Ende waren es also zehn Pro­zent mehr. Ange­sichts von Infla­ti­on, Ener­gie­kri­se und Bau­kos­ten­stei­ge­run­gen ist das eine eher mode­ra­te Stei­ge­rung. Die Tro­pen­hal­le ist Teil eines vor fünf Jah­ren beschlos­se­nen Inves­ti­ti­ons­pa­kets, des soge­nann­ten Mas­ter­plans 2030 plus. Der Plan sieht vor, den Zoo inhalt­lich nach Kli­ma­zo­nen auf­zu­tei­len und ihn auf Kli­ma- und Arten­schutz aus­zu­rich­ten. Das soll ins­ge­samt 59 Mil­lio­nen Euro kos­ten. Der Zoo will die Bau- und Zeit­plä­ne jetzt über­ar­bei­ten, damit es mit dem Mas­ter­plan trotz höhe­rer Kos­ten klappt. (rhe)

+++ Müns­ters CDU möch­te, dass die Stadt in Zukunft Ver­ei­nen nur noch dann Geld gibt, wenn sie sich „in schrift­li­cher Form und klar gegen jeg­li­che Form des Anti­se­mi­tis­mus und für das Exis­tenz­recht des Staa­tes Isra­el aus­spre­chen“, das schreibt die Rats­frak­ti­on in einer Pres­se­mit­tei­lung. CDU-Frak­ti­ons­chef Ste­fan Weber will dar­über jetzt mit den ande­ren Par­tei­en reden. Die West­fä­li­schen Nach­rich­ten hat­ten vor zwei Wochen berich­tet, dass Ver­ei­ne aus Müns­ter anti­se­mi­ti­sche Grup­pen unter­stüt­zen. Die Bele­ge, die die Zei­tung dafür nann­te, lie­ßen die­sen Schluss aller­dings nicht zu (RUMS-Brief). (rhe)

+++ Umstei­ge­mög­lich­keit auf der Auto­bahn: Die FDP Müns­ter schlägt vor, auch auf unkon­ven­tio­nel­le Wei­se nach Bus­per­so­nal zu suchen und zum Bei­spiel auf Rast­plät­zen für die Jobs zu wer­ben. Für Men­schen, die bis­lang Lkw fah­ren, hät­te der Wech­sel laut FDP eini­ge Vor­tei­le, zum Bei­spiel gere­gel­te Arbeits­zei­ten und kür­ze­re Wege. Es kann natür­lich pas­sie­ren, dass Spe­di­tio­nen dann an Bus­hal­te­stel­len Wer­bung schal­ten. Sie haben ja auch eini­ges zu bie­ten, zum Bei­spiel die Mög­lich­keit, beim Fah­ren Radio zu hören und die Tat­sa­che, dass von hin­ten auch nachts nie­mand pöbelt. Eine Lese­tipp dazu: Der „Spie­gel“ hat einen 25-Jäh­ri­gen beglei­tet, der seit ein paar Mona­ten in Osna­brück als Bus­fah­rer arbei­tet. Und ja, lei­der, no jokes with names. Aber man wird ja wohl noch sagen dür­fen, wie der jun­ge Mann heißt: Maxi­mi­li­an Bus­se. (rhe)


Der Rürup 

 

 

 

Solidarische Landwirtschaft: Konzept steht, Land fehlt

Vor ein paar Wochen hat Jonas May­er für RUMS über den Hof Bio­lee berich­tet (RUMS-Bei­trag). Dar­in geht es um die Landwirt:innen Sarah Hoff­manns und David Büch­ler, die kein Land ihrer Fami­li­en über­neh­men kön­nen, aber trotz­dem anbau­en wol­len. Sie haben die Mög­lich­keit bekom­men, eine Flä­che zu pach­ten. Jetzt müs­sen sie dafür aber in der nächs­ten Zeit 600.000 Euro auf­brin­gen, weil die Erben­ge­mein­schaft doch ver­kau­fen will. Gera­de sieht es ganz gut aus für sie, die ers­ten 150.000 Euro sind jeden­falls da (RUMS-Brief).

Mit dem grund­sätz­li­chen Pro­blem ste­hen sie nicht allei­ne da. Vie­le jun­ge Landwirt:innen haben Schwie­rig­kei­ten, Hof und Land zu pas­sen­den Kon­di­tio­nen zu fin­den. Und älte­re fin­den nicht die pas­sen­den Leu­te, die ihren Betrieb über­neh­men wol­len. Um sie zusam­men­zu­füh­ren, gibt es sogar ein NRW-wei­tes Netz­werk.

Heu­te soll es um eine Grup­pe gehen, die gera­de eben­falls fest­stellt: Wer nicht Land im Fami­li­en­be­sitz nut­zen kann, muss sich ins Zeug legen. Sie heißt „Wil­de Rau­ke“ und will Gemü­se in einer soli­da­ri­schen Land­wirt­schaft (Sola­wi) anbau­en. Kau­fen ist für die vier Gärtner:innen Anna Rich­ter, Jan Haver­goh, Ann Judith Lie­ne­mann und Yan­na Josc­zok nicht mög­lich. „Das erwirt­schaf­tet Gemü­se nicht“, sagt Jan Havergoh. 

Mit ihm und Anna Rich­ter habe ich über die Sola­wi und ihre Visi­on gespro­chen, „Müns­ter zum größ­ten Teil mit regio­na­lem Bio-Gemü­se zu ver­sor­gen“. Das steht so im Betriebs­kon­zept der Wil­den Rau­ke. Und die soll mög­lichst bald in Müns­ter an den Start gehen. Aber alles der Rei­he nach.

Wohin mit der Wilden Rauke?

Einen Ort für die Wil­de Rau­ke zu fin­den, ist gera­de eine gro­ße Her­aus­for­de­rung. Das Pro­jekt hat zwar Unterstützer:innen und es gibt eini­ge Men­schen, die bereit sind, Geld für das Land an die Wil­de Rau­ke zu ver­lei­hen. Aber: Das Land, auf dem die Sola­wi ent­ste­hen soll, exis­tiert noch nicht.

Die Grup­pe hat­te kürz­lich noch eine Flä­che in Aus­sicht, doch letz­ten Endes hat das nicht geklappt. Auch dabei ging es um eine Fami­li­en­ge­schich­te. Die Suche geht also wei­ter, etwa im 25-Kilo­me­ter-Radi­us von Müns­ter. „Ein Land­wirt im Müns­ter­land ver­kauft sein Land nicht. Das ist ein unge­schrie­be­nes Gesetz“, ist Jan Haver­gohs Eindruck.

Die Flä­che, die die Leu­te von der Sola­wi suchen, wol­len sie pach­ten, für min­des­tens zehn Jah­re. Sie suchen ein klei­nes Stück Land, etwa einen oder andert­halb Hekt­ar. Stellt sich die Fra­ge: Welche:r Landwirt:in will so wenig Land ver­pach­ten, wenn das am Ende auch nicht viel Geld einbringt? 

Tat­säch­lich ergibt sich im bes­ten Fall eine Win-win-Situa­ti­on. Die Wil­de Rau­ke will Gemü­se anbau­en, der Bau­ern­hof, der das Land ver­pach­tet, könn­te dann zum Bei­spiel noch Obst in die Sola­wi-Kis­te packen. Hier­für müs­se man aber schon Idealist:innen fin­den, die die Sache an sich unter­stüt­zen, sagen Anna Rich­ter und Jan Havergoh.

Aber: Was genau ist „die Sache“ eigentlich?

Gemeinsam ackern für Obst und Gemüse

Die Idee hin­ter der soli­da­ri­schen Land­wirt­schaft ist, dass sie ihre Mit­glie­der selbst mit Lebens­mit­teln ver­sorgt. Dazu suchen sich Sola­wi-Pro­jek­te eine Gemein­schaft, die jedes Jahr so viel Geld gibt, dass der land­wirt­schaft­li­che Betrieb gut und sicher lau­fen kann. Das Risi­ko, etwa eine schlech­te Ern­te, tra­gen also alle mit. Und gleich­zei­tig dür­fen sie bei Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen Ent­schei­dun­gen treffen. 

Es geht bei der Sola­wi also nicht dar­um, mög­lichst viel zu pro­du­zie­ren und mög­lichst hohe Gewin­ne zu machen. Son­dern nur so viel, dass die Mit­glie­der ihren Anteil Lebens­mit­tel bekom­men und die Arbeits­be­din­gun­gen für die Landwirt:innen und Gärtner:innen stim­men. Außer­dem spielt der per­sön­li­che Bezug zum Hof oder zur Gärt­ne­rei eine Rol­le, denn es sol­len alle ein biss­chen mit anpa­cken. Zum Bei­spiel auf dem Acker, in der Buch­hal­tung oder beim Transport.

Zur Umset­zung haben sich die Leu­te von der Wil­den Rau­ke schon vie­le Gedan­ken gemacht. Etwa dar­über, wie sie denn auf einer ein­ein­halb Fuß­ball­fel­der gro­ßen Flä­che anbau­en wol­len. Sola­wis kön­nen auch deut­lich grö­ßer sein. Die größ­te in Deutsch­land heißt „Kar­tof­fel­kom­bi­nat“, sie ist in der Nähe von Mün­chen. Zu ihr gehört eine Acker­flä­che von 29 Hekt­ar, das ist fast so groß wie das Okto­ber­fest.

Wie sieht das kon­kret in Müns­ter aus? Die vier Gärtner:innen von der Wil­den Rau­ke wol­len in ihrer Sola­wi „Mar­ket Gar­dening“ betrei­ben. Auf Deutsch wird das hin und wie­der auch als Markt­gar­ten bezeich­net. So könn­te der zum Bei­spiel aus­se­hen. Die Idee dahin­ter: auf wenig Flä­che viel anbau­en und gleich­zei­tig die Boden­frucht­bar­keit erhö­hen. „Das klingt erst ein­mal nach einem Wider­spruch“, sagt Anna Rich­ter. Eine gute Boden­pfle­ge und eine kom­ple­xe Anbau­pla­nung sor­gen aber zum Bei­spiel dafür, dass genau das gelingt. Wer das span­nend fin­det, kann etwa hier beim Ver­lag Löwen­zahn mehr dazu lesen.

Da das Gemü­se eng bei­ein­an­der gepflanzt wird, ist es nicht mög­lich, mit gro­ßen Maschi­nen zu arbei­ten. Für die Sola­wi und ihre Mit­glie­der kann das ein Vor­teil sein. Sie müs­sen kein Geld in gro­ße Maschi­nen inves­tie­ren. Und weil das Gemü­se ja direkt an die Verbraucher:innen wei­ter­ge­ge­ben wird, hal­ten sich auch Ver­pa­ckungs­müll sowie Ver­triebs- und Trans­port­kos­ten in Grenzen.

Wie das Gemüse in die Küche kommt

Stich­wort Trans­port: Das Gemü­se soll mög­lichst res­sour­cen­scho­nend in Müns­ters Küchen ankom­men. „Wenn am Ende alle mit dem Auto zur Gärt­ne­rei fah­ren und da ihr Gemü­se abho­len, ist das auch Quatsch“, sagt Anna Rich­ter. Was statt­des­sen mög­lich ist, ist zum einen von der Lage der Flä­che und zum ande­ren von den Mit­glie­dern abhängig.

Man könn­te zum Bei­spiel einen Trans­por­ter kau­fen und das Gemü­se zu den Abhol­sta­tio­nen in der Stadt fah­ren. Kon­kret hat die Wil­de Rau­ke schon zwei Mög­lich­kei­ten, so eine Sta­ti­on ein­zu­rich­ten. Ein­mal in Geist und ein­mal am Aasee. Dort holen sich die Mit­glie­der dann ihre Kis­ten ab.

Man könn­te aber auch schau­en, mög­lichst viel mit Las­ten­rä­dern zu orga­ni­sie­ren. Dann wäre viel­leicht eine klein­tei­li­ge­re Ver­tei­lung mög­lich, oder nur bei Bedarf einen Trans­por­ter via Car­sha­ring anzu­mie­ten. „Ide­al wäre es, kein Ben­zin dafür zu ver­bren­nen, damit das Gemü­se zu den Leu­ten kommt“, sagt Jan Haver­goh. „Ich den­ke, das ist mach­bar.“ Sein Vor­bild ist die Frei­bur­ger Gar­ten­coop, die tat­säch­lich ein Las­ten­rad-Sys­tem ent­wi­ckelt hat und ihre Ern­te damit ver­teilt.

Im Ide­al­fall wäre das eine Auf­ga­be, die von den Mit­glie­dern über­nom­men wird. Zwar haben sie sich dazu ent­schlos­sen, Mit­glie­der nicht zu ver­pflich­ten, sich an der Arbeit zu betei­li­gen. Zum einen, weil das Leu­te viel­leicht abschreckt. Und zum ande­ren, um sicher zu pla­nen. Die Plä­ne der Wil­den Rau­ke kön­nen die vier Gärtner:innen schon mit ihren zwei­ein­halb Stel­len umsetzen.

Alle packen an: Frust und Vorteil in einem

In ande­ren Sola­wis hat es durch­aus schon zu Frust geführt. Die Doku „Das Kom­bi­nat“ zeigt laut Rezen­si­on in der Süd­deut­schen Zei­tung zum Bei­spiel, dass sich die Mit­glie­der zwi­schen­zeit­lich aus­ge­beu­tet fühl­ten. Die Grund­idee einer soli­da­ri­schen Land­wirt­schaft ist aber schon, dass die Leu­te einen Bei­trag zur Lebens­mit­tel­er­zeu­gung leis­ten, dazu­ler­nen und nach Mög­lich­keit selbst an irgend­ei­ner Stel­le hel­fen. Zum Bei­spiel könn­ten sie eine Hecke pflan­zen, wenn ein Teil der Arbeit in der Sola­wi von Mit­glie­dern getra­gen wür­de. „Eine Hecke ergibt nie Sinn, wenn das Ziel ist, maxi­mal Pro­fit zu schla­gen“, sagt Jan Haver­goh. Die mache nur Arbeit und ste­he Tre­ckern im Weg rum.

Eine Hecke bie­tet aber auch Lebens­räu­me und spei­chert Koh­len­stoff. Und wenn Mit­glie­der ent­schei­den, eine Hecke zu pflan­zen und genug Arbeits­kraft vor­han­den ist, dann macht man das halt ein­fach in einer Sola­wi. Man ver­wer­tet auch Gemü­se, das eine unüb­li­che Form hat. Nicht an sol­che Vor­ga­ben des Wirt­schafts­sys­tems gebun­den zu sein, fin­den Anna Rich­ter und Jan Haver­goh sehr ver­lo­ckend am Kon­zept Solawi.

Mit­ar­beit von Mit­glie­dern könn­te auch bedeu­ten, den vier Gärtner:innen mal einen frü­he­ren Fei­er­abend zu ermög­li­chen. Denn das ist ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt für sie: Sie wün­schen sich ein Arbeits­um­feld, in dem sie sich nicht selbst aus­beu­ten. Das pas­sie­re näm­lich oft in der Bran­che. Bei­spiels­wei­se liegt der Stun­den­lohn nach Tarif­ver­trag für aus­ge­bil­de­te Gärtner:innen in Nord­rhein-West­fa­len seit Juli 2023 bei 15 Euro.

150 Anteile für zweieinhalb Stellen

Sie haben sich also auch die Fra­ge gestellt: Wie vie­le Antei­le mit einem wie hohen Monats­bei­trag brau­chen wir, um zwei­ein­halb Voll­zeit­stel­len zu finan­zie­ren? Die Ant­wort lau­tet: 150 Antei­le zu durch­schnitt­lich 100 Euro im Monat. Ein­mal pro Jahr wird in einer soge­nann­ten Bie­ter­run­de über sowas gespro­chen. Und dann schrei­ben alle auf, wie viel sie jeden Monat zah­len kön­nen. Die Erfah­rung zei­ge laut Anna Rich­ter, dass das am Ende oft gleich mit der ers­ten Run­de auf­geht und so auch Leu­te Teil der Sola­wi sein kön­nen, die nicht so viel Geld haben.

Das mit den fai­ren Arbeits­be­din­gun­gen fin­det auch der Mit­grün­der Dani­el Über­all vom oben bereits erwähn­ten Kar­tof­fel­kom­bi­nat wich­tig. Im Inter­view mit der Süd­deut­schen Zei­tung sagt er aller­dings auch: „Bis vor zwei Jah­ren hät­te ich gesagt […] wir zah­len mit 3.000 Euro Ein­stiegs­ge­halt immer noch fast 50 Pro­zent mehr als ande­re Gemü­se­bau­be­trie­be. Wir ermög­li­chen auf Wunsch Vier-Tage-Woche und glei­chen Über­stun­den aus. Aber die Kauf­kraft schwin­det und wir kön­nen nicht ein­fach die Löh­ne anhe­ben. Denn wir kön­nen nicht belie­big die Bei­trä­ge erhö­hen. Wir wol­len ja kein eli­tä­res Öko­pro­jekt für die obe­ren Zehn­tau­send sein.“

Und was haben die Sola­wi-Mit­glie­der davon, in den Hof zu inves­tie­ren? Sie bekom­men für ihre Antei­le jede Woche eine Kis­te mit Gemü­se. Die reicht für zwei Per­so­nen, die viel Gemü­se essen. Zu Anfang gibt es die erst ein­mal neun Mona­te im Jahr. Spä­ter ist das Ziel, ganz­jäh­rig zu ern­ten. War­um? „Weil das regio­nal halt geht.“ Aber dafür muss erst­mal klar sein, wo die neue Flä­che ist und ob Kühl- und Lager­mög­lich­kei­ten in der Nähe sind.

Eine Öko-Bourgeoisie?

Auch wenn Sola­wis nicht für die obe­ren Zehn­tau­send sind: Ein Pro­blem mit Exklu­si­vi­tät haben sie schon. Als die Kur­bel­kis­te im Juli einen Film über soli­da­ri­sche Land­wirt­schaft gezeigt hat­te, waren bei­spiels­wei­se größ­ten­teils Men­schen anwe­send, die schon mal etwas von Sola­wis gehört hat­ten. In der Dis­kus­si­on danach fiel der Begriff „Öko-Bour­geoi­sie“, und eine Spre­che­rin des West­fä­lisch-lip­pi­schen Land­schafts­ver­bands, der Sola­wis grund­sätz­lich unter­stützt, schreibt auf Anfra­ge: „Das Kon­zept der SoLa­Wi rich­tet sich […] an einen beson­ders inter­es­sier­ten Teil der Gesell­schaft, der noch dazu kauf­kräf­tig ist und bereit, selbst auch Arbeits­ein­satz für die land­wirt­schaft­li­che Pro­duk­ti­on zu erbringen.“

Die Leu­te von der Wil­den Rau­ke wol­len des­halb Infor­ma­tio­nen in meh­re­ren Spra­chen bereit­stel­len und suchen den Kon­takt zu Kitas. Auch das wäre eine Wer­be­maß­nah­me: Wenn dort mit Sola­wi-Gemü­se gekocht wür­de, wür­den Eltern davon erfah­ren. Aber eine Patent­lö­sung für einen mög­lichst nied­rig­schwel­li­gen Zugang für ganz unter­schied­li­che Men­schen haben sie bis­her nicht gefunden.

Ähn­lich geht es ande­ren Sola­wis. Ins­ge­samt sind beim Netz­werk Soli­da­ri­sche Land­wirt­schaft gut 450 Pro­jek­te in Deutsch­land hin­ter­legt, und noch ein­mal 100 in Grün­dung. Eine davon bewirt­schaf­tet schon seit Jah­ren einen Hof in Alten­ber­ge. Sie heißt Entrup 119 und lie­fert ihre Kis­ten auch nach Münster.

Keine Konkurrenz aufbauen

Moment. Wozu der gan­ze Auf­wand, wenn es doch schon eine Sola­wi gibt, an der Men­schen aus Müns­ter teil­ha­ben kön­nen? „Mit 320.000 Einwohner:innen kann Müns­ter eine zwei­te Sola­wi auf jeden Fall ver­tra­gen“, sagt Jan Haver­goh. Eigent­lich sogar eine für jeden Stadt­teil, sagt er. Ein guter Kon­takt zur ande­ren Sola­wi sei trotz­dem von Anfang an wich­tig für sie gewe­sen. „Wir wol­len kei­ne Kon­kur­renz aufbauen.“

Und wie sehen das die ande­ren? „Ich will mich vom Kon­kur­renz­den­ken frei­ma­chen“, sagt Chris­tia­ne Bez von Entrup 119, als wir über die Wil­de Rau­ke spre­chen. Es ist ja auch immer eine Fra­ge der Bekannt­heit und des Inter­es­ses: „Wenn wir mehr Mit­glie­der zum Bei­spiel aus Gre­ven und Alten­ber­ge hät­ten, bräuch­ten wir die aus Müns­ter nicht.“ Sie wol­le, dass nicht nur die eige­ne Sola­wi, son­dern die Bewe­gung an sich wächst. Und des­we­gen fin­de sie es auch schön, regel­mä­ßig Kon­takt zu haben, zu unter­stüt­zen und zu wis­sen, was gera­de los ist bei der Wil­den Rau­ke. (sst)

Falls Sie Inter­es­se an einer Sola­wi haben oder sogar einen frei­en Acker ken­nen, kön­nen Sie per Mail Kon­takt zur Wil­den Rau­ke auf­neh­men. Entrup 119 hat eben­falls Platz für wei­te­re Mitglieder.

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Münsters Verlag der Nobelpreisträger

An der König­stra­ße 42, in einem wun­der­schö­nen Alt­bau im Oer’scher Hof, gibt Josef Klein­hein­rich seit fast vier­zig Jah­ren Lite­ra­tur aus Skan­di­na­vi­en her­aus. Die Bücher wer­den mit Illus­tra­tio­nen gestal­tet, jedes ein­zel­ne gleicht einem klei­nen Kunst­werk. Zum Ver­lags­pro­gramm gehö­ren auch zwei Bän­de, die der dies­jäh­ri­ge Nobel­preis­trä­ger Jon Fos­se ver­fasst hat. Ein Besuch im Klein­hein­rich-Ver­­lag.

 

 

Herr Klein­hein­rich, zunächst ein­mal herz­li­chen Glück­wunsch! Viel­leicht kön­nen Sie uns zuerst sagen: Wie haben Sie Jon Fos­se kennengelernt?

Der Kon­takt kam über sei­nen Über­set­zer Hin­rich Schmidt-Hen­kel zustan­de, den ich gut ken­ne. Ich habe Jon Fos­se dann direkt ange­schrie­ben und gefragt, ob wir zusam­men Bücher her­aus­ge­ben kön­nen. Wir woll­ten eine Ergän­zung zu den Roma­nen und Thea­ter­stü­cken bie­ten, die beim Rowohlt-Ver­­lag erscheinen.

 

 

Vor unge­fähr zehn Jah­ren haben Sie Jon Fos­se zum ers­ten Mal in Ber­lin getrof­fen. Was für einen Men­schen haben Sie kennengelernt?

Einen sehr stil­len, ruhi­gen und zurück­hal­ten­den Men­schen mit einer gro­ßen Begeis­te­rung für Bücher. Nicht hoch­nä­sig, son­dern offen und inter­es­siert. Von Anfang an hat­ten wir eine sehr per­sön­li­che Bezie­hung. Sei­nen Cha­rak­ter erkennt man auch in sei­nen Tex­ten wieder.

 

 

Inwie­fern?

Die Spra­che ist wirk­lich ein­zig­ar­tig. Sie kommt ein­fach daher, aber sein Stil ist sehr medi­ta­tiv. Die Tex­te leben von stän­di­gen Wie­der­ho­lun­gen. Das hat schon fast reli­giö­se Züge. Wenn man sich dar­auf ein­lässt, wird man von den Tex­ten regel­recht auf­ge­so­gen. Gleich­zei­tig sind die Tex­te sehr still. Sein gesam­tes Werk könn­te man gut unter dem Titel des Gedicht­ban­des zusam­men­fas­sen, der in mei­nem Ver­lag erschie­nen ist: „Die­se uner­klär­li­che Stil­le“. Es gibt nur weni­ge Autoren, die so schrei­ben. Viel­leicht kann man Fos­se mit Peter Hand­ke vergleichen.

 

 

Für den Gedicht­band ist Fos­se auch aus­ge­zeich­net worden.

Ja, er hat 2017 den Poe­sie­preis der Stadt Müns­ter bekom­men. Zusam­men mit sei­nem Über­set­zer. Und im nächs­ten Jahr erscheint ein Essay­band. Dar­in erklärt Jon Fos­se in ver­schie­de­nen Tex­ten, wie er schreibt und war­um er schreibt. Der Band wird eine Ver­ständ­nis­hil­fe sein für sein Gesamtwerk.

 

 

Fos­se ist nicht der ers­te Nobel­preis­trä­ger in Ihrem Verlagsprogramm.

Bei mir sind auch Gedicht­bän­de von Tomas Tran­strö­mer erschie­nen. Ihn hat­te ich bei einer Lesung in Müns­ter ken­nen­ge­lernt, kurz nach­dem ich den Ver­lag gegrün­det hat­te. Die dama­li­ge Schwe­­disch-Lek­­to­rin der Uni­ver­si­tät hat­te Tran­strö­mer eingeladen.

 

 

Sie schei­nen einen guten Rie­cher zu haben. Wonach wäh­len Sie die Autor:innen für Ihren Ver­lag aus?

Jeden­falls nicht danach, ob sie den Nobel­preis bekom­men (lacht). Es ist die Qua­li­tät der Tex­te. Wenn ich mer­ke, das ist gute Lite­ra­tur, dann inter­es­sie­re ich mich dafür.

 

 

2011 waren Sie zur Nobel­preis­ver­ga­be in Stock­holm ein­ge­la­den. Wie war das?

Ich hat­te eines Tages einen Brief von der Schwe­di­schen Aka­de­mie mit der Ein­la­dung im Post­kas­ten. Das hat mich natür­lich sehr gefreut und stolz gemacht. Die Ein­la­dung habe ich als Aner­ken­nung mei­ner Arbeit empfunden.

 

 

Wie muss man sich die Ver­ga­be vorstellen?

Zuerst zeich­net der schwe­di­sche König die Preis­trä­ger aus. Danach fin­det ein gro­ßes Ban­kett im Rat­haus mit rund ein­tau­send Gäs­ten statt. Die ver­tei­len sich für das Menü auf ellen­lan­ge Tische. Pflicht ist natür­lich, einen Schwal­ben­schwanz zu tragen.

 

 

Den hat­ten Sie schon?

Ich hat­te lus­ti­ger­wei­se einen sol­chen Anzug gekauft. Damals habe ich schon gescherzt: Viel­leicht gewinnt ja mal einer mei­ner Autoren den Lite­ra­tur­no­bel­preis. Ich hof­fe natür­lich, dass ich in die­sem Jahr auch wie­der einen Schwal­ben­schwanz anzie­hen kann.

 

 

Dem „West­fa­len­spie­gel“ hat­ten Sie gesagt, Sie hät­ten Jon Fos­se den dies­jäh­ri­gen Nobel­preis pro­phe­zeit. Wenn Sie jetzt noch mal in die Glas­ku­gel schau­en, wel­che Zukunft sehen Sie für den Kleinheinrich-Verlag?

Den Ver­lag habe ich 1986 gegrün­det, einen Tag, nach­dem ich mei­ne Dok­tor­ar­beit ver­tei­digt hat­te. Seit­dem ist der Ver­lag ein Ein-Mann-Betrieb. Es ist mein Traum­job, aber ich muss schon kämp­fen, gera­de in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren. Ich mache außer­dem Bücher, die nur ein begrenz­tes Publi­kum anspre­chen. Durch den Nobel­preis wer­de ich aber bestimmt mehr ver­kau­fen als sonst. Die ers­te Auf­la­ge der „Kind­heits­sze­nen“ von Jon Fos­se ist schon ver­grif­fen, die zwei­te wird gera­de vor­be­rei­tet. (sfo)

 

 

Klima-Update

+++ Die Stadt Müns­ter hat heu­te das „Haus der Nach­hal­tig­keit“ eröff­net, in dem es jetzt kos­ten­lo­se Bera­tun­gen gibt. Zum Bei­spiel zu nach­hal­ti­gem Kon­sum, regio­na­ler Ernäh­rung und Ener­gie­ver­brauch. Das Haus soll zur Umset­zung der städ­ti­schen Nach­hal­tig­keits­zie­le bei­tra­gen, die sich an den glo­ba­len Nach­hal­tig­keits­zie­len der Ver­ein­ten Natio­nen ori­en­tie­ren. Öff­nungs­zei­ten und Kon­takt­in­for­ma­tio­nen gibt es hier. (ino)

+++ Falls Sie zufäl­lig ein Unter­neh­men besit­zen und Ihnen all­mäh­lich die Knie schlot­tern, weil die Euro­päi­sche Uni­on von Ihnen dem­nächst einen Bericht über Ihre Nach­hal­tig­keits­tä­tig­kei­ten ver­langt, sei­en Sie beru­higt. Am 7. Novem­ber ver­an­stal­tet die IHK Nord­west­fa­len einen The­men­abend über die Fra­ge, wie Sie Gemein­wohl­bi­lan­zen erstel­len kön­nen (RUMS-Brief). Die eig­nen sich offen­bar gut als Grund­la­ge für künf­ti­ge Nach­hal­tig­keits­be­rich­te. Hier kön­nen Sie sich anmel­den. Die Teil­nah­me kos­tet nichts und ist auch online mög­lich. (sfo)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Wegen des Fei­er­tags am Mitt­woch fin­det der Wochen­markt bereits am Diens­tag statt. (Stadt Müns­ter)

+++ Der Ding­bän­ger­weg in Meck­len­beck ist nahe der Peter-Wust-Schu­le und der Kita bis Diens­tag gesperrt, weil Bau­ar­bei­ten sich ver­zö­gern. (Stadt Müns­ter)

+++ Nach­dem ein Wohn­mo­bil die Schran­ke an der Ein­fahrt zum Stadt­bad beschä­digt hat­te, ist die neue Schran­ke jetzt schon wie­der kaputt. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Lud­ge­rus­schu­le in Hil­trup und das Schul­zen­trum Kin­der­haus hei­zen jetzt umwelt­freund­lich. (Stadt Müns­ter)

+++ Auf dem ehe­ma­li­gen West­fa­len­fleiß-Park­platz am Dom ste­hen jetzt neue Tische, Bän­ke und Lie­gen. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Eine Bil­dungs­exper­tin der Uni Wup­per­tal hält die auf­ge­split­te­ten Schul­an­mel­de­ter­mi­ne in Müns­ter für falsch, weil sie die Selek­ti­on för­der­ten. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die jüdi­sche Gemein­de in Müns­ter will wei­ter­hin regel­mä­ßig Füh­run­gen für Schu­len anbie­ten, um Anti­se­mi­tis­mus ent­ge­gen­zu­wir­ken. (WDR)

+++ Lebens­hal­tungs­kos­ten: Eine Stu­die belegt, dass Müns­ter die viert­teu­ers­te Stadt in NRW und damit 6,6 Pro­zent teu­rer ist als der deut­sche Durch­schnitt. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Ein Jahr nach ihrer Schlie­ßung über­nimmt ein neu­er Betrei­ber die Gast­stät­te „Drü­b­bel­ken“. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Meh­re­re Par­tei­en for­dern ein kla­res Finanz­kon­zept, um die Geld­pro­ble­me des Müh­len­hof-Frei­licht­mu­se­ums zu lösen. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Der Sozi­al­aus­schuss macht die Per­so­nal­aus­wei­se für Obdach­lo­se gebüh­ren­frei. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Das neue Hei­mat­schutz­re­gi­ment hat sei­nen Dienst in der Lüt­zow-Kaser­ne in Han­dorf auf­ge­nom­men.(West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Stadt Müns­ter hat ein inte­grier­tes Flä­chen­kon­zept ent­wor­fen, also einen Plan, auf dem zu sehen ist, wie sie ver­füg­ba­re Flä­chen nut­zen möch­te. (Stadt Müns­ter)

+++ Das Land NRW plant auch im Müns­ter­land regel­mä­ßi­ge Abwas­ser­tests, um Coro­na­vi­ren zu fin­den. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ In der ers­ten Hälf­te des Jah­res sind in Müns­ter 22 poli­tisch rechts moti­vier­te Straf­ta­ten regis­triert wor­den. (Klei­ne Anfra­ge der AfD-Frak­ti­on im nord­rhein-west­fä­li­schen Land­tag)

+++ In Müns­ter gibt es jetzt eine Audio-Tour über jüdi­schen Sport wäh­rend der Nazi-Zeit. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

Anony­mer Briefkasten

Haben Sie eine Infor­ma­ti­on für uns, von der Sie den­ken, sie soll­te öffent­lich wer­den? Und möch­ten Sie, dass sich nicht zurück­ver­fol­gen lässt, woher die Infor­ma­ti­on stammt? Dann nut­zen Sie unse­ren anony­men Brief­kas­ten. Sie kön­nen uns über die­sen Weg auch anonym Fotos oder Doku­men­te schicken.

Unbezahlte Werbung

Wis­sen Sie, wo das schrägs­te Haus in Müns­ter ist? Wir auch nicht. Das Gebäu­de an der Fer­di­nand­stra­ße 8 hät­te aber gute Chan­cen auf den Titel. Dort ist vor Kur­zem ein Töp­fer­ate­lier ein­ge­zo­gen, das sich die­se Kurio­si­tät auch gleich in sei­nen Namen geschrie­ben hat: „Biss­chen schräg“. Jeden zwei­ten Don­ners­tag fin­den im Ate­lier offe­ne Töp­fer­nach­mit­ta­ge von 13 bis 19 Uhr statt. Falls Sie erst­mal ler­nen wol­len, wie Sie mit Ton, Dreh­schei­ben und Gla­sur rich­tig umge­hen, kön­nen Sie sich auch zu einem Töp­fer­kurs anmel­den. Und: Bei „Biss­chen schräg“ gibt es auch Sets zu kau­fen, mit denen Sie ent­spannt zu Hau­se töp­fern. Die fer­ti­gen Sachen kön­nen Sie zum Bren­nen ein­fach vor­bei­brin­gen. Schau­en Sie doch mal auf der Web­site vor­bei für einen ers­ten Eindruck.

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Heu­te hat Fabi­an Cohrs für Sie in den Kalen­der geschaut. Das sind sei­ne Empfehlungen: 

+++ Sams­tag­abend spie­len The Kogs in der Hei­len Welt. Das Duo bringt akus­ti­schen Folk-Rock auf die Büh­ne und sicher­lich gute Stim­mung in die Knei­pe. Der Ein­tritt ist frei, los geht es um 20 Uhr.

+++ Für Sonn­tag­abend gibt es noch ein Paar Tickets für das Stück „Extra­wurst“ im Wolf­gang-Bor­chert-Thea­ter. In der Komö­die geht es um Tole­ranz. Für Reli­gi­on, gesell­schaft­li­che Min­der­hei­ten und Ver­än­de­run­gen. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Tickets erhal­ten Sie hier.

+++ Am Mon­tag­abend ver­an­stal­tet die Initia­ti­ve Rome­ro eine Podi­ums­dis­kus­si­on zum The­ma Gemein­wohl­öko­no­mie (RUMS-Brief). Wie soll sich die Wirt­schaft in Zukunft aus­rich­ten? Und ist Wachs­tum über­haupt not­wen­dig? Auf dem Podi­um sit­zen Vertreter:innen aus Uni, Poli­tik, Wirt­schaft sowie Verfechter:innen der Gemein­wohl­öko­no­mie. Los geht’s um 19 Uhr im Spe­cOps. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie hier.

+++ Alter­na­tiv kön­nen Sie Mon­tag­abend auch zum ers­ten Knei­pen-Quiz in Kin­der­haus gehen. Bei eini­gen Fra­gen kön­nen Sie ins­be­son­de­re mit Stadt­teil­wis­sen punk­ten. Orga­ni­siert wird das Gan­ze vom Kap.8, los geht es um 19 Uhr im Stadt­teil­treff Moki­do. Der Ein­tritt ist frei. Hier steht, wie Sie sich anmel­den können. 

+++ Zum Vor­mer­ken: Zu Hal­lo­ween am Diens­tag­abend zie­hen sicher­lich eini­ge klei­ne Gespens­ter um die Häu­ser und for­dern Süßig­kei­ten ein. Am bes­ten legen Sie sich schon mal einen Vor­rat an – oder Sie sor­gen dafür, dass Sie nicht zu Hau­se sind. Die Stadt­bü­che­rei ver­an­stal­tet zum Bei­spiel eine Lesung mit unheim­li­chen Geschich­ten von Edgar Allan Poe und Roald Dahl. Der Ein­tritt ist frei, los geht es um 18 Uhr. Um Anmel­dung per Mail wird gebe­ten. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie hier.

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wün­sche Ihnen ein ange­neh­mes Wochenende.

Herz­li­che Grü­ße
Sven­ja Stühmeier

Mit­ar­beit: Sebas­ti­an Fob­be (sfo), Jan Gro­ße Nobis (jgn), Imke Noet­zel (ino), Ralf Heimann (rhe), Fabi­an Cohrs (fco)
Lek­to­rat: Maria Schubarth

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PS

Der US-ame­ri­ka­ni­sche Strea­ming­dienst MHz Choice zeigt kei­ne US-Block­bus­ter. Dafür inter­na­tio­na­le Fil­me und Seri­en, und zwar im Ori­gi­nal­ton. Die Nutzer:innen kön­nen in den USA und Kana­da ein Stück deut­sche Kul­tur erle­ben: „Tat­ort“ schau­en am Sonn­tag­abend. Die Film­zeit­schrift „The Hol­ly­wood Repor­ter“ schreibt, die Serie habe einen enor­men Ein­fluss auf die deut­sche Pop­kul­tur. Und damit man auf der ande­ren Sei­te des gro­ßen Teichs auch die gan­ze Band­brei­te von „crime come­dy“ (ja, Müns­ter ist laut Film­pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft Beta FIlm auch mit dabei) bis hin zu „seri­al kil­lers“ mit­er­le­ben kann, wird es Fol­gen aus unter­schied­li­chen Städ­ten geben. (sst)