Klimaneutralität 2030: Stadt mauert weiter | Rechte Polizeichats: Und die Folgen? | Preußen-Saisonstart: Ticketpreise steigen (in Zukunft je nach Gegner)

Müns­ter, 4. August 2023

Guten Tag,

seit Febru­ar ver­sucht der Kli­ma­ak­ti­vist Chris­ti­an Lad­leif von der Stadt zu erfah­ren, was sie unter­nom­men hat, um Müns­ter bis 2030 kli­ma­neu­tral zu machen. Das hat­te der Rat vor drei Jah­ren beschlossen. 

Chris­ti­an Lad­leif kennt sich in Ver­wal­tungs­sa­chen aus. Er war frü­her selbst Dezer­nent bei der Bezirks­re­gie­rung, und er wür­de gern in Akten schau­en, in E-Mails und Gesprächs­pro­to­kol­le, um sich ein Bild von den Bemü­hun­gen der Stadt um ihr ehr­gei­zi­ges Ziel zu machen. Das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz gibt Men­schen das Recht dazu, denn es soll auch von außen nach­voll­zieh­bar sein, was im Inne­ren von Behör­den pas­siert. Doch Ver­wal­tun­gen haben das nicht so gern. 

In die­sem Fall ist das sehr auf­fäl­lig. In ihren Ant­wor­ten ver­weist die Stadt­ver­wal­tung auf zahl­lo­se Doku­men­te, die ohne­hin schon ver­öf­fent­licht sind. Wer kei­nen Über­blick hat, lässt sich mit so etwas schnell abwimmeln.

Wenn es bei sehr kon­kre­ten Anlie­gen nicht mög­lich ist, mit Blend­gra­na­ten von Fra­gen abzu­len­ken, gibt die Stadt schon mal Ant­wor­ten, die auch auf den zwei­ten Blick noch kuri­os wir­ken. Im Mai schrieb sie auf eine Anfra­ge von Lad­leif, der Anspruch aus dem Gesetz bezie­he sich auf vor­lie­gen­de Infor­ma­tio­nen. Die ange­for­der­ten Infor­ma­tio­nen lägen aller­dings nicht vor, son­dern in den jewei­li­gen Dezer­na­ten, die sich mit der Sache beschäftigen. 

Man hät­te also gern Infor­ma­tio­nen von der Stadt­ver­wal­tung. Und die Fach­de­zer­na­te gehö­ren ganz zwei­fel­los dazu. Aber die Fra­ge ist: Was bedeu­tet das Wort „vor­lie­gen“? Und man fragt sich: Befän­den die Doku­men­te sich nicht in den Dezer­na­ten, son­dern direkt beim Ober­bür­ger­meis­ter, hät­te die Ant­wort dann gelau­tet: Die Doku­men­te lie­gen lei­der nicht vor, son­dern in unse­rem Aktenschrank? 

Nichts, was man herausrücken könnte

Am 14. Juli hat Chris­ti­an Lad­leif nun wie­der Post von der Stadt­ver­wal­tung bekom­men. Das Schrei­ben liegt uns vor. Lad­leif hat­te am 22. Juni in einem Brief an den Ober­bür­ger­meis­ter unter ande­rem gefragt, ob er aus der letz­ten Ant­wort schluss­fol­gern kön­ne, dass Mar­kus Lewe den Dezer­na­ten kei­ne Anwei­sun­gen dazu gege­ben hat, wie der Rats­be­schluss umzu­set­zen sei. 

Ein Mit­ar­bei­ter der Kli­ma­st­abs­stel­le ant­wor­tet sehr lang und aus­führ­lich, aber im Wesent­li­chen steht in der Ant­wort nur, man habe die Arbeit auf die ver­schie­de­nen Dezer­na­te ver­teilt. Und es gebe ja nicht den einen Weg, um das Ziel Kli­ma­neu­tra­li­tät zu errei­chen. Das sei auch abhän­gig von Ent­schei­dun­gen der Euro­päi­schen Uni­on, des Bun­des, der Län­der, auch von glo­ba­len Entwicklungen. 

In einer zwei­ten und drit­ten Fra­ge woll­te Lad­leif wis­sen, ob er davon aus­ge­hen kön­ne, dass der Ober­bür­ger­meis­ter sich in den Dezer­na­ten nicht nach dem Umset­zungs­stand infor­miert habe, und ob es rich­tig sei, dass er nicht mit den Dezer­na­ten über die Umset­zung des Rats­be­schlus­ses kom­mu­ni­ziert habe. 

Wenn es eine Kom­mu­ni­ka­ti­on gäbe, dann müss­te die Stadt­ver­wal­tung sie, viel­leicht mit eini­gen Schwär­zun­gen ver­se­hen, her­aus­rü­cken. Aber laut Stadt gibt es da nichts, was man her­aus­rü­cken könn­te. So steht es in der Ant­wort. Abspra­chen und Anwei­sun­gen fän­den in der Regel bila­te­ral statt, doku­men­tiert wer­de da nichts.

Das ist noch nicht das Ende des Brief­wech­sels. In einer unda­tier­ten Ant­wort auf das Schrei­ben vom 14. Juli ant­wor­tet Lad­leif: „Ich kann nicht nach­voll­zie­hen, dass eine der­art zen­tra­le Auf­ga­be per münd­li­cher Abspra­che erfolgt, ohne kon­kre­te Ver­ein­ba­run­gen zu tref­fen, die ver­schrift­licht wer­den.“ Eben­so kön­ne er nicht nach­voll­zie­hen, dass der Ober­bür­ger­meis­ter als Ver­wal­tungs­chef und Vor­sit­zen­der des Rats sei­ne Steue­rungs­funk­ti­on nicht wahr­neh­me und anneh­me, die Dezer­na­te wür­den von selbst aktiv werden. 

Das Fazit, ernüchternd

„Ich gehe davon aus, dass der­ar­ti­ge Din­ge im Ver­wal­tungs­vor­stand erör­tert wer­den und dass es dazu ent­spre­chen­de Pro­to­kol­le gibt“, schreibt Lad­leif und bit­tet um Ein­sicht in die­se Pro­to­kol­le. Dazu for­mu­liert er wei­te­re Fra­gen. Und er stellt fest: „Es ist noch immer kein umfas­sen­der Maß­nah­men­plan vor­han­den, der den Anfor­de­run­gen des Rats­be­schlus­ses vom 26.8.20 entspricht.“

Die Stadt beauf­tra­ge Stu­di­en und Kon­zep­te, ohne dass dar­aus ein Gesamt­plan ent­ste­he, aus dem her­vor­ge­he, wie sie ihr Ziel errei­chen möch­te, so Lad­leif. Bonn und Aachen hät­ten so einen Plan. Müns­ters drei Jah­re alter Rats­be­schluss sei dage­gen „in fast all sei­nen Punk­ten“ nicht umgesetzt. 

Lad­leifs Fazit fällt ernüch­ternd aus: Müns­ter kom­me nicht hin­aus über die Erstel­lung von „Stu­di­en und PR-Ver­ein­ba­run­gen“. Es gebe kei­ne aus­ge­ar­bei­te­ten Maß­nah­men­plan, drei Jah­re nach dem Beschluss habe die Stadt noch immer kein Kon­zept, um die Fort­schrit­te zu über­wa­chen. Und die Steue­rung über­neh­me nicht der Ober­bür­ger­meis­ter, das mach­ten die Dezernate. 

Es steht der Ver­dacht im Raum, dass Müns­ter sich mit dem Label „Kli­ma­neu­tra­li­tät 2030“ eine schö­ne Image­po­li­tur gegönnt hat, das Ziel selbst aber gar nicht so ernst nimmt. Der Ober­bür­ger­meis­ter hat die Kli­ma­st­abs­stel­le aus dem grü­nen Woh­nungs­de­zer­nat gelöst und sie bei sich selbst ange­dockt, um nach­drück­lich zu ver­si­chern: Kli­ma­schutz ist uns wich­tig. Aber von außen sieht es so aus, als wäre auch das nur ein sym­bo­li­scher Akt gewesen. 

Der Ein­druck kann auch täu­schen. Soll­te es anders sein, könn­te der Ober­bür­ger­meis­ter das leicht bele­gen, indem er die Akten öffent­lich macht. Chris­ti­an Lad­leif will sich nun an die Daten­schutz­be­auf­trag­te des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len wen­den. Führt auch das zu kei­nem Ergeb­nis, blie­be noch eine wei­te­re Mög­lich­keit. Er könn­te ver­su­chen, sein Recht auf Akten­ein­sicht vor Gericht durch­zu­set­zen. (rhe)

Kurz und Klein

+++ Die Fach­hoch­schu­le Müns­ter möch­te sich auf eine Fahr­rad­pro­fes­sur beim Land Nord­rhein-West­fa­len bewer­ben. Das hat uns die Pres­se­stel­le der FH auf Anfra­ge mit­ge­teilt. Das Lan­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um gab am Mitt­woch bekannt, eine Pro­fes­sur für Rad­ver­kehr aus eige­nen Mit­teln finan­zie­ren zu wol­len, damit Fach­kräf­te für die Ver­kehrs­wen­de wis­sen­schaft­lich aus­ge­bil­det wer­den kön­nen. Seit dem ver­gan­ge­nen Jahr finan­ziert der Bund die Rad­ver­kehrs­for­schung an sie­ben Hoch­schu­len in Deutsch­land, die ein­zi­ge davon in NRW ist die Ber­gi­sche Uni­ver­si­tät Wup­per­tal. Die FH Müns­ter hat­te sich schon 2022 um eine Bun­des­för­de­rung bewor­ben. Nun wol­le man es mit einem Antrag beim Land NRW noch ein­mal ver­su­chen, schreibt die Pres­se­stel­le. Anders die Uni Müns­ter. Sie teilt auf Anfra­ge mit, sich nicht auf eine Rad­pro­fes­sur zu bewer­ben. Die ers­te Bewer­bung sei erfolg­los gewe­sen und seit­dem gebe es nie­man­den an der Uni, der eine sol­che Pro­fes­sur antre­ten könn­te, schreibt der Pres­se­spre­cher. (sfo)

+++ Ab Mon­tag fah­ren die Bus­se etwas anders. In ihrer Pres­se­mit­tei­lung haben die Stadt­wer­ke kein Geheim­nis dar­aus gemacht, dass es ziem­lich wich­tig war, einen auf (zu) wenig Fahrer:innen aus­ge­leg­ten Plan zu erstel­len (RUMS-Brief). Das Ziel ist, dass die Bus­se mög­lichst zuver­läs­sig fah­ren. Das bedeu­tet auch, dass Fahr­ten, die wenig genutzt wer­den, ab dem 7. August weg­fal­len. Kon­kret sind das zwei auf den Lini­en 4 und E4 und jeweils eine auf den Lini­en 5, 10 und 17. Das Per­so­nal, das an die­sen Stel­len frei wird, wird anders­wo für stär­ker fre­quen­tier­te Fahr­ten ein­ge­setzt. Auch die Schul­bus­fahr­ten ändern sich zum Teil. Die Schul­bus­li­nie E9 gibt es zum Bei­spiel nicht mehr, zwi­schen Kin­der­haus und Spra­kel fah­ren Schüler:innen nun mit den nor­ma­len Lini­en­bus­sen 9. Das ist laut Spre­cher Flo­ri­an Adler übri­gens der Regel­fall: Schul­bus­se wer­den in Müns­ter nur da ein­ge­setzt, wo der vor­han­de­ne Lini­en­ver­kehr nicht aus­reicht. Das wird von den Stadt­wer­ken regel­mä­ßig aus­ge­wer­tet und je nach Situa­ti­on der Schul­land­schaft auch ange­passt. In den ers­ten Tagen nach den Som­mer­fe­ri­en ist es übri­gens rat­sam, öfter mal die Plä­ne zu che­cken. Weil zum Schul­be­ginn (Mon­tag ist der ers­te Tag nach den Som­mer­fe­ri­en) nicht immer alle Daten vor­lä­gen, sei es mög­lich, dass noch Fahr­p­lan­de­tails ange­passt wer­den. Hier gelan­gen Sie zu den aktu­el­len Schul­bus­plä­nen und hier zum gesam­ten Fahr­plan­an­ge­bot. (sst)

+++ Am Mitt­woch­mor­gen wur­de eine trans Frau in einer Bar an der Hörs­t­erstra­ße mit einem Bar­ho­cker ange­grif­fen. Der bis­lang unbe­kann­te Täter hat der Frau laut Poli­zei­be­richt den Hocker an den Kopf gewor­fen, als sie gera­de ihre Geträn­ke im Ein­gangs­be­reich bezahlt hat­te. Die Frau ist dar­auf­hin gestürzt und hat sich leicht ver­letzt. Zuvor wur­de sie von dem ihr unbe­kann­ten Mann trans­feind­lich belei­digt. Die­ser Angriff in Müns­ter reiht sich in die besorg­nis­er­re­gen­de Ent­wick­lung stei­gen­der Gewalt gegen que­e­re Men­schen ein. Laut Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um ist die Zahl der que­er­feind­li­chen Straf­ta­ten im ver­gan­ge­nen Jahr gestie­gen. 2022 sind mehr als 1.400 Fäl­le sol­cher Hass­de­lik­te regis­triert wor­den. Auch in den Tagen vor dem Angriff in Müns­ter ist es zu que­er­feind­li­cher Gewalt in Deutsch­land gekom­men: Die CSD-Para­de in Stutt­gart ist von mut­maß­li­chen Antifa-Anhänger:innen gestört wor­den, auch beim Ber­li­ner CSD kam es zu Über­grif­fen. In Ber­lin ist außer­dem das Grab der trans Frau geschän­det wor­den, die sich vor zwei Jah­ren auf dem Alex­an­der­platz ange­zün­det hat­te. (sfo)

Ein Polizeichat mit rechtsextremen Inhalten wird aufgedeckt – und dann?

Immer wie­der sind Polizeipräsident:innen erstaunt und scho­ckiert, wenn men­schen­feind­li­che Chat­grup­pen bei der Poli­zei auf­flie­gen. Und immer wie­der beteu­ern Innenminister:innen, dass die­se nicht mit den Wer­ten der Poli­zei ver­ein­bar sei­en. Genau die­ses „immer wie­der“ ver­mit­telt, gera­de zum Bei­spiel im Fall von fünf Poli­zis­ten aus Reck­ling­hau­sen, Bor­ken und Kle­ve, aber auch irgend­wie: So schlimm, dass man mehr tun müss­te als Betrof­fen­heit aus­zu­drü­cken, ist das dann doch nicht. Oder doch? Sven­ja Stüh­mei­er hat sich das etwas genau­er angesehen. 

Vor Kur­zem ging noch ein­mal der Fall der SEK-Beamt:innen aus Müns­ter durch die Medi­en. Sie hat­ten unter ande­rem ras­sis­ti­sche Inhal­te und sexua­li­sier­te Dar­stel­lun­gen von Kin­dern und Jugend­li­chen in einem Chat aus­ge­tauscht (RUMS-Brief). Die Straf­ver­fah­ren gegen sie wur­den ein­ge­stellt und inzwi­schen haben alle, denen ver­gan­ge­nes Jahr die Dienst­ge­schäf­te unter­sagt wor­den sind, ihren Dienst wie­der auf­ge­nom­men. Ist das also die­se „lücken­lo­se Auf­klä­rung“, von der NRW-Innen­mi­nis­ter Her­bert Reul (CDU) sprach? 

Nein, ganz so zynisch will ich das nicht bewer­ten. Was man aber im Vor­feld sagen kann: Die Pro­zes­se sind lang­wie­rig, Detail­ar­beit und auch für Her­bert Reul frus­trie­rend. Mit die­sem Text geben wir einen klei­nen Ein­blick in die Rechts­la­ge und zei­gen auf, wo sich gera­de etwas bewegt.

Geht das Strafrecht weit genug?

Kurz zur Erin­ne­rung: Die Poli­zei hat­te bei der Müns­ter-Chat­grup­pe als vor­läu­fi­gen Ver­dacht Volks­ver­het­zung, Gewalt­dar­stel­lung und Ver­wen­dung von Kenn­zei­chen ver­fas­sungs­feind­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen geäu­ßert. Dem ist die Staats­an­walt­schaft nach­ge­gan­gen und hat ent­schie­den: Die Anfangs­ver­dach­te haben sich nicht bestä­tigt. Denn sie set­zen vor­aus, dass die Inhal­te in irgend­ei­ner Wei­se die Öffent­lich­keit berüh­ren, was die Staats­an­walt­schaft bei den pri­va­ten Chats nicht erfüllt sieht. Die sexua­li­sier­ten Dar­stel­lun­gen von Kin­dern und Jugend­li­chen sind laut Staats­an­wäl­tin Ann-Kath­rin Schind­ler schon eini­ge Jah­re her, zu dem Zeit­punkt noch kein juris­ti­sches Ver­bre­chen gewe­sen und außer­dem „kei­ne har­te Por­no­gra­phie“, son­dern „Posing­bil­der“. Die drei Män­ner, die sie in den Chat gestellt hat­ten, haben eine Straf­zah­lung getä­tigt. Damit war auch das erle­digt (RUMS-Brief).

Zurück zu Her­bert Reul: Zufrie­den ist er damit auch nicht. „Im Augen­blick ist es lei­der zu häu­fig so, dass üble natio­nal­so­zia­lis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche Äuße­run­gen straf­frei blei­ben, weil sie in einem Chat geäu­ßert wer­den und des­halb nicht öffent­lich sind“, zitiert ihn das Innen­mi­nis­te­ri­um auf Anfra­ge. „Ich bin sicher, dass da gesetz­lich noch Spiel­raum wäre, das zu ver­än­dern.“ Auch Müns­ters Grü­ne Jugend schreibt: „Die Hür­den für eine Ver­ur­tei­lung von rechts­extre­men Inhal­ten in pri­va­ten Chat­grup­pen sind im Straf­recht viel zu hoch!“

Das könn­te bedeu­ten, dass sich das Straf­recht für alle ver­schärft. In Arti­kel 3 des Grund­ge­set­zes steht schließ­lich: „Alle Men­schen sind vor dem Gesetz gleich“. Und weil das so ist, wer­den Beamt:innen nicht stär­ker belangt als ande­re. Aber es gibt auch die Mög­lich­keit, das Straf­ge­setz­buch zu erwei­tern. In einem neu­en Para­gra­phen könn­te man einen Straf­tat­be­stand expli­zit für Amtsträger:innen fest­hal­ten. Das hat der SPD-Abge­ord­ne­te Sebas­ti­an Fied­ler im Gespräch mit dem Maga­zin „Der Spie­gel“ vorgeschlagen.

Bis zu einem Urteil kann es dauern

Dass ver­fas­sungs­feind­li­ches Ver­hal­ten von Men­schen im öffent­li­chen Dienst ein star­kes Gewicht hat und Kon­se­quen­zen tra­gen soll, regelt grund­sätz­lich das Dis­zi­pli­nar­recht. Dass die Anwen­dung aber in Bezug auf radi­ka­le Chats eine ziem­lich schwie­ri­ge Kis­te ist, erklärt Hen­ning Schul­te im Busch. „Chat ist nicht gleich Chat“, sagt der Fach­an­walt für Verwaltungsrecht.

Vor­weg: Bis Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men nach Straf­ver­fah­ren über­haupt zum Tra­gen kom­men, geht oft viel Zeit ins Land. Das liegt dar­an, dass das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren so lan­ge aus­ge­setzt wird, bis das Straf­ver­fah­ren abge­schlos­sen ist. Dann erst wird geprüft, ob das Ver­hal­ten auch dis­zi­pli­nar­recht­lich rele­vant ist, und dann muss das Gan­ze vor Gericht geklärt wer­den. Das wie­der­um bedeu­tet: Es gibt lan­ge Bear­bei­tungs­zei­ten, und viel­leicht ver­zö­gert sich noch etwas, weil jemand Rechts­mit­tel gegen ein Urteil ein­legt (Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren in Bezug auf ver­fas­sungs­feind­li­che Beamt:innen dau­ern auch der Bun­des­re­gie­rung zu lang. Hier berich­tet die Tages­schau über einen neu­en Geset­zes­ent­wurf, der Ver­fah­ren in Zukunft beschleu­ni­gen soll).

Das Gan­ze kann also Jah­re dau­ern. Die höchs­te Maß­nah­me ist das, was zum Bei­spiel der Bund der Antifaschist:innen aus Müns­ter im Fall der SEK-Leu­te for­dert: die Ent­fer­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis. Die Maß­nah­me soll ange­wandt wer­den, wenn das Ver­trau­en zwi­schen Dienst­be­hör­de oder der All­ge­mein­heit und Beamt:in unwie­der­bring­lich zer­stört ist.

Dazu muss aber expli­zit ein Dienst­ver­ge­hen geführt haben. „Frü­her war die Idea­li­sie­rung des Beam­ten noch wei­ter ver­brei­tet“, sagt Hen­ning Schul­te im Busch. „Davon ist die Recht­spre­chung inzwi­schen abge­rückt. Heu­te muss ein Beam­ter sich nicht bes­ser ver­hal­ten als ande­re Bürger.“

Wann sind Polizist:innen nur privat hier?

In Bezug auf Chats wird dann zum Bei­spiel bewer­tet, wie groß die Grup­pe ist und damit, wie hoch die Wahr­schein­lich­keit, dass Inhal­te weit ver­brei­tet wer­den. Außer­dem spielt es eine Rol­le, wer Grup­pen­mit­glied ist: Ken­nen sich alle unter­ein­an­der? Oder sind es zusam­men­ge­wür­fel­te Men­schen? Und dann ist auch wich­tig zu klä­ren, ob es sich um einen dienst­li­chen oder einen pri­va­ten Chat han­delt. Im Fall der SEK-Leu­te aus Müns­ter ken­nen sich die Mit­glie­der zwar über die Arbeit. Die­sen kon­kre­ten Chat hat die Staats­an­walt­schaft zum Bei­spiel trotz­dem als rein pri­va­ten eingeordnet.

Ohne Dienst­be­zug ist es für Dienst­be­hör­den schwie­rig, dis­zi­pli­nar­recht­lich ein­zu­wir­ken, sagt Hen­ning Schul­te im Busch. Denn, wir erin­nern uns: An Beam­te wer­den kei­ne höhe­ren Maß­stä­be gesetzt als an andere.

Aber was ist denn mit der Wohl­ver­hal­tens­pflicht? Beamt:innen müs­sen sich laut Bun­des­be­am­ten­ge­setz doch auch außer­halb des Diens­tes so ver­hal­ten, dass es „der Ach­tung und dem Ver­trau­en gerecht [wird], die ihr Beruf erfor­dert“. Aber was bedeu­tet das nun ganz genau? Das aus­zu­le­gen und zu bewer­ten, ist laut Hen­ning Schul­te im Busch das Schwie­ri­ge im Dis­zi­pli­nar­recht. Er gibt ein paar Bei­spie­le: „Aus den 1960ern gibt es Urtei­le zum Bart­tra­gen im Dienst. Vor 30 Jah­ren war noch undenk­bar, dass Beam­te täto­wiert sind.“

Der Gesetz­ge­ber und die Dienst­be­hör­de haben die Auf­ga­be, die­se Vor­ga­ben mit Leben zu fül­len. Sie müs­sen sagen, was für den Beruf erfor­der­lich ist. Und sie müs­sen eben auch ein­zel­ne Äuße­run­gen bewer­ten und die Fra­ge beant­wor­ten: Kann man bei einer Per­son sicher Rück­schlüs­se auf eine rechts­ra­di­ka­le Gesin­nung zie­hen? Um das zu bele­gen, müss­te man irgend­wie in die Per­son hin­ein­bli­cken kön­nen – oder vie­le objek­tiv ein­deu­ti­ge Indi­zi­en sam­meln. Sol­che, die gege­be­nen­falls aus­sa­ge­kräf­ti­ger sind als Nach­rich­ten aus pri­va­ten Chats, sagt Hen­ning Schul­te im Busch. Denn, das darf man nicht ver­ges­sen: Bei so einem Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren geht es oft­mals um die Exis­tenz eines Menschen.

Micha­el Labetz­ke geht emo­tio­na­ler mit dem The­ma um: „Sie sind immer Poli­zei­be­am­ter, Sie sind nie nur Pri­vat­mensch“, sagt er, selbst Bun­des­po­li­zist, Grü­nen-Lokal­po­li­ti­ker aus Bre­mer­ha­ven und im Vor­stand der grü­nen­na­hen Berufs­ver­ei­ni­gung Poli­zei Grün. Gleich­zei­tig sagt auch er: Einer Per­son eine bestimm­te Gesin­nung tat­säch­lich nach­zu­wei­sen, ist ganz schön schwierig.

Das Problem eine Ebene tiefer: diskriminierende Denkmuster

Ihm geht es weni­ger dar­um, Polizist:innen här­ter zu bestra­fen. Klar, er ist dafür, das Dis­zi­pli­nar­recht kon­se­quent anzu­wen­den. Doch eigent­lich wünscht er sich, dass das über­haupt nicht not­wen­dig ist. „Das Schlimms­te an die­sem Chat ist nicht, dass er exis­tiert. Es ist, dass sowas in der Poli­zei weit ver­brei­tet ist“, sagt er.

Er nennt zwei Grund­sät­ze, nach denen die Poli­zei han­deln muss: Zum einen danach, dass alle Men­schen gleich sind. Und zum ande­ren danach, dass die Unschulds­ver­mu­tung immer gilt und neu­tral ermit­telt wer­den muss in Bezug auf Be- und Ent­las­tung. „Das kön­nen Men­schen nicht erfül­len, die dis­kri­mi­nie­ren­de Denk­mus­ter ver­in­ner­licht haben.“ Und das füh­re eben auch dazu, dass die Poli­zei in einer zuneh­mend diver­sen Gesell­schaft für immer weni­ger Grup­pen ansprech­bar sei.

Die Zwi­schen­er­geb­nis­se der Mega­vo-Stu­die der Poli­zei­hoch­schu­le Müns­ter geben Hin­wei­se, war­um das unter Umstän­den nicht so ist. Die Stu­die unter­sucht Moti­va­ti­on, Ein­stel­lung und Arbeits­be­las­tung von Beamt:innen im Poli­zei­all­tag. Wäh­rend Füh­rungs­kräf­te das The­ma Ras­sis­mus nicht bei der Insti­tu­ti­on Poli­zei und ganz, ganz sicher nicht in ihrem Team ver­or­ten, haben die Wissenschaftler:innen im All­tag der von ihnen besuch­ten Behör­den Ste­reo­ty­pi­sie­run­gen und Stig­ma­ti­sie­run­gen von Men­schen­grup­pen und auch Orten wahr­ge­nom­men. Begrün­dung? Erfahrungswissen.

Sowas ist gefähr­lich. Denn das, was sie als „Erfah­rungs­wis­sen“ bezeich­nen, ist in vie­len Fäl­len All­tags­ras­sis­mus. Der begeg­net Ihnen übri­gens auch, wenn Sie ein­mal die­se oder die­se Pres­se­mel­dung der Poli­zei Müns­ter aus den ver­gan­ge­nen Tagen lesen. Sie schreibt, die Täter hät­ten „aus­län­disch aus­ge­se­hen“. Aus­län­disch sind alle, die kei­ne deut­sche Staats­bür­ger­schaft haben. Und wie sehen sie nun aus? 

Der Lei­ter der Pres­se­stel­le Jan Scha­back­er gibt zu: Die For­mu­lie­rung ist ihm durch­ge­gan­gen. Sie sei nichts­sa­gend und befeue­re Vor­ur­tei­le, dass Ausländer:innen kri­mi­nell sei­en. Er will mit sei­nem Team dar­über spre­chen, die For­mu­lie­rung soll so in Zukunft nicht mehr auftauchen.

Er erläu­tert auch, wie das zustan­de kommt: Die Pres­se­stel­le über­nimmt mög­lichst schnell die Infor­ma­tio­nen, die Polizist:innen vor Ort auf­neh­men. Ihnen will ich (genau­so wenig wie der Pres­se­stel­le) nicht unter­stel­len, dass sie aus böser Absicht die Zeu­gen­aus­sa­ge „Er hat aus­län­disch aus­ge­se­hen“ in ihr Pro­to­koll schrei­ben. Doch auch an die­ser Stel­le ist es schon eine nichts­sa­gen­de, dafür stig­ma­ti­sie­ren­de Aussage.

Wieder mehr Vertrauen in die Polizei

Die­se Situa­ti­on zeigt im Klei­nen das, was Micha­el Labetz­ke im Gro­ßen kri­ti­siert. Es brau­che Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ar­beit und eine Sen­si­bi­li­sie­rung für die­se The­men, in allen Behör­den und auf allen Ebe­nen. Er spricht von wöchent­li­chen Super­vi­sio­nen und nennt die Poli­zei Bre­men als Posi­tiv­bei­spiel, denn dort arbei­tet seit Herbst 2020 Ikram Errah­mouni-Rimi als Refe­ren­tin für Viel­falt und Anti­dis­kri­mi­nie­rung. Für Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ist außer­dem wich­tig, wie sen­si­bi­li­siert die Per­son ist, die die Ermitt­lungs­füh­rung über­nimmt. Die fin­det schließ­lich auch poli­zei­in­tern statt.

Und wenn er noch grö­ßer den­ken soll: Was müss­te sich struk­tu­rell ändern?

Es brau­che einen Weg, der gewähr­leis­tet, dass neu­tral gegen die Poli­zei ermit­telt wird, ant­wor­tet er. Und das bedeu­tet in sei­ner Vor­stel­lung nicht, dass die Behör­de in Bie­le­feld die Ermitt­lun­gen gegen Kolleg:innen aus Müns­ter auf­nimmt. Sei­ne ers­te Idee: Eine Behör­de, die deutsch­land­weit agiert. Das Per­so­nal bestün­de zur Hälf­te aus Polizist:innen und zur Hälf­te aus Wissenschaftler:innen. Wenn dann zum Bei­spiel ein Chat in Müns­ter auf­taucht, wür­den Leu­te aus ande­ren Bun­des­län­dern ent­sandt, um zu ermit­teln. Sei­ne zwei­te Idee: Eine gänz­lich von der Poli­zei los­ge­lös­te Insti­tu­ti­on, wie es sie zum Bei­spiel in Eng­land und Wales gibt.

Außer­dem eine unab­hän­gi­ge Anlauf­stel­le für Polizist:innen und auch für Bürger:innen außer­halb der Poli­zei, zum Bei­spiel unab­hän­gi­ge Poli­zei­be­auf­trag­te. In Nord­rhein-West­fa­len soll es laut Spre­che­rin des Innen­mi­nis­te­ri­ums in Zukunft so eine Stel­le geben. Das hält Micha­el Labetz­ke für sinn­voll. Wer dis­kri­mi­nie­ren­des Ver­hal­ten bei Kolleg:innen fest­stellt, habe Pro­ble­me damit, das auch anzu­spre­chen. Es gibt zwar Anlauf­stel­len, zum Bei­spiel den Per­so­nal­rat. Die sind aber alle Teil des Systems.

Bürger:innen haben in Nord­rhein-West­fa­len bis­her nur die Mög­lich­keit, sich bei poli­zei­in­ter­nen Stel­len zu beschwe­ren, zum Bei­spiel über die Inter­net­wa­che. Das Innen­mi­nis­te­ri­um ver­weist auf den Peti­ti­ons­aus­schuss, Staats­an­walt­schaft und Gericht als unab­hän­gi­ge Beschwerdestellen.

Die Poli­zei in Müns­ter beschäf­tigt sich laut Jan Scha­back­er momen­tan übri­gens inten­siv mit ihren Wer­ten. „Es ist nicht nur wich­tig, sie zu ver­in­ner­li­chen, son­dern auch, sie zu ver­tei­di­gen“, sagt er. Gera­de hat sie auch ihre Schu­lungs­maß­nah­men gegen Anti­se­mi­tis­mus und Ras­sis­mus erwei­tert. Die­se Dis­kus­si­on füh­re man sehr inten­siv, seit­dem der Chat der SEK-Beamt:innen ans Licht gekom­men ist.

Ah, ja. Was pas­siert denn nun mit ihnen? Wel­che Fol­gen das Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren für sie haben wird, ist noch nicht klar. Das Lan­des­amt für Aus­bil­dung, Fort­bil­dung und Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten ist für das Ver­fah­ren zustän­dig. Laut Spre­che­rin lau­ten die Anfangs­ver­dach­te: Ver­stoß gegen die Ver­fas­sungs­treue und die Wohl­ver­hal­tens­pflicht. Hen­ning Schul­te im Busch ord­net ein: Wenn die Beamt:innen wie­der im Dienst sind, spricht das dafür, dass die Äuße­run­gen im Straf­ver­fah­ren als nicht so gra­vie­rend ein­ge­stuft wur­den. Er schätzt, dass eine tat­säch­li­che Ent­fer­nung aus dem Dienst unwahr­schein­lich ist. Jan Scha­back­er sagt: Das kann man nicht pau­schal aus­schlie­ßen. Klar ist jeden­falls, dass sie nicht mehr im Spe­zi­al­ein­satz­kom­man­do arbei­ten. (sst)

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Preußen-Tickets werden teurer

Mor­gen beginnt für Preu­ßen Müns­ter die neue Sai­son. Und nach dem Auf­stieg ist es gekom­men, wie es wohl kom­men muss­te: Die Tickets wer­den zum Sai­son­start teu­er. Hier sind die Ant­wor­ten auf die wich­tigs­ten Fra­gen, zusam­men­ge­stellt von unse­rem Prak­ti­kan­ten Eli­ja Winkler. 

Wie viel kosten die Karten denn jetzt?

Ein Steh­platz in der Kur­ve kos­tet pro Spiel nun 13 Euro, der Preis für die ent­spre­chen­de Dau­er­kar­te steigt auf 225 Euro (für 19 Spie­le). Die Sitz­platz­dau­er­kar­te ist für 470 Euro zu haben, der Ein­zel­preis steigt auf 27 Euro. So zumin­dest die Startpreise. 

Wie waren die Preise vorher?

Für eine Steh­platz­kar­te zahl­te man in der ver­gan­ge­nen Sai­son 11 Euro, für die Sitz­platz­kar­te 23 Euro.

Ziehen die Preise stark an?

Der Preis­an­stieg von 2 Euro für den Steh­platz wirkt nicht dras­tisch, 4 Euro Auf­schlag auf den Sitz­platz schon eher. Ins­ge­samt bewe­ge sich Preu­ßen Müns­ter mit sei­nen Ticket­prei­sen im unte­ren Mit­tel­be­reich, schreibt der Ver­ein in sei­ner Pres­se­mit­tei­lung. Das Fan­ma­ga­zin „100prozentmeinscp“ gibt die­se Ver­si­on wie­der: „Steh­platz-Tages­kar­ten waren bei­spiels­wei­se zuletzt bei RW Essen oder Ingol­stadt für 12 Euro zu haben. In Aue kos­tet so eine Kar­te 14 Euro.“ 

Aber man muss dif­fe­ren­zie­ren: Die Prei­se der Kur­ven-Steh­plät­ze fal­len nicht aus der Rei­he. Davon hat das Sta­di­on jedoch auch 7.500 Stück. Die Steh­plät­ze in der Gegen­ge­ra­den mit Über­da­chung kos­ten bei 4.500 Plät­zen schon 15 Euro. Der Knack­punkt sind die Sitz­plät­ze: Im Dau­er­kar­ten-Ver­gleich mit allen DFB-Ver­ei­nen haben die Preu­ßen die teu­ers­ten Sitz­platz­kar­ten der Dritt­li­gis­ten. Sie kos­ten genau 24,74 Euro pro Spiel. Das liegt vor allem dar­an, dass die­se Plät­ze in Müns­ter knapp sind. Davon gibt es nur etwa 3.000, so weni­ge wie in kei­nem ande­ren Sta­di­on der Liga. Man kann die Prei­se aller­dings nur ein­ge­schränkt ver­glei­chen; manch­mal sind die Tickets güns­ti­ger, aber dafür ist dort auch die Sicht schlechter. 

Was ist noch neu?

Dass die Ticket­prei­se sich erhö­hen, ist erst ein­mal kei­ne gro­ße Über­ra­schung. Inter­es­sant ist aller­dings, dass der Ver­ein nun das soge­nann­te „Dyna­mic Pri­cing“ einführt. 

Was genau bedeutet das? 

Der Preis für Ein­zel­ti­ckets passt sich der Nach­fra­ge an. Wer früh dran ist, könn­te das Der­by gegen Armi­nia Bie­le­feld noch zum Start­preis von 13 Euro buchen. Wer sich erst kurz­fris­tig für den Besuch ent­schei­det, zahlt unter Umstän­den drauf. Spie­le mit ungüns­ti­gen Anstoß­zei­ten oder unat­trak­ti­ve­ren Geg­nern blei­ben ver­mut­lich günstig.

Und weil das Wort Fahnenstange hier noch gar nicht im Text steht: Ist das das Ende der Fahnenstange? 

Kann sein, kann aber auch nicht sein. Das dyna­mi­sche Preis­mo­dell beschränkt sich nicht nur auf die Umstän­de rund um die jewei­li­ge Ver­an­stal­tung. Je nach­dem, wel­che Web­sites Sie besucht haben, wo Sie sich befin­den und wel­ches Betriebs­sys­tem Sie nut­zen, lässt sich abschät­zen, wie viel Sie zah­len würden. 

Das wäre legal?

Laut Daten­schutz­grund­ver­ord­nung ja. Wohin die­ses Geschäfts­mo­dell füh­ren kann, zeigt das Bei­spiel Bey­on­cé: Fans zah­len 70 bis 500 Euro für die Mög­lich­keit, die Sän­ge­rin live zu sehen. 

Und warum überhaupt die Preiserhöhung?

Den Preis­an­stieg begrün­det die Geschäfts­füh­rung mit den gestie­ge­nen Kos­ten. Neben Per­so­nal, Mate­ri­al, der Rasen­hei­zung und den Spie­ler­li­zen­zen für die drit­te Liga sei auch im Fuß­ball alles teu­rer gewor­den. Zusam­men mit Spon­so­rings wäre das Ticke­ting die wich­tigs­te Ein­nah­me­quel­le eines Ver­eins wie Preu­ßen Münster.

Gibt es Alternativen?

Ver­ei­ne mit „sozia­ler Ader” oder zumin­dest güns­ti­ge­ren Tickets gibt es. Jedoch setzt sich der Preis meist aus einer Kom­bi­na­ti­on aus Kapa­zi­tät des Sta­di­ons und den rest­li­chen Finan­zen des Ver­eins zusam­men. Solan­ge der Umbau des Sta­di­ons nicht abge­schlos­sen ist, wird der Fuß­ball­ver­ein die feh­len­den Ein­nah­men über sei­ne Ticket­prei­se einholen.

Falls Sie dar­über nach­den­ken, mor­gen ins Sta­di­on zu gehen: Die Preu­ßen spie­len gegen Borus­sia Dort­mund II. Um 14 Uhr ist Anpfiff. Den Spiel­plan für die kom­men­den Wochen fin­den Sie hier. Und wenn Sie sich etwas ein­stim­men möch­ten: Das Sport­ma­ga­zin Kicker hat sich die Mann­schaft der Preu­ßen vor der Sai­son genau ange­se­hen und gibt eine Ein­schät­zung dazu, was zu erwar­ten ist. Tenor: Dass die Mann­schaft gleich noch mal auf­steigt, ist unwahr­schein­lich. Aber eine gute Plat­zie­rung wäre schon drin. (ewi, rhe)

Grüße aus dem Urlaub 

Wenn die­ses Foto nicht zum Tag­träu­men ein­lädt: Ewa Bäu­mer war am Atlan­tik unter­wegs. Und zwar in  Car­cans, einer fran­zö­si­schen Gemein­de in der Nähe von Bor­deaux. Falls Sie uns auch noch Som­mer­grü­ße zuschi­cken möch­ten, freu­en wir uns über eine Nach­richt an redaktion@rums.ms.

Klima-Update

+++ Die Uni Müns­ter erstellt ein Pop-up-Muse­um zum The­ma „Mathe­ma­tik der Kli­ma­kri­se“. Vom 8. August bis zum 14. Janu­ar ist es Teil der Aus­stel­lung „Das Kli­ma“ im Natur­kun­de­mu­se­um. Um die Kli­ma­kri­se und ihre Aus­wir­kun­gen zu ver­ste­hen, braucht es mathe­ma­ti­sche Model­le. Die sind zum Bei­spiel not­wen­dig, um Zukunfts­sze­na­ri­en zu erstel­len. (ewi)

+++ Das Umwelt­bun­des­amt hat zusam­men mit dem Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­um eine neue Stu­die ver­öf­fent­licht. Dem­nach wünscht sich eine Mehr­heit mehr Kli­ma­schutz. Wenn man aber genau­er hin­sieht, hal­ten nur knapp 60 Pro­zent die Kli­ma­kri­se für ein wich­ti­ges The­ma. Höher bewer­ten sie die Bil­dungs- und Gesund­heits­po­li­tik sowie sozia­le Gerech­tig­keit und die Abwehr von Krieg und Ter­ro­ris­mus. Trotz­dem fin­den die meis­ten Teil­neh­men­den, dass Kli­ma­schutz grund­sätz­lich in Über­le­gun­gen zu poli­ti­schen The­men ein­be­zo­gen wer­den soll­te. Was beson­ders wich­tig ist: Das gan­ze soll sozi­al­ver­träg­lich gesche­hen. Drei Vier­tel befürch­ten, dass sich das sozia­le Ungleich­ge­wicht in Zukunft ver­stärkt. Wie man dem ent­ge­gen­wir­ken könn­te? Dirk Mess­ner, Prä­si­dent des Umwelt­bun­des­amts, schlägt eine CO2-Beprei­sung und als Aus­gleich soge­nann­tes Kli­ma­geld für ärme­re Men­schen vor. (ewi)

Anony­mer Briefkasten

Haben Sie eine Infor­ma­ti­on für uns, von der Sie den­ken, sie soll­te öffent­lich wer­den? Und möch­ten Sie, dass sich nicht zurück­ver­fol­gen lässt, woher die Infor­ma­ti­on stammt? Dann nut­zen Sie unse­ren anony­men Brief­kas­ten. Sie kön­nen uns über die­sen Weg auch anonym Fotos oder Doku­men­te schicken.

Ein-Satz-Zentrale

+++ Müns­ters Rasen­plät­ze sind wegen Regen bis Sonn­tag geschlos­sen. (Stadt Müns­ter)

+++ Ab Mon­tag wird in Müns­ter eine kaput­te Fern­wär­me­lei­tung am Breul ersetzt, damit der Ver­kehr wie­der flie­ßen kann. (Stadt­net­ze Müns­ter)

+++ Die Mat­hil­de-Anne­ke-Gesamt­schu­le ist nach vier Jah­ren Bau­zeit, zahl­lo­sen Ver­zö­ge­run­gen und schmerz­haf­ten Kos­ten­stei­ge­run­gen end­lich fer­tig. (Stadt Müns­ter)

+++ Trotz Krieg in der Ukrai­ne ver­kauft Agra­vis, wenn auch nach eige­nen Anga­ben sank­ti­ons­kon­form, wei­ter Fut­ter­mit­tel und Tier­me­di­zin in Russ­land. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Müns­ters Land­wirt­schafts­be­trie­be machen sich Sor­gen ums Getrei­de, weil es zu nass ist, um es zu ern­ten. (Anten­ne Müns­ter)

+++ In Müns­ter steigt die Zahl von bekann­ten Fäl­len, in denen das Wohl von Kin­dern gefähr­det ist. (Anten­ne Müns­ter)

+++ Der Ver­an­stal­ter der Ska­te­night kri­ti­siert die nach sei­ner Dar­stel­lung immer stren­ger wer­den­den Auf­la­gen der Stadt. (WDR)

+++ Die Rats­frak­ti­on der CDU trau­ert um den ehe­ma­li­gen Rats­her­ren Wal­ter Schulz, der im Alter von 93 Jah­ren gestor­ben ist. (CDU-Frak­ti­on)

+++ Müns­ters Ober­bür­ger­meis­ter besucht seit ges­tern die ukrai­ni­sche Soli­da­ri­täts­part­ner­stadt Win­nyz­ja. (Stadt Müns­ter)

+++ Nach 30 Jah­ren soll jetzt die Bahn­stre­cke Müns­ter-Lünen aus­ge­baut wer­den. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Müns­ters Ober­bür­ger­meis­ter sagt, es sei wich­tig, der AfD nicht so viel Beach­tung zu schen­ken. (Tages­schau)

+++ Das Hal­len­bad Mit­te in Müns­ter ist ab Mon­tag wie­der geöff­net, die übri­gen städ­ti­schen Bäder dann zum Ende der Frei­bad­sai­son. (Stadt Müns­ter)

Unbezahlte Werbung

Kom­men­de Woche wer­den die neu­en Erstklässler:innen ein­ge­schult. Und die brau­chen natür­lich ihre Erst­aus­stat­tung. Falls Ihnen noch etwas fehlt: Bei Isfort an der Berg­stra­ße gibt es eine gro­ße Aus­wahl an Hef­ten, Stif­ten und Mäpp­chen und eben­so Schul­ran­zen in allen mög­li­chen Far­ben. Das Geschäft hat zwar auch einen Online­shop, doch der Blick ins Schau­fens­ter lohnt sich sehr. 

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Heu­te hat Fabi­an Cohrs für Sie das Bes­te aus den Ver­an­stal­tungs­ka­len­dern herausgesucht. 

+++ Wir hat­ten es schon am Diens­tag im RUMS-Brief erwähnt, aber zur Sicher­heit noch ein­mal die Ein­la­dung: Kom­men Sie uns beim Ham­mer-Stra­ßen-Fest besu­chen. Damit es für die ange­hen­den RUMS-Abonnent:innen nicht lang­wei­lig wird, haben wir eine klei­ne Tom­bo­la vor­be­rei­tet. Gro­ße und klei­ne Kin­der dür­fen einen Car­toon von Ste­phan Rürup aus­ma­len und an einer Ver­lo­sung teil­neh­men. Zu gewin­nen gibt’s einen 10-Euro-Gut­schein von Mukk.

+++ Und schon ein­mal zum Vor­mer­ken: Am 17. August um 19 Uhr spricht RUMS-Mit­grün­der Marc-Ste­fan And­res über digi­ta­len, kon­struk­ti­ven und unab­hän­gi­gen Jour­na­lis­mus in Müns­ter. Orga­ni­siert wird die Ver­an­stal­tung vom Forum Soli­da­ri­sche Unter­neh­men Müns­ter­land. Sie fin­det in unse­ren Räu­men an der Neu­brü­cken­stra­ße 11 statt. 

+++ Das Spe­cops ist zurück. Die Kult­knei­pe hat­te den ers­ten Coro­na­lock­down lei­der nicht über­lebt, am Sams­tag öff­net das Spe­cops aber um 16 Uhr am Aegi­di­i­markt 5. Auf Insta­gram steht, war­um es sich lohnt, zur Wie­der­eröff­nung zu kom­men: Kuchen, Kicker, Tisch­ten­nis und 60 Liter Freibier.

+++ Der Ver­ein B-Side Kul­tur und Vamos ver­an­stal­ten am kom­men­den Diens­tag ab 18 Uhr eine ca. zwei­stün­di­ge geführ­te Fahr­rad­tour, die sich mit Wand­bil­dern in Müns­ters Stadt­bild beschäf­tigt. Am bes­ten mel­den Sie sich bis Mon­tag­abend an. Mehr Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie hier.

+++ Am Sonn­tag­nach­mit­tag fin­det am und im Fyal Cen­tral ein klei­ner Floh­markt statt. Zwi­schen 12 und 16 Uhr gibt es dann die Mög­lich­keit zwi­schen Klei­dung, Kera­mik, Pflan­zen, Plat­ten und Selbst­ge­mach­tem zu suchen und hin­ter­her viel­leicht noch einen Kaf­fee zu trin­ken. Mehr Infor­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie beim Insta­gram-Auf­tritt des Fyal.

+++ Mor­gen ab 16 Uhr lädt das Paul-Ger­hardt-Haus zum 40-jäh­ri­gen Jubi­lä­um und Som­mer­fest ein. Es wird ver­mut­lich das letz­te im jet­zi­gen Gebäu­de sein, also schau­en Sie sich dort doch mal um. Es wird zum Bei­spiel Impro­thea­ter und Live-Musik von loka­len Künstler:innen geben. Mehr Infor­ma­tio­nen bekom­men Sie auf der Web­site des Jugend­zen­trums.

Am Diens­tag schrei­be ich Ihnen wie­der. Ich wün­sche Ihnen ein schö­nes Wochenende! 

Herz­li­che Grü­ße
Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Fabi­an Cohrs (fco), Sebas­ti­an Fob­be (sfo), Jan Gro­ße Nobis (jgn), Sven­ja Stüh­mei­er (sst), Eli­ja Wink­ler (ewi)
Lek­to­rat: Lisa Mensing

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PS

Seit Soft­ware-Pro­gram­me mit­hil­fe von künst­li­cher Intel­li­genz alles Mög­li­che machen kön­nen, ist man ja zwi­schen­durch doch immer wie­der über­rascht. Ich war es zum Bei­spiel in der ver­gan­ge­nen Woche, als ich irgend­wo von einer Web­site las, auf der eine mit künst­li­cher Intel­li­genz aus­ge­stat­te­te Maschi­ne aus schwarz­wei­ßen Fotos Farb­bil­der macht. Über­rascht war ich dar­über, wie viel Zeit man auf so einer Web­site ver­brin­gen kann. Ich könn­te stun­den­lang alte Fotos dort durch­ja­gen. Und um ehr­lich zu sein, das habe ich auch getan. Viel­leicht nur ein Bei­spiel, um Ihnen einen Ein­druck davon zu geben, was ich mei­ne. Das hier ist eine alte Schwarz­weiß-Post­kar­te, die den Lud­ge­ri­platz vor 115 Jah­ren zeigt. Und das hier ist das Ergeb­nis, nach­dem die Maschi­ne sich um die Nach­ko­lo­rie­rung geküm­mert hat. Nicht per­fekt, aber auch gar nicht so schlecht, oder? Und falls Sie es selbst mal aus­pro­bie­ren möch­ten, die Web­site heißt Palette.fm. (rhe)