Die freie Kulturszene und das Geld | Verkehrskonzept der Wirtschaft | Lowinerei

Müns­ter, 15. Febru­ar 2022

Guten Tag,

wenn Sie schon ein­mal in Müns­ters Nor­den spa­zie­ren waren, dann ken­nen Sie viel­leicht die Sibe­l­i­us­stra­ße in Rum­phorst. Sie ist benannt nach dem fin­ni­schen Kom­po­nis­ten Jean Sibe­l­i­us, dem man sei­ner­zeit nach­sag­te, dass er sich lie­ber mit Geschäfts­leu­ten unter­hielt als mit ande­ren Kul­tur­schaf­fen­den. Dar­auf ange­spro­chen, soll Sibe­l­i­us den fol­gen­den Satz gesagt haben: „Über Musik kann man nur mit Bank­di­rek­to­ren reden. Künst­ler reden ja nur über Geld.“

Ob Finn­lands bekann­tes­ter Kom­po­nist die­sen Satz wirk­lich so gesagt hat, dar­über strei­ten sich die Zitatforscher:innen. Der wah­re Kern die­ser Anek­do­te lässt sich aber nicht von der Hand wei­sen; sie alle ken­nen ja das Kli­schee von der brot­lo­sen Kunst. „Um Geld ein­zu­trei­ben, müs­sen wir andau­ernd etwas tun, was uns als Musiker:innen am ferns­ten liegt: Excel­ta­bel­len füh­ren, Bilan­zen zie­hen, Anträ­ge schrei­ben“, sagt Lisa Brö­ker. Sie lei­tet zusam­men mit ihrem Mann, dem Diri­gen­ten Joa­chim Har­der, die Müns­te­ra­ner Mikro­phil­har­mo­nie Ein­klang.

Die Ein­klang-Phil­har­mo­nie gehört zur frei­en Musik­sze­ne in Müns­ter. Und die ist nun ins Visier der Debat­te um den Musik-Cam­pus gera­ten; in der Beschluss­vor­la­ge wird sie regel­recht umgarnt: Für den Bau sind bei­spiels­wei­se neue Pro­be­räu­me auf fast 700 Qua­drat­me­tern ange­dacht, und auf gar kei­nen Fall soll das mil­lio­nen­schwe­re Pro­jekt auf Kos­ten der frei­en Musik­för­de­rung gehen. Mehr noch, es soll ein neu­es För­der­kon­zept her, an dem Expert:innen und die freie Sze­ne gemein­sam arbei­ten sollen.

Das Kal­kül hin­ter die­sen Ange­bo­ten ist klar: Die Befürworter:innen des Musik-Cam­pus wol­len die freie Sze­ne für sich gewin­nen. Denn immer wie­der waren zwei­feln­de Stim­men zu hören: Wie soll die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den drei Anker­nut­zern des Musik-Cam­pus (Musik­schu­le, Musik­hoch­schu­le, Sin­fo­nie­or­ches­ter) und der frei­en Sze­ne aus­se­hen? Und – jetzt wären wir wie­der beim Geld – was bleibt von der Musik­för­de­rung übrig, wenn sich die Stadt Müns­ter Dau­er­kos­ten von knapp fünf Mil­lio­nen Euro ans Bein bindet?

Die Kulturförderung

Bevor wir dar­auf genau­er ein­ge­hen, spu­len wir erst ein­mal zurück und fan­gen bei der Kul­tur­för­de­rung an. Wer sich dar­über einen Über­blick ver­schaf­fen will, fin­det dazu zwei Quel­len bei der Stadt: zum einen eine Lis­te mit bezu­schuss­ten Ein­rich­tun­gen und Ver­ei­ne im Haus­halts­plan, zum ande­ren ein­zel­ne Pro­jek­te, die auf Antrag geför­dert werden.

Laut Haus­halts­plan zahlt die Stadt in die­sem Jahr Kul­tur­zu­schüs­se in Höhe von drei Mil­lio­nen Euro. Im Ver­gleich zur Gesamt­sum­me von 155 Mil­lio­nen Euro der Zuschüs­se ist das ein klei­ner Pos­ten. Das Gros, näm­lich 135 Mil­lio­nen Euro, geht an die Kin­der-, Jugend- und Familienhilfe.

Schau­en wir uns Kul­tur und Wis­sen­schaft in der Nah­auf­nah­me an, sehen wir, dass auch hier die Zuschüs­se ungleich ver­teilt sind. 2021 beka­men etwa die Freun­de der fran­zö­si­schen Kul­tur den kleins­ten Zuschuss: 380 Euro. Anders das Pum­pen­haus, dem die Stadt für den Pro­be- und Nor­mal­be­trieb sowie für das Fes­ti­val Flur­stü­cke gleich drei Zuschüs­se gewähr­te. Macht in Sum­me etwa eine hal­be Mil­li­on Euro. Zum Ver­gleich: Das städ­ti­sche Thea­ter bekommt pro Jahr 23 Mil­lio­nen Euro. 

In Sachen Musik machen die vier Stadt­teil­mu­sik­schu­len in Roxel, Wol­beck, Nien­ber­ge und Albach­ten den größ­ten Pos­ten aus. Ihnen über­wies die Stadt letz­tes Jahr zusam­men­ge­rech­net mehr als 800.000 Euro. Die übri­gen Pos­ten fal­len eher klein aus: Der Musik­wett­be­werb „Jugend musi­ziert Müns­ter­land“ bekam 4.550 Euro, das Band­pro­be­zen­trum Zukunfts­mu­sik am Hawerk­amp 13.960 Euro.

Kom­men wir aber jetzt zur Pro­jekt­för­de­rung, die für die freie Sze­ne ent­schei­dend ist. Über die ein­zel­nen För­de­run­gen ent­schei­det das Kul­tur­amt, wenn die Künstler:innen einen Antrag für ihre Pro­jek­te gestellt haben. Die neu­es­ten Zah­len stam­men aus dem Jahr 2020. Danach hat die Stadt Müns­ter für die Musik­för­de­rung in der frei­en Sze­ne rund 62.500 Euro ausgegeben.

Ein Grundsatzproblem

Das Pro­blem dabei ist: Die meis­ten Pro­jekt­för­de­run­gen sind auf ein Jahr befris­tet – und damit sind wir wie­der bei Lisa Brö­ker und Joa­chim Har­der von Ein­klang: „Wir wis­sen nie genau, ob es uns im nächs­ten Jahr noch gibt“, sagen sie. Eine Basis­för­de­rung von der Kom­mu­ne wäre für sie hilf­reich, um mit­tel­fris­tig pla­nen zu können.

Lisa Brö­ker und Joa­chim Har­der ver­ste­hen, dass auch das Pro­ble­me mit sich brin­gen wür­de. Eine dau­er­haf­te För­de­rung in der frei­en Sze­ne wäre vor allem für die Eta­blier­ten güns­tig. Wer neu dazu­kommt, hät­te es schwe­rer, einen Fuß in die Tür zu bekom­men. Das sei ohne­hin schon schwie­rig, erläu­tern Har­der und Brö­ker: „In der frei­en Sze­ne muss man Erfol­ge vor­wei­sen, damit man geför­dert wird. Wir haben nach der Grün­dung 2011 des­halb erst ein­mal ohne Gagen gespielt.“

Eine ähn­li­che Erfah­rung hat auch Chris­tia­ne Hage­dorn gemacht. Die stu­dier­te Schau­spie­le­rin ist seit rund zehn Jah­ren als frei­schaf­fen­de Künst­le­rin in Müns­ters Musik- und Thea­ter­sze­ne unter­wegs. „Damals habe ich mich noch gar nicht getraut, einen För­der­an­trag bei der Stadt zu stel­len“, sagt sie. Was sie abschreck­te, war die Angst, die För­der­richt­li­ni­en nicht zu erfül­len oder in der Mas­se der gestell­ten Anträ­ge unterzugehen.

Doch inzwi­schen hat sich ihr Ver­hält­nis zur Kul­tur­för­der­bü­ro­kra­tie geän­dert. Kolleg:innen aus der frei­en Sze­ne ermun­ter­ten sie, es trotz aller Beden­ken zu pro­bie­ren. Jetzt, wo es mit den Anträ­gen klappt, mache sie sich die Mühe ger­ne, sagt sie. Zudem habe sie vom Land Nord­rhein-West­fa­len und der Stadt Müns­ter drei För­der­sti­pen­di­en erhal­ten, mit denen sie län­ger­fris­tig an ihren künst­le­ri­schen Kon­zep­ten arbei­ten kön­ne. Ein Luxus, denn kon­zep­tio­nel­les Arbei­ten ist nicht so ein­fach mög­lich, wenn freie Kul­tur­schaf­fen­de auf finan­zi­ell wack­li­gen Stüh­len sitzen.

Vom Geld hängt nicht alles ab

Chris­tia­ne Hage­dorn hat außer­dem einen wei­te­ren Vor­teil: Die meis­ten ihrer Pro­jek­te rea­li­siert sie mit zwei Kol­le­gen in der For­ma­ti­on Con­jak. „Da kann ich auch mal im Wohn­zim­mer pro­ben“, sagt sie. Anders ist es bei Orches­tern, Bands oder Phil­har­mo­nien. Für sie ist es schwie­ri­ger, einen geeig­ne­ten Pro­be­raum zu fin­den. Es sei denn, man ist gut ver­netzt, wie Lisa Brö­ker berich­tet: „Wir müs­sen schon all unse­ren Charme und unse­re Bezie­hun­gen spie­len las­sen, um geeig­ne­te Pro­be­räu­me zu fin­den.“ Geeig­net heißt in die­sem Kon­text vie­les: genug Platz für alle Musiker:innen, gute Akus­tik und eine gerin­ge oder bes­ten­falls kei­ne Miete.

Für Bands, die in der Pop- oder Rock­mu­sik zu Hau­se sind, gestal­tet sich die Suche nach einem Pro­be­raum schwie­ri­ger. Hen­drik Strat­mann von Müns­ter­band­netz sagt, dass gera­de eine Situa­tions- und Bedarfs­ana­ly­se im Gan­ge sei, aber so viel kön­ne er schon jetzt ver­ra­ten: „Gute Pro­be­räu­me sind Mangelware.“ 

Der Zustand der Pro­be­räu­me in der ein­gangs erwähn­ten Zukunfts­mu­sik sei ganz okay, die kom­mer­zi­el­len Pro­be­räu­me am alten Güter­bahn­hof sähen wie­der ganz anders aus: „In den einen Pro­be­räu­men ist es warm und tro­cken, in den ande­ren kalt und feucht“, sagt Strat­mann. Trotz­dem sei­en die Räu­me dort zum Teil dop­pelt und drei­fach belegt. „Vie­le Bands suchen ewig. Die den­ken sich irgend­wann: Alles ist bes­ser als gar nichts.“

Wo wir gera­de bei Bands sind: Eine dau­er­haf­te För­de­rung der Stadt gibt es nicht. Bands kön­nen für ein­zel­ne Auf­trit­te eine För­de­rung beim Kul­tur­amt bean­tra­gen – ob dar­aus etwas wird, steht aber auf einem ande­ren Blatt. Im Jahr 2020 fand zum ers­ten und ein­zi­gen Mal ein För­der­wett­be­werb für Bands statt, die CDs oder Musik­vi­de­os pro­du­zie­ren woll­ten. Seit­dem war­tet die Sze­ne aller­dings auf eine Neu­auf­la­ge. Die liegt coro­nabe­dingt auf Eis.

Der Musik-Campus lässt Fragen offen

Für das Platz­pro­blem gäbe es aber immer­hin theo­re­tisch eine Lösung: Wie gesagt, im Musik-Cam­pus sind Pro­be­or­te ein­ge­plant. Dass sich das prak­tisch umset­zen lie­ße, dar­an hat Hen­drik Strat­mann von Müns­ter­band­netz aller­dings sei­ne Zwei­fel: „Die roman­ti­sche Vor­stel­lung, die Hea­vy-Metal-Band leiht sich neben­an schnell eine Gei­ge vom Sin­fo­nie­or­ches­ter, tei­len wir nicht“, sagt er.

Dar­über hin­aus stellt sich noch eine Fra­ge: Für wen sind die­se Pro­be­räu­me eigent­lich gedacht? In der Beschluss­vor­la­ge ist die Rede von „Frei­en Musikakteur:innen in Müns­ter“ – dem Ver­ein Mono­kul­tur, der die freie pro­fes­sio­nel­le Sze­ne ver­tritt, ist die­se For­mu­lie­rung zu vage: „Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass alle Musiker:innen der Stadt, die nicht zu den drei Anker­nut­zern gezählt wer­den, damit gemeint sind und sich die­se Pro­be- und Lager­räu­me tei­len müs­sen“, schreibt Mono­kul­tur auf Anfra­ge. Dadurch wür­den freie pro­fes­sio­nel­le Musiker:innen, die von ihrer Kunst leben, mit Amateurmusiker:innen um die Räu­me im Musik-Cam­pus konkurrieren.

Hin­zu kom­men ganz prak­ti­sche Details: Wie hoch soll die Mie­te sein? Kön­nen sich die frei­en Musiker:innen das leis­ten? Wann kann geprobt wer­den und wie lan­ge? Was pas­siert mit ande­ren Pro­be­or­ten der frei­en Sze­ne, die saniert wer­den müs­sen, zum Bei­spiel dem Hop­pen­gar­ten? Und immer wie­der die Fra­ge: Wie viel Geld bleibt für die För­de­rung der frei­en Sze­ne übrig, wenn der Musik-Cam­pus steht?

Einen Teil der Ant­wor­ten soll ein neu­es Musik­för­der­kon­zept lie­fern, über das Con­stan­ze Busch im RUMS-Brief vom 7. Janu­ar schon ein­mal berich­tet hat. Die­ses hat­te Mono­kul­tur erar­bei­tet und mit den Rats­frak­tio­nen bespro­chen. In Kür­ze soll eine aktua­li­sier­te Ver­si­on des Kon­zepts erschei­nen. Aus­bau­po­ten­zi­al sieht Mono­kul­tur in der finan­zi­el­len För­de­rung ein­zel­ner Pro­jek­ten, aber auch von Rei­hen und Fes­ti­vals in der frei­en Szene.

Mono­kul­tur sieht aber nicht nur beim Geld Luft nach oben. Was bis­lang feh­le, sei ein schlüs­si­ges Bewirt­schaf­tungs­kon­zept, das allen Musik-Campus-Nutzer:innen gerecht wird. Dabei geht es um sehr kon­kre­te Fra­gen: Wer darf wann was ver­an­stal­ten und unter wel­chen Bedin­gun­gen? An wen wer­den gemein­sa­me Pro­be- und Konz­erträu­me ver­ge­ben und nach wel­chen Kri­te­ri­en? Per­spek­ti­visch soll­te nach Vor­stel­lun­gen von Mono­kul­tur eine gemein­sa­me Wer­be- und Ver­mark­tungs­stra­te­gie ent­ste­hen, die alle vier Akteur:innen am Musik-Cam­pus gemein­sam tragen.

Die wich­tigs­te Vor­aus­set­zung dafür ist Augen­hö­he. Und die for­dert die freie Sze­ne ein. In einer gemein­sa­men Arbeits­grup­pe sitzt Mono­kul­tur mit Vertreter:innen von Musik­hoch­schu­le, Musik­schu­le und Sin­fo­nie­or­ches­ter an einem Tisch, um eige­ne Ideen für den Musik-Cam­pus ein­zu­brin­gen. Immer­hin ist dabei schon ein Teil­erfolg gelun­gen: Die freie Sze­ne hat ein Musik­la­bor durch­ge­setzt, das als mul­ti­me­dia­ler Pro­be- und Auf­füh­rungs­raum die­nen soll. Nun hofft sie, dass es mit dem kon­struk­ti­ven Dia­log so weitergeht.

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In aller Kürze

+++ Der För­der­ver­ein der Musik­schu­le hat 3.000 Unter­schrif­ten für den Musik-Cam­pus gesam­melt. Das schrie­ben wir im RUMS-Brief am Frei­tag. Wenn Sie sich einen Ein­druck von den über 800 Kom­men­ta­ren machen möch­ten, hier fin­den Sie das Ergeb­nis der Online-Peti­ti­on. Dazu ein paar Zah­len: 2.360 der 3.240 Unterzeichner:innen geben an, dass sie aus Müns­ter stam­men. Das bedeu­tet, dass knapp 30 Pro­zent der Teil­neh­men­den von außer­halb kommen.

+++ Die Indus­trie- und Han­dels­kam­mer hat am Mon­tag einen mit meh­re­ren Wirt­schafts­ver­bän­den abge­stimm­ten Vor­schlag zur Ver­kehrs­po­li­tik vor­ge­stellt. In dem 16-sei­ti­gen Papier mit dem Titel „Nach­hal­ti­ge Mobi­li­tät in der Stadt­re­gi­on Müns­ter“ gibt die Kam­mer eine Ein­schät­zung der Pro­ble­me (pen­deln­de Men­schen, Ein­kaufs­ver­kehr) und schlägt kurz-, mit­tel- sowie lang­fris­ti­ge Lösun­gen vor. Die Vor­schlä­ge sind im Wesent­li­chen bekannt, Ziel des Papiers soll laut Kam­mer jedoch vor allem sein, eine Basis für Gesprä­che mit Poli­tik und Ver­wal­tung zu schaf­fen. Aus der Poli­tik kamen posi­ti­ve Signa­le zurück. Cars­ten Peters, ver­kehrs­po­li­ti­scher Spre­cher der Grü­nen-Frak­ti­on, sieht „vie­le rich­ti­ge Zustands­be­schrei­bun­gen“ und „vie­le inhalt­li­che Über­schnei­dun­gen“ zu einem Antrag des Rat­haus­bünd­nis­ses zur Stär­kung des Nah­ver­kehrs. Grü­nen-Frak­ti­ons­spre­che­rin Syl­via Rie­ten­berg teil­te mit, trotz eini­ger Dif­fe­ren­zen bei den Prio­ri­tä­ten und der Finan­zie­rung neh­me man das Gesprächs­an­ge­bot ger­ne an. 

+++ Im Miss­brauchs­kom­plex Müns­ter ist ein wei­te­res Urteil gespro­chen wor­den, mel­det die Deut­sche Pres­se­agen­tur, hier zu lesen bei den West­fä­li­schen Nach­rich­ten: Ein 25-jäh­ri­ger Deut­scher wur­de in Öster­reich wegen schwe­ren sexu­el­len Miss­brauchs von sie­ben Kin­dern zu zehn Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Zum Teil soll er die Taten mit sei­nem ehe­ma­li­gen Lebens­ge­fähr­ten gemein­sam began­gen haben. Die­ser wur­de bereits im Janu­ar zu 15 Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Bei­de Urtei­le sind noch nicht rechts­kräf­tig. Den bei­den ver­ur­teil­ten Män­ner kamen die Ermittler:innen auf die Spur, nach­dem beim Haupt­tä­ter in Müns­ter Video­ma­te­ri­al gesi­chert wor­den war, auf dem auch sie zu sehen waren. Bis­lang konn­te die Poli­zei mehr als 30 Opfer fin­den und über 50 Ver­däch­ti­ge aus­fin­dig machen.

Engagement in Münster: Unsere Interviews aus der RUMS-Hütte zum Nachlesen

#7 Kei­nen Meter den Nazis

Heu­te schal­ten wir das sieb­te Inter­view aus unse­rer Rei­he „Enga­ge­ment in Müns­ter“ für Sie frei. Unse­re Mit­ar­bei­te­rin Ali­na Köl­ler hat mit Cars­ten Peters von „Kei­nen Meter den Nazis“ über die Arbeit und die Zie­le des Bünd­nis­ses in Müns­ter gespro­chen, und über die aktu­el­len Coro­­na-Demons­­tra­­tio­­nen. Das Inter­view fin­den Sie hier.

Im Rah­men unse­rer Mar­ke­ting­ak­tio­nen auf dem Weih­nachts­markt in Müns­ter haben wir Men­schen vor­ge­stellt, die sich in der Stadt enga­gie­ren. Lei­der konn­ten wir die Gesprä­che wegen der Coro­­na-Beschrän­­kun­­gen nicht vor Publi­kum füh­ren. Aber wir haben sie für Sie auf­ge­nom­men und ver­öf­fent­li­chen sie nun nach und nach in gekürz­ter Ver­si­on als schrift­li­che Inter­views. Die bis­her erschie­ne­nen (#1 Haus der Woh­nungs­lo­sen­hil­fe, #2 Müns­­ter-Tafel, #3 Anti Rost Müns­ter, #4 Haus Tho­mas, #5 Ein Ruck­sack voll Hoff­nung und #6 See­brü­cke Müns­ter) fin­den Sie auf die­ser Sei­te. Das ach­te Inter­view aus unse­rer Rei­he bekom­men Sie nächs­te Woche von uns. Wir ver­lin­ken es dann wie­der an die­ser Stel­le für Sie.

Korrekturen und Ergänzungen

Im RUMS-Brief am Frei­tag haben wir eine Infor­ma­ti­on über den Zustand in der Zen­tra­len Unter­brin­gungs­ein­rich­tung für Geflüch­te­te dem Bünd­nis See­brü­cke zuge­ord­net. Tat­säch­lich stamm­te sie aus einer Pres­se­mit­tei­lung des Bünd­nis­ses gegen Abschie­bun­gen. Wir haben das korrigiert. 

Post von Leser:innen

Wir haben Post bekom­men. Einen offe­nen Brief an Ruprecht Polenz, der in sei­ner Kolum­ne am Sonn­tag über den Musik-Cam­pus geschrie­ben hat­te. Unter­zeich­net haben den Brief der frü­he­re Volks­hoch­schul­di­rek­tor und Schul­amts­lei­ter Hans Gum­mers­bach, der frü­he­re Uni-Kanz­ler Klaus Ander­brüg­ge, der frü­he­re Pro­vin­zi­al-Chef Hei­ko Wink­ler und der frü­he­re Grü­nen-Frak­ti­ons­chef Hery Klas. Sie schrei­ben, ja, Müns­ter brau­che „drin­gend neue und zukunfts­ori­en­tier­te Räu­me für Kul­tur, Musik, Bil­dung und Begeg­nung“. Aber das mono­the­ma­tisch auf die Musik fokus­sier­te Kon­zept sei aus der Zeit gefal­len. Es gebe eine viel bes­se­re Lösung: einen neu­en, offe­nen mul­ti­funk­tio­na­len Ort für Kul­tur und Bil­dung mit einem moder­nen Kon­zert­raum am Hörs­ter Park­platz. Sie rufen die Ver­wal­tung dazu auf, ihre Beschluss­vor­la­ge zurück­zu­zie­hen, um „im Ein­ver­neh­men mit dem Rat den Weg für einen Neu­start der Über­le­gun­gen“ frei­zu­ma­chen. Den kom­plet­ten offe­nen Brief fin­den Sie hier.

Corona-Update

+++ In Nord­rhein-West­fa­len soll eine groß ange­leg­te Stu­die über die gesund­heit­li­chen und psy­cho­so­zia­len Fol­gen einer aus­ku­rier­ten Coro­na­in­fek­ti­on statt­fin­den, wie die Pres­se­stel­le der Uni­ver­si­tät zu Köln. 2.000 Men­schen in unter­schied­li­chen Städ­ten des Lan­des, dar­un­ter auch Müns­ter, sol­len drei Jah­re lang beob­ach­tet wer­den. Die Stu­die soll die psy­chi­schen und kör­per­li­chen Lang­zeit­fol­gen einer über­stan­de­nen Covid-19-Erkran­kung schnel­ler erkenn­bar machen. Dafür steht den Teil­neh­men­den eine soge­nann­te Post-Covid-Ambu­lanz zur Ver­fü­gung. Die Stu­di­en­lei­tung an der Uni­kli­nik Köln erhofft sich von der Stu­die, die Coro­na-Spät­fol­gen bes­ser in den Griff zu bekom­men und dar­aus Vor­be­rei­tun­gen für künf­ti­ge Pan­de­mien ablei­ten zu kön­nen. Das Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­um in NRW för­dert die Stu­die mit 4,6 Mil­lio­nen Euro.

+++ Die Stadt Müns­ter mel­det heu­te Mit­tag 718 neue Infek­tio­nen mit dem Coro­na­vi­rus. Damit gel­ten der­zeit 6.906 Münsteraner:innen als infi­ziert. 64 Patient:innen wer­den im Kran­ken­haus behan­delt, vier auf der Inten­siv­sta­ti­on und zwei davon wer­den beatmet. Für Müns­ter mel­det das Robert-Koch-Insti­tut eine Wochen­in­zi­denz von 1.322 Coro­na-Infek­tio­nen pro 100.000 Einwohner:innen in den letz­ten sie­ben Tagen.

+++ Lei­der sind vier Münsteraner:innen seit dem Wochen­en­de an Covid-19 gestor­ben. Bei den Ver­stor­be­nen han­delt es sich um zwei Frau­en (bei­de 86) und zwei Män­ner (62 und 101). Ins­ge­samt sind seit Beginn der Pan­de­mie im März 2020 165 Münsteraner:innen im Zusam­men­hang mit Coro­na verstorben.

Unbezahlte Werbung

Auf­ge­wach­sen bin ich in einem klei­nen rhein­land-pfäl­zi­schen Dorf bei Koblenz und damit in einem der größ­ten Wein­an­bau­ge­bie­te Deutsch­lands. Jah­re­lang habe ich in Müns­ter nach einem Ort gesucht, an dem man rich­tig guten Wein trin­ken kann – und den habe ich jetzt end­lich in der Fin­ken­stra­ße im Kreuz­vier­tel gefun­den: Die Lowi­ne­rei (Lowi­ne ist übri­gens auf Mase­mat­te das Wort für Bier) ist eine moder­ne Wein­bar im denk­mal­ge­schütz­ten Gemäu­er mit sehr freund­li­chem und fach­kun­di­gem Per­so­nal, das Ihnen ger­ne durch die gut sor­tier­te Wein­kar­te hilft. Die Pfäl­zer Haus­wei­ne habe ich für Sie schon ein­mal pro­biert und kann Ihnen ver­si­chern: Sie schme­cken genau­so gut wie zu Hau­se. Auch Wein­muf­fel kom­men in der Lowi­ne­rei auf ihre Kos­ten, denn neben Mer­lot, Sau­vi­gnon Blanc und Grau­bur­gun­der ser­viert das gemüt­li­che Lokal auch Bier, Sas­se Lager­korn und alko­hol­freie Geträn­ke. Und machen Sie sich bloß kei­ne Sor­gen, Ihnen könn­te vor lau­ter guten Wei­nen das Bar­geld aus­ge­hen: In der Lowi­ne­rei zah­len Sie ganz modern und coro­na­kon­form mit EC-Karte.

Drinnen und Draußen 

Die heu­ti­gen Emp­feh­lun­gen haben zwei Kol­le­gin­nen für Sie her­aus­ge­sucht: Die ers­ten bei­den Tipps hat Johan­ne Burk­hardt für Sie recher­chiert, Tipp Num­mer 3 kommt von Eva Strehlke:

+++ Bekom­men Sie vom anhal­ten­den Grau auch Son­nen­sehn­sucht und Fern­weh? Die könn­ten Sie am Frei­tag auf einer klei­nen Traum­rei­se nach Bor­neo stil­len. Der Autor Ste­fan Zies­mann berich­tet im All­wet­ter­zoo von sei­ner Expe­di­ti­on durch den malai­ischen Teil der Tro­pen­in­sel und zeigt, war­um der tro­pi­sche Regen­wald ein so schüt­zens­wer­ter Lebens­raum ist. Der Vor­trag star­tet um 19 Uhr. Ein­tritt: drei Euro – am bes­ten, Sie sind etwas frü­her am Haupteingang.

+++ Ich hat­te ein­mal ein Video­spiel, das den Spieler:innen ver­mit­teln soll, wie es sich anfühlt, kli­nisch depres­siv zu sein. Das mag jetzt nicht über­ra­schen: Spaß hat es kei­nen gemacht. Trotz­dem ver­mit­teln sol­che Spie­le, Fil­me und Bücher ein Ver­ständ­nis für die­se Erkran­kung und bre­chen mit dem Tabu, das eigent­lich keins sein soll­te. Ein bekann­tes Bei­spiel, das gleich­zei­tig sogar unter­hal­tend sein soll, ist die Erzäh­lung Der Pla­net Tril­laphon im Ver­hält­nis zur üblen Sache von David Fos­ter Wal­lace. Eine Lesung die­ses Werks, dra­ma­tur­gisch in Sze­ne gesetzt und von Kritiker:innen gefei­ert, kön­nen Sie am Wochen­en­de im Thea­ter am Pum­pen­haus besu­chen. Kar­ten gibt es hier.

+++ Okay, viel­leicht sind wir ein biss­chen spät. Aber ken­nen Sie schon Word­le? Das ist ein neu­er Inter­net­trend, der sei­ne Anhänger:innen nicht nur dazu bringt, Ergeb­nis­se auf höchst krea­ti­ve Arten zu tei­len, son­dern sogar schon einer Groß­mutter das Leben geret­tet haben soll. Das Prin­zip ist ein­fach: Täg­lich kön­nen Sie ein Wort mit fünf Buch­sta­ben erra­ten. Sie haben dafür sechs Ver­su­che. Gar nicht so ein­fach, wenn man bedenkt, dass es Tau­sen­de Mög­lich­kei­ten gibt. Zum Glück gibt das Spiel Ihnen Hin­wei­se: Gelb hin­ter­legt wer­den Buch­sta­ben, wenn sie im Lösungs­wort ent­hal­ten sind, grün hin­ge­gen, wenn Sie den Buch­sta­ben sogar an die rich­ti­ge Stel­le gesetzt haben. Sie kön­nen es im Ori­gi­nal auf Eng­lisch ver­su­chen, oder auch auf Deutsch. Und Angst um Ihre Zeit müs­sen Sie auch nicht haben, obwohl Word­le ein biss­chen süch­tig macht. Jeden Tag gibt es nur einen Begriff (und der ist für alle gleich). Für die Mathe-Fans unter Ihnen gibt es mitt­ler­wei­le übri­gens eine Vari­an­te mit Glei­chun­gen: Erfin­der Richard Mann nann­te sie Nerd­le und braucht manch­mal selbst eine Wei­le für die Lösung…

Am Frei­tag schreibt Ihnen Johan­ne Burk­hardt. Ich wün­sche Ihnen eine schö­ne Woche.

Herz­li­che Grüße

Sebas­ti­an Fobbe

Mit­ar­beit: Ralf Heimann, Johan­ne Burk­hardt, Eva Strehlke

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PS

Vie­le Schüler:innen wis­sen, wenn sie gera­de mal 13, 14 Jah­re alt sind, nicht genau, was sie ein­mal beruf­lich wer­den wol­len. In NRW sol­len bei der Ent­schei­dung die so genann­ten Berufs­er­kun­dungs­ta­ge hel­fen. Auch in Müns­ter kön­nen die ach­ten Klas­sen an ver­schie­de­nen Tagen in die­sem Schul­jahr ihre ers­ten Erfah­run­gen im Berufs­le­ben sam­meln. Weil wir bei RUMS schon meh­re­re Anfra­gen von Eltern oder Schüler:innen dazu hat­ten, wol­len wir auch an zwei Tagen jeweils zehn Jugend­li­che zu uns ein­la­den. Wir geben ihnen dabei Ein­bli­cke in die Redak­ti­on, beschäf­ti­gen uns mit sozia­len und jour­na­lis­ti­schen Medi­en und machen einen Foto­work­shop – also ein Rund­um­schlag in Sachen Journalismus.

Die Berufs­er­kun­dungs­ta­ge bei RUMS fin­den am 9. und 15. Juni statt, weil wir wis­sen, dass eini­ge Schu­len die­se Ter­mi­ne für sich fest­ge­legt haben.

Schrei­ben Sie uns, wenn es bei Ihnen zu Hau­se oder im Umfeld auf­ge­weck­te und moti­vier­te Achtklässerler:innen mit Inter­es­se an Jour­na­lis­mus gibt. Und wenn Sie ande­re Ter­min­wün­sche haben, kön­nen wir zwar nichts ver­spre­chen – der Auf­wand ist für ein klei­nes Unter­neh­men wie RUMS doch recht hoch –, aber viel­leicht fin­den wir ja doch eine Möglichkeit.