Die freie Kulturszene und das Geld | Verkehrskonzept der Wirtschaft | Lowinerei


Münster, 15. Februar 2022
Guten Tag,
wenn Sie schon einmal in Münsters Norden spazieren waren, dann kennen Sie vielleicht die Sibeliusstraße in Rumphorst. Sie ist benannt nach dem finnischen Komponisten Jean Sibelius, dem man seinerzeit nachsagte, dass er sich lieber mit Geschäftsleuten unterhielt als mit anderen Kulturschaffenden. Darauf angesprochen, soll Sibelius den folgenden Satz gesagt haben: „Über Musik kann man nur mit Bankdirektoren reden. Künstler reden ja nur über Geld.“
Ob Finnlands bekanntester Komponist diesen Satz wirklich so gesagt hat, darüber streiten sich die Zitatforscher:innen. Der wahre Kern dieser Anekdote lässt sich aber nicht von der Hand weisen; sie alle kennen ja das Klischee von der brotlosen Kunst. „Um Geld einzutreiben, müssen wir andauernd etwas tun, was uns als Musiker:innen am fernsten liegt: Exceltabellen führen, Bilanzen ziehen, Anträge schreiben“, sagt Lisa Bröker. Sie leitet zusammen mit ihrem Mann, dem Dirigenten Joachim Harder, die Münsteraner Mikrophilharmonie Einklang.
Die Einklang-Philharmonie gehört zur freien Musikszene in Münster. Und die ist nun ins Visier der Debatte um den Musik-Campus geraten; in der Beschlussvorlage wird sie regelrecht umgarnt: Für den Bau sind beispielsweise neue Proberäume auf fast 700 Quadratmetern angedacht, und auf gar keinen Fall soll das millionenschwere Projekt auf Kosten der freien Musikförderung gehen. Mehr noch, es soll ein neues Förderkonzept her, an dem Expert:innen und die freie Szene gemeinsam arbeiten sollen.
Das Kalkül hinter diesen Angeboten ist klar: Die Befürworter:innen des Musik-Campus wollen die freie Szene für sich gewinnen. Denn immer wieder waren zweifelnde Stimmen zu hören: Wie soll die Zusammenarbeit zwischen den drei Ankernutzern des Musik-Campus (Musikschule, Musikhochschule, Sinfonieorchester) und der freien Szene aussehen? Und – jetzt wären wir wieder beim Geld – was bleibt von der Musikförderung übrig, wenn sich die Stadt Münster Dauerkosten von knapp fünf Millionen Euro ans Bein bindet?
Die Kulturförderung
Bevor wir darauf genauer eingehen, spulen wir erst einmal zurück und fangen bei der Kulturförderung an. Wer sich darüber einen Überblick verschaffen will, findet dazu zwei Quellen bei der Stadt: zum einen eine Liste mit bezuschussten Einrichtungen und Vereine im Haushaltsplan, zum anderen einzelne Projekte, die auf Antrag gefördert werden.
Laut Haushaltsplan zahlt die Stadt in diesem Jahr Kulturzuschüsse in Höhe von drei Millionen Euro. Im Vergleich zur Gesamtsumme von 155 Millionen Euro der Zuschüsse ist das ein kleiner Posten. Das Gros, nämlich 135 Millionen Euro, geht an die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe.
Schauen wir uns Kultur und Wissenschaft in der Nahaufnahme an, sehen wir, dass auch hier die Zuschüsse ungleich verteilt sind. 2021 bekamen etwa die Freunde der französischen Kultur den kleinsten Zuschuss: 380 Euro. Anders das Pumpenhaus, dem die Stadt für den Probe- und Normalbetrieb sowie für das Festival Flurstücke gleich drei Zuschüsse gewährte. Macht in Summe etwa eine halbe Million Euro. Zum Vergleich: Das städtische Theater bekommt pro Jahr 23 Millionen Euro.
In Sachen Musik machen die vier Stadtteilmusikschulen in Roxel, Wolbeck, Nienberge und Albachten den größten Posten aus. Ihnen überwies die Stadt letztes Jahr zusammengerechnet mehr als 800.000 Euro. Die übrigen Posten fallen eher klein aus: Der Musikwettbewerb „Jugend musiziert Münsterland“ bekam 4.550 Euro, das Bandprobezentrum Zukunftsmusik am Hawerkamp 13.960 Euro.
Kommen wir aber jetzt zur Projektförderung, die für die freie Szene entscheidend ist. Über die einzelnen Förderungen entscheidet das Kulturamt, wenn die Künstler:innen einen Antrag für ihre Projekte gestellt haben. Die neuesten Zahlen stammen aus dem Jahr 2020. Danach hat die Stadt Münster für die Musikförderung in der freien Szene rund 62.500 Euro ausgegeben.
Ein Grundsatzproblem
Das Problem dabei ist: Die meisten Projektförderungen sind auf ein Jahr befristet – und damit sind wir wieder bei Lisa Bröker und Joachim Harder von Einklang: „Wir wissen nie genau, ob es uns im nächsten Jahr noch gibt“, sagen sie. Eine Basisförderung von der Kommune wäre für sie hilfreich, um mittelfristig planen zu können.
Lisa Bröker und Joachim Harder verstehen, dass auch das Probleme mit sich bringen würde. Eine dauerhafte Förderung in der freien Szene wäre vor allem für die Etablierten günstig. Wer neu dazukommt, hätte es schwerer, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Das sei ohnehin schon schwierig, erläutern Harder und Bröker: „In der freien Szene muss man Erfolge vorweisen, damit man gefördert wird. Wir haben nach der Gründung 2011 deshalb erst einmal ohne Gagen gespielt.“
Eine ähnliche Erfahrung hat auch Christiane Hagedorn gemacht. Die studierte Schauspielerin ist seit rund zehn Jahren als freischaffende Künstlerin in Münsters Musik- und Theaterszene unterwegs. „Damals habe ich mich noch gar nicht getraut, einen Förderantrag bei der Stadt zu stellen“, sagt sie. Was sie abschreckte, war die Angst, die Förderrichtlinien nicht zu erfüllen oder in der Masse der gestellten Anträge unterzugehen.
Doch inzwischen hat sich ihr Verhältnis zur Kulturförderbürokratie geändert. Kolleg:innen aus der freien Szene ermunterten sie, es trotz aller Bedenken zu probieren. Jetzt, wo es mit den Anträgen klappt, mache sie sich die Mühe gerne, sagt sie. Zudem habe sie vom Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Münster drei Förderstipendien erhalten, mit denen sie längerfristig an ihren künstlerischen Konzepten arbeiten könne. Ein Luxus, denn konzeptionelles Arbeiten ist nicht so einfach möglich, wenn freie Kulturschaffende auf finanziell wackligen Stühlen sitzen.
Vom Geld hängt nicht alles ab
Christiane Hagedorn hat außerdem einen weiteren Vorteil: Die meisten ihrer Projekte realisiert sie mit zwei Kollegen in der Formation Conjak. „Da kann ich auch mal im Wohnzimmer proben“, sagt sie. Anders ist es bei Orchestern, Bands oder Philharmonien. Für sie ist es schwieriger, einen geeigneten Proberaum zu finden. Es sei denn, man ist gut vernetzt, wie Lisa Bröker berichtet: „Wir müssen schon all unseren Charme und unsere Beziehungen spielen lassen, um geeignete Proberäume zu finden.“ Geeignet heißt in diesem Kontext vieles: genug Platz für alle Musiker:innen, gute Akustik und eine geringe oder bestenfalls keine Miete.
Für Bands, die in der Pop- oder Rockmusik zu Hause sind, gestaltet sich die Suche nach einem Proberaum schwieriger. Hendrik Stratmann von Münsterbandnetz sagt, dass gerade eine Situations- und Bedarfsanalyse im Gange sei, aber so viel könne er schon jetzt verraten: „Gute Proberäume sind Mangelware.“
Der Zustand der Proberäume in der eingangs erwähnten Zukunftsmusik sei ganz okay, die kommerziellen Proberäume am alten Güterbahnhof sähen wieder ganz anders aus: „In den einen Proberäumen ist es warm und trocken, in den anderen kalt und feucht“, sagt Stratmann. Trotzdem seien die Räume dort zum Teil doppelt und dreifach belegt. „Viele Bands suchen ewig. Die denken sich irgendwann: Alles ist besser als gar nichts.“
Wo wir gerade bei Bands sind: Eine dauerhafte Förderung der Stadt gibt es nicht. Bands können für einzelne Auftritte eine Förderung beim Kulturamt beantragen – ob daraus etwas wird, steht aber auf einem anderen Blatt. Im Jahr 2020 fand zum ersten und einzigen Mal ein Förderwettbewerb für Bands statt, die CDs oder Musikvideos produzieren wollten. Seitdem wartet die Szene allerdings auf eine Neuauflage. Die liegt coronabedingt auf Eis.
Der Musik-Campus lässt Fragen offen
Für das Platzproblem gäbe es aber immerhin theoretisch eine Lösung: Wie gesagt, im Musik-Campus sind Probeorte eingeplant. Dass sich das praktisch umsetzen ließe, daran hat Hendrik Stratmann von Münsterbandnetz allerdings seine Zweifel: „Die romantische Vorstellung, die Heavy-Metal-Band leiht sich nebenan schnell eine Geige vom Sinfonieorchester, teilen wir nicht“, sagt er.
Darüber hinaus stellt sich noch eine Frage: Für wen sind diese Proberäume eigentlich gedacht? In der Beschlussvorlage ist die Rede von „Freien Musikakteur:innen in Münster“ – dem Verein Monokultur, der die freie professionelle Szene vertritt, ist diese Formulierung zu vage: „Es ist davon auszugehen, dass alle Musiker:innen der Stadt, die nicht zu den drei Ankernutzern gezählt werden, damit gemeint sind und sich diese Probe- und Lagerräume teilen müssen“, schreibt Monokultur auf Anfrage. Dadurch würden freie professionelle Musiker:innen, die von ihrer Kunst leben, mit Amateurmusiker:innen um die Räume im Musik-Campus konkurrieren.
Hinzu kommen ganz praktische Details: Wie hoch soll die Miete sein? Können sich die freien Musiker:innen das leisten? Wann kann geprobt werden und wie lange? Was passiert mit anderen Probeorten der freien Szene, die saniert werden müssen, zum Beispiel dem Hoppengarten? Und immer wieder die Frage: Wie viel Geld bleibt für die Förderung der freien Szene übrig, wenn der Musik-Campus steht?
Einen Teil der Antworten soll ein neues Musikförderkonzept liefern, über das Constanze Busch im RUMS-Brief vom 7. Januar schon einmal berichtet hat. Dieses hatte Monokultur erarbeitet und mit den Ratsfraktionen besprochen. In Kürze soll eine aktualisierte Version des Konzepts erscheinen. Ausbaupotenzial sieht Monokultur in der finanziellen Förderung einzelner Projekten, aber auch von Reihen und Festivals in der freien Szene.
Monokultur sieht aber nicht nur beim Geld Luft nach oben. Was bislang fehle, sei ein schlüssiges Bewirtschaftungskonzept, das allen Musik-Campus-Nutzer:innen gerecht wird. Dabei geht es um sehr konkrete Fragen: Wer darf wann was veranstalten und unter welchen Bedingungen? An wen werden gemeinsame Probe- und Konzerträume vergeben und nach welchen Kriterien? Perspektivisch sollte nach Vorstellungen von Monokultur eine gemeinsame Werbe- und Vermarktungsstrategie entstehen, die alle vier Akteur:innen am Musik-Campus gemeinsam tragen.
Die wichtigste Voraussetzung dafür ist Augenhöhe. Und die fordert die freie Szene ein. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe sitzt Monokultur mit Vertreter:innen von Musikhochschule, Musikschule und Sinfonieorchester an einem Tisch, um eigene Ideen für den Musik-Campus einzubringen. Immerhin ist dabei schon ein Teilerfolg gelungen: Die freie Szene hat ein Musiklabor durchgesetzt, das als multimedialer Probe- und Aufführungsraum dienen soll. Nun hofft sie, dass es mit dem konstruktiven Dialog so weitergeht.
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In aller Kürze
+++ Der Förderverein der Musikschule hat 3.000 Unterschriften für den Musik-Campus gesammelt. Das schrieben wir im RUMS-Brief am Freitag. Wenn Sie sich einen Eindruck von den über 800 Kommentaren machen möchten, hier finden Sie das Ergebnis der Online-Petition. Dazu ein paar Zahlen: 2.360 der 3.240 Unterzeichner:innen geben an, dass sie aus Münster stammen. Das bedeutet, dass knapp 30 Prozent der Teilnehmenden von außerhalb kommen.
+++ Die Industrie- und Handelskammer hat am Montag einen mit mehreren Wirtschaftsverbänden abgestimmten Vorschlag zur Verkehrspolitik vorgestellt. In dem 16-seitigen Papier mit dem Titel „Nachhaltige Mobilität in der Stadtregion Münster“ gibt die Kammer eine Einschätzung der Probleme (pendelnde Menschen, Einkaufsverkehr) und schlägt kurz-, mittel- sowie langfristige Lösungen vor. Die Vorschläge sind im Wesentlichen bekannt, Ziel des Papiers soll laut Kammer jedoch vor allem sein, eine Basis für Gespräche mit Politik und Verwaltung zu schaffen. Aus der Politik kamen positive Signale zurück. Carsten Peters, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, sieht „viele richtige Zustandsbeschreibungen“ und „viele inhaltliche Überschneidungen“ zu einem Antrag des Rathausbündnisses zur Stärkung des Nahverkehrs. Grünen-Fraktionssprecherin Sylvia Rietenberg teilte mit, trotz einiger Differenzen bei den Prioritäten und der Finanzierung nehme man das Gesprächsangebot gerne an.
+++ Im Missbrauchskomplex Münster ist ein weiteres Urteil gesprochen worden, meldet die Deutsche Presseagentur, hier zu lesen bei den Westfälischen Nachrichten: Ein 25-jähriger Deutscher wurde in Österreich wegen schweren sexuellen Missbrauchs von sieben Kindern zu zehn Jahren Haft verurteilt. Zum Teil soll er die Taten mit seinem ehemaligen Lebensgefährten gemeinsam begangen haben. Dieser wurde bereits im Januar zu 15 Jahren Haft verurteilt. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Den beiden verurteilten Männer kamen die Ermittler:innen auf die Spur, nachdem beim Haupttäter in Münster Videomaterial gesichert worden war, auf dem auch sie zu sehen waren. Bislang konnte die Polizei mehr als 30 Opfer finden und über 50 Verdächtige ausfindig machen.
Engagement in Münster: Unsere Interviews aus der RUMS-Hütte zum Nachlesen
#7 Keinen Meter den Nazis
Heute schalten wir das siebte Interview aus unserer Reihe „Engagement in Münster“ für Sie frei. Unsere Mitarbeiterin Alina Köller hat mit Carsten Peters von „Keinen Meter den Nazis“ über die Arbeit und die Ziele des Bündnisses in Münster gesprochen, und über die aktuellen Corona-Demonstrationen. Das Interview finden Sie hier.
Im Rahmen unserer Marketingaktionen auf dem Weihnachtsmarkt in Münster haben wir Menschen vorgestellt, die sich in der Stadt engagieren. Leider konnten wir die Gespräche wegen der Corona-Beschränkungen nicht vor Publikum führen. Aber wir haben sie für Sie aufgenommen und veröffentlichen sie nun nach und nach in gekürzter Version als schriftliche Interviews. Die bisher erschienenen (#1 Haus der Wohnungslosenhilfe, #2 Münster-Tafel, #3 Anti Rost Münster, #4 Haus Thomas, #5 Ein Rucksack voll Hoffnung und #6 Seebrücke Münster) finden Sie auf dieser Seite. Das achte Interview aus unserer Reihe bekommen Sie nächste Woche von uns. Wir verlinken es dann wieder an dieser Stelle für Sie.
Korrekturen und Ergänzungen
Im RUMS-Brief am Freitag haben wir eine Information über den Zustand in der Zentralen Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete dem Bündnis Seebrücke zugeordnet. Tatsächlich stammte sie aus einer Pressemitteilung des Bündnisses gegen Abschiebungen. Wir haben das korrigiert.
Post von Leser:innen
Wir haben Post bekommen. Einen offenen Brief an Ruprecht Polenz, der in seiner Kolumne am Sonntag über den Musik-Campus geschrieben hatte. Unterzeichnet haben den Brief der frühere Volkshochschuldirektor und Schulamtsleiter Hans Gummersbach, der frühere Uni-Kanzler Klaus Anderbrügge, der frühere Provinzial-Chef Heiko Winkler und der frühere Grünen-Fraktionschef Hery Klas. Sie schreiben, ja, Münster brauche „dringend neue und zukunftsorientierte Räume für Kultur, Musik, Bildung und Begegnung“. Aber das monothematisch auf die Musik fokussierte Konzept sei aus der Zeit gefallen. Es gebe eine viel bessere Lösung: einen neuen, offenen multifunktionalen Ort für Kultur und Bildung mit einem modernen Konzertraum am Hörster Parkplatz. Sie rufen die Verwaltung dazu auf, ihre Beschlussvorlage zurückzuziehen, um „im Einvernehmen mit dem Rat den Weg für einen Neustart der Überlegungen“ freizumachen. Den kompletten offenen Brief finden Sie hier.
Corona-Update
+++ In Nordrhein-Westfalen soll eine groß angelegte Studie über die gesundheitlichen und psychosozialen Folgen einer auskurierten Coronainfektion stattfinden, wie die Pressestelle der Universität zu Köln. 2.000 Menschen in unterschiedlichen Städten des Landes, darunter auch Münster, sollen drei Jahre lang beobachtet werden. Die Studie soll die psychischen und körperlichen Langzeitfolgen einer überstandenen Covid-19-Erkrankung schneller erkennbar machen. Dafür steht den Teilnehmenden eine sogenannte Post-Covid-Ambulanz zur Verfügung. Die Studienleitung an der Uniklinik Köln erhofft sich von der Studie, die Corona-Spätfolgen besser in den Griff zu bekommen und daraus Vorbereitungen für künftige Pandemien ableiten zu können. Das Wissenschaftsministerium in NRW fördert die Studie mit 4,6 Millionen Euro.
+++ Die Stadt Münster meldet heute Mittag 718 neue Infektionen mit dem Coronavirus. Damit gelten derzeit 6.906 Münsteraner:innen als infiziert. 64 Patient:innen werden im Krankenhaus behandelt, vier auf der Intensivstation und zwei davon werden beatmet. Für Münster meldet das Robert-Koch-Institut eine Wocheninzidenz von 1.322 Corona-Infektionen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen.
+++ Leider sind vier Münsteraner:innen seit dem Wochenende an Covid-19 gestorben. Bei den Verstorbenen handelt es sich um zwei Frauen (beide 86) und zwei Männer (62 und 101). Insgesamt sind seit Beginn der Pandemie im März 2020 165 Münsteraner:innen im Zusammenhang mit Corona verstorben.
Unbezahlte Werbung
Aufgewachsen bin ich in einem kleinen rheinland-pfälzischen Dorf bei Koblenz und damit in einem der größten Weinanbaugebiete Deutschlands. Jahrelang habe ich in Münster nach einem Ort gesucht, an dem man richtig guten Wein trinken kann – und den habe ich jetzt endlich in der Finkenstraße im Kreuzviertel gefunden: Die Lowinerei (Lowine ist übrigens auf Masematte das Wort für Bier) ist eine moderne Weinbar im denkmalgeschützten Gemäuer mit sehr freundlichem und fachkundigem Personal, das Ihnen gerne durch die gut sortierte Weinkarte hilft. Die Pfälzer Hausweine habe ich für Sie schon einmal probiert und kann Ihnen versichern: Sie schmecken genauso gut wie zu Hause. Auch Weinmuffel kommen in der Lowinerei auf ihre Kosten, denn neben Merlot, Sauvignon Blanc und Grauburgunder serviert das gemütliche Lokal auch Bier, Sasse Lagerkorn und alkoholfreie Getränke. Und machen Sie sich bloß keine Sorgen, Ihnen könnte vor lauter guten Weinen das Bargeld ausgehen: In der Lowinerei zahlen Sie ganz modern und coronakonform mit EC-Karte.
Drinnen und Draußen
Die heutigen Empfehlungen haben zwei Kolleginnen für Sie herausgesucht: Die ersten beiden Tipps hat Johanne Burkhardt für Sie recherchiert, Tipp Nummer 3 kommt von Eva Strehlke:
+++ Bekommen Sie vom anhaltenden Grau auch Sonnensehnsucht und Fernweh? Die könnten Sie am Freitag auf einer kleinen Traumreise nach Borneo stillen. Der Autor Stefan Ziesmann berichtet im Allwetterzoo von seiner Expedition durch den malaiischen Teil der Tropeninsel und zeigt, warum der tropische Regenwald ein so schützenswerter Lebensraum ist. Der Vortrag startet um 19 Uhr. Eintritt: drei Euro – am besten, Sie sind etwas früher am Haupteingang.
+++ Ich hatte einmal ein Videospiel, das den Spieler:innen vermitteln soll, wie es sich anfühlt, klinisch depressiv zu sein. Das mag jetzt nicht überraschen: Spaß hat es keinen gemacht. Trotzdem vermitteln solche Spiele, Filme und Bücher ein Verständnis für diese Erkrankung und brechen mit dem Tabu, das eigentlich keins sein sollte. Ein bekanntes Beispiel, das gleichzeitig sogar unterhaltend sein soll, ist die Erzählung Der Planet Trillaphon im Verhältnis zur üblen Sache von David Foster Wallace. Eine Lesung dieses Werks, dramaturgisch in Szene gesetzt und von Kritiker:innen gefeiert, können Sie am Wochenende im Theater am Pumpenhaus besuchen. Karten gibt es hier.
+++ Okay, vielleicht sind wir ein bisschen spät. Aber kennen Sie schon Wordle? Das ist ein neuer Internettrend, der seine Anhänger:innen nicht nur dazu bringt, Ergebnisse auf höchst kreative Arten zu teilen, sondern sogar schon einer Großmutter das Leben gerettet haben soll. Das Prinzip ist einfach: Täglich können Sie ein Wort mit fünf Buchstaben erraten. Sie haben dafür sechs Versuche. Gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass es Tausende Möglichkeiten gibt. Zum Glück gibt das Spiel Ihnen Hinweise: Gelb hinterlegt werden Buchstaben, wenn sie im Lösungswort enthalten sind, grün hingegen, wenn Sie den Buchstaben sogar an die richtige Stelle gesetzt haben. Sie können es im Original auf Englisch versuchen, oder auch auf Deutsch. Und Angst um Ihre Zeit müssen Sie auch nicht haben, obwohl Wordle ein bisschen süchtig macht. Jeden Tag gibt es nur einen Begriff (und der ist für alle gleich). Für die Mathe-Fans unter Ihnen gibt es mittlerweile übrigens eine Variante mit Gleichungen: Erfinder Richard Mann nannte sie Nerdle und braucht manchmal selbst eine Weile für die Lösung…
Am Freitag schreibt Ihnen Johanne Burkhardt. Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche.
Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe
Mitarbeit: Ralf Heimann, Johanne Burkhardt, Eva Strehlke
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PS
Viele Schüler:innen wissen, wenn sie gerade mal 13, 14 Jahre alt sind, nicht genau, was sie einmal beruflich werden wollen. In NRW sollen bei der Entscheidung die so genannten Berufserkundungstage helfen. Auch in Münster können die achten Klassen an verschiedenen Tagen in diesem Schuljahr ihre ersten Erfahrungen im Berufsleben sammeln. Weil wir bei RUMS schon mehrere Anfragen von Eltern oder Schüler:innen dazu hatten, wollen wir auch an zwei Tagen jeweils zehn Jugendliche zu uns einladen. Wir geben ihnen dabei Einblicke in die Redaktion, beschäftigen uns mit sozialen und journalistischen Medien und machen einen Fotoworkshop – also ein Rundumschlag in Sachen Journalismus.
Die Berufserkundungstage bei RUMS finden am 9. und 15. Juni statt, weil wir wissen, dass einige Schulen diese Termine für sich festgelegt haben.
Schreiben Sie uns, wenn es bei Ihnen zu Hause oder im Umfeld aufgeweckte und motivierte Achtklässerler:innen mit Interesse an Journalismus gibt. Und wenn Sie andere Terminwünsche haben, können wir zwar nichts versprechen – der Aufwand ist für ein kleines Unternehmen wie RUMS doch recht hoch –, aber vielleicht finden wir ja doch eine Möglichkeit.
HINWEIS: RUMS steht für kritischen, aber auch konstruktiven und wertschätzenden Journalismus. Genauso wünschen wir uns auch die Diskussion unter unseren Beiträgen und Briefen. Streiten Sie sich, schreiben Sie Ihre Meinung — aber bleiben Sie bitte sachlich und höflich. Wir vertrauen darauf, dass Sie sich daran halten. Daher prüfen wir Ihre Kommentare nicht, bevor sie hier veröffentlicht werden. Wir behalten uns jedoch vor, alle Äußerungen zu entfernen, die beispielsweise beleidigend, diffamierend, sexistisch oder rassistisch sind.
Wenn man schon über die Sibeliusstraße schreibt könnte es einem auch einfallen, dass es sich um ein Musikerviertel handelt und das hier die Pfitznerstrasse ohne die gepriesene Bürgerbeteiligung umbenannt worden ist. Die Bürgerbeteiligung, die bei den jetzt anstehenden Straßenumbennenungen beachtet werden soll. Wenn schon Straßenumbennenungen aus dem Grund zu fördern sind, weil die Benannten sich negativ über Menschen jüdischen Glaubens geäußert haben, sollten auch die Wagnerstrasse und die Martin-Luther-Straße umbenannt werden. Warum allerdings in einem Musikerviertel anstatt einer Musikerin eine Frauenärztin zur Benennung herangezogen wird erschließt sich mir nicht. Es gäbe mit Fanny Hensel oder Clara Schumann durchaus eine Auswahl!
Das mag daran liegen, daß die deutschen Politiker (da machen die münsteraner keine Ausnahme) vor lauter „Wokeness“ nicht wissen, um wen sie sich zuerst und zuletzt kümmern sollen.
Das städtische Theater bekommt pro Jahr 23 Millionen Euro.
Das Boulevard Theater von Angelika Obers, sicherlich auf einem anderen Niveau - aber trotzdem sehr unterhaltsam -, muss ohne städtische Zuschüsse auskommen.
Das Stadttheater ist städtisch, gehört also jedem Bürger. Es befindet sich in einem Gebäude der Stadt, das denkmalgeschützt ist und betrieben werden muss, die 23 Millionen sind also nicht allein eine Subvention des Spielbetriebes. Dieser besteht aus einem reichen Angebot von Schauspiel, Musiktheater, Konzert, Kindertheater etc.
Das Boulevardtheater ist ein Privatunternehmen von Frau Ober, die es unabhängig betreiben wollte. Die spätere Forderung nach kommunaler Unterstützung, wenn das Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann ist verständlich, ihr kann aber nicht in jedem Falle nachgekommen werden. Die Stadt fördert trotzdem auch viele private Theaterinitiativen und -projekte. Hier einen Antrag zu stellen steht Frau Ober frei. Hilfen gab es in der Vergangenheit auch für sie.
Herr Groeters Gegenüberstellung ist wenig zielführend und macht es sich deutlich zu einfach.
FJ (sachkundiger Bürger für die SPD im Kulturausschuss)
Finde das Thema Kulturförderung sehr spannend. Wenn mir der kleine „Werbeblock“ erlaubt ist, würd ich gern auf diese Sendung von Radio Q hinweisen. Dort werden regelmäßig Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten vorgestellt und in der verlinkten Folge geht es um die grundsätzliche Frage, warum Kultur gefördert wird. Das Ganze dann aus ökonomischer Perspektive. Dachte, das passt ja ganz gut zum Brief…
https://www.radioq.de/2022/01/warum-foerdern-wir-kultur/
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