Kinder auf Münsters Straßen | Musik-Campus: Die Uni droht | Phoenicia

Müns­ter, 5. April 2022

Guten Tag,

ver­gan­ge­nes Jahr haben sich 153 Kin­der und Jugend­li­che bei Ver­kehrs­un­fäl­len in Müns­ter ver­letzt. Die­se Zahl stammt aus der Ver­kehrs­un­fall­sta­tis­tik für das Jahr 2021, die die Poli­zei Mit­te März ver­öf­fent­licht hat. Und sie folgt einem unschö­nen Trend in Müns­ter, den eine Über­schrift der Unfall­sta­tis­tik zusam­men­fasst: „Kin­der­un­fäl­le und Ver­kehrs­un­fäl­le mit Jugend­li­chen stei­gen stark an“. In kei­ner ande­ren Alters­klas­se ist der Zuwachs an Ver­kehrs­un­fäl­len so deutlich.

Der unsi­che­re Ver­kehr berei­tet eini­gen Eltern in Müns­ter Sor­gen. Zwei davon sind Dani­el Hügel und Vale­ri­an Heints. Die bei­den Väter orga­ni­sie­ren mit ande­ren Eltern aus Müns­ter die soge­nann­ten Kidi­cal-Mass-Demos, die sich für einen kin­der­freund­li­chen Stra­ßen­ver­kehr ein­set­zen. Der Schwer­punkt liegt dabei auf dem Rad­ver­kehr, denn die meis­ten Kin­der und Jugend­li­chen ver­un­glü­cken in Müns­ter laut der Sta­tis­tik auf dem Fahrrad.

Das hat aus Sicht von Hügel und Heints ver­schie­de­ne Grün­de. Einer davon ist die Infra­struk­tur. Die Rad­we­ge bie­ten ihrer Mei­nung nach zu wenig Platz; nur an weni­gen Stel­len sei es für Fami­li­en mög­lich, neben­ein­an­der zu fah­ren. Das­sel­be gel­te auch für die Geh­we­ge, sagen sie. Die sei­en in Müns­ter recht eng gebaut und hät­ten ihrer Ansicht nach die bes­ten Tage schon hin­ter sich. All das kön­ne für klei­ne Rad­fah­ren­de schnell gefähr­lich wer­den, denn Kin­der unter neun Jah­ren müs­sen noch ver­pflich­tend auf dem Geh­weg fah­ren.

Und dann ist da noch das läs­ti­ge The­ma Geh­weg­par­ken, das in Müns­ter, zumin­dest außer­halb der Pro­me­na­de, gedul­det wird. Die Stadt hat 2020 die Fra­ge, war­um sie bei Autos auf dem Bür­ger­steig öfter mal ein Auge zudrückt, mit dem „beson­de­ren Schutz­be­dürf­nis von Kin­dern“ beantwortet.

Die­se Auf­fas­sung tei­len Dani­el Hügel und Vale­ri­an Heints nicht. Sie wün­schen sich im Gegen­teil, dass das Par­ken auf dem Bür­ger­steig stär­ker kon­trol­liert und bestraft wird. Und zwar nicht nur, weil die par­ken­den Autos den Kin­dern den Weg blo­ckie­ren. Sie ver­sper­ren auch Autofahrer:innen die Sicht auf das, was auf dem Geh­weg pas­siert. Wenn ein Kind dann auf die Fahr­bahn wech­selt, weil es dem par­ken­den Auto aus­wei­chen will, kann das gefähr­lich enden.

Schwedische Verhältnisse in Münster

Ver­gli­chen mit dem, was die Kidi­cal-Mass-Bewe­gung sonst for­dert, sind bes­se­re Rad- und Geh­we­ge sowie Stra­fen für Autos auf Bür­ger­stei­gen aber eher Klein­kram. In einem offe­nen Brief, den Kidi­cal Mass als Reak­ti­on auf die Unfall­sta­tis­tik ver­öf­fent­licht hat, wünscht sich die Orga­ni­sa­ti­on ein Bekennt­nis zur Visi­on Zero. Dahin­ter steckt die Idee einer unfall­frei­en Stadt ohne Verkehrstote.

Null Unfäl­le und null Ver­kehrs­to­te hören sich nach einer schö­nen Uto­pie an, sind aber andern­orts gesetz­tes Ziel. Schwe­den ver­folgt seit den neun­zi­ger Jah­ren eine Visi­on-Zero-Ver­kehrs­po­li­tik, erreicht hat das Land sein ambi­tio­nier­tes Ziel zuge­ge­be­ner­ma­ßen noch nie. Trotz­dem kann man der Visi­on Zero einen gewis­sen Erfolg nicht abspre­chen: Schwe­den hat das EU-weit sichers­te Stra­ßen­netz. Dazu tra­gen ver­schie­de­ne Maß­nah­men bei – redu­zier­te Geschwin­dig­keit, eng­ma­schi­ge Ver­kehrs­kon­trol­len und eine sicher­heits­ori­en­tier­te Verkehrsplanung.

Die deut­sche Bun­des­po­li­tik scheint dar­an Inter­es­se zu haben. Im Jahr 2021 hat die damals noch regie­ren­de Gro­ße Koali­ti­on meh­re­re Vor­schlä­ge für eine Visi­on-Zero-Stra­te­gie erar­bei­tet. Das Ziel die­ser siche­ren Null­num­mer soll­te als Leit­ge­dan­ke in der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung ver­an­kert wer­den. Dazu hat die Regie­rung ein aus­führ­li­ches Ver­kehrs­si­cher­heits­pro­gramm ausgearbeitet.

Wie Münster die Straßen sicherer macht

Von der Visi­on einer Stadt ohne Ver­kehrs­to­te ist Müns­ter noch weit ent­fernt. Letz­tes Jahr hat es hier mehr als 10.000 Mal gekracht; bei den Unfäl­len haben sich fast 1.200 Men­schen leicht und rund 200 schwer ver­letzt. Drei Per­so­nen sind 2021 auf Müns­ters Stra­ßen ums Leben gekom­men, 2020 und 2019 jeweils eine.

Einen Unfall-Hot­spot kann die Poli­zei auf Anfra­ge nicht nen­nen. Sie teilt mit, dass die gesam­te Innen­stadt als soge­nann­te Unfall­häu­fungs­stel­le gilt. Was eine ziem­lich unge­naue Aus­kunft ist für eine so gro­ße Flä­che, denn ab drei Unfäl­len mit Ver­letz­ten pro Jahr gilt ein Ort als Unfall­häu­fungs­stel­le. Wer es genau­er wis­sen will, kann sich Müns­ter im Unfall­at­las des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amts ansehen.

Die Stadt hat zwar kein genau defi­nier­tes Ver­kehrs­si­cher­heits­kon­zept, reagiert aber auf das Unfall­ge­sche­hen. Häu­fi­ges Pro­blem sind Unfäl­le zwi­schen rechts­ab­bie­gen­den Autos und Rad­fah­ren­den oder zu Fuß Gehen­den. Um sol­che Abbie­ge­si­tua­tio­nen zu ent­schär­fen, baut die Stadt zum Bei­spiel einen Teil der Hafen­stra­ße um und auch an der Kreu­zung Hoher Hecken­weg-Königs­ber­ger Stra­ße soll nach­ge­bes­sert werden.

Umbau­maß­nah­men wie die­se gehen für Dani­el Hügel und Vale­ri­an Heints in die rich­ti­ge Rich­tung. Aber sie wür­den sich eine pro­ak­ti­ve­re Hal­tung der Stadt wün­schen. Vie­le Kreu­zun­gen sei­en ähn­lich auf­ge­baut – die kön­ne man dann auch umbau­en, ohne dass sie als häu­fi­ge Unfall­stel­le bekannt sind. Auch wür­den mehr Fahr­rad­stra­ßen und Tem­po 30 in der Innen­stadt den Ver­kehr siche­rer machen, fin­den sie.

Mehr Empathie für ungeschützte Verkehrsteilnehmende

Viel gewon­nen wäre aus Sicht von Vale­ri­an Heints und Dani­el Hügel aber auch, wenn ihre Beschwer­den ernst genom­men wür­den. Sie wür­den sich mehr Ein­füh­lungs­ver­mö­gen in unge­schütz­te Ver­kehrs­teil­neh­men­de wie Rad­fah­ren­de und zu Fuß Gehen­de wün­schen. Das sieht auch Thors­ten Knöl­ke vom Ver­ein Müns­ter zu Fuß so, der sich für die Belan­ge von zu Fuß Gehen­den einsetzt.

Knöl­ke selbst fühlt sich als erwach­se­ner Mann in Müns­ter größ­ten­teils sicher im Fuß­ver­kehr, auch wenn ihn die engen Bür­ger­stei­ge ärgern. Für Kin­der sei das anders: Immer wie­der mel­de­ten sich Eltern bei Knöl­ke, die sich über unsi­che­re Schul­we­ge in Müns­ter beschwe­ren. Häu­fi­ge Kri­tik­punk­te sei­en kur­ze Grün­pha­sen an Fuß­gän­ger­am­peln oder feh­len­de Mit­tel­in­seln auf stark befah­re­nen Straßen.

Und dann ist da noch ein ande­res Pro­blem: „Rad­fah­rer und Fuß­gän­ger haben in Müns­ter ein schwie­ri­ges Ver­hält­nis”, sagt Knöl­ke. Er fin­det es unan­ge­nehm, wenn ihn schnel­le Rad­fah­ren­de an engen Stel­len über­ho­len. Knöl­ke, selbst Mit­glied im Fahr­rad­ver­band ADFC, wünscht sich nicht nur von Auto­fah­ren­den mehr Empa­thie und Ver­ständ­nis für Men­schen, die zu Fuß unter­wegs sind, son­dern auch von Rad­fah­ren­den. Schon brei­te­re Rad- und Geh­we­ge wür­den die Lage ent­schär­fen, sagt Knölke.

Die richtige Sprache

Das Ver­hält­nis ist nicht nur zwi­schen ver­schie­de­nen Ver­kehrs­teil­neh­men­den ange­spannt. Im offe­nen Brief erhe­ben die Aktivist:innen von Kidi­cal Mass auch Vor­wür­fe gegen die Poli­zei. Sie neh­me in ihren Pres­se­mit­tei­lun­gen oft die Per­spek­ti­ve der Verursacher:innen ein und stell­ten Unfäl­le so falsch dar. „Begrif­fe wie ‚tou­chie­ren‘, ‚erfas­sen‘ oder ‚über­se­hen‘, die sich dar­auf­hin auch in Medi­en­be­rich­ten wie­der­fin­den, sind ver­harm­lo­send. Unfäl­le wer­den so für schick­sal­haft erklärt“, schreibt Kidi­cal Mass in dem offe­nen Brief.

Das Ant­wort­schrei­ben von Poli­zei­prä­si­dent Falk Schna­bel liegt RUMS vor. Dar­in weist er die Kri­tik der Kidi­cal Mass zurück. Die Mit­ar­bei­ten­den in der Poli­zei-Pres­se­stel­le gäben in den Pres­se­mit­tei­lun­gen nur Sach­ver­hal­te wie­der. Das Ver­hal­ten oder die Ver­ant­wor­tung von Unfall­be­tei­lig­ten kom­men­tie­ren sie nicht. 

Eine Ver­harm­lo­sung kön­ne er in der Pres­se­be­richt­erstat­tung nicht erken­nen, schreibt Schna­bel. Er ver­weist auf ein Video, das die Poli­zei im August 2020 auf Face­book gestellt hat. Es zeigt, wie fahr­rad­fah­ren­de Kin­der nur knapp einem Unfall mit einem abbie­gen­den Lkw ent­kom­men. Das sei eine dras­ti­sche Auf­nah­me, die nichts beschönige.

Außer­dem zählt Schna­bel eine Rei­he von Maß­nah­men in der Ver­kehrs­si­cher­heits­ar­beit der Poli­zei auf, die sich an Kin­der, Jugend­li­che und jun­ge Erwach­se­nen rich­ten. Auf den Vor­wurf von Kidi­cal Mass, die Poli­zei kon­trol­lie­re Autos, die auf dem Geh­weg, in Kreu­zun­gen oder vor abge­senk­ten Bord­stei­nen par­ken, nicht streng genug, geht der schei­den­de Prä­si­dent der Poli­zei Müns­ter nicht ein.

Immerhin ein versöhnliches Zeichen

Trotz aller Dif­fe­renz haben Falk Schna­bel und die Aktivist:innen von Kidi­cal Mass eine Sache gemein­sam: Ihnen liegt die Sicher­heit der Kin­der im Stra­ßen­ver­kehr am Her­zen. Das wird aus bei­den Brie­fen sehr deut­lich. Schna­bel wür­de es sogar begrü­ßen, wenn die Ver­kehrs­si­cher­heits­ar­beit der Poli­zei durch Kidi­cal Mass bekann­ter wür­den. Die Ange­bo­te der Poli­zei sei­en schließ­lich freiwillig.

Denn tat­säch­lich ist die müns­ter­sche Unfall­sta­tis­tik 2021 kein Grund zum Jubeln. Mehr noch: Müns­ter schwimmt in Nord­rhein-West­fa­len bei der Ver­kehrs­si­cher­heit gegen den Strom. Zwar pas­sie­ren laut Sta­tis­tik wie­der mehr Unfäl­le in NRW, aller­dings gab es ver­gan­ge­nes Jahr so weni­ge Schwer­ver­letz­te und Ver­kehrs­to­te wie noch nie. Das kann Müns­ter nicht von sich behaupten.

Vor zehn Jah­ren sind Müns­ters Stra­ßen schon ein­mal in die Schlag­zei­len gera­ten. Damals fand eine Stu­die der Bun­des­an­stalt für Stra­ßen­we­sen her­aus, dass sich nir­gend­wo sonst in NRW so vie­le Kin­der­un­fäl­le ereig­ne­ten wie in Müns­ter. Und dahin will wohl nie­mand mehr zurück.


Musik-Campus: Uni-Rektor droht mit Ausstieg

Das Rat­haus-Bünd­nis aus SPD, Grü­nen und Volt hat zusam­men mit der Inter­na­tio­na­len Frak­ti­on einen neu­en Vor­schlag zum Musik-Cam­pus gemacht. Der Rat wird mor­gen dar­über abstim­men. In dem Vor­schlag ist nicht mehr die Rede davon, dass der Rat sich für den Musik-Cam­pus-Bau aus­spricht, wie die Stadt­ver­wal­tung es vor­for­mu­liert hat­te, son­dern nur noch davon, das Pro­jekt wei­ter­zu­ver­fol­gen – und das auch nur unter eini­gen Bedingungen. 

Das Bünd­nis und die Inter­na­tio­na­le Frak­ti­on haben das Papier heu­te in einer Pres­se­kon­fe­renz vor­ge­stellt. Es ent­hält 15 Punk­te, unter ande­rem die Klau­sel, dass zwei Drit­tel des städ­ti­schen Anteils am Kul­tur- und Kon­gress-Saal in Höhe von 30 Mil­lio­nen Euro Mit­te nächs­ten Jah­res zusam­men­ge­kom­men sein müs­sen. Dar­über hin­aus ste­cken in dem Papier eini­ge impli­zi­te Bot­schaf­ten. Eine posi­ti­ve ist: Wenn alle offe­nen Fra­gen geklärt sind, kann der Musik-Cam­pus kom­men. Albert Wen­zel von den Grü­nen nann­te das Papier heu­te Mit­tag einen „Rea­li­täts­check“. Man zie­he Hal­te­li­ni­en, an denen das Pro­jekt im Zwei­fel stop­pen wird. 

Neben­bei ergibt sich so zwi­schen den Zei­len eine wei­te­re Bot­schaft: So rich­tig über­zeugt sind wir von die­sem Vor­ha­ben nicht. Das Papier ist das Ergeb­nis vie­ler Kom­pro­mis­se. Die Grü­nen-Frak­ti­on muss­te sich mit ihrer Par­tei­ba­sis eini­gen, die sich sehr deut­lich gegen den Cam­pus aus­ge­spro­chen hat­te. Bei Volt war es ähn­lich. Und wohl auch des­halb ergibt sich eine wei­te­re Bot­schaft: Dass der Bau schei­tert, ist nicht so unwahrscheinlich. 

Unter ande­rem das, also „der Duk­tus – und dass es im Prin­zip doch eine Absa­ge ist“, stört FDP-Frak­ti­ons­chef Jörg Ber­ens. So ein Antrag eig­ne sich nicht für eine poli­ti­sche Abrech­nung, sagt er. Beim Punkt Ver­kehr gehe es wie­der stark gegen das Auto. Und sei­ner Mei­nung nach darf sich die Stadt nicht zu früh dar­auf fest­le­gen, dass das Land den Musik-Cam­pus baut. „Man muss so den­ken und pla­nen, dass man sagen kann: Wenn wir den Kul­tur- und Kon­gress-Saal nicht zah­len kön­nen, dann strei­chen wir den“, sagt Berens. 

Uni-Rek­tor Johan­nes Wes­sels stört sich offen­bar unter ande­rem dar­an, dass das Rat­haus-Bünd­nis ihm den Antrag erst ges­tern zuge­schickt hat, zwei Tage vor der Rats­sit­zung. In einem Inter­view mit den West­fä­li­schen Nach­rich­ten kün­dig­te er an, am Don­ners­tag aus dem Pro­jekt aus­zu­stei­gen, falls die Koali­ti­on ihren Ände­rungs­an­trag beschlie­ßen soll­te. Albert Wen­zel von den Grü­nen sag­te heu­te Mit­tag, er fin­de es bedau­er­lich, dass Wes­sels sich in einem Inter­view äuße­re und sich nicht direkt an die Frak­ti­on gewandt habe. Volt-Rats­herr Tim Pasch sag­te, man sei offen für Gesprä­che, der Text im Antrag kön­ne sich bis Mitt­woch noch ändern. Das Bünd­nis will vor der Rats­sit­zung noch mit Johan­nes Wes­sels sprechen.

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In aller Kürze

+++ Heu­te hat der Bau eines Bat­te­rie­for­schungs­zen­trums der Uni­ver­si­tät Müns­ter begon­nen. Wie die West­fä­li­schen Nach­rich­ten berich­ten, soll die For­schungs­fa­brik in Amels­bü­ren 2025 ein­satz­be­reit sein. Indus­trie und Wis­sen­schaft sol­len dort gemein­sam an Bat­te­rien arbei­ten, die den Maschi­nen- und Anla­gen­bau effi­zi­en­ter und nach­hal­ti­ger machen sollen.

+++ Kom­men wir zum Ser­vice­teil: Seit ges­tern kön­nen Sie die Brief­wahl­un­ter­la­gen für die Land­tags­wahl am 15. Mai bean­tra­gen. Das geht online hier. Wenn Sie schon wis­sen, wo Sie Ihr Kreuz­chen machen wol­len, brau­chen Sie auch nicht mehr lan­ge zu war­ten. Denn am 13. April öff­net schon das Wahl­bü­ro in der Salz­stra­ße neben dem Stadt­mu­se­um. Und falls Sie noch kei­ne Ahnung haben, wen Sie wäh­len sol­len: Am 21. April geht der Wahl-o-mat online.

+++ Und zum Schluss noch eine Nach­richt, die nur indi­rekt etwas mit Müns­ter zu tun hat: Der Welt­kli­ma­rat hat die­se Woche einen wei­te­ren Bericht ver­öf­fent­licht. Sei­ne Bot­schaft, die es lei­der nicht in die Tages­schau geschafft hat, ist erschre­ckend: Die Zeit wird knapp fürs 1,5-Grad-Limit. Eine prä­gnan­te Zusam­men­fas­sung des Berichts fin­den Sie bei der Zeit.

Nach der Flucht

Ende März hat­te Johan­ne Burk­hardt für RUMS mit dem Müns­te­ra­ner And­re Gro­ten gespro­chen. Er hat zusam­men mit sei­ner Frau in Kiew gelebt und muss­te zu Beginn der Kriegs flüch­ten. Hier erzäh­len wir ab sofort ein­mal in der Woche, wie es für die bei­den nach ihrer Flucht weiterging. 

Am Sonn­tag hat­te Mari­ia Gro­ten Geburts­tag. Und das war ein etwas sur­rea­les Erleb­nis. Mor­gens las sie in ihren Tele­gram-Grup­pen die Berich­te über die Kriegs­ver­bre­chen in der klei­nen Stadt But­scha, die in etwa so groß ist wie Stein­furt und von Kiew nur ein paar Kilo­me­ter wei­ter ent­fernt liegt als Alten­ber­ge von Müns­ter. Mari­ia sah Fotos von toten Men­schen in Zivil auf den Stra­ßen. Sie wein­te, wie eigent­lich jeden Mor­gen. Aber dann fei­er­ten sie, wenigs­tens ein biss­chen. And­re Gro­ten macht sich Sor­gen um sei­ne Frau. „Sie fühlt sich schul­dig“, sagt er. Ihre Fami­lie ist mit­ten im Krieg. Ihr Vater hat sich mit 59 Jah­ren zur Armee gemel­det. Sie ist in Sicher­heit. Darf man da Geburts­tag fei­ern, wenn die Fami­lie um ihr Leben bangt? Das sind Fra­gen, die seit ein paar Wochen neu sind im Leben von And­re und Mari­ia Gro­ten, wie auch im Leben von vie­len Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne. And­re Gro­ten spürt, dass sich auch sonst etwas ver­än­dert. Er sagt, er hal­te sich für sehr libe­ral, er sei immer dar­auf bedacht, allen Grup­pen gerecht zu wer­den. „Jetzt Empa­thie für rus­si­sche Sol­da­ten zu auf­zu­brin­gen, das fällt mir sehr schwer“, sagt er. Und dass er nun so denkt, das wun­dert ihn selbst ein biss­chen. Der Krieg ord­net die Prio­ri­tä­ten. And­re Gro­ten sieht sei­ne Frau, die jeden Tag mit ihrer Fami­lie tele­fo­niert, in Angst und Sor­ge um das Leben ihrer Ange­hö­ri­gen. Aber in Deutsch­land ist es wei­ter sur­re­al. Vor ein paar Tagen hat sie Stief­müt­ter­chen gepflanzt. 

Corona-Update

+++ Seit die­ser Woche gel­ten neue Coro­na­re­geln in Nord­rhein-West­fa­len. Hier eine Zusammenfassung:

  • Die Zugangs­be­schrän­kun­gen (3G, 2G+) und die Mas­ken­pflicht gel­ten größ­ten­teils nicht mehr. Zum Bei­spiel kön­nen Sie Geschäf­te, Restau­rants oder Fri­seur­sa­lons wie­der ohne Nach­wei­se oder Mas­ke besu­chen. Trotz­dem kön­nen die Inhaber:innen noch selbst ent­schei­den, ob Sie eine Mas­ke tra­gen müssen.
  • In Bus und Bahn, in der Arzt­pra­xis, im Kran­ken­haus, in Alten­hei­men, in Ein­rich­tun­gen für Men­schen mit Behin­de­run­gen und Unter­künf­ten für Geflüch­te­te und Obdach­lo­se ist das Tra­gen einer Mas­ke noch immer Pflicht. Über­all dort (außer im ÖPNV und in der Arzt­pra­xis) müs­sen Sie sich auch vor­her tes­ten lassen.
  • Die Rege­lun­gen zur Qua­ran­tä­ne und Iso­la­ti­on hat der WDR hier aufgeschrieben.

+++ Die Zahl der Infi­zier­ten in Müns­ter ist in den vier­stel­li­gen Bereich gesun­ken: Laut Stadt sind zur­zeit 8.135 Men­schen an Covid-19 erkrankt. Im Schnitt hat das Gesund­heits­amt in den 1.704 Neu­an­ste­ckun­gen pro 100.000 Einwohner:innen in den letz­ten sie­ben Tagen regis­triert. 88 Covid-Patient:innen lie­gen im Kran­ken­haus, neun davon auf der Inten­siv­sta­ti­on und fünf müs­sen beatmet werden.

+++ Zwi­schen den vie­len nega­ti­ven Nach­rich­ten in der Pan­de­mie darf eine gute Ent­wick­lung nicht unter­ge­hen: Seit Beginn des Monats regis­triert das Gesund­heits­amt jeden Tag mehr Gene­sun­gen als Neu­an­ste­ckun­gen. Das zeigt die­se Zeit­leis­te. Der Trend geht also in die rich­ti­ge Richtung.

+++ Die Impf­pflicht für alle Erwach­se­nen ist vor­erst vom Tisch. Wie es wei­ter­geht und wel­che Vor­schlä­ge nun kur­sie­ren, kön­nen Sie in der Ärz­te­zei­tung nachlesen.

Unbezahlte Werbung

Wenn Sie die Spei­se­kar­te im Phoe­ni­cia auf­schla­gen, dann kön­nen Sie eine kur­ze Geschich­te der Phö­ni­zer lesen, die vor etwa 3000 Jah­ren die Levan­te bevöl­ker­ten. Heu­te liegt dort unter ande­rem der Liba­non. Und wenn Sie nach der kur­zen Geschichts­stun­de in der Spei­se­kar­te wei­ter­blät­tern, erwar­ten Sie neben fein gewürz­ten Fisch- und Fleisch­ge­rich­ten auch vege­ta­ri­sche und vega­ne Gerich­te sowie liba­ne­si­sche Wei­ne. Beson­ders zu emp­feh­len sind aller­dings die Mäsa, liba­ne­si­sche Plat­ten mit aller­lei Köst­lich­kei­ten, die Sie gemein­sam als Vor­spei­se tei­len kön­nen. Unent­schlos­se­ne kön­nen die Mäsa aller­dings auch als Haupt­ge­richt wählen.

Drinnen und Draußen

+++ Noch zu Ostern 1945 ver­öf­fent­lich­te Anton Eick­hoff Durch­hal­te­pa­ro­len für die Wehr­macht. Sei­ner Kar­rie­re nach dem Krieg hat das nicht gescha­det. Er wur­de zum Chef­re­dak­teur der West­fä­li­schen Nach­rich­ten. Micha­el Bie­ber hat über Anton Eick­hoff ein Buch geschrie­ben. Titel: „Anton Eick­hoff – vom Nazi zum Chef­re­dak­teur der WN“. Mor­gen Abend stellt Bie­ber das Buch um 19 Uhr im Thea­ter­päd­ago­gi­schen Zen­trum in der Ach­ter­mann­stra­ße 24 vor. Der Ein­tritt ist frei.

+++ Hin­ter jedem Gesicht steckt eine Geschich­te. Man­che davon sind trau­rig und schwer aus­zu­hal­ten. Gera­de sie inter­es­sie­ren den Foto­gra­fen Sebas­ti­an Bau­er. Er hat Men­schen por­trä­tiert, die sich auf der Stra­ße durch­schla­gen und vom Ver­kauf des Stra­ßen­ma­ga­zins drau­ßen! leben. Das Café Fyal zeigt die Fotos in der Aus­stel­lung „faces”, die am Frei­tag­abend ab 19 Uhr eröff­net wird. Sebas­ti­an Bau­er kann sei­ne Ver­nis­sa­ge lei­der nicht eröff­nen. Er ist Anfang des Jah­res an Krebs gestor­ben. Ver­tre­ten wer­den ihn Bir­git Bau­er vom Pal­lia­tiv­netz Müns­ter und Phil­ipp Lenz von der Uni­kli­nik. Die Ärzt:innen haben Sebas­ti­an Bau­er zuletzt beglei­tet. Alle Por­trät­fo­tos in der Aus­stel­lung kön­nen gekauft wer­den. Der Erlös kommt dem Pal­lia­tiv­netz Müns­ter zugute.

+++ Möch­ten Sie mehr dar­über wis­sen, was hin­ter dem rus­si­schen Über­fall auf die Ukrai­ne steckt? Dann soll­ten Sie sich mon­tag­abends ab 20 Uhr andert­halb Stun­den frei­hal­ten. Die Uni Müns­ter ver­an­stal­tet eine öffent­li­che Ring­vor­le­sung mit ver­schie­de­nen Osteuropa-Expert:innen über Russ­lands Krieg in der Ukrai­ne. Los geht es am 11. April im Fürs­ten­berg­haus. Den ers­ten von elf Vor­trä­gen hält die His­to­ri­ke­rin Ricar­da Vul­pi­us über die ukrai­nisch-rus­si­schen Beziehungen.

Am Frei­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Kom­men Sie sicher durch die Woche.

Herz­li­che Grü­ße
Sebas­ti­an Fobbe

Mit­ar­beit: Ralf Heimann


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PS

Wenn Ivo Schweik­hart frü­her als DJ Eavo in Clubs auf­leg­te, brauch­te er eine gro­ße Tasche, denn sei­ne Plat­ten muss­te er mit­neh­men. Heu­te braucht er einen Lap­top, eigent­lich wür­de auch schon ein Han­dy rei­chen, und weil er nach Ber­lin zie­hen möch­te, braucht er sei­ne Schall­plat­ten in Zukunft auch nicht mehr in sei­ner Woh­nung am Han­sa­ring. Des­we­gen kann man sich dort noch bis Frei­tag zwi­schen 2.500 und 3.000 Plat­ten oder Sin­gles anse­hen und bei Gefal­len kau­fen. Musik­rich­tun­gen: Acht­zi­ger-Jah­re-Pop, Wave, Indie, Soul, Beat, Rock, Sech­zi­ger-Jah­re-Schla­ger. Wenn Sie Inter­es­se haben, schrei­ben Sie an: eavo@eavo.de. Und brin­gen Sie am bes­ten eine gro­ße Tasche mit.