Rechte Chatgruppe bei der Polizei Münster | Der Uniklinik-Chef, eine Nachricht und viele Missverständnisse | Dreimal Vorsicht mit der Corona-Statistik

Müns­ter, 15. Juli 2022

Guten Tag,

sie­ben Wochen ist Alex­an­dra Dorn­dorf im Amt, jetzt muss sie zum ers­ten Mal hart durch­grei­fen. Auf einer Pres­se­kon­fe­renz heu­te Vor­mit­tag teil­te Müns­ters Poli­zei­prä­si­den­tin mit, dass sie­ben Poli­zis­ten aus Spe­zi­al­ein­hei­ten und ein ehe­ma­li­ges Mit­glied vor­erst nicht mehr im Dienst sind. Gegen sie lau­fen Straf- und Disziplinarverfahren.

Was war pas­siert? Die Poli­zei war über ein inzwi­schen ein­ge­stell­tes Ver­fah­ren aus dem Novem­ber gegen einen Poli­zis­ten auf eine rech­te Chat­grup­pe in den eige­nen Rei­hen gesto­ßen. Der Grup­pe gehö­ren zwan­zig Beam­te an. In ihr fand sich ras­sis­ti­sches, sexis­ti­sches, por­no­gra­fi­sches und gewalt­ver­herr­li­chen­des Mate­ri­al aus den Jah­ren 2013 bis 2018.

Acht Grup­pen­mit­glie­der haben mit ihren Bei­trä­gen mög­li­cher­wei­se Straf­ta­ten began­gen. Das soll nun in einem Straf­ver­fah­ren geklärt wer­den. Jeder Text, jedes Bild und jedes Video aus den Chat­ver­läu­fen wer­de jetzt geprüft, sag­te Alex­an­dra Dorn­dorf. Auf der Pres­se­kon­fe­renz zeig­te sie sich erschüt­tert: „Das, was wir in den Chats gese­hen haben, hat nichts, aber auch gar nichts mit den Wer­ten der Poli­zei zu tun“, sag­te sie.

Das mag stim­men. Und doch sind der­ar­ti­ge Vor­fäl­le kein Ein­zel­fall bei der Poli­zei in Nord­rhein-West­fa­len. Vor zwei Jah­ren wur­de bei­spiels­wei­se bekannt, dass SEK-Beam­te aus Mül­heim an der Ruhr in einer Chat­grup­pe rechts­ra­di­ka­le Tex­te und Bil­der von Adolf Hit­ler aus­tausch­ten. Aber auch in ande­ren Bun­des­län­dern, zum Bei­spiel in Hes­sen, tau­chen rech­te Chat­grup­pen in der Poli­zei immer wie­der auf.

Um Vor­fäl­le wie die­se auf­zu­ar­bei­ten, gab das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um fast auf den Tag genau vor einem Jahr eine Stu­die bei der Poli­zei­hoch­schu­le Müns­ter in Auf­trag. Das The­ma: „Moti­va­ti­on, Ein­stel­lung und Gewalt im All­tag von Poli­zei­voll­zugs­be­am­ten“. In zwei Jah­ren sol­len die Ergeb­nis­se da sein. Um Ras­sis­mus, wie viel­fach gefor­dert, geht es dabei nicht explizit. 

Das scheint eini­gen aber immer noch zu viel zu sein. Die Poli­zei Baden-Würt­tem­berg boy­kot­tiert die Stu­die des­halb. Oder um es mit den Wor­ten von Rai­ner Wendt, dem Vor­sit­zen­den der Deut­schen Poli­zei­ge­werk­schaft, zu sagen: „Die Poli­zei hat die Nase gestri­chen voll von die­sen gan­zen Ras­sis­mus-Stu­di­en, die nichts ande­res als den Zweck ver­fol­gen, die ohne­hin bei vie­len vor­han­de­ne Auf­fas­sung zu bestä­ti­gen, das die Poli­zei eine ras­sis­ti­sche Schlä­ger­ban­de sei.“ Ganz sicher tut die­se Ein­stel­lung ihr Übri­ges. (sfo)

Heute lesen Sie im RUMS-Brief:

  • Medi­ka­men­te wer­den Man­gel­wa­re in Münster
  • Die Kegel­brü­der kom­men frei
  • Stadt­wer­ke: Wie­der höhe­re Prei­se für Strom und Gas
  • Patient:innen aus den Nie­der­lan­den: Der Uni­kli­nik-Chef, eine Nach­richt und vie­le Missverständnisse
  • Coro­na-Update: Drei­mal Vor­sicht mit der Statistik
  • Ein-Satz-Zen­tra­le: Woh­nungs­not trotz Bau­boom und die Plä­ne für den Bre­mer Platz
  • Unbe­zahl­te Wer­bung: Urlaub auf dem Teller
  • Drin­nen und Drau­ßen: Aus­stel­lun­gen, Kla­mot­ten­tausch und Tanzen

Kurz und Klein 

+++ Ein ziem­lich ver­läss­li­ches Natur­ge­setz ist: Sobald der Urlaub anbricht, wird man krank. Im Moment ist das aller­dings eher schlecht, nicht nur wegen des Urlaubs, auch weil Medi­ka­men­te knapp sind. Laut dem Bun­des­in­sti­tut für Arz­nei- und Medi­zin­pro­duk­te betrifft das im Moment 269 Pro­duk­te. Das kön­nen aller­dings auch ein­zel­ne Ver­pa­ckungs­grö­ßen sein. Vor allem flüs­si­ge Par­acet­amol- und Ibu­pro­fen­säf­te für Kin­der sei­en zur­zeit schwer zu bekom­men, sagt Ange­li­ka Plass­mann, Spre­che­rin der Apo­the­ken in Müns­ter. Die Grün­de sind offen­bar eine toxi­sche Mischung aus Coro­na­pan­de­mie, Ukrai­ne­krieg (Roh­stof­fe) und der Idee, Wirk­stof­fe güns­ti­ger in Asi­en pro­du­zie­ren zu las­sen – zum Preis von unzu­ver­läs­si­gen Lie­fe­run­gen. Als wäre das alles nicht genug: Ver­stärkt wird das alles durch eine „für die Jah­res­zeit eher unty­pi­sche Erkäl­tungs­wel­le“, schreibt die Apo­the­ker­kam­mer. Wir wün­schen schon vor­sorg­lich: Gute Bes­se­rung. (rhe)

+++ Die unfrei­wil­lig längs­te Kegel­tour der Welt endet nun auch für die acht Kegel­brü­der, die noch auf Mal­lor­ca in Unter­su­chungs­haft sit­zen. Sie kom­men gegen Zah­lung einer Kau­ti­on von 12.000 Euro frei, mel­det der WDR. Eine Sicher­heits­zah­lung von einer hal­ben Mil­li­on Euro war bei dem Gericht bereits ein­ge­gan­gen. Außer­dem war ein Foto auf­ge­taucht, das den Ver­dacht auf einen Mann lenkt, der mit einer Ziga­ret­te auf dem Bal­kon über dem Schilf­dach steht, das kurz dar­auf Feu­er fing. Laut der Anwäl­tin trug bei­des dazu bei, dass die Män­ner nun frei­kom­men. (rhe)

+++ Und hier noch ein Test: „Auto­ri­tä­res Ver­hal­ten des Lei­tungs­gre­mi­ums gegen Mit­glie­der der Gemein­schaft“ und „feh­len­de Bereit­schaft und Fähig­keit der Ver­ant­wort­li­chen, die bei der Visi­ta­ti­on erkann­ten schwer­wie­gen­den Män­gel im geist­li­chen Umgang mit Mit­glie­dern der Gemein­schaft ein­zu­se­hen und abzu­stel­len“. Wel­che Gemein­schaft fällt Ihnen da ein? Sie den­ken jetzt viel­leicht an die katho­li­sche Kir­che. Die ist hier aber nicht gemeint, denn die Kir­che sieht genau die­se Män­gel bei dem Ver­ein Totus Tuus, dem Bischof Genn dann auch fol­ge­rich­tig die Aner­ken­nung der Kir­che ent­zo­gen hat. Anders als vie­len ande­ren zur­zeit ist dem Ver­ein aber gera­de dar­an gele­gen, mit der katho­li­schen Kir­che in Ver­bin­dung gebracht zu wer­den. Daher hat­te er sich gegen den Beschluss gewehrt. Das wies der Vati­kan jetzt zurück. Wir hören dazu den Redens­art­be­auf­trag­ten des Bis­tum: „Klap­pe zu, Affe totus.“ (rhe)

+++ Die Coro­na­pan­de­mie war für vie­le Men­schen aus der Gas­tro­no­mie eine Aus­fahrt in eine ande­re Bran­che. Vie­le jun­ge Men­schen schei­nen schon die Auf­fahrt gar nicht mehr zu neh­men. Die Zahl der Aus­bil­dungs­ver­trä­ge in der Hotel- und Gas­tro­no­mie­bran­che in der Regi­on ist stark zurück­ge­gan­gen, mel­det die Indus­trie- und Han­dels­kam­mer. Für eine Aus­bil­dung zum Koch oder zur Köchin ent­schie­den sich im ver­gan­ge­nen Jahr 118 jun­ge Men­schen – ein knap­pes Drit­tel weni­ger als im Jahr 2019. In ande­ren Beru­fen gin­gen die Aus­bil­dungs­zah­len um ein Vier­tel zurück (Restau­rant­fach­kraft) oder sogar um über 40 Pro­zent (Fach­kraft für Sys­tem­gas­tro­no­mie). Und wie löst man so ein Pro­blem? Zum Bei­spiel mit mehr Geld. Ab August gibt’s in der Bran­che im ers­ten Lehr­jahr ein Drit­tel mehr. Das sind dann 1.000 Euro. Zukunfts­pro­gno­se: Wer was wer­den will, wird Wirt. (rhe)

+++ Die SPD möch­te ein­kom­mens­schwa­che und bedürf­ti­ge Men­schen in Müns­ter ange­sichts der stei­gen­den Ener­gie­prei­se unter­stüt­zen. Wer die­se Unter­stüt­zung bekommt, wie sie genau aus­se­hen soll und wer sie bezahlt, steht nicht im Kon­zept, das die SPD heu­te in einer Pres­se­kon­fe­renz vor­ge­stellt hat. Die Details soll ein „Run­der Tisch“ mit der Stadt, den Stadt­wer­ken, der Ver­brau­cher­zen­tra­le und dem Sozi­al­amt erar­bei­ten. Es gehe der SPD zunächst dar­um, die poli­ti­sche Dis­kus­si­on in Müns­ter anzu­sto­ßen, sag­te Rats­mit­glied Lud­ger Stein­mann. Zusam­men mit Grü­ne und Volt möch­te die SPD einen Antrag for­mu­lie­ren, der dann spä­tes­tens nach der Som­mer­pau­se im Rat dis­ku­tiert wer­den soll. Wie so eine Unter­stüt­zung aus­se­hen kann, zeigt die Stadt Mün­chen: Seit die­sem Monat kön­nen Bürger:innen dort eine pau­scha­le Finanz­sprit­ze bean­tra­gen. Haus­hal­te mit bis zu zwei Per­so­nen erhal­ten dann ein­ma­lig bis zu 50 Euro, Haus­hal­te mit mehr als drei Per­so­nen bis zu 100 Euro. (ast)

Wie es weiterging

Wir hat­ten es schon gemel­det: Die Stadt­wer­ke erhö­hen die Prei­se für Strom und Gas, und zwar noch stär­ker, als sie es vor vier Wochen ange­kün­digt hat­ten. Der Preis für Strom steigt für einen Vier-Per­so­nen-Haus­halt mit einem jähr­li­chen Ver­brauch von 3.000 Kilo­watt­stun­den ab Okto­ber um über ein Fünf­tel (Strom-Grund­ver­sor­gung Münster:ideal). Bei einer Strom­rech­nung von 900 Euro macht das im Jahr zusätz­lich knapp 200 Euro aus. 

Für Gas zahlt eine Fami­lie mit einem groß­zü­gig berech­ne­ten Ver­brauch eines Ein­fa­mi­li­en­hau­ses (20.000 Kilo­watt­stun­den) über ein Drit­tel mehr (Erd­gas-Grund­ver­sor­gung Münster:minimal). Das bedeu­tet: Liegt die Jah­res­rech­nung bei 1.900 Euro kom­men knapp 650 Euro drauf. 

Gleich­zei­tig über­ar­bei­ten die Stadt­wer­ke ihr Tarif­sys­tem, um ein Pro­blem zu lösen, das es seit Anfang des Jah­res gibt. Kur­ze Rück­blen­de: Im ver­gan­ge­nen Jahr kün­dig­ten meh­re­re Gas­an­bie­ter von einem auf den ande­ren Tag vie­le Ver­trä­ge. Die Stadt­wer­ke sind ver­pflich­tet, in sol­chen Fäl­len einzuspringen. 

Dazu muss­ten sie zusätz­li­ches Gas ein­kau­fen – zu Prei­sen, die sie von den Haus­hal­ten nicht ver­lan­gen konn­ten. Sie behal­fen sich mit einem neu­en Tarif. Wer ab dem 3. Dezem­ber 2021 einen Ver­trag abschloss, zahl­te etwa 50 Pro­zent mehr für die Kilo­watt­stun­de (hier zu sehen). Ab Okto­ber fällt die­ser zwei­te Tarif weg. Dann gibt es für alle nur noch einen Gas-Grund­ver­sor­gungs­ta­rif (sie­he oben). Und wer aus einem teu­ren Ver­trag kommt, zahlt damit – auch unge­wöhn­lich in die­sen Zei­ten – für Gas in Zukunft sogar weni­ger. (cbu/rhe)

Zahlen, bitte. 

Quel­len: IT NRW, Cen­tr­a­al Bureau voor de Sta­tis­tiek, eige­ne Berechnung

Wie ein Interview für viele Missverständnisse sorgte

Wir ste­cken mit­ten in der Som­mer­wel­le. Das Coro­na­vi­rus ist heim­tü­cki­scher, als vie­le dach­ten. Es zieht sich nicht von allein zurück, wenn die Tem­pe­ra­tu­ren stei­gen und die Men­schen wie­der mehr Zeit an der fri­schen Luft ver­brin­gen. Im Gegen­teil: Die Bun­des­in­zi­denz liegt im Ver­gleich zu den ver­gan­ge­nen Som­mern unge­wöhn­lich hoch und auf den Inten­siv­sta­tio­nen wer­den wie­der mehr Covid-Erkrank­te behan­delt, gleich­zei­tig fällt viel Per­so­nal krank­heits­be­dingt aus.

Das ist nicht nur in Deutsch­land so. In unse­rem Nach­bar­land, den Nie­der­lan­den, war­ten immer mehr Men­schen auf eine Behand­lung im Kran­ken­haus: Dort ste­hen mehr Namen auf den War­te­lis­ten als etwa 2019, die Kli­ni­ken müs­sen im Moment ins­ge­samt mit 100.000 bis 120.000 zusätz­li­chen Ope­ra­tio­nen rech­nen. Und die­ser Rück­stand sorgt für Druck auf den Sta­tio­nen. Mehr als die Hälf­te der Kran­ken­häu­ser sind aus­ge­las­tet und die Kli­ni­ken kön­nen den „Arbeits­vor­rat“, wie die zusätz­li­chen Patient:innen tech­nisch-kühl bezeich­net wer­den, nicht behan­deln. „Es braucht des­halb ech­te Maß­nah­men“, urteilt die Gesund­heits­be­hör­de Nza in ihrem Monats­be­richt.

Alex Fried­rich, der Ärzt­li­che Direk­tor der Uni­kli­nik Müns­ter, hat eine Idee für eine sol­che „ech­te Maß­nah­me“. Der nie­der­län­di­schen Rund­funk­an­stalt NOS (ver­gleich­bar mit der ARD) sag­te er in einem Inter­view, die Nie­der­lan­de bräuch­ten ein Abkom­men mit Nord­rhein-West­fa­len, um die War­te­lis­ten abzu­ar­bei­ten. Das ist grund­sätz­lich eine schö­ne und nach­voll­zieh­ba­re Idee. Doch die Uni­kli­nik Müns­ter wird seit elf Wochen bestreikt, weil das Per­so­nal stark über­las­tet ist, und damit sind die Pfle­ge- und Ser­vice­kräf­te aus Müns­ter nicht allein. Wie passt das damit zusam­men, dass der Uni­kli­nik-Chef aus­ge­rech­net jetzt über eine Pati­en­ten­über­nah­me aus dem Aus­land spricht?

Nach den Vor­stel­lun­gen von Alex Fried­rich soll­ten sich Düs­sel­dorf und Den Haag an einen Tisch set­zen und einen Mas­ter­plan für eine grenz­über­schrei­ten­de Pati­en­ten­ver­sor­gung aus­han­deln. Das Pro­blem sei ja nicht, dass Kapa­zi­tä­ten fehl­ten, um Patient:innen zu behan­deln, viel­mehr sei­en die­se Kapa­zi­tä­ten ungleich ver­teilt. Und in einem Euro­pa der offe­nen Gren­zen soll­te es doch mög­lich sein, Patient:innen im Aus­land zu ver­sor­gen, argu­men­tiert Friedrich.

Die­se schö­ne Idee hat auf der ande­ren Sei­te der Gren­ze schon Wel­len geschla­gen. Dort ver­brei­te­ten die Medi­en die Nach­richt, Alex Fried­rich hät­te den Nie­der­lan­den ein Ange­bot zur Über­nah­me von Patient:innen aus­ge­spro­chen, ohne zu erwäh­nen, dass die Pfle­ge hier bereits über­las­tet ist. Auch im nie­der­län­di­schen Par­la­ment gab es Anfra­gen zu Fried­richs Aus­sa­gen. Und wie sich zum Schluss her­aus­stell­te, gab es zwi­schen Alex Fried­rich, der Poli­tik und den Medi­en eini­ge Miss­ver­ständ­nis­se. Wie kam es dazu?

Gesundheitsregionen in Europa

Alex Fried­rich ist seit dem 1. Janu­ar 2022 der Ärzt­li­che Direk­tor und Vor­stands­vor­sit­zen­der der Uni­kli­nik Müns­ter. Und viel­leicht ist Fried­rich für man­che von Ihnen kein unbe­kann­tes Gesicht. Bis 2010 arbei­te­te er als Ober­arzt am Insti­tut für Hygie­ne der Uni Münster.

Wenn Sie Niederländer:innen fra­gen, dürf­ten Sie ande­re Ant­wor­ten bekom­men. Bis zum Wech­sel nach Müns­ter war Fried­rich Pro­fes­sor für medi­zi­ni­sche Mikro­bio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Gro­nin­gen. Damit wird man aber noch lan­ge nicht berühmt: Fried­rich ist den Niederländer:innen vor allem als Per­son des öffent­li­chen Lebens bekannt, weil er 2020 und 2021 im OMT saß, dem Out­break Manage­ment Team. So nennt die nie­der­län­di­sche Regie­rung ihren Exper­ten­rat, der sie in der Coro­na­po­li­tik berät. Als Mit­glied des OMT war Fried­rich häu­fi­ger zu Gast im Fern­se­hen oder gab Zei­tun­gen Inter­views und erklär­te dem Publi­kum die Maß­nah­men der Regie­rung aus sei­ner Per­spek­ti­ve als Virologe.

Wie Alex Fried­rich mir in einem Tele­fo­nat erläu­tert, setzt er sich schon seit 18 Jah­ren für eine euro­päi­sche Gesund­heits­ver­sor­gung ein. Die sei zur­zeit in der EU noch sehr ungleich ver­teilt. Die Nie­der­lan­de hät­ten bei­spiels­wei­se im euro­päi­schen Ver­gleich nur sehr weni­ge Kran­ken­haus­bet­ten. Und um die­se unglei­che Ver­tei­lung wett­zu­ma­chen, schlägt Fried­rich eine Auf­tei­lung der Euro­päi­schen Uni­on in 350 bis 400 Gesund­heits­re­gio­nen vor. Natio­nal­gren­zen, die der Ver­sor­gung von Patient:innen auf loka­ler Ebe­ne womög­lich im Weg ste­hen, wür­den in die­sen Gesund­heits­re­gio­nen kei­ne Rol­le spielen.

Der Masterplan

Das ist die lang­fris­ti­ge Visi­on. Ein Schritt dahin könn­te der deutsch-nie­der­län­di­sche Mas­ter­plan sein, über den Fried­rich im nie­der­län­di­schen Rund­funk gespro­chen hat. Allei­ne könn­ten die Nie­der­lan­de die War­te­lis­ten nicht abar­bei­ten, also soll­te Nord­rhein-West­fa­len aus­hel­fen, allein schon weil es hier mehr Bet­ten und Kli­ni­ken gibt, argu­men­tiert er prag­ma­tisch. Und wenn die Regie­run­gen Kon­tin­gen­te aus­han­del­ten, könn­ten die Kran­ken­häu­ser die aus­län­di­schen Patient:innen auch jedes Jahr inner­halb ihrer Kapa­zi­tä­ten einplanen.

Ansät­ze dafür gebe es auch schon, teilt Anja Wen­gen­roth, Pres­se­spre­che­rin der Uni­kli­nik Müns­ter, auf RUMS-Anfra­ge mit. Schon vor der Pan­de­mie habe die Kli­nik Niederländer:innen behan­delt, 126 Patient:innen etwa im Jahr 2019, schreibt Wen­gen­roth. 2020 kamen 99 Patient:innen aus den Nie­der­lan­den. 65 von ihnen wur­den wegen Covid-19 in Müns­ter behan­delt. Viel­leicht ist Ihnen das in Erin­ne­rung geblie­ben: Ernst Kui­pers, damals Lei­ter der Uni­kli­nik Rot­ter­dam, bedank­te sich bei Gesund­heits­mi­nis­ter Karl-Josef Lau­mann und dem dama­li­gen UKM-Chef Hugo Van Aken mit eini­gen Fäs­sern hol­län­di­schem Mat­jes für die Behand­lung der Covid-Erkrank­ten an der Uni­kli­nik (hier im Video zu sehen). Im ver­gan­ge­nen Jahr kamen 127 Patient:innen aus den Niederlanden. 

Für die Pati­en­ten­über­nah­me könn­ten die Kran­ken­häu­ser ein Online­por­tal nut­zen, das an der Uni­kli­nik Müns­ter in der Coro­na­kri­se ent­wi­ckelt wur­de, schreibt Wen­gen­roth. Damit habe man zu Beginn der Pan­de­mie schon nie­der­län­di­sche Patient:innen an nord­rhein-west­fä­li­sche Kran­ken­häu­ser ver­mit­telt. Was aber feh­le, sei ein poli­ti­sches Abkom­men, das die Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Pati­en­ten­pfa­de fest­schrei­be und von deutsch-nie­der­län­di­schen Teams umge­setzt werde.

Ein Angebot?

In den nie­der­län­di­schen Medi­en hört sich das aber anders an. Anfang Juni titel­te die NOS: „Deut­sche Kran­ken­häu­ser kön­nen einen Teil der Behand­lungs­rück­stän­de über­neh­men.“ Die Über­schrift steht in Anfüh­rungs­zei­chen, denn sie ist ein Zitat von Alex Fried­rich. Und die­ses Zitat hört sich an wie eine kon­kre­te For­de­rung oder eine Ein­la­dung, nicht wie ein blo­ßes Gedan­ken­spiel. Der zwei­te Absatz des Arti­kels beginnt des­halb auch mit den Wor­ten „das Angebot“.

Von einem Ange­bot kön­ne aber kei­ne Rede sein, stellt Alex Fried­rich in unse­rem Tele­fo­nat klar. Die NOS hät­te Fried­rich für ein Inter­view ange­fragt, nach­dem der Monats­be­richt mit den kilo­me­ter­lan­gen War­te­lis­ten ver­öf­fent­licht wur­de, und um sei­ne Ein­schät­zung gebe­ten. Gespro­chen habe er als Pri­vat­per­son, sagt er. In dem Inter­view spul­te Fried­rich wohl das ab, was er Medi­en­leu­ten schon häu­fi­ger erzählt hat­te: Aus sei­ner Sicht sei eine euro­päi­sche Pati­en­ten­ver­sor­gung die bes­te Lösung. Was Journalist:innen aus sei­nen State­ments machen wür­den, kön­ne er nicht beein­flus­sen, sagt Fried­rich jetzt.

Stimmt das? Die NOS zitiert Fried­rich an einer Stel­le wört­lich so: „Wenn unse­re Regie­run­gen grenz­über­schrei­ten­de Gesund­heits­po­li­tik machen, wis­sen deut­sche Kran­ken­häu­ser, dass auf jeden Fall vie­le nie­der­län­di­sche Pati­en­ten kom­men wer­den. Dann kann man gro­ße Schrit­te gehen.“ 

Es ist nicht ganz unver­ständ­lich, dass die nie­der­län­di­schen Medi­en Aus­sa­gen wie die­se als kon­kre­tes Hilfs­an­ge­bot gedeu­tet haben – und die­se Nach­richt auch ver­brei­te­ten. Das Radio NPO1 mel­det, „Kran­ken­häu­ser aus dem Grenz­ge­biet bie­ten Hil­fe an, die lan­gen War­te­lis­ten in den Nie­der­lan­den abzu­ar­bei­ten.“ Die­ses Ange­bot kom­me „unter ande­rem von Alex Fried­rich, dem Vor­stands­vor­sit­zen­den der Uni­kli­nik Müns­ter.“ Und auch Lokal­me­di­en, vor allem im Grenz­ge­biet, grei­fen Fried­richs Aus­sa­gen auf. So titel­te bei­spiels­wei­se das Lokal­blatt De Lim­bur­ger: „Appell von deut­schem Kran­ken­haus­chef (Anm.: Alex Fried­rich): Nutzt unse­re OP-Säle für euren Rück­stand“. Pri­va­te Mei­nung, Mas­ter­plan, Ex-OMT-Mit­glied – dar­über fin­det sich kei­ne Sil­be im Text.

Die Fragen der Politik

Weni­ge Stun­den, nach­dem die NOS über Fried­richs Idee berich­te­te, ver­öf­fent­licht die Rund­funk­an­stalt einen zwei­ten Arti­kel, in dem sie Stim­men von Patient:innen und Ärzt:innen sam­melt. Die sind ein­deu­tig: „Die ers­ten Reak­tio­nen aus der nie­der­län­di­schen Gesund­heits­bran­che auf die Idee, Patient:innen, die schon sehr lan­ge auf War­te­lis­ten ste­hen, im Aus­land zu ope­rie­ren, sind vor­sich­tig posi­tiv bis begeis­tert“, heißt es gleich zu Beginn des Textes.

Das war am 6. Juni. Einen Tag spä­ter befass­te sich die Poli­tik in Den Haag mit dem The­ma. Die Abge­ord­ne­te Judith Tie­len, selbst stu­dier­te Ärz­tin, stell­te der Regie­rung dazu Fra­gen. Sie woll­te wis­sen, was der Gesund­heits­mi­nis­ter seit Jah­res­be­ginn unter­nom­men hat, um die Behand­lungs­rück­stän­de abzu­bau­en. Wie will der Minis­ter die Kran­ken­kas­sen dazu brin­gen, dass sie den Ver­si­cher­ten OP-Plät­ze besor­gen? Wie will er die Zusam­men­ar­beit der Kli­ni­ken unter­ein­an­der ver­bes­sern? Und was hält er von dem Ange­bot aus Deutsch­land? Gibt es schon Ver­hand­lun­gen mit der dor­ti­gen Regierung?

Auf Tie­lens Fra­gen ant­wor­te­te Ernst Kui­pers, der Mann, der der Uni­kli­nik Müns­ter die ein­ge­leg­ten Herin­ge schenk­te. Kui­pers ist 2021 in die Poli­tik gewech­selt, hat seit Kur­zem ein links­li­be­ra­les Par­tei­buch und wur­de im Janu­ar Minis­ter für Gesund­heit, Wohl­fahrt und Sport. Kui­pers sag­te, man wol­le die OP-Rück­stän­de schritt­wei­se abar­bei­ten. Die Kli­ni­ken müss­ten dafür „einen Zahn zule­gen“. Zuerst sol­len die Kapa­zi­tä­ten in den Nie­der­lan­den aus­ge­schöpft wer­den, das sei im Moment unpro­ble­ma­tisch, weil kei­ne Grip­pe- oder Coro­na-Sai­son sei. Soll­te das nicht aus­rei­chen, wür­de man sich mit dem Nach­bar­land in Ver­bin­dung setzen. 

Alex Fried­rich fin­det es nicht unge­wöhn­lich, dass sei­ne Aus­sa­gen im nie­der­län­di­schen Par­la­ment bespro­chen wür­den. Das sei in sei­ner Zeit als OMT-Mit­glied häu­fi­ger der Fall gewe­sen. In der Debat­te taucht aber ein Begriff immer wie­der auf: „het aan­bod“ – das Ange­bot. Minis­ter Kui­pers fin­det, das Ange­bot aus Deutsch­land klin­ge zwar „ide­al“, aber zunächst wol­le er die Behand­lungs­mög­lich­kei­ten im eige­nen Land nut­zen. Dazu soll zuerst die Zusam­men­ar­beit der Kli­ni­ken unter­ein­an­der ver­bes­sert wer­den. Und man wol­le schau­en, ob Pri­vat­kran­ken­häu­ser in die Pflicht genom­men wer­den kön­nen. Außer­dem sol­len die Patient:innen auf der War­te­lis­te abte­le­fo­niert wer­den, um zu fra­gen, ob sie noch auf eine Behand­lung war­ten oder für eine ande­re Lösung offen sind.

Die Abge­ord­ne­ten wun­dern sich über Kui­pers Stu­fen­plan. Fleur Agema von der rechts­ra­di­ka­len PVV zeig­te sich in der Par­la­ments­de­bat­te von Kui­pers Zöger­lich­keit irri­tiert. Sie ver­ste­he nicht, war­um er nicht sofort auf das Ange­bot aus Müns­ter ein­geht, denn „Deutsch­land sagt: Wir wol­len die­sen Leu­ten ger­ne hel­fen“. Und Maar­ten Hijink von der lin­ken Par­tei SP fin­det es „doch irgend­wie pein­lich, dass unser Nach­bar­land Hil­fe anbie­ten muss für Ope­ra­tio­nen, die wir im eige­nen Land durch­füh­ren sollten.“ 

Judith Tie­len, die die Fra­ge­stun­de im Par­la­ment bean­tragt hat, ist übri­gens Mit­glied der kon­ser­va­tiv­li­be­ra­len VVD, der Par­tei, die den Minis­ter­prä­si­den­ten der Nie­der­lan­de stellt. Die Regie­rung scheint also geteil­ter Mei­nung zu sein.

Ein falsches Bild

Ernst Kui­pers liegt mit sei­ner zögern­den Hal­tung aller­dings näher an der Rea­li­tät als ande­re Redner:innen. Der Sozia­list Maar­ten Hijink sag­te, es sei „frap­pie­rend, dass es Län­dern wie Bel­gi­en und Deutsch­land offen­bar ohne Wei­te­res gelingt, Ope­ra­tio­nen durch­zu­füh­ren, und dass es dort kei­ne lan­gen War­te­lis­ten gibt.“ Das ist aber nicht rich­tig. Zwar gibt es in Deutsch­land kein Mel­de­re­gis­ter für ver­scho­be­ne Ope­ra­tio­nen wie in den Nie­der­lan­den. Aber laut einer Umfra­ge des Ver­bands lei­ten­der Krankenhausärzt:innen im April 2022 muss­ten sechs von zehn Kran­ken­häu­sern plan­ba­re Ein­grif­fe ver­schie­ben. 60 Pro­zent der Kli­ni­ken unter­schrit­ten die Per­so­nal­un­ter­gren­zen und in jedem fünf­ten Kran­ken­haus sei die Not­ver­sor­gung gefähr­det. Wie passt das mit dem gefor­der­ten Mas­ter­plan zusammen?

Alex Fried­rich ant­wor­tet, der Mas­ter­plan wür­de nichts an den Kapa­zi­tä­ten ändern, durch ihn könn­te man sie nur anders nut­zen. Nach dem Mot­to: „Irgend­wo wird schon ein Bett frei sein.“ Für die Uni­kli­nik Müns­ter und ihre Beschäf­tig­ten erwar­tet er des­halb auch kein stei­gen­des Arbeits­pen­sum. Die Nie­der­lan­de hät­ten kei­nen „uni­ver­si­tä­ren Bedarf“, sagt Fried­rich. Viel­mehr bräuch­ten die Patient:innen dort neue Gelen­ke oder Ope­ra­tio­nen an den Augen. Im Mas­ter­plan könn­te man Dia­gno­sen fest­le­gen, für die es sich lohnt, Patient:innen zu über­neh­men oder in eine Kli­nik im Nach­bar­land zu über­wei­sen. Bei­spiels­wei­se könn­ten Kin­der mit Tumo­ren hier kei­ne Pro­to­nen­be­hand­lung bekom­men, in Gro­nin­gen aber schon, sagt er.

Was ist aber, wenn sich die Bedar­fe ändern? Wenn doch mehr Niederländer:innen an Uni­kli­ni­ken behan­delt wer­den müss­ten oder umgekehrt? 

Ohne­hin ist zum Mas­ter­plan noch nichts geklärt. Das NRW-Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um teil­te uns auf Anfra­ge knapp mit, es habe noch kei­ne Gesprä­che mit Den Haag gege­ben. Das ant­wor­tet uns auch das nie­der­län­di­sche Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um. Es schreibt aber auch: „Behand­lungs­ver­mitt­lung über die Gren­zen der Regio­nen hin­weg – in den Nie­der­lan­den und auch im Aus­land – sind mög­lich, wenn die Patient:innen das wol­len.“ Das Inter­es­se an einer grenz­über­schrei­ten­den Gesund­heits­ver­sor­gung scheint also da zu sein. (sfo)

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Corona-Update

+++ Das Infek­ti­ons­ge­sche­hen bleibt in Müns­ter auf hohem Niveau: Von ges­tern auf heu­te sind 403 Neu­an­ste­ckun­gen mit dem Coro­na­vi­rus offi­zi­ell regis­triert wor­den. Ins­ge­samt gel­ten 3.532 Per­so­nen in Müns­ter als nach­weis­lich infi­ziert. Drei Covid-Erkrank­te lie­gen auf der Inten­siv­sta­ti­on. Sie alle müs­sen inva­siv beatmet wer­den. In den ver­gan­ge­nen sie­ben Tagen hat­ten durch­schnitt­lich 651 Per­so­nen pro 100.000 Einwohner:innen in Müns­ter einen posi­ti­ven PCR-Test. Zum Ver­gleich: Die Bun­des­in­zi­denz liegt bei 719 Neuinfektionen.

+++ Das bringt uns zu einem wich­ti­gen Detail in der Coro­na-Sta­tis­tik, über den die Tages­schau die­se Woche berich­tet hat: Nur posi­ti­ve PCR-Test­ergeb­nis­se flie­ßen in die Sta­tis­tik des Robert-Koch-Insti­tuts ein. Das Pro­blem ist, dass vie­le Men­schen offen­bar gar nicht wis­sen, dass sie nach einem posi­ti­ven Schnell­test Anspruch auf eine PCR-Tes­tung haben. Der Vor­sit­zen­de des Berufs­ver­bands Deut­scher Labor­ärz­te kri­ti­siert gegen­über der Tages­schau des­halb, dass das wah­re Pan­de­mie­ge­sche­hen „schon seit Lan­gem nicht mehr ange­mes­sen erfasst“ wer­de. Genie­ßen Sie die Coro­na­zah­len also bit­te mit größ­ter Vorsicht.

+++ Das gilt auch für die Zahl der Todes­fäl­le, denn auch hier liegt die sta­tis­ti­sche Krux im Detail. Die­se Woche wur­den der Stadt Müns­ter sechs neue Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit Covid-19 gemel­det. Allein von ges­tern auf heu­te sind vier neue Todes­fäl­le bekannt gewor­den. Wir haben bei der Stadt nach­ge­fragt und woll­ten wis­sen, ob es dazu Erklä­rungs­an­sät­ze gibt. Das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­amt ant­wor­te­te, die Ver­stor­be­nen sei­en zwi­schen 71 und 97 Jah­re alt gewe­sen und alle hät­ten mit „mul­ti­plen, schwer­wie­gen­den Vor­er­kran­kun­gen“ gelebt. Die jetzt gemel­de­ten Todes­fäl­le hät­ten sich aller­dings inner­halb der ver­gan­ge­nen drei Wochen ereig­net. Des­halb kön­ne man nicht von einer „beson­de­ren Häu­fung“ spre­chen, auch wenn das so aus­se­he, schreibt die Stadt. Der Ver­zug ent­steht näm­lich dadurch, dass das Gesund­heits­amt die Todes­fäl­le erst dann mel­det, wenn alle Doku­men­te wie zum Bei­spiel die Ster­be­ur­kun­de vor­lie­gen. Seit Beginn der Pan­de­mie sind 219 Per­so­nen in Müns­ter an oder mit Covid-19 verstorben.

+++ Ver­gan­ge­ne Woche haben wir im RUMS-Brief auf die Impflü­cke in Deutsch­land auf­merk­sam gemacht, die die momen­ta­ne Som­mer­wel­le mit beein­flusst. Das RKI hat sich jetzt die Zahl der dop­pel­ten Imp­fun­gen noch ein­mal genau­er ange­schaut. Und sie­he da: In der offi­zi­el­len Sta­tis­tik von 2021 haben sich eini­ge Feh­ler ein­ge­schli­chen. Bis­lang glaub­te man etwa, dass Bre­men „Deutsch­lands unan­ge­foch­te­ner Impf­meis­ter“ (taz) sei – doch den ers­ten Platz muss die Han­se­stadt jetzt abge­ben. Der Pokal geht ins Müns­ter­land und zwar nach Coes­feld. Dort waren 81,2 Pro­zent der Bevöl­ke­rung zum Stich­tag des 31. Dezem­ber 2021 geimpft. Müns­ter lan­det mit 75,8 Pro­zent auf Platz 54. Bre­men muss sich mit dem 208. von 400 Plät­zen begnü­gen, denn dort waren 2021 doch nur 70,6 Pro­zent zwei­fach geimpft. Die rote Later­ne geht nach Sach­sen in den Land­kreis Erz­ge­bir­ge. Das gan­ze Ran­king und eine inter­ak­ti­ve Impf­kar­te kön­nen Sie sich bei Zeit Online anse­hen. Dort wird auch auf einen ande­ren Zusam­men­hang ver­wie­sen: Wo vie­le Men­schen geimpft sind, ist die Zahl der Todes­fäl­le in Ver­bin­dung mit Covid-19 signi­fi­kant nied­ri­ger. (sfo)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Obwohl kaum eine ande­re Stadt im Land so viel baut wie Müns­ter, wird es mit der Woh­nungs­not immer schlim­mer. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Stadt nutzt in der Tro­cken­heit jetzt auch Was­ser aus dem Ost­bad, um Pflan­zen zu gie­ßen. (Anten­ne Müns­ter)

+++ Bre­mer Platz I: Die Rat­haus-Koali­ti­on will die Gegend hin­ter dem Haupt­bahn­hof siche­rer machen und mit mehr Stell­plät­zen für Fahr­rä­der aus­stat­ten. (Müns­ter­sche Volks­zei­tung)

+++ Bre­mer Platz II: Der CDU kommt das The­ma Sicher­heit in dem Vor­schlag der Koali­ti­on zu kurz. (CDU-Frak­ti­on Müns­ter)

+++ Der Hei­mat­schutz in Nord­rhein-West­fa­len (Hil­fe bei Natur­ka­ta­stro­phen, schwe­ren Unfäl­len, Ter­ror­ab­wehr) soll in Zukunft von Müns­ter aus koor­di­niert wer­den. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Aus­län­di­sche Stu­die­ren­den­ver­tre­tung beklagt, dass die Infla­ti­on es Stu­die­ren­den aus dem Aus­land noch schwe­rer macht, in Deutsch­land zu stu­die­ren. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Seit dem Beginn des Krie­ges hat sich die Zahl der Men­schen aus der Ukrai­ne in Müns­ter ver­sie­ben­facht. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Über 5.000 Men­schen aus dem Bis­tum Müns­ter haben im ver­gan­ge­nen Jahr zusam­men fast zwei Mil­lio­nen Euro an die Cari­tas gespen­det. (Cari­tas Bis­tum Müns­ter)

+++ Der Inter­ven­ti­ons­be­auf­trag­te des Bis­tums ist der Mei­nung, dass jetzt kurz nach Ver­öf­fent­li­chung der Miss­brauchs­stu­die der Uni Müns­ter mehr pas­sie­ren muss. (Kir­che + Leben)

+++ Zum ers­ten Mal ist ein blin­der Mensch in Nord­rhein-West­fa­len Vor­sit­zen­der Rich­ter an einem Land­ge­richt gewor­den. (Land­ge­richt Müns­ter, hier bei Alles Müns­ter)

+++ In der neu­en „Cam­pus Lounge“ am Leo­nar­do-Cam­pus sol­len Stu­die­ren­de ler­nen, trai­nie­ren und sich tref­fen kön­nen. (Uni Müns­ter)

+++ Die Müns­ter­lis­te will mehr Bezirks­ver­tre­tun­gen in Müns­ter, weil sie deren Auf­tei­lung nicht mehr zeit­ge­mäß fin­det. (Müns­ter­lis­te)

+++ Wer über 60 ist und in die Senio­ren­ver­tre­tung möch­te, kann sich noch bis zum 18. August auf­stel­len las­sen. (Stadt Müns­ter)

Unbezahlte Werbung

Wenn Ihnen die­sen Som­mer wegen der stei­gen­den Gas­prei­se das Urlaubs­bud­get aus­geht, Sie aber trotz­dem das Fern­weh packt, kön­nen Sie sich das Urlaubs­fee­ling – zumin­dest kuli­na­risch – ganz ein­fach nach Hau­se holen. Bei La Bode­ga in der Rosen­stra­ße 2 fin­den Sie spa­ni­sche Spe­zia­li­tä­ten: lecke­re Tapas, Schin­ken und Wei­ne. Por­tu­gie­si­sche Lebens­mit­tel gibt es in Müns­ter in gleich drei Geschäf­ten: Bei Mer­ca­do Cor­ti­na in der Waren­dor­fer Stra­ße 123, im por­tu­gie­si­schen Fein­kost­ge­schäft in der Wol­be­cker Stra­ße 72 und bei Por­tu­gal Plus in der Ham­mer­stra­ße 48. Und wenn es Sie eher nach Ita­li­en zieht, stat­ten Sie doch dem Mer­ca­to Ita­lia­no in der Ham­mer­stra­ße 64 einen Besuch ab. Gute Rei­se und guten Appetit. 

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen 

Für die­ses Wochen­en­de hat Vik­to­ria Pehl­ke wie­der sehr schö­ne Tipps für Sie herausgesucht:

+++ Das Per­for­mance Team der Uni Müns­ter führt am Sams­tag „Der klei­ne Prinz“ als Bal­lett auf. In der Pau­se fin­det ein Spen­den-Café zuguns­ten der Kin­der­krebs­hil­fe, sowie eine Typi­sie­rungs­ak­ti­on der Stamm­zell­spen­der­da­tei statt. Der Ein­tritt ist kos­ten­los, Beginn ist um 15 Uhr in der Albert-Schweit­zer-Stra­ße 21. Es gel­ten die 3G-Rege­lung und Mas­ken­pflicht, da Patient:innen der Uni­kli­nik ein­ge­la­den sind. 

+++ Die Aus­stel­lung Par­cours zeigt ab Frei­tag die dies­jäh­ri­gen Abschluss­ar­bei­ten der Bache­lor- und Mas­ter­stu­die­ren­den der Müns­ter School of Design. Vie­le der Arbei­ten beschäf­ti­gen sich mit Nach­hal­tig­keit und der Gesell­schaft wäh­rend und nach Pan­de­mie. Am Sams­tag und Sonn­tag ist die Aus­stel­lung im Leo­nar­do-Cam­pus 6 jeweils von 11 bis 19 Uhr geöffnet. 

+++ Mor­gen eröff­net außer­dem um 10 Uhr eine Kli­ma­schutz­aus­stel­lung im Local­host (ja, genau, im Ver­an­stal­tungs­raum neben der RUMS-Redak­ti­on). Stu­die­ren­de der Müns­ter School of Archi­tec­tu­re haben archi­tek­to­ni­sche Kli­ma­schutz­lö­sun­gen für Müns­ter erar­bei­tet und stel­len ihre Kon­zep­te und Model­le jetzt aus. Bis Mon­tag kön­nen Sie die Aus­stel­lung jeweils von 10 bis 18 Uhr besu­chen. Und am Mon­tag­mor­gen fin­det von 10 bis 14 Uhr eine Dis­kus­si­on mit Vertreter:innen der Stadt über Kli­ma­schutz statt. Der Ein­tritt ist frei.

+++ Heu­te Abend legt DJ Eavo im Hot Jazz Club auf. Bei sei­ner Take Me Out-Par­ty läuft Indie-Sound aus den bes­ten Jah­ren. Und weil das bestimmt sehr schön wird, kommt DJ Eavo schon einen Tag spä­ter zurück in den Hot Jazz Club. Dies­mal mit einer 80er-Jah­re-Play­list: New Wave, Syn­th & Pop – von David Bowie bis Madon­na. Es wird mit Sicher­heit nostalgisch. 

+++ Wer noch eine neue, aber nach­hal­ti­ge Som­mer­gar­de­ro­be braucht, kann am Don­ners­tag, den 21. Juli zur Klei­der­tausch­par­ty der Green Office Initia­ti­ve am Schloss kom­men, alte Lieb­lin­ge los­wer­den und neue mit nach Hau­se neh­men. Beginn ist um 18 Uhr an der AStA-Wie­se vorm Schloss. 

+++ Und wo wir gera­de bei der Uni sind: Wenn Sie in Ihrer Frei­zeit ger­ne tüf­teln, kön­nen Sie sich ab sofort für den Citi­zen Sci­ence Wett­be­werb der Uni Müns­ter bewer­ben. Bis Anfang Novem­ber haben Sie Zeit, eige­ne For­schungs­pro­jek­te ein­zu­rei­chen. Es win­ken 7.500 Euro För­de­rung für zwei Projekte.

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wün­sche Ihnen ein schö­nes Wochen­en­de. Genie­ßen Sie die mil­den Tem­pe­ra­tu­ren, bevor die gro­ße Hit­ze losgeht.

Herz­li­che Grü­ße
Sebas­ti­an Fobbe

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Mit­ar­beit: Con­stan­ze Busch, Jan Gro­ße Nobis, Ralf Heimann, Vik­to­ria Pehl­ke, Anto­nia Strot­mann
Lek­to­rat: Anto­nia Strotmann

PS

Kürz­lich habe ich Ihnen an die­ser Stel­le von einem Blau­licht­re­kord in Müns­ter erzählt. Einem E-Scoo­ter-Fah­rer war es gelun­gen, in weni­ger als 120 Sekun­den zwei Punk­te in Flens­burg und einen 100 Euro teu­ren Buß­geld­be­scheid zu sam­meln. Und jetzt gibt es einen neu­en Rekord, den ich Ihnen nicht vor­ent­hal­ten will. Dies­mal geht es um einen beson­ders flei­ßi­gen Poli­zis­ten, der am Albers­lo­her Weg für Recht und Ord­nung gesorgt hat. Er brach­te meh­re­re generv­te Autofahrer:innen zum Ste­hen, die sich ver­bo­te­ner­wei­se über die Bus­spur in Rich­tung Han­sa­ring am Fei­er­abend­stau vor­bei­mo­geln woll­ten. In gut einer Stun­de konn­te Müns­ters flei­ßigs­ter Ver­kehrs­kon­trol­leur auf die­se Wei­se 41 Ver­war­nungs­gel­der ein­sa­cken. Mei­nen Respekt!