v. l. n. r. |  Neues vom Flyover | Kleiner Kiepenkerl

Müns­ter, 18. Mai 2021

Guten Tag,

als Mathi­as Kers­t­ing im Janu­ar nach nur vier Mona­ten als Rats­frak­ti­ons­chef der SPD zurück­trat, erklär­te er, war­um er auch ohne das Amt in der Poli­tik blei­ben wol­le. Er sei auf dem Weg gewe­sen, alles auf­zu­ge­ben, schrieb er. Doch es habe vie­le posi­ti­ve Rück­mel­dun­gen und Bit­ten gege­ben, er möge das Man­dat doch behal­ten. Daher wer­de er das nun machen. „Ich glau­be, ich ste­he da gegen­über den Men­schen in Grem­men­dorf in der Pflicht“, schrieb er. Das ist knapp vier Mona­te her. 

Am Mon­tag­mor­gen um 11 Uhr ist Mathi­as Kers­t­ing aus der SPD aus­ge­tre­ten. Das steht im ers­ten Satz eines Schrei­bens, das er an den Ober­bür­ger­meis­ter, die SPD, die CDU sowie die jewei­li­gen Frak­tio­nen geschickt hat. Im zwei­ten Satz bean­tragt Kers­t­ing die Mit­glied­schaft in der CDU. Im drit­ten steht, sein Man­dat wer­de er behal­ten. Das bedeu­tet: Das Rats­bünd­nis aus Grü­nen, SPD und Volt ver­liert die Stim­me, die es zur Mehr­heit gemacht hat­te. Allein kann das Bünd­nis damit kei­ne Ent­schei­dun­gen mehr tref­fen. Und wenn man am Mon­tag­nach­mit­tag Men­schen fragt, ob Kers­t­ing mit die­sem Schritt sei­ner Ver­pflich­tung ent­spricht, fal­len die Ant­wor­ten aus der SPD sehr ein­deu­tig aus.

Ein lang­jäh­ri­ges Mit­glied der Par­tei schreibt: „Ich bin wirk­lich fas­sungs­los. Wie kann man sich über die Lis­te einer Par­tei wäh­len las­sen und dann die Frak­ti­on wech­seln? Wenn er sei­nen Wahl­be­zirk gewon­nen hät­te, wär das was ande­res. Hat er aber nicht. Man­dat zurück­ge­ben und jeman­den nach­rü­cken las­sen, wäre demo­kra­tisch okay. Aber so? Unfuck­ing­fass­bar. #Ver­ach­tung.“

So ähn­lich klingt es bei vie­len. Es fällt oft das Wort „Ent­täu­schung“, der Schritt sei „irri­tie­rend“ oder „nicht nach­voll­zieh­bar“, und unge­fähr so sagt es am Abend auch SPD-Frak­ti­ons­chef Mari­us Her­wig in einer Pau­se der Frak­ti­ons­sit­zung am Tele­fon. „Ich bin sehr ent­täuscht von die­sem Schritt. Und ich erwar­te, dass Mathi­as Kers­t­ing sein Rats­man­dat abgibt, damit wir es neu beset­zen können.“ 

Das wird wohl nicht pas­sie­ren. Und nicht nur das. Kers­t­ing hat auch noch ande­re Pos­ten, die er nun zur CDU mit­neh­men wird. Er ist Mit­glied oder stell­ver­tre­ten­des Mit­glied in acht Auf­sichts­rä­ten, unter ande­rem in dem der Wirt­schafts­för­de­rung Müns­ter, dem vom Flug­ha­fen Müns­ter-Osna­brück und dem der Gesell­schaft Kon­voy, die sich um den Umbau der Oxford- und York-Kaser­nen zu Wohn­ge­bie­ten küm­mert. Dazu ist Kers­t­ing Mit­glied im Fach­bei­rat des Gewer­be­parks Lod­den­hei­de. Er ist Vor­sit­zen­der des Aus­schus­ses für Woh­nen, Lie­gen­schaf­ten, Finan­zen und Wirt­schaft sowie stell­ver­tre­ten­des Mit­glied im Rech­nungs­prü­fungs­aus­schuss und im Hauptausschuss. 

Und wel­che kom­pli­zier­ten Fol­gen sein Wech­sel hat, wird sich schon mor­gen Abend zei­gen, wenn der klei­ne­re Haupt­aus­schuss wegen der Pan­de­mie anstel­le des gro­ßen Rates tagt. Mathi­as Kers­t­ing hat am Mon­tag ange­kün­digt, nicht an der Sit­zung teil­zu­neh­men. Ver­tre­ten wird ihn sei­ne gewähl­te Stell­ver­tre­te­rin, Lia Kirsch von der SPD. Und weil nicht die Par­tei­en in den Aus­schuss gewählt wur­den, son­dern Per­so­nen, wird das wohl auch in Zukunft so blei­ben. Fällt der CDU-Mann aus, springt die SPD ein.

Es wird noch etwas absur­der. Wenn sie könn­te, wür­de die SPD Kers­t­ing nun natür­lich abbe­ru­fen. Aber das müss­te der Rat ein­stim­mig ent­schei­den. Kers­t­ing könn­te das also ein­fach ver­hin­dern, indem er selbst dage­gen stimmt. 

Ähn­lich schwer ist die Abbe­ru­fung auch aus den Auf­sichts­rä­ten. Auf die Fra­ge, wie genau die SPD nun mit die­ser Situa­ti­on umge­hen wird, hat­te Mari­us Her­wig am Mon­tag­abend noch kei­ne Antwort. 

Verkehrspolitik, auch eine soziale Frage

Das sind prak­ti­sche Fol­gen, aber was sind die Grün­de? In sei­nem Brief an den Ober­bür­ger­meis­ter und die bei­den Par­tei­en schreibt Kers­t­ing: „Vie­le Zie­le, für die die SPD und ich bei der Kom­mu­nal­wahl 2020 gewor­ben haben, wer­den von der Volks­par­tei CDU heu­te kon­se­quen­ter vertreten.“ 

Als Bei­spiel nennt er zum einen die Ver­kehrs­wen­de, die nur „mit Ange­bo­ten für alle“ gelin­gen kön­ne: „Eine Ver­bots­po­li­tik mit dem Feind­bild Auto reicht nicht aus“, schreibt er. Die Ver­kehrs­po­li­tik sei auch eine sozia­le Fra­ge. Man müs­se gewähr­leis­ten, dass Men­schen, die in Müns­ter oder dem Müns­ter­land arbei­ten, die Stadt auch errei­chen können. 

Was ist dran? Im Prin­zip sind SPD und CDU sich in einem Punkt einig: Es wäre bes­ser, wenn weni­ger Autos in der Innen­stadt fah­ren und par­ken wür­den. Nicht ganz so einig sind die Par­tei­en sich in der Fra­ge, wie weni­ge Autos es am Ende sein sol­len und auf wel­chem Weg man das Ziel am bes­ten erreicht. 

Das Rat­haus-Bünd­nis nennt sich „pro­gres­siv“, und das meint zum einen fort­schritt­lich, in der Mathe­ma­tik beschreibt das Wort aber auch eine Stei­gung, die nicht lang­sam immer grö­ßer wird, son­dern schon zu Beginn sehr steil ist und dann immer stei­ler wird. Das Bünd­nis hat schon zu Beginn sehr deut­lich gemacht: Wir wol­len kei­ne lau­en Kom­pro­mis­se, es soll von Anfang an steil nach oben gehen. In einem ers­ten Ent­wurf des Koali­ti­ons­ver­trags stand sehr weit vor­ne, dass die Autos mög­lichst schnell aus der Innen­stadt ver­schwin­den sol­len. Die West­fä­li­schen Nach­rich­ten titel­ten panisch: „Grü­ne for­dern: Alle Park­plät­ze weg“. 

Dass es zu die­ser Schlag­zei­le kam, liegt zum einen dar­an, dass die West­fä­li­schen Nach­rich­ten sich selbst im Wort „pro­gres­siv“ wohl nicht wie­der­fin­den dürf­ten und nun schon seit Mona­ten gegen die­se Art der Poli­tik anschrei­ben. Aber es war vor allem ein Feh­ler des Bünd­nis­ses selbst, das den poli­ti­schen Geg­nern, in die­sem Fall der CDU und der FDP, eine gute Vor­la­ge lie­fer­te, um den Ver­dacht zu bele­gen, dass hier ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te ein poli­ti­sches Ide­al durch­ge­setzt wer­den soll. 

Großer Riss nach 19 Jahren

In der spä­ter ver­öf­fent­lich­ten Ver­si­on des Koali­ti­ons­pa­piers klang alles etwas mode­ra­ter. Das war der Ver­trag, den Mathi­as Kers­t­ing für die SPD noch ver­han­delt hat­te. Kurz dar­auf trat er als Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der zurück, weil er mit dem Ergeb­nis offen­bar doch nicht zufrie­den war. Schaut man in das Wahl­pro­gramm der SPD, das Kers­t­ing mit­ge­schrie­ben hat­te, fällt aber auf, dass es im Abschnitt zur auto­frei­en Innen­stadt vie­le Ähn­lich­kei­ten gibt. Dort heißt es: 

„Wir wer­den in der nächs­ten Wahl­pe­ri­ode inner­halb des Pro­me­na­den­rings alle Neben­stra­ßen kon­se­quent für den Durch­gangs- und Park­such­ver­kehr schlie­ßen und zu Anwohner*innenstraßen machen. Wir wer­den den Dom­platz, die Königs­stra­ße und die Pfer­de­gas­se im Jahr 2021 auto­frei machen.“

Das Park­haus in den Arka­den sol­le zu einem Fahr­rad­park­haus wer­den, so geht es wei­ter. In die­ser Pas­sa­ge steht auch ein Satz, der es nicht in den Koali­ti­ons­ver­trag geschafft hat: „Die vor­han­de­nen Park­häu­ser blei­ben auf den Haupt­ach­sen erreich­bar, von ihnen aus kann jeder Punkt der Alt­stadt in 300 Metern erreicht werden.“

Gin­ge es nach dem Wahl­pro­gramm der SPD, hät­ten die Innen­stadt­park­häu­ser eine Zukunft. Aber ist das ein Punkt, der zu so einem gro­ßen Riss füh­ren kann, dass jemand nach 19 Jah­ren sein Par­tei­buch zurückgibt? 

In der SPD kön­nen vie­le dar­in kei­ne schlüs­si­ge Begrün­dung erken­nen. Frak­ti­ons­chef Her­wig sagt, er kön­ne die inhalt­li­chen Grün­de nicht nach­voll­zie­hen. Das kann natür­lich auch dar­an lie­gen, dass das, was Kers­t­ing in sei­nem Brief schreibt, im Kern die kon­ser­va­ti­ve Kri­tik an der lin­ken Ver­kehrs­po­li­tik ist. In weni­gen Wor­ten zusam­men­ge­fasst: rich­ti­ge Rich­tung, aber zu schnell, zu über­stürzt, zu wenig behut­sam. Das lin­ke Bünd­nis wür­de nun noch ergän­zen: zu sehr an den Inter­es­sen von pri­vi­le­gier­ten und beque­men Autofahrer:innen inter­es­siert. Aber das sind eben die unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven. Mathi­as Kers­t­ing könn­te das alles noch etwas genau­er erklä­ren. Aber er möch­te sein Schrei­ben nicht kom­men­tie­ren. Er habe sei­ne Grün­de dar­ge­legt, aber es sol­le nicht der Ein­druck ent­ste­hen, er wol­le nach­tre­ten, sagt er am Telefon.

Viel gebaut, aber sozialer Wohnraum schrumpft

Als zwei­tes Bei­spiel für die inhalt­li­chen Dif­fe­ren­zen nennt Kers­t­ing in sei­nem Schrei­ben die Woh­nungs­po­li­tik. „Bezahl­ba­res Woh­nen ist eine der zen­tra­len Zukunfts­fra­gen für unse­re Stadt“, schreibt er. Er wol­le in kei­ner Stadt leben, in der nur Wohl­ha­ben­de leben kön­nen und Nor­mal­ver­die­ner ins Umland ver­drängt werden.

In der SPD fra­gen sich nun vie­le: War­um wech­selt er dann aus­ge­rech­net zur CDU? Die Par­tei gilt nicht unbe­dingt als Lob­by­is­tin von Men­schen, die sich kaum eine Woh­nung leis­ten kön­nen. Müns­ter hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zwar viel gebaut, zuletzt sogar so viel wie seit über 20 Jah­ren nicht mehr. Außer­dem beschloss der Rat vor sie­ben Jah­ren ein Modell zur För­de­rung von sozia­lem Wohn­raum, das heu­te ande­ren Städ­ten als Vor­bild gilt. Zuletzt über­traf Müns­ter zum vier­ten Mal in Fol­ge das selbst­ge­steck­te Ziel, pro Jahr min­des­tens 300 staat­lich geför­der­te Woh­nun­gen zu bau­en. Doch die Pro­gram­me lau­fen nur für einen begrenz­ten Zeit­raum, danach wer­den die Woh­nun­gen auf dem frei­en Markt vermietet. 

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren sind mehr För­de­run­gen aus­ge­lau­fen, als neue Sozi­al­woh­nun­gen ent­stan­den sind. Damit ergibt sich unter dem Strich ein ande­res Bild als in den Pres­se­mit­tei­lun­gen der Stadt: Der öffent­lich geför­der­te Wohn­raum in Müns­ter ist in 20 Jah­ren stark geschrumpft (Sei­te 38). Im Jahr 2000 gab es in Müns­ter noch über 12.000 Sozi­al­woh­nun­gen, im ver­gan­ge­nen Jahr waren es nach Zah­len der Stadt Müns­ter genau 8.326. Zuletzt, das gehört auch zum voll­stän­di­gen Bild, stand unter dem Strich ein Plus. Seit 2015 sind wie­der etwa 700 Woh­nun­gen hin­zu­ge­kom­men (hier aktu­el­le Zah­len der Stadt). Aber vom alten Niveau ist man immer noch weit entfernt. 

Hin­ter der vom kon­ser­va­tiv-libe­ra­len Spek­trum favo­ri­sier­ten Woh­nungs­po­li­tik steht grob umris­sen die Über­zeu­gung: Die Prei­se sind hoch, weil Woh­nun­gen knapp sind. Wenn wir mög­lichst viel bau­en, wächst das Ange­bot, die Prei­se sin­ken, das Pro­blem löst sich irgend­wann von selbst. 

Men­schen, die eine eher lin­ken Woh­nungs­po­li­tik befür­wor­ten, bezwei­feln, dass sich das Pro­blem so auf eine gute Wei­se löst: Wenn viel gebaut wird, wächst vor allem das Ange­bot an Wohn­raum, mit dem sich viel Geld ver­die­nen lässt. Das führt dazu, dass Men­schen mit Geld in die teu­ren Gegen­den zie­hen. Dazu gehö­ren die Innen­städ­te. Men­schen mit weni­ger Geld müs­sen dann in den Vier­teln leben, die nicht ganz so beliebt sind. Daher sind eher lin­ke Par­tei­en davon über­zeugt, dass stär­ke­re Ein­grif­fe in den Woh­nungs­markt nötig sind. Oder wie Mathi­as Kers­t­ing im Janu­ar 2020 bei Twit­ter schrieb: „Ent­schei­dend ist doch nicht allei­ne, wie vie­le Woh­nun­gen gebaut wer­den, son­dern wie vie­le davon bezahl­bar sind.“

Aus Natur wird Bauland

Es spie­len noch wei­te­re Fra­gen eine Rol­le. Der Flä­chen­ver­brauch zum Bei­spiel ist ein gro­ßes Pro­blem. Tag für Tag wird in Deutsch­land eine Flä­che in der Grö­ßen­ord­nung von 73 Fuß­ball­fel­dern umge­wid­met: Aus Natur wird Bau­land. Wenn immer mehr Ein­fa­mi­li­en­haus­sied­lun­gen gebaut wer­den, geht immer mehr Natur ver­lo­ren. Mehr­fa­mi­li­en­haus-Sied­lun­gen ver­brau­chen weni­ger Platz. Unter ande­rem des­halb favo­ri­siert das Rats­bünd­nis die­se Vari­an­te. CDU und FDP sehen eher das Pro­blem, dass Men­schen dann gezwun­gen wären, ein Haus im güns­ti­ge­ren Umland zu bau­en oder zu kau­fen, weil sie es sich in der Stadt nicht leis­ten kön­nen oder weil es ein­fach kein Bau­land gäbe. Sie müss­ten auf nicht ganz so belieb­te Gegen­den aus­wei­chen. Im Prin­zip so wie Men­schen mit sehr wenig Geld, wenn auch auf einem ande­ren Niveau. 

Es gibt also schon gewis­se Par­al­le­len. Nur die einen schau­en auf die Inter­es­sen der Men­schen mit etwas mehr Geld, die ande­ren auf die Inter­es­sen der Men­schen mit etwas weniger. 

Mathi­as Kers­t­ing beschäf­tigt sich schon lan­ge mit dem The­ma. In einer über zwei­stün­di­gen Wahl­kampf­ver­an­stal­tung aus dem ver­gan­ge­nen Jahr, die noch bei You­tube zu fin­den ist, sprach er auf einem Podi­um über das Pro­blem, dass immer mehr jun­ge Fami­li­en aus der Stadt ins Umland zie­hen müs­sen, weil sie sich das Woh­nen in der Stadt nicht mehr leis­ten kön­nen. Er habe das gegoo­gelt, sagt er an einer Stel­le, und einen Arti­kel aus dem Jahr 2012 gefun­den, in dem das alles schon beschrie­ben sei. Über­schrift: „Stadt­flucht aus Kos­ten­grün­den“. Und schon da war es nicht neu. „Seit 2008 haben wir das Pro­blem, und wir haben es nicht geschafft, als Stadt eine Lösung anzu­bie­ten“, sagt Kers­t­ing. Als eine Frau vom Deut­schen Gewerk­schafts­bund spä­ter dar­auf hin­weist, dass es in der Stadt viel zu wenig Wohn­raum für Men­schen mit wenig Geld gebe, ant­wor­tet Kers­t­ing sehr aus­führ­lich. Und irgend­wann sagt er: „Es ist ein Markt­ver­sa­gen. Dass es einen Woh­nungs­markt gibt mit einem Markt­ver­sa­gen, das ist das Ver­schul­den der Poli­tik, das ist ein­fach so.“

Man kann sich nun dar­über wun­dern, dass Mathi­as Kers­t­ing zu der Par­tei wech­selt, die in Müns­ter über Jahr­zehn­te mit nur kur­zen Pau­sen die Poli­tik und damit auch die Woh­nungs­po­li­tik ver­ant­wor­tet hat. Aber auch hier könn­te man ein­wen­den: Woh­nen wird nicht nur in Müns­ter teu­rer, son­dern vor allem gene­rell in den Städ­ten, in denen Men­schen ger­ne leben – egal ob im Stadt­rat nun eine kon­ser­va­ti­ve oder eine eher lin­ke Mehr­heit sitzt. Und es kann ja sein, dass der Fokus der Men­schen, deren Inter­es­sen man poli­tisch ver­tritt, sich irgend­wann ändert. 

Leser:innen werben Leser:innen

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Dazwischen passt ein Flughafen

Mathi­as Kers­t­ing ist beruf­lich Pro­ku­rist des Archi­tek­tur­bü­ros Pfeif­fer, Eller­mann und Pre­ckel, das den Hafen­markt geplant hat. Im Rats­bünd­nis sitzt für die Grü­nen auch Rai­ner Bode, der mit einer Kla­ge ver­hin­dert hat, dass der Hafen­markt schon fer­tig ist. Zwi­schen die­sen bei­den Posi­tio­nen liegt wahr­schein­lich mehr als eine unter­schied­li­che Mei­nung, nichts Per­sön­li­ches, ein­fach ein and­res Den­ken. Ein ande­res Bei­spiel ist die regio­na­le Wirt­schafts­po­li­tik. FDP-Frak­ti­ons­chef Jörg Ber­ens sagt über Mathi­as Kers­t­ing: „Mit sei­ner Posi­ti­on zur Wirt­schaft konn­te ich schon immer gut leben.“ Und wenn man das zum Bei­spiel mit den Posi­tio­nen von Jule Heinz-Fischer ver­gleicht, der ver­kehrs­po­li­ti­schen Spre­che­rin der Grü­nen, muss man sagen: Dazwi­schen passt min­des­tens ein Flug­ha­fen. Und sol­che Unter­schie­de wer­den dann irgend­wann eben offenbar. 

Aber war­um gera­de jetzt, mit­ten in der Sit­zungs­pe­ri­ode, zwei Tage vor dem Haupt­aus­schuss? Ist etwas pas­siert, das die Ent­schei­dung aus­ge­löst hat? 

SPD-Frak­ti­ons­chef Mari­us Her­wig sagt, er wis­se nicht, war­um Kers­t­ing die­sen Zeit­punkt gewählt hat. Kers­t­ing selbst sagt dazu nichts. Die­se Fra­ge bleibt offen. 

Eine Ant­wort auf die Fra­ge, wel­che Moti­ve Kers­t­ing für den Wech­sel hat­te, könn­te im letz­ten Satz sei­nes Schrei­bens zu fin­den sein. „Eine Aus­übung des Rats­man­dats als Ein­zel­ver­tre­ter ermög­licht kei­ne rea­le Chan­ce, unse­re Stadt posi­tiv zu gestal­ten“, schreibt er. Wür­de er allei­ne wei­ter­ma­chen, wären die Chan­cen gering, dass er in vier Jah­ren noch ein­mal wie­der­ge­wählt wer­den könn­te. Das wäre wohl nicht anders gewe­sen, wenn er in der SPD geblie­ben wäre. Nach sei­nem Rück­zug als Frak­ti­ons­chef hat­te er sich als Hin­ter­bänk­ler ein­ge­rich­tet. Dass die Par­tei ihn noch ein ein wei­te­res Mal auf­ge­stellt hät­te, wird in der SPD bezwei­felt. Es hät­te eine poli­ti­sche Per­spek­ti­ve gefehlt, und die fin­det Kers­t­ing nun in der CDU.

Dort ist am Mon­tag nicht von „Irri­ta­tio­nen“ oder „Ent­täu­schung“ die Rede, son­dern von einem „muti­gen Schritt“. Die Begrü­ßung fiel herz­lich aus. Neue Par­tei­freun­din­nen und Par­tei­freun­de gra­tu­lier­ten. Doch selbst in der SPD sagt auch an die­sem Tag so gut wie nie­mand etwas Nega­ti­ves über Kers­t­ings Cha­rak­ter. Nur eine Sache. Er sei schon jemand, dem die­ser Sta­tus und die Ämter wich­tig sei­en – das sagt jemand zwar mit dem Ver­weis, das sei gar nicht nega­tiv gemeint. Doch rich­tig posi­tiv klingt es auch nicht. Sonst spre­chen aus den Reak­tio­nen eher spon­ta­ne Wut und Ent­täu­schung. „Ich hät­te mir vor­her ein klä­ren­des Gespräch gewünscht“, sagt einer. 

Aber wie kam es denn über­haupt zu dem Wech­sel? Kam der Mit­glieds­an­trag über­ra­schend bei der CDU an? Oder hat­te es schon län­ger Gesprä­che gege­ben? „Wir haben natür­lich vor­her mit­ein­an­der tele­fo­niert, viel mit­ein­an­der gespro­chen“, sagt Frak­ti­ons­chef Ste­fan Weber. 

Und ist schon klar, wel­che Auf­ga­ben Kers­t­ing in der neu­en Frak­ti­on bekom­men wird, wel­che Ämter? „Nein. Das ist alles noch viel zu früh“, sagt Weber. 

Zunächst hat Kers­t­ing nun Gast-Sta­tus in der Frak­ti­on. Bis die Par­tei über den Mit­glieds­an­trag ent­schie­den hat, wer­den noch eini­ge Tage ver­ge­hen, viel­leicht Wochen. Aber nach Pfings­ten wird Kers­t­ing bei der ers­ten Frak­ti­ons­sit­zung dabei sein, unab­hän­gig davon, wie sein Sta­tus dann aussieht.

Ein Zeichen vom Bündnis

Die inter­es­san­tes­te Fra­ge ist, was der Wech­sel nun für das Rats­bünd­nis aus Grü­nen, SPD und Volt bedeu­tet. In der Haupt­aus­schuss-Sit­zung mor­gen wäre das Bünd­nis noch nicht auf Stim­men aus ande­ren Par­tei­en ange­wie­sen, weil die SPD die Ver­tre­te­rin von Mathi­as Kers­t­ing in den Aus­schuss schickt. 

Doch dass sich etwas ver­än­dert hat, haben ande­re Par­tei­en schon wahr­ge­nom­men. Die Par­tei, die ödp und der par­tei­lo­se Geor­gi­os Tsa­ka­li­dis haben sich am Mon­tag­abend getrof­fen, um dar­über zu spre­chen wie es nun wei­ter­ge­hen könn­te. Für sie ergibt sich durch den Wech­sel eine gute Posi­ti­on. Bis­lang haben sie das Bünd­nis in so gut wie allen wich­ti­gen Fra­gen unter­stützt, ohne dass ihre Stim­men gebraucht wor­den wären. In Zukunft wird das anders sein. Geor­gi­os Tsa­ka­li­dis sagt am Diens­tag­mor­gen, das mer­ke er schon dar­an, dass bei ihm meh­re­re Ände­rungs­an­trä­ge ange­kom­men sei­en, zusam­men mit der Fra­ge, ob er sie nicht zusam­men mit dem Rats­bünd­nis stel­len wollen.

„Wir wer­den eine pro­gres­si­ve Poli­tik unter­stüt­zen, aber wir wol­len auch einen poli­tisch respekt­vol­len und wert­schät­zen­den Umgang“, sagt Tsa­ka­li­dis. Und wie könn­te die­se Wert­schät­zung aus­se­hen? Da hät­te Tsa­ka­li­dis schon eine Idee. „Neh­men wir das Fly­o­ver-Pro­jekt“, sagt er. „Es geht hier um zehn Mil­lio­nen Euro Steu­er­geld, die Brü­cke bringt uns beim Ziel Kli­ma­neu­tra­li­tät kein Stück wei­ter. wir und ein gro­ßer Teil der Bevöl­ke­rung wol­len sie nicht. Es wäre ein Zei­chen, wenn die Koali­ti­on sagt: Wir bau­en sie nicht.“

Ein so deut­li­ches Signal, wie Tsa­ka­li­dis es sich wünscht, wird es wohl nicht geben, also kein kla­res Nein zum Fly­o­ver. Das Bünd­nis will zual­ler­erst ein Gesamt­kon­zept, das die Ver­kehrs­pro­ble­me an die­ser Stel­le löst. Ohne Gesamt­kon­zept kei­ne Fahr­rad­brü­cke. So ist es am Abend zu hören. Das könn­te bedeu­ten: Wenn es zum Gesamt­kon­zept passt, kann es sein, dass der Fly­o­ver doch noch kommt. Mög­lich ist auch, dass man nach einer Mög­lich­keit sucht, so aus der Fly­o­ver-Num­mer her­aus­zu­kom­men, dass am Ende kei­ne Sei­te so rich­tig blöd dasteht. 

Eine paradoxe Situation

Bei ande­ren The­men könn­te das Bünd­nis sich mit ande­ren Par­tei­en zusam­men­tun, zum Bei­spiel mit der Lin­ken. Dort sieht man durch­aus Schnitt­men­gen, vor allem in der Ver­kehrs­po­li­tik, wenn auch nicht beim Fly­o­ver. Den wer­de man ableh­nen, sagt Frak­ti­ons­spre­cher Ulrich Tho­den. Grund­sätz­lich sei man sich in der Ver­kehrs­po­li­tik aber einig. „Wir brau­chen eine öko­lo­gi­sche Ver­kehrs­wen­de”, sagt Tho­den. Nur im Unter­schied zu den Grü­nen set­ze sei­ne Par­tei nicht nur auf den Rad­ver­kehr, son­dern auch auf den öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr. Und da sei sein Ein­druck, dass sich durch­aus schon etwas bewegt habe. 

Eine ande­re Mög­lich­keit wäre, bei ein­zel­nen The­men zusam­men mit der FDP abzu­stim­men. Frak­ti­ons­chef Jörg Ber­ens sieht in dem Par­tei­wech­sel von Mathi­as Kers­t­ing jeden­falls zunächst eine gute Nach­richt. „In der Sum­me wird es dadurch span­nen­der“, sagt er. Inhal­te und The­men rück­ten so wie­der in den Vor­der­grund. Man müs­se sich Gedan­ken machen und viel­leicht noch etwas ideen­rei­cher sein, um Mehr­hei­ten zu fin­den. The­men, bei denen er sich eine Zusam­men­ar­beit vor­stel­len kann, wären zum Bei­spiel die Coro­na-Fol­gen. Wes­sen Bedürf­nis­se sind jetzt wich­tig? Dar­über müs­sen man sicher noch reden. 

Wahr­schein­li­cher ist aller­dings, dass das Rat­haus-Bünd­nis sich eher in die ande­re Rich­tung ori­en­tie­ren wird. Und dann ergä­be sich eine Situa­ti­on, die auch ein biss­chen para­dox erscheint. Mathi­as Kers­t­ing hat die Koali­ti­on ver­las­sen, weil ihm das Bünd­nis anschei­nend doch etwas zu weit auf der lin­ken Sei­te steht. Und um sei­nen Weg­gang zu kom­pen­sie­ren, müss­te die Koali­ti­on noch ein biss­chen wei­ter nach links rücken, um ödp, Par­tei und Geor­gi­os Tsa­ka­li­dis etwas ent­ge­gen­zu­kom­men, zum Bei­spiel bei der Verkehrswende. 

Noch absur­der könn­te es eigent­lich nur wer­den, wenn das Bünd­nis am Ende doch noch platzt und Schwarz-Grün sich wie­der zusam­men­fin­det. Dann wür­de nichts mehr von dem umge­setzt, was Mathi­as Kers­t­ing im ver­gan­ge­nen Jahr ins SPD-Wahl­pro­gramm geschrie­ben hat. Aber er säße wie­der in einem Bünd­nis mit Rai­ner Bode. 

Kor­rek­tu­ren und Ergän­zun­gen, 19. Mai 2021 

In den Anga­ben zu Mathi­as Kers­t­ings Ämtern haben wir ergänzt, dass es sich nicht in allen Fäl­len um ordent­li­che Mit­glied­schaf­ten han­delt, son­dern teil­wei­se um stell­ver­tre­ten­de. Eine Über­sicht fin­den Sie hier.

Und eine wich­ti­ge Infor­ma­ti­on noch, damit kein fal­scher Ein­druck ent­steht: Mathi­as Kers­t­ing ist Pro­ku­rist des für den Hafen­markt zustän­di­gen Archi­tek­tur­bü­ros, hat sich aber bei allen Abstim­mun­gen zum Hafen­markt enthalten. 

Die Anga­ben zu den Sozi­al­woh­nun­gen haben wir um aktu­el­le Zah­len der Stadt Müns­ter ergänzt. Wie sich der Bestand an Sozi­al­woh­nun­gen in den ver­gan­ge­nen fünf Jah­ren ent­wi­ckelt hat, ist in die­ser Über­sicht zu sehen.

In aller Kürze

+++ Wenn sie den Brief nicht über­sprun­gen haben, haben Sie es gera­de schon gele­sen: Mor­gen um 16.30 Uhr tagt der Haupt­aus­schuss in der Hal­le Müns­ter­land, damit der nicht der gan­ze Rat kom­men muss. Die inter­es­san­tes­te Dis­kus­si­on wird wohl die über die Fahr­rad­brü­cke am Aasee sein, also die über den Fly­o­ver. Die Stadt­ver­wal­tung hat dazu noch einen neu­en Vor­schlag gemacht. Das Doku­ment ist noch nicht im Rats­in­for­ma­ti­ons­sys­tem zu fin­den, aber Max Brink­mann-Brand von der ödp hat es bei Twit­ter ver­linkt. Es sieht vor, dass die Ver­wal­tung nun erst mal ein Gesamt­kon­zept erar­bei­tet. Dann soll sie prü­fen, ob das För­der­geld nicht auch für eine eben­erdi­ge Lösung zu bekom­men wäre. So eine Lösung ohne Brü­cke wür­den die Grü­nen favo­ri­sie­ren, so ist zu hören, wäh­rend die SPD noch ein biss­chen am Fly­o­ver hän­ge. In jedem Fall möch­te das Rats­bünd­nis erst ein­mal eine Gesamt­lö­sung, das kam im Text schon vor. Die FDP arbei­tet par­al­lel eben­falls an einem Antrag, der am Abend noch nicht ganz fer­tig war. Aber Frak­ti­ons­chef Jörg Ber­ens schrieb: „Erst wenn es das vom Stadt­bau­rat für August ange­kün­dig­te inte­grier­te Gesamt­kon­zept gibt, kann über den Fly­o­ver ent­schie­den werden.“ 

+++ Ein paar inter­es­san­te Punk­te in der Tages­ord­nung wären noch: Die Stadt plant drei gro­ße Ver­kehrs­ver­su­che. Das wer­den wir uns alles noch ganz genau anschau­en. Die Hörs­t­erstra­ße soll ab August vor­über­ge­hend auto­frei wer­den, auch die vom Park­platz am Bült sol­len die Autos ver­schwin­den. Es wird vor­über­ge­hend eine durch­ge­hen­de Bus­spur vom Lud­ge­rik­rei­sel zum Lan­des­haus geben. Und auf der Pro­me­na­de soll der Rad­ver­kehr Vor­fahrt bekommen.

+++ Die Tages­ord­nung mit allen Doku­men­ten und Vor­la­gen fin­den Sie hier. Wie auch sonst steht unser Ange­bot: Wenn Sie sich für einen bestimm­ten Teil inter­es­sie­ren, sagen Sie Bescheid.

+++ Vie­les kann man sich gar nicht vor­stel­len, bevor man es nicht mit eige­nen Augen gese­hen hat, und ein biss­chen so ist es auch in die­sem Fall. Ein Poli­zist in Müns­ter soll das Foto eines Wehr­machts­pan­zers an sei­nem Ruck­sack getra­gen haben, mel­det die Deut­sche Pres­se-Agen­tur, hier nach­zu­le­sen beim Spie­gel. „Ich glaub, ich krieg die Tür nicht zu“, sag­te Müns­ters Poli­zei­prä­si­dent Falk Schna­bel. Nein, das stimmt natür­lich nicht, aber das hät­ten Sie nach der Nach­richt wahr­schein­lich auch schon wie­der für wahr gehal­ten. In Wirk­lich­keit sag­te Schna­bel: „Dass ein Ange­hö­ri­ger der Poli­zei im Dienst eine Abbil­dung eines Wehr­machts­pan­zers bei sich getra­gen haben soll, hat mich sehr betrof­fen gemacht.“ 

Corona-Update

158.400 Men­schen in Müns­ter haben inzwi­schen min­des­tens die ers­te Covid-Imp­fung bekom­men, mehr als 50.000 von ihnen sogar schon bei­de Impf­do­sen. In den nächs­ten drei Wochen wer­den noch Men­schen aus der Prio­ri­täts­grup­pe 3 geimpft. Ab dem 7. Juni bekom­men auch alle ande­ren Ter­mi­ne, wie die Lan­des­re­gie­rung heu­te mit­teil­te. Infor­ma­tio­nen zur Impf­kam­pa­gne hat die Stadt Müns­ter auf die­ser Web­sei­te zusammengestellt.

Und dann mel­det die Stadt auch lei­der noch zwei Todes­fäl­le: Eine 87-jäh­ri­ge Frau und ein 78-jäh­ri­ger Mann, die mit dem Coro­na­vi­rus infi­ziert waren, sind gestor­ben. Aktu­ell gel­ten 199 Men­schen aus Müns­ter als infi­ziert. In den Kran­ken­häu­sern der Stadt wer­den 28 Patient:innen behan­delt, davon elf auf der Inten­siv­sta­ti­on. Neun Men­schen wer­den beatmet.

Unbezahlte Werbung

Die Coro­na-Inzi­denz-Wer­te in Müns­ter sin­ken momen­tan ste­tig – und über­pro­por­tio­nal im Ver­hält­nis dazu wächst das Bedürf­nis wie­der aus­zu­ge­hen, zu essen, zu trin­ken – zu genie­ßen eben. Seit eini­gen Tagen ist das zumin­dest in der Außen­gas­tro­no­mie wie­der erlaubt, und wenn nun noch das Wet­ter mit­spielt, wird es in den Restau­rants und Cafés in den kom­men­den Tagen kaum noch Plät­ze geben. Umso schwie­ri­ger ist nun die Fra­ge, wen wir hier emp­feh­len wol­len, es gibt doch so viel Gutes in Müns­ter. Die Wahl fiel auf den Klei­nen Kie­pen­kerl, nicht nur, weil er so eine schö­ne Außen­ter­ras­se mit­ten in der Innen­stadt hat. Nein, er hat uns auch wäh­rend der Pan­de­mie nicht im Stich gelas­sen, mit sei­nem Essen, das per Lie­fe­rung nach Hau­se kam. Die Küche: Modern-west­fä­lisch, mit vie­len def­ti­gen Klas­si­kern, oft aus regio­na­ler Her­kunft – und eben­so oft auch sehr fleisch­las­tig. Aber es gibt auch vege­ta­ri­sche Alter­na­ti­ven, momen­tan natür­lich sai­son­be­dingt mit Spar­gel­ge­rich­ten. Und bei vie­len Spei­sen lässt die Küche auf Wunsch das Fleisch ein­fach weg. Auf der Web­site las­sen sich übri­gens Tische reser­vie­ren, was zumin­dest in der Anfangs­zeit Ent­täu­schun­gen verhindert.

Drinnen und Draußen

+++ Was muss pas­sie­ren, damit die Pari­ser Kli­ma­schutz­zie­le erreicht wer­den kön­nen? Und was geschieht, wenn das nicht gelingt? Ant­wor­ten auf die­se Fra­gen gibt mor­gen der Ener­gie­wen­de-For­scher Vol­ker Qua­sch­ning. Ab 17 Uhr hält er einen Vor­trag, anschlie­ßend kön­nen Sie Fra­gen stel­len und dis­ku­tie­ren. Wenn Sie sich zu der Online-Ver­an­stal­tung anmel­den möch­ten, schi­cken Sie eine E-Mail an die­se Adres­se.

+++ Am Don­ners­tag geht es schon wie­der ums Kli­ma, dies­mal dar­um, was die Bürger:innen tun kön­nen. Sie könn­ten zum Bei­spiel in einem Klima-Bürger:innenrrat mit­ent­schei­den, wie Müns­ter kli­ma­neu­tral wer­den soll. Und um die­ses Modell geht es bei einer Online-Ver­an­stal­tung des Bünd­nis­ses Kli­ma­ent­scheid Müns­ter. Nach einem Ein­stiegs­vor­trag von Andre­as Schiel, der sich beruf­lich unter ande­rem mit der Zukunft der Demo­kra­tie beschäf­tigt, dür­fen Sie selbst über die­se Fra­ge dis­ku­tie­ren – ein Probe-Bürger:innenrat sozu­sa­gen. Um 19 Uhr geht es am Don­ners­tag­abend los, hier fin­den Sie noch mehr Infos zu der Ver­an­stal­tung. Wenn Sie sich anmel­den möch­ten, schrei­ben Sie am bes­ten eine kur­ze Mail an die­se Adres­se.

+++ Kurz ein Blick aufs Wet­ter: Es gibt noch mehr Regen. Wenn Sie es sich mit einer Serie auf der Couch gemüt­lich machen möch­ten, ist die­ser Tipp für Sie. Mei­ne Kol­le­gin Johan­ne Burk­hardt emp­fiehlt die bri­tisch-japa­ni­sche Net­flix-Serie „Giri Haji“ (deutsch: Pflicht und Schan­de). Auf den ers­ten Blick geht es um einen Kri­mi­nal­fall, der einen tokio­ter Poli­zei­kom­mis­sar nach Lon­don führt. Auf den zwei­ten Blick geht es um ein inter­kul­tu­rel­les Fami­li­en­dra­ma, in dem die Gren­zen zwi­schen Ver­trau­en, Freund­schaft und Lie­be aus­ge­lo­tet wer­den. Und zwar von sehr gut geschrie­be­nen Cha­rak­te­ren, die einem schnell ans Herz wach­sen. Sie kön­nen sich hier selbst einen Ein­druck verschaffen.

Am Frei­tag schreibt Ihnen Con­stan­ze Busch. Haben Sie eine schö­ne Woche. Und blei­ben Sie gesund. 

Herz­li­che Grü­ße
Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Johan­ne Burk­hardt, Con­stan­ze Busch, Eva Strehlke


PS

Eine klei­ne Geschich­te von der Tank­stel­le. Man hat sich in der Pan­de­mie ja das Spa­zie­ren­ge­hen ange­wöhnt. Und vor ein paar Tagen kam ich abends an der blau­en Tank­stel­le an der Stein­fur­ter Stra­ße vor­bei. Da macht man natür­lich einen Zwi­schen­stopp. Wir waren zu zweit. Einer blieb drau­ßen, ich hol­te schnell zwei Bier, stell­te die Fla­schen auf den Tre­sen. Der Mann hin­ter der The­ke sag­te: „Die bei­den Bier?“ Ich sag­te: „Ja ja.“ Er erhob sei­nen Blick und sag­te sehr ernst: „Kann ich mal bit­te Ihren Aus­weis sehen?“ Ich, mitt­ler­wei­le doch schon 44, sag­te: „Das ist aber wirk­lich sehr nett von Ihnen.“ Er lächel­te jetzt auch unter sei­ner Mas­ke und lös­te auf: „Hab hab ich doch gewusst, dass ich Ihnen damit ‘ne Freu­de mache.“