Was wird aus Wilhelm? | Wir müssen reden | Das Lauschig

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Münster, 29. Juni 2021

zwei Jahre will die Westfälische Wilhelms-Universität Münster sich Zeit nehmen, um herauszufinden, ob sie ihren Namen behalten möchte. Das klingt, als hätte man sich ausufernd viel Zeit genommen für eine relativ leichte Aufgabe. Ob eine Person sich als Namenspatron einer Hochschule eignet, das werden Fachleute doch wohl beantworten können. Und es gibt ja sogar schon eine Einschätzung.

Eine Arbeitsgruppe hat sich ausführlich mit den Namensgeber beschäftigt. Vor einem Monat hat der Senat über den Abschlussbericht beraten. Er fasst unter anderem die neuesten Forschungsergebnisse zusammen. Das Urteil über Wilhelm lautet, er sei „überaus militaristisch und nationalistisch, antislawisch und geradezu obsessiv antisemitisch“ gewesen. Ist die Sache damit denn nicht klar? Warum also die zwei Jahre?

Eine Vorstellung davon, warum es sich lohnen könnte, sich etwas mehr Zeit zu nehmen, gab am vergangenen Donnerstag die Psychologin Johanna Weber in der ersten einer Reihe von Diskussionen zu diesem Thema. Titel: „What’s in a name?“ Auf Deutsch: Was verbirgt sich hinter einem Namen? Das ist ein Shakespeare-Zitat aus dem Drama Romeo und Julia. Und dort folgt danach der Satz: „Das, was wir eine Rose nennen, würde mit jedem anderen Namen genauso süß duften.“

Johanna Weber hat die Erfahrung gemacht, dass es im Falle von Menschen viel komplizierter ist. Bis vor drei Monaten war sie Rektorin der Hochschule in Greifswald, die bis Juni 2018 Ernst-Moritz-Arndt-Universität hieß, danach nur noch Universität Greifswald – wobei sie unter bestimmten Umständen auch weiterhin den alten Namen tragen darf. Das war ein Kompromissvorschlag, der zustande kam, weil Menschen eben nicht wie Rosen einfach nur süß duften. Ihr Leben setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Handlungen und Äußerungen, die zu unterschiedlichen Zeiten und von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich bewertet werden.

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