Wer hat in Münster das Sagen? | Lewe empfängt Signale | Heimat Heroes

Müns­ter, 14. Dezem­ber 2021

Guten Tag,

fan­gen wir heu­te an, etwas unge­wöhn­lich, mit einer Wahl­nach­le­se. Wie, Wahl­nach­le­se? Es hat doch gar kei­ne Wahl statt­ge­fun­den. Nein, nein. Aber nach der Kom­mu­nal­wahl im ver­gan­ge­nen Jahr ist immer noch eine wich­ti­ge Fra­ge offen. Sie beschäf­tigt seit Mona­ten die Poli­tik, im Ver­bor­ge­nen, hier und da auch öffent­lich. Nur ist das nicht immer auf den ers­ten Blick zu erken­nen. Die offe­ne Fra­ge lau­tet: Wer hat in Müns­ter denn nun das Sagen?

Die Ant­wort soll­te eigent­lich klar sein. Grü­ne, SPD und Volt haben sich nach der Wahl zu einer Koali­ti­on zusam­men­ge­schlos­sen. Ihre Mehr­heit haben sie durch den Wech­sel von Mathi­as Kers­t­ing von der SPD zur CDU zwi­schen­zeit­lich zwar ver­lo­ren. Doch für vie­le ihrer Plä­ne fin­den sie Unter­stüt­zung bei der Inter­na­tio­na­len Frak­ti­on, bei den Lin­ken oder bei der FDP. Außen vor bleibt meis­tens die CDU. Dabei hat­te sie bei der Wahl das bes­te Ergeb­nis. Ihr Kan­di­dat Mar­kus Lewe wur­de Ober­bür­ger­meis­ter, auch in den Krei­sen rund um Müns­ter regiert wei­ter die CDU.

Auf den ers­ten Blick spielt das für die Stadt­po­li­tik kei­ne Rol­le. Wenn Grü­ne, SPD und Volt mit der Unter­stüt­zung einer ande­ren Par­tei etwas beschlie­ßen, dann ist das beschlos­sen. Mehr­heit ist Mehr­heit. Doch meis­tens gibt der Rat vor­her der von der CDU geführ­ten Ver­wal­tung den Auf­trag, sich mit der Sache zu beschäf­ti­gen. In der Ver­wal­tung sit­zen die Fach­leu­te. Sie arbei­ten Ideen aus, beur­tei­len, was sinn­voll und mög­lich ist, sie machen Vor­schlä­ge. Das gibt der Ver­wal­tung eine gewis­se Macht. Die Fach­leu­te haben den ehren­amt­li­chen Rats­mit­glie­dern gegen­über oft einen Wis­sens­vor­sprung. Und sie kön­nen steu­ern, wann im Rat über wel­che The­men gespro­chen wird. 

Auf die­se Wei­se kön­nen sie Ent­schei­dun­gen beschleu­ni­gen oder hin­aus­zö­gern, sie kön­nen Debat­ten auch ersticken. 

Als die Ver­wal­tung im Früh­jahr ein Papier zur Idee ver­öf­fent­lich­te, die Pro­me­na­de und die Bis­marck­al­lee mit einer Fahr­rad­brü­cke zu ver­bin­den, einem soge­nann­ten Fly­o­ver, hat­ten die übri­gen Debat­ten erst ein­mal Pause. 

Die Ver­wal­tung kann durch gutes Timing auch direkt Ein­fluss auf Pro­jek­te neh­men. Wenn sie die neu­en Bebau­ungs­plä­ne zum Hafen­markt genau dann ver­öf­fent­licht, wenn der Bau­herr Stroet­mann alles vor­be­rei­tet hat und gleich los­le­gen kann, steigt die Wahr­schein­lich­keit, dass alles fer­tig ist, bevor ein Gericht den Bau wie­der stop­pen kann. 

Wenn die Ver­wal­tung selbst einen Vor­schlag macht, kann der Ober­bür­ger­meis­ter sagen: Das unter­schrei­be ich nicht. Im Zwei­fel erfährt die Öffent­lich­keit dann von die­sem Vor­schlag nie etwas. 

Das sind eini­ge Hebel, die zur Ver­fü­gung ste­hen, um Poli­tik zu machen. Von außen lässt sich oft nicht sagen, ob etwas lan­ge dau­ert, weil es so auf­wän­dig ist, oder weil es noch nicht fer­tig wer­den soll. 

Somit kann man bei Ver­zö­ge­run­gen kaum bewer­ten, ob die Rat­haus-Koali­ti­on getrö­delt hat, oder ob die Ver­wal­tung auf der Brem­se steht. Man darf aber davon aus­ge­hen, dass die Ver­wal­tung die­se Hebel bewusst ein­setzt. Hier regiert die CDU mit. 

Populismus in Reinform

Das alles fin­det im Hin­ter­grund statt, aber auch jen­seits der Ver­wal­tung und des Stadt­par­la­ments wird Poli­tik gemacht. Über die Öffent­lich­keit, über die Medi­en, über poli­ti­schen Druck. 

Beson­ders gut lässt sich das in der Ver­kehrs­po­li­tik beob­ach­ten. Im Novem­ber ver­öf­fent­lich­te der Ober­bür­ger­meis­ter bei Insta­gram ein Video (man muss sich lei­der ein­log­gen), in dem er nach der Rats­sit­zung die Ent­schei­dung des Rats­bünd­nis­ses gegen ein Wohn­ge­biet und die Ver­kehrs­po­li­tik kri­ti­sier­te (hier der RUMS-Brief dazu). Er sprach in sei­ner Funk­ti­on als Stadt­ober­haupt, aber er gab die Posi­ti­on sei­ner Par­tei wieder.

In der ver­gan­ge­nen Woche haben Mar­kus Lewe und die vier Land­rä­te der Krei­se Coes­feld (CDU), Waren­dorf (CDU), Bor­ken (CDU) und Stein­furt (par­tei­los, aber frü­her CDU) zusam­men eine Erklä­rung ver­fasst, die Müns­ters Ver­kehrs­po­li­tik scharf ver­ur­teilt (die Grü­nen haben sie hier ver­öf­fent­licht).

Sie nen­nen die Poli­tik „eng­stir­nig“ und „rück­sichts­los“. Die bei­den Wör­ter haben es dann so auch in die größ­te Über­schrift auf die Titel­sei­te der West­fä­li­schen Nach­rich­ten geschafft („Eng­stir­nig und rück­sichts­los“). Die CDU-Poli­ti­ker bau­en ein Sze­na­rio auf, das das Schlimms­te befürch­ten lässt. Sie fragen: 

„Will Müns­ter die Berufs­pend­ler aus der Regi­on ver­trei­ben? Will Müns­ter, dass sich die Kun­den ande­re Zie­le suchen zu Las­ten sei­nes Ein­zel­han­dels in Müns­ter und tau­sen­der Beschäf­tig­ter? Will Müns­ter sei­ne ober­zen­tra­len Ein­rich­tun­gen des Han­dels, der Kul­tur oder der Bil­dung und Wis­sen­schaft aus der Stadt dezentralisieren?“

Mar­kus Lewe und die Land­rä­te schü­ren Angst. Aber war­um machen sie das? Eine nahe­lie­gen­de Erklä­rung ist: Im Mai sind Land­tags­wah­len. Die von der CDU geführ­te Lan­des­re­gie­rung hat sich die drei Wahl­krei­se schon im ver­gan­ge­nen Jahr so zurecht­ge­schnit­ten, dass sie gute Chan­cen hat, dort zu gewin­nen. Und das The­ma Mobi­li­tät betrifft und berührt alle Men­schen. Hier lässt sich gut Poli­tik mit Emo­tio­nen machen. 

In sei­nem Video im Novem­ber for­der­te Mar­kus Lewe die Men­schen auf, zur „Sach­lich­keit und Fach­lich­keit“ zurück­zu­keh­ren. Dar­an scheint er sich nun nicht mehr zu erin­nern. Schon die Fra­gen in dem Schrei­ben sind Popu­lis­mus in Rein­form. Sach­lich wäre es, sie alle noch in der Erklä­rung mit Nein zu beantworten. 

Wie wenig sach­lich die Fra­gen sind, wird deut­lich, wenn man sie mit dem abgleicht, was in Müns­ter geplant ist. Neh­men wir die ers­te Fra­ge: Will Müns­ter die pen­deln­den Men­schen aus der Regi­on vertreiben? 

Das Rats­bünd­nis möch­te, das kann man im Koali­ti­ons­ver­trag nach­le­sen, den Dom­platz, die Pfer­de­gas­se und die Königs­stra­ße vom Durch­gangs­ver­kehr befrei­en, spä­ter will das Bünd­nis Park­häu­ser umwan­deln, unter ande­rem zu Quar­tiers­ga­ra­gen. Den Bült wol­len die Par­tei­en für den Durch­gangs­ver­kehr schlie­ßen, zunächst test­wei­se. Und es sol­len neue Bus­spu­ren ent­ste­hen. Das sind die größ­ten Eingriffe. 

Müns­ters größ­te Arbeit­ge­ber sind die Uni­kli­nik, die Uni­ver­si­tät, die Stadt­ver­wal­tung, die LVM-Ver­si­che­rung, die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung, Bril­lux und BASF Coa­tings. Die meis­ten der Men­schen, die dort arbei­ten und viel­leicht auch dort­hin pen­deln, wer­den von den Maß­nah­men kaum betrof­fen sein. Für Men­schen, die mit­ten in der Stadt arbei­ten, bie­tet es sich sogar an, mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln zu kom­men. Vom Bahn­hof aus erreicht man die gesam­te Innen­stadt inner­halb weni­ger Minu­ten. Wich­tig ist das Auto für die Arbeits­plät­ze, die in den Außen­be­zir­ken liegen.

Acht Parkhäuser voller Neuzulassungen

Aber natür­lich, die Plä­ne des Rats­bünd­nis­ses wer­den auch zu Pro­ble­men füh­ren. Schaut man auf die abso­lu­ten Zah­len der in die Stadt pen­deln­den Men­schen, zeigt sich: Die­se Men­schen kön­nen nicht alle sofort auf die öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel umstei­gen. 105.000 Men­schen fah­ren täg­lich aus dem Umland nach Müns­ter, 123.000 pen­deln inner­halb der Stadt, die meis­ten fah­ren mit dem Auto. 

Und es wer­den immer mehr. Allein die Zahl der Fahr­zeu­ge in Müns­ter ist im ver­gan­ge­nen Jahr um knapp 4.000 gestie­gen. Das sind in etwa so vie­le Autos, wie in den acht Park­häu­sern der städ­ti­schen Park­haus­ge­sell­schaft Platz fin­den. Im Umland ver­läuft die Ent­wick­lung ähn­lich. Jahr für Jahr kom­men tau­sen­de neue Autos hin­zu. Die drän­gends­te Fra­ge ist zunächst nicht: Wie bekom­men wir die Autos aus der Stadt? Son­dern: Wie ver­hin­dern wir, dass es mehr werden?

Dazu schrei­ben Mar­kus Lewe und die Land­rä­te nichts. Ihr Vor­schlag ist: Öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel aus­bau­en. Attrak­ti­ve Alter­na­ti­ven zum Auto schaf­fen. Sie schrei­ben: „Wir sind davon über­zeugt, dass die ange­streb­te Ver­rin­ge­rung der Auto­fahr­ten nicht durch Ver­bo­te oder mora­li­sche Vor­hal­tun­gen erreicht wer­den kann, son­dern nur durch ein bes­se­res, zuver­läs­si­ges und ange­neh­mes Alternativangebot.“

Das Schrei­ben ist ein Signal an die auto­fah­ren­den Men­schen. Ihnen möch­te man die Angst vor dem Mobi­li­täts-Gru­sel­ka­bi­nett neh­men, das man selbst auf­ge­stellt hat. Sie sol­len sich nicht vor Ver­än­de­run­gen fürch­ten müssen. 

Aber auch nach Müns­ter geht durch die Unter­schrift von Mar­kus Lewe unter der Erklä­rung eine Bot­schaft. Sie lau­tet: Die CDU mag im Rat kei­ne Mehr­heit mehr haben, aber wenn wir den Radi­us etwas grö­ßer zie­hen, bestimmt sie immer noch, wo es langgeht. 

Es ist ein Macht­kampf. Und die­ser Macht­kampf lässt sich auf zwei Fra­gen her­un­ter­bre­chen. Die eine lau­tet: Wie wich­tig ist uns der Kli­ma­schutz? Ist die­ses Ziel so wich­tig, dass wir dafür auch Nach­tei­le in Kauf neh­men? Oder haben ande­re Din­ge erst ein­mal Priorität?

Die Land­rä­te und Müns­ters Ober­bür­ger­meis­ter geben mit ihrem Schrei­ben eine auf den ers­ten Blick ein­deu­ti­ge Ant­wort. Das Wort Kli­ma kommt in ihrem Text nicht vor. Es scheint in ihren Erwä­gun­gen kei­ne Rol­le zu spielen.

Und auch, wenn vie­le sich das anders wün­schen wür­den, muss man fest­stel­len: Das ent­spricht dem, was ein gro­ßer Teil der Men­schen denkt, vor allem im Umland, wo Kli­ma­schutz etwa durch den Ver­zicht auf ein Auto für ein­zel­ne Men­schen mehr Nach­tei­le mit sich bringt als in der Stadt. Das Bewusst­sein mag da sein. Aber mor­gens auf dem Weg zur Arbeit drei Mal umstei­gen und dann auch noch län­ger unter­wegs sein? Da zieht das Kli­ma in vie­len Fäl­len den Kürzeren.

Ein Dilemma, keine Lösung

In der Öko­no­mie spricht man von der Gegen­warts­prä­fe­renz. 100 Euro heu­te sind einem Men­schen mehr wert als 100 Euro plus Zin­sen in 30 Jah­ren. Des­we­gen zwingt der Staat Men­schen zu einer Ren­ten­ver­si­che­rung. Kli­ma­schutz auf der Stra­ße ist frei­wil­lig. Aber funk­tio­niert das?

In der Ver­kehrs­for­schung hält man Anrei­ze allein für kei­ne erfolg­ver­spre­chen­de Stra­te­gie. Die Wis­sen­schaft sieht den bes­ten Weg in einer Kom­bi­na­ti­on aus soge­nann­ten Push- und Pull-Maß­nah­men. Zie­hen und Drü­cken. Pull-Maß­nah­men sind Anrei­ze, die Men­schen zu Ver­hal­tens­än­de­run­gen bewe­gen. Güns­ti­ge­re Tickets, bes­se­re Bus­ver­bin­dun­gen, höhe­re Takt­zei­ten. Push-Maß­nah­men drän­gen Autos aus der Stadt. Durch Zufahrts­be­schrän­kun­gen, höhe­re Gebüh­ren oder dadurch, dass Park­plät­ze verschwinden. 

Die Par­tei­en haben hier unter­schied­li­che Prä­fe­ren­zen. Die CDU-Posi­ti­on ist: Erst mal kei­ne Ver­bo­te, kei­ne Erschwer­nis­se und kei­ne höhe­ren Kos­ten, bis es gute Alter­na­ti­ven zum Auto gibt, so heißt es immer. Dar­auf, wann die Alter­na­ti­ven gut genug sein wer­den, mag sich nie­mand so recht festlegen. 

Das Rat­haus­bünd­nis möch­te es dem Auto schon heu­te schwe­rer machen, hat aber auf der Sei­te der Anrei­ze wenig zu bie­ten. Für gro­ße Schrit­te im Aus­bau des öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehrs fehlt das Geld. Das zeigt der Haus­halt, der mor­gen ver­ab­schie­det wird. Und im Moment wür­de der Aus­bau schon dar­an schei­tern, dass kaum Per­so­nal zu fin­den ist, das die zusätz­li­chen Bus­se fah­ren könn­te. In der Regi­on gibt es noch ein wei­te­res Pro­blem. Wer soll für den Aus­bau zah­len? Die Land­rä­te zei­gen auf den Ober­bür­ger­meis­ter, der wie­der­um zeigt auf die Landräte. 

Eine Lösung für das Dilem­ma gibt es nicht. Wenn es lau­fen wür­de, wie die CDU es sich vor­stellt, wür­de das ver­mut­lich bedeu­ten: In den nächs­ten Jah­ren pas­siert zunächst gar nichts, bis Alter­na­ti­ven da sind. Nur das wie­der­um wür­de hei­ßen: Das Ver­kehrs­pro­blem bleibt nicht, wie es ist. Es wür­de sich wahr­schein­lich ver­schär­fen. Und das mit­ten im Klimanotstand. 

Im ande­ren Fall ist die Fra­ge, ob aus dem Gefühl her­aus, dass jetzt end­lich schnell etwas pas­sie­ren muss, nicht ande­res aus dem Blick gerät. 

Ein Gedankenexperiment

Um sich das zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, hilft es, den Kli­maaspekt aus der Debat­te her­aus­zu­lö­sen. Damit wären wir bei der zwei­ten Fra­ge, um die es in die­sem Macht­kampf geht. Sie lau­tet: Wem gehört der öffent­li­che Raum? 

Dazu ein Gedan­ken­ex­pe­ri­ment. Ange­nom­men, es wür­de gelin­gen inner­halb von 15 Jah­ren den gesam­ten Stra­ßen­ver­kehr auf Elek­tro-Autos umzu­stel­len. Und die­se Autos wür­den mit Strom fah­ren, der kli­ma­neu­tral pro­du­ziert wird. Gäbe es nur das Kli­ma­pro­blem, könn­te man sagen: Dann haben wir das doch gelöst. Die Autos sind lei­se, sie stin­ken nicht mehr. Kön­nen sie dann nicht in der Stadt bleiben?

Auch bei den Grü­nen gibt Men­schen, die sagen wür­den: Ja, im Prin­zip schon. Aber es gibt auch die ande­ren. In der Debat­te geht es näm­lich nicht nur um das Kli­ma, son­dern vor allem um eine Ver­tei­lungs­fra­ge. Der Auto­ver­kehr, auf den in den Städ­ten jah­re­lang alles zuge­schnit­ten wur­de, soll abge­ben, damit auch ande­re mehr Raum bekom­men: der Rad­ver­kehr und Men­schen, die zu Fuß gehen.

Damit ver­läuft eine Kon­flikt­li­nie zwi­schen denen, die in der Stadt woh­nen und nicht län­ger ein­se­hen, war­um sie die Abga­se und das gan­ze Blech vor ihrer Tür ertra­gen sol­len – und denen, die abge­ben sol­len und dadurch etwas ver­lie­ren, von dem sie den­ken, dass es ihnen zusteht. Das sind oft Men­schen, die etwas außer­halb woh­nen oder im Umland.

Aus Per­spek­ti­ve der einen besteht hier ein Ungleich­ge­wicht, das kor­ri­giert wer­den muss, indem man den Autos Raum nimmt. Aus der Per­spek­ti­ve der ande­ren droht hier ein Gleich­ge­wicht in Schief­la­ge zu gera­ten, indem die Autos nicht mehr den Platz bekom­men, den sie immer genutzt haben. 

Mit der Kom­mu­nal­wahl vor einem Jahr hat sich in Müns­ter die Macht derer ver­scho­ben, die dar­über ent­schei­den. Jetzt befin­den wir uns mit­ten in den Ver­hand­lun­gen. So etwas gelingt sel­ten ohne Kon­flik­te, Wider­stän­de und Rei­bun­gen. Wer akzep­tiert schon ein­fach so Gebietsverluste? 

Wie es aus­geht, ist nicht klar. Mög­lich ist, dass die Men­schen das Rat­haus­bünd­nis im Jahr 2025 wie­der abwäh­len, weil ihnen die Ver­än­de­run­gen zu weit gehen. Mög­lich ist auch, dass sie sich lang­sam an sie gewöh­nen, dass kon­ser­va­ti­ve Kräf­te hier ein­fach das machen, was kon­ser­va­ti­ve Kräf­te übli­cher­wei­se tun: Ver­än­de­run­gen ent­schleu­ni­gen. Aber mög­lich ist auch, dass alles viel län­ger dau­ern wird, als vie­le sich wün­schen üur­den – und im schlech­ten Fall, als Zeit ist. 

In jedem Fall ist hier etwas in Bewe­gung gera­ten. Das zeigt die Erklä­rung von Müns­ters Ober­bür­ger­meis­ter und den Land­rä­ten. Und wo sich etwas bewegt, da lässt sich auch etwas ver­än­dern. Wenn den Land­rä­ten etwas dar­an gele­gen ist, dass die Men­schen aus ihren Städ­ten wei­ter gut nach Müns­ter kom­men, und dar­auf deu­tet das Schrei­ben hin, dann wäre das ein guter Ein­stieg in eine Ver­hand­lung, zum Bei­spiel dar­über, wie man zusam­men einen bes­se­ren Bus­ver­kehr zwi­schen Müns­ter und der Umge­bung finan­zie­ren könn­te. Viel­leicht lässt sich auch da ja etwas bewegen. 

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In aller Kürze

+++ End­lich Neu­ig­kei­ten zum Musik-Cam­pus, aber dann lei­der auch wie­der nur so halb. Eine Neu­ig­keit ist immer­hin: Zwei Minis­te­ri­en haben Mar­kus Lewe offen­bar „Signa­le“ gege­ben, dass sie bereit sei­en, den Musik-Cam­pus zu för­dern, schreibt die CDU-Frak­ti­on in einer Pres­se­mit­tei­lung. Dar­in bestä­tigt Lewe auch erst­mals, dass der Cam­pus 300 Mil­lio­nen Euro kos­ten wer­de, wie die West­fä­li­schen Nach­rich­ten Ende August berich­tet hat­ten. Jetzt fehlt noch eine Ver­wal­tungs­vor­la­ge, in der alles Wei­te­re steht. Dann könn­te der Rat beschlie­ßen, dass der Cam­pus tat­säch­lich gebaut wird. Die Vor­la­ge sei auch schon fer­tig, schreibt die CDU-Frak­ti­on. Aber weil die Grü­nen heu­te einen gan­zen Schwung Fra­gen zu dem Pro­jekt an den Ober­bür­ger­meis­ter geschickt haben, lie­ge das Papier zur Rats­sit­zung mor­gen jetzt noch nicht auf dem Tisch, so heißt es (grob zitiert). Die Grü­nen wol­len etwa wis­sen, wie sich die Kos­ten zwi­schen Stadt und Land auf­tei­len, wer die Betriebs­kos­ten in wel­cher Höhe trägt, und wel­che Vor­tei­le sich denn über­haupt aus der Zusam­men­ar­beit zwi­schen Stadt und Land erge­ben. Die Lis­te der Fra­gen haben die Grü­nen hier zusam­men mit ihrer Pres­se­mit­tei­lung veröffentlicht. 

+++ Auf dem Dom­platz haben ges­tern Abend 1.200 Men­schen gegen die Coro­na­maß­nah­men, die Impf­kam­pa­gne und noch irgend­was ande­res demons­triert. Eine Gegen­de­mo war auch vor Ort. Der WDR hat einen klei­nen Bei­trag gedreht. Peter Bal­int, noto­ri­scher Schwurb­ler und einer der Initia­to­ren des Auf­marschs, hat den West­fä­li­schen Nach­rich­ten vor­ab ein paar Zita­te durch­ge­ge­ben. Zum Bei­spiel: „Ich gehe davon aus, dass die Imp­fung nichts bringt.“ Und: „Wir glau­ben, dass Mas­ken nichts brin­gen.“ Viel­leicht hat er ja noch wei­te­re Din­ge gesagt, die dann aber aus Platz­grün­den nicht ver­wen­det wur­den. Zum Bei­spiel: „Wir sind fest davon über­zeugt, dass es in Müns­ter im kom­men­den Jahr nicht reg­nen.“ Oder: „Wir den­ken, dass Armi­nia Bie­le­feld im nächs­ten Jahr die Cham­pi­ons League gewinnt.“ Aber das sind jetzt wirk­lich nur Vermutungen. 

+++ Die Stadt­wer­ke wol­len den Gaso­me­ter ver­kau­fen. Des­we­gen läuft zum Ende des Jah­res der Miet­ver­trag mit dem Ver­ein Sozi­al­pa­last aus, der dort seit die­sem Jahr Work­shops, Kon­zer­te, Kunst­per­for­man­ces und Knei­pen­aben­de ver­an­stal­tet. Die Inter­na­tio­na­le Frak­ti­on bean­tragt mor­gen Abend im Rat, den Miet­ver­trag zu ver­län­gern. Doch das ist unwahr­schein­lich. Soll­te es den Stadt­wer­ken gelin­gen, das Gebäu­de zu ver­kau­fen, könn­te das dem Unter­neh­men finan­zi­ell etwas Luft ver­schaf­fen. Mit der Ener­gie­spar­te ver­die­nen die Stadt­wer­ke Geld, beim Bus­ver­kehr zahlt das Unter­neh­men drauf, in der Coro­na­zeit sind die Bus­se lee­rer als sonst. Und dazu muss man noch pro Jahr 6,5 Mil­lio­nen Euro an die Stadt abdrü­cken. Das aus etwa 30 Men­schen bestehen­de Kul­tur­kol­lek­tiv hat noch ein biss­chen, dass die Stadt den Gaso­me­ter über­nimmt. Wahr­schein­li­cher aber ist, dass das Kol­lek­tiv erst mal blei­ben darf, bis die Stadt­wer­ke mit ihrer Aus­schrei­bung so weit sind. Mor­gen Abend ent­schei­det der Rat. Den Live­stream fin­den Sie hier.

+++ Der Ver­kehrs­club Deutsch­land möch­te, dass die Stadt die durch­ge­hen­de Bus­spur vom Lud­ge­ri­platz bis zum Mau­ritz­tor bei­be­hält, opti­miert und auch an ande­ren Stel­len pro­biert, wie sich die Bus­se beschleu­ni­gen las­sen, zum Bei­spiel am Lud­ge­ri­platz und an der Wese­ler Stra­ße. Am Frei­tag um 14 Uhr will der Club dafür demons­trie­ren. Los geht es um 14 Uhr vor dem Hauptbahnhof. 

+++ Die Stadt Müns­ter zahlt Eltern ab nächs­tem Jahr einen Zuschuss, wenn sie Stoff­win­deln ver­wen­den, und zwar 60 Pro­zent der Kos­ten, maxi­mal 120 Euro im Jahr. Die För­de­rung ist auf zwei Jah­re begrenzt, im Topf lie­gen 20.000 Euro. Kin­der­win­deln machen in Müns­ter laut Moa­na Fromm­ber­ger vom Stoff­win­del­treff knapp sechs Pro­zent des Rest­mülls aus. Die Stadt­ver­wal­tung hat­te zunächst emp­foh­len, die För­de­rung nicht zu zah­len. Sie begrün­de­te das unter ande­rem mit der schlech­ten Öko­bi­lanz der Win­deln und zusätz­li­chen Per­so­nal­kos­ten. Der Ver­ein Zero Was­te Müns­ter kri­ti­sier­te die Emp­feh­lung, schreibt der Ver­ein in einer Mit­tei­lung. Die zugrun­de lie­gen­den Daten sei­en 20 Jah­re alt und die Ver­wal­tung des För­der­topfs kön­ne der Ver­ein auch selbst über­neh­men. So wird es nun gemacht. Das hat der Finanz­aus­schuss vor einer Woche beschlossen. 

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Post von Leser:innen

Wir haben Post bekom­men. Zum einen von Ste­phan Non­hoff, dem grü­nen Bür­ger­meis­ter für den Bezirk Mit­te. Er hat sich über die Kolum­ne von Micha­el Jung am Sonn­tag geär­gert, in der Jung zwei grü­nen Bezirks­bür­ger­meis­tern nach Non­hoffs Wor­ten „dilet­tan­ti­sche Brech­stan­gen­po­li­tik“ vor­ge­wor­fen hat­te. Das The­ma „Umgang mit der Ver­gan­gen­heit“ tau­ge nicht für sol­che par­tei­po­li­ti­schen Spiel­chen, schreibt Non­hoff. Den kom­plet­ten Text fin­den Sie hier.

Und dazu gleich noch ein Hin­weis: Unter der Kolum­ne von Micha­el Jung fin­den Sie noch wei­te­re Kom­men­ta­re, unter ande­ren einen der CDU-Rats­frau Babet­te Lich­ten­stein van Len­ge­rich, die dort auf die Kri­tik von Micha­el Jung reagiert. 

Chris­ti­an Lad­leif vom Bünd­nis Kli­ma­ent­scheid Müns­ter hat anschei­nend schon vor­ab erra­ten, wor­um es heu­te im RUMS-Brief gehen wird. Er kom­men­tiert in sei­ner Zuschrift die Erklä­rung der Ober­bür­ger­meis­ter und Land­rä­te zur Ver­kehrs­po­li­tik in Müns­ter. Lad­leif schreibt: „Statt sich mas­siv für den Aus­bau des ÖPNV stark zu machen und sich an der Finan­zie­rung von Bus­li­ni­en und Zubrin­gern zu den Bahn­hö­fen im Umland zu betei­li­gen, fällt den Land­rä­ten nichts Bes­se­res als eine Ver­kehrs­po­li­tik von Ges­tern ein.“ Hier Lad­leifs kom­plet­ter Kom­men­tar.

Corona-Update

Die Stän­di­ge Impf­kom­mis­si­on hat sich am Mon­tag zu einer Ent­schei­dung durch­ge­run­gen: Seit die­ser Woche kön­nen auch Kin­der zwi­schen fünf und elf Jah­ren gegen Coro­na geimpft wer­den. Die Stadt Müns­ter ver­gibt seit heu­te über das Impf­por­tal www.impfen.ms neue Ter­mi­ne. Ins­ge­samt ste­hen bis Anfang Janu­ar laut Stadt 3.000 Impf­do­sen zur Verfügung. 

Eine nicht so gute Nach­richt kam ges­tern noch rein. Bei einem Paar­tanz-Fes­ti­val in einer Tanz­schu­le in Müns­ter und in den Sport­hal­len Horst­ma­rer Land­weg Anfang Dezem­ber haben sich trotz der Regel G2+ (geimpft oder gene­sen plus Test) bis­lang 14 Men­schen mit Coro­na infi­ziert, drei von ihnen mit der Omi­kron-Vari­an­te, mel­det die Stadt. An dem Fes­ti­val hat­ten etwa 130 Men­schen teil­ge­nom­men, vie­le kamen von außer­halb, eini­ge aus dem Aus­land. Mög­li­cher­wei­se kom­men noch eini­ge Infek­tio­nen dazu. 

Und zu den aktu­el­len Zah­len: Die Inzi­denz in Müns­ter liegt nach Anga­ben der Stadt aktu­ell bei 139,1 (Neu­in­fek­tio­nen pro 100.000 Men­schen inner­halb einer Woche). Seit ges­tern sind 26 Neu­in­fek­tio­nen gemel­det wor­den. Damit gel­ten aktu­ell 759 Men­schen im Stadt­ge­biet als infi­ziert. 32 lie­gen in den Kran­ken­häu­sern, 14 auf Inten­siv­sta­tio­nen, sie­ben davon wer­den beatmet. 

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Haben Sie schon alle Weih­nachts­ge­schen­ke zusam­men? Falls nicht, schau­en Sie doch mal in dem klei­nen sym­pa­thi­schen Schnaps­la­den Hei­mat Heroes an der Wol­be­cker Stra­ße vor­bei. Dort fin­den Sie regio­na­le Spi­ri­tuo­sen und Likö­re, wie den Lee­ze-Gin oder Nuss­ecken-Likör. Wenn Alko­hol nichts für Sie ist: Es gibt auch ande­re lecke­re Din­ge, zum Bei­spiel Kaf­fee und Scho­ko­la­de. Oder eine Geschenk­box, da ist von allem etwas dabei. Und wenn Sie den Schnaps vor dem Kauf pro­bie­ren möch­ten: Ter­mi­ne für Tastings, also Ver­kos­tun­gen, fin­den Sie hier. Freie Ter­mi­ne gibt es wie­der ab Januar. 

Drinnen und draußen

Die nächs­ten bei­den Kläpp­chen aus unse­rem Ver­an­stal­tungs-Advents­ka­len­der hat heu­te Johan­ne Burk­hardt für Sie bestückt. Hier entlang.

+++ Am Frei­tag ab 14 Uhr zeigt das Haus der Nie­der­lan­de die neue Sti­pen­di­en­aus­stel­lung „zwei mal zehn Meter“. Zu sehen sind unter ande­rem Druck­wer­ke der Künst­le­rin Gin­ta­re Skro­bly­te aus Müns­ter. Hier ein klei­ner Vor­ge­schmack. Und wenn Sie per­sön­lich mit der Künst­le­rin über Inter­pre­ta­tio­nen spre­chen möch­ten: bis 19 Uhr ist sie vor Ort und führt auch durch die Aus­stel­lung. Falls Sie am Frei­tag schon ande­re Plä­ne haben: Die Aus­stel­lung läuft noch bis zum 5. Februar. 

+++ Für die Schrift­stel­le­rin Danie­la Dröscher war ihr Vater ein Sinn­bild gesell­schaft­li­cher Macht. Was sie damit meint, erklärt sie in ihrem halb­stün­di­gen Kurz­film „Lügen über unse­re Väter“, der noch bis mor­gen Abend um 23:58 Uhr auf der Sei­te „Digi­ta­le Burg“ des Cent­re for Lite­ra­tu­re zu sehen ist. Den Film fin­den Sie hier.

Am Frei­tag küm­mern wir uns für Sie um den Haus­halt, aller­dings nur um den städ­ti­schen. Con­stan­ze Busch schreibt Ihnen dann. Haben Sie bis dahin eine gute Woche. 

Herz­li­che Grüße

Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Johan­ne Burkhardt


PS

Paul Varn­ha­gen vom SV Mau­ritz hat sich mit einen ästhe­tisch wert­lo­sen Tref­fer im Spiel gegen BSV Roxel II den Titel „Kack­tor des Monats“ gesi­chert, den Arnd Zeig­ler in sei­ner Sen­dung „Zeig­lers wun­der­ba­re Welt des Fuß­balls“ ein­mal im Monat ver­gibt. Schau­en Sie es sich an (ab 1:13 min). Ach was, schau­en Sie sich am bes­ten gleich alle Nomi­nie­run­gen an, die ande­ren sind fast genau­so erbärm­lich. Herz­li­chen Glück­wunsch von uns! 

PPS

Eigent­lich woll­ten wir noch unse­re wun­der­ba­ren RUMS-Geschenk­gut­schei­ne erwäh­nen, die Sie an unse­rem Weih­nachts­markt­stand am Har­se­win­kel­platz oder auf unse­rer Web­site kau­fen kön­nen. Aber es war schon so viel heu­te, das las­sen wir dann doch mal lieber.