Musik-Campus: Hochzeit auf Raten | Neues aus dem Rat | RUMS ist nominiert


Münster, 8. April 2022
Guten Tag,
in dieser Woche sollte in Münster eine große Entscheidung fallen. Eine Entscheidung für den Musik-Campus, ein Bauprojekt, das die Stadt seit sechs Jahren beschäftigt und das für die einen so etwas ist wie ein schöner Traum, für die anderen muss es sich anfühlen wie ein schmerzender Rücken.
Eigentlich sollte alles schon seit der letzten Ratssitzung feststehen. Auch da hatte es vorher geheißen, es sei die letzte Möglichkeit. Die Landesregierung müsse noch vor der Landtagswahl im Mai einen Grundsatzbeschluss treffen, sonst drohe das Projekt zu scheitern. Dazu müsse der Rat ein deutliches Signal geben, ein klares Ja zum Musik-Campus. Doch das Ja kam nicht. Am Ende ging es dennoch weiter.
Und nun passierte Anfang der Woche etwas Überraschendes. Das Rathausbündnis aus Grünen, SPD und Volt hatte sich unter großen Schmerzen auf ein Papier geeinigt, dem etwas eigentlich Unlösbares gelingen sollte. Es sollte denen im Bündnis gerecht werden, die den Musik-Campus wollen, aber auch denen, die ihn ablehnen.
Das Problem war: Der Universität, die den Campus mit der Stadt zusammen bauen möchte, wurde es nicht gerecht. Unirektor Johannes Wessels sagte Anfang der Woche in einem Interview mit den Westfälischen Nachrichten, wenn das Papier so beschlossen werde, werde die Uni am Tag nach der Ratssitzung aussteigen.
Verlängerung. Schon wieder
Nach dieser Ankündigung justierte die Rathauskoalition noch einmal nach. Sie ließ die Ratssitzung am Mittwoch unterbrechen, um draußen zu verhandeln. Die Pause wurde drei Mal verlängert, unter anderem, weil auch die anderen Parteien sich noch besprechen wollten. Und nach fast 90 Minuten sah das vorher mühsam verhandelte Papier des Bündnisses ganz anders aus.
Das Signal zum Musik-Campus war nun etwas deutlicher – immerhin so deutlich, dass die Uni Münster am Donnerstag nicht ausstieg, sondern eine Pressekonferenz gab. Die Freude des Unirektors hielt sich in Grenzen. Der Rat hatte das Papier mit mäßiger Begeisterung beschlossen. Und mit ebenso mäßiger Begeisterung sagte Johannes Wessels, das Spiel sei 0:0 ausgegangen. Jetzt gehe es in die Verlängerung. Schon wieder.
Über das, was zu dieser Wendung führte, gibt es unterschiedliche Versionen. Die aus dem Rathausbündnis klingt so: Am Dienstagabend traf man sich mit dem Unirektor zu einer Zoom-Konferenz, um über das Papier und die Differenzen zu sprechen. Reichlich spät, das räumt man ein. Man hätte das alles sicherlich früher machen können. Aber ein großes Problem war: Die Parteien taten sich sehr schwer damit, eine gemeinsame Position zu finden. Die Mehrheit innerhalb der SPD fiel am klarsten aus, doch auch hier gab es deutliche Stimmen gegen den Campus. Volt und die Grünen waren in dieser Frage zerrissen. Und ohne eine klare Position hätte man schlecht mit der Uni sprechen können.
Das ist ein Versäumnis der Bündnisparteien. Sie hätten sich früher um eine gemeinsame Position kümmern müssen. Auch die Universität hat etwas versäumt. Aus dem Bündnis heißt es, in der Zoom-Konferenz am Dienstag habe der Unirektor zum ersten Mal verständlich erklärt, warum er den Beschluss in der gewünschten Form brauche, also als klares Signal, um damit um Mittel werben zu können.
Johannes Wessels hat das etwas anders erlebt. In der Pressekonferenz am Donnerstag sagte er, das sei alles nicht neu gewesen. Er habe lediglich den üblichen Weg erklärt, den so ein Projekt nehmen müsse. Der sei den Parteien bekannt. „Und wenn er nicht bekannt ist, dann müssen sie sich schlau machen, wie diese Sachen laufen“, so Wessels. Doch es wäre hilfreich gewesen, wenn er sich dazu auch öffentlich etwas früher geäußert hätte als am Tag nach dem Beschluss in einer Pressekonferenz – spätestens zu dem Zeitpunkt, als klar wurde, dass es hier offenbar Missverständnisse gibt.
Erklärung schien nicht schlüssig
Eines dieser Missverständnisse war anscheinend die Sache mit dem Grundsatzbeschluss der Landesregierung. Anfang des Jahres hieß es in Gesprächen mit dem Bündnis immer wieder, der Grundsatzbeschluss sei notwendig, damit die landeseigene Baugesellschaft BLB für die Stadt Münster bauen dürfe. Grünen-Fraktionschef Christoph Kattentidt sagte am Mittwoch in der Ratssitzung, laut der Vorlage der Stadtverwaltung biete das Land an, den städtischen Campus-Teil zu bauen. „Daher muss man schon die Frage stellen, ob es so einen Beschluss wirklich braucht, wenn das Angebot doch schon besteht“, sagte Kattentidt.
Die Erklärung erschien vielen im Bündnis auch vor Wochen schon nicht schlüssig. Hinzu kamen weitere Unklarheiten. Aus der FDP, die in Nordrhein-Westfalen an der Regierung beteiligt ist, hieß es, man habe in Düsseldorf gefragt. Dort wisse man nichts von einem geplanten Grundsatzbeschluss.
Für diesen Beschluss war das Bündnis dann auch nicht bereit, über die offenen Fragen hinwegzusehen, die nach sechs Jahren weiterhin blieben. Die wichtigsten sind: Wie sieht der wirtschaftliche Teil des Konzepts aus, also das sogenannte Betreibermodell? Wird es also eine Geschäftsführung geben, ein Kuratorium oder eine Intendanz? Wie wird man die Räume und die Umgebung planen? Welche Folgen wird das für den Verkehr haben? Und wie wird das alles bezahlt?
Die Stadtverwaltung beantwortete viele offene Fragen weder in dem Grundsatzbeschluss, den sie dem Rat vorschlagen wollte, noch in dem Papier, das sie schließlich veröffentlichte, nachdem das Bündnis noch Fragen nachgereicht hatte. Und auch in den Antworten auf einen langen Katalog aus Fragen der Ratsparteien fanden sich nicht die Antworten, die sich das Bündnis erhofft hatte.
Dafür ist der Oberbürgermeister verantwortlich. Er ist der Chef der Verwaltung. SPD-Fraktionschef Marius Herwig sagte am Mittwoch in der Ratssitzung: „Der Musik-Campus braucht weniger bunte Bilder und mehr Substanz – weniger Deutscher Städtetag und mehr Führung von vorne.“ Wenn der Musik-Campus etwas werden solle, dann müsse Markus Lewe das Projekt endlich zur Chefsache machen.
Sammlung aus Förderideen
Das ist ein Vorwurf, den der Oberbürgermeister immer wieder hört – er schwebe über den Dingen und interessiere sich für Details nicht so sehr, wie er sollte.
Hätte Lewe den Prozess früher moderiert, hätten sich viele Missverständnisse vielleicht gar nicht ergeben. Hätte er sich intensiver darum bemüht, die offenen Fragen zu beantworten, wäre nicht der Eindruck entstanden, dass vor allem die Euphorie dieses Projekt tragen soll und sich der Rest dann schon irgendwie fügen wird. Symptomatisch dafür war eine Videokonferenz vor einigen Wochen, in deren Verlauf er irgendwann damit rausrückte, dass es schon Zusagen für Spenden gebe. Zehn Millionen Euro für die Finanzierung des Kultur- und Kongress-Saals könne man so aufbringen.
Über der Finanzierung dieses Saals steht das größte Fragezeichen. Er soll die Stadt etwas über 30 Millionen Euro kosten. Vieles deutet darauf hin, dass man damit nicht auskommen wird. Die Finanzierungslücke ist eines der gewichtigsten Argumente gegen den Campus. Doch die Stadtverwaltung präsentierte in ihrem Papier kaum mehr als eine Sammlung aus Ideen, aus welchen Fördertöpfen man das Geld zusammenkratzen könnte. Über die Spenden war nichts bekannt – bis zu dieser Videokonferenz. Warum ging das nicht früher?
Die Folge dieser Informationspolitik der kleinen Tröpfchen war, dass die Gräben immer größer wurden. Es ist nicht der einzige Punkt, an dem zurzeit der Eindruck entsteht, dass die Stadtverwaltung – aus welchen Gründen auch immer – kleine Machtkämpfe mit dem Rathausbündnis austrägt.
In der Verkehrspolitik gab es zuletzt im Hintergrund Verstimmungen, weil von der Stadtverwaltung beauftragte Büros Vorschläge erarbeitet haben, die den politischen Vorstellungen des Bündnisses nicht entsprachen. Die Debatte um die mehrarmige Kreuzung am Aegidiitor endete mit acht Vorschlägen eines Büros, von denen im Grunde nur einer Frage kam, allerdings nicht für das Bündnis.
An dem großen Plan für die Zukunft des Verkehrs in Münster, dem Masterplan Mobilität Münster 2035+, sitzt schon das zweite Büro. Als es neulich im Beirat für Mobilität einen Zwischenstand vorstellte und man Zettelchen verteilte, um Ideen zu sammeln, sagte ein anwesender Wissenschaftler, auf so einem Niveau könne man nicht arbeiten. Ein Kritikpunkt war, dass das Büro die verbindlichen Klimabeschlüsse der Stadt einfach als eine Option verstanden hatte – den Ergebnissen nach als eine unwahrscheinliche.
Andere Vorstellungen, Änderungswünsche
Zwischen diesen Fällen gibt es keine direkte Verbindung. Aber auffällig ist, dass es hakt. Fragt man herum, hört man, das habe sicher auch mit verschiedenen politischen Kulturen zu tun. Als die CDU im Rat noch das Sagen hatte, habe die Stadtverwaltung nicht so viel Gegenwind bekommen. Da seien Vorlagen einfach durchgewinkt worden.
Die Koalition aber habe meistens irgendetwas auszusetzen, andere Vorstellungen, Änderungswünsche. Und wahrscheinlich erleichtert es die Zusammenarbeit auch auf der persönlichen Ebene nicht, wenn die Fachleute ständig von ehrenamtlichen Ratsmitgliedern korrigiert werden, was sich allerdings aus Perspektive der Parteien nicht vermeiden lässt, wenn die Verwaltung ihr eigenes Ding macht.
Beim Musik-Campus war genau das der Fall. Von der letzten Vorlage war nicht mehr viel übrig, als das Bündnis sich mit ihr beschäftigt hatte. Möglicherweise spielt auch die Überlastung der Verwaltung eine Rolle, die sich unter anderem in einer langen Liste aus aktuellen Anträgen zeigt, die noch immer in Bearbeitung sind. Und vielleicht – das lässt sich schwer nachweisen – spielen auch unterschiedliche politische Vorstellungen im Rathausbündnis und in der Verwaltung eine Rolle.
Das ist nicht unwesentlich, denn aus verschiedenen politischen Richtungen erkennt man in einem Projekt wie dem Musik-Campus etwas sehr Unterschiedliches.
CDU-Fraktionschef Stefan Weber sagte am Mittwoch im Rat mit Blick auf den Campus: „In der Gefahr der kollektiven Depression brauchen wir doch auch mal Ermutigung wie nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Die CDU sieht in diesem Bau auch etwas fürs Herz. Etwas, das strahlt. Etwas, an dem man sich erfreuen kann.
Die Parteien aus dem linken Spektrum teilen ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber großen Bauvorhaben, vor allem gegenüber Prestigeprojekten. Auch das ist ein Grund für die Zerrissenheit etwa der Grünen. Dort schaut man eher auf die Funktion. Braucht man das in dieser Form? Erfüllt das seinen Zweck? Entspricht das den übrigen politischen Vorstellungen, zum Beispiel den Zielen der Klimapolitik?
Gegenseitiges Unverständnis
Hier verlief die Konfliktlinie auch in der Debatte um die als „Flyover“ bekannt gewordene Fahrradbrücke. Für die einen war ein solches Bauwerk, das auch ein bisschen was hermacht, ein spektakuläres Symbol der Modernität – für die anderen war es die ungenügende Lösung eines komplexen Verkehrsproblems.
Eine Folge dieser unterschiedlichen Sichtweisen ist: Geht es um die Funktion, spielt die Frage nach dem Geld eine andere Rolle. Bei ein Herzensanliegen gilt vielleicht eher der Satz: Geld kommt wieder, Gelegenheiten nicht.
Hier liegen Markus Lewe, die CDU und die Universität auf einer Linie. Unirektor Johannes Wessels sagte gestern in der Pressekonferenz: „Wenn ich davon überzeugt bin, dass ein Projekt richtig gut ist und es lediglich daran scheitert, dass man das Geld nicht zusammenkriegt, dann gebe ich nicht auf.“
An dieser Stelle liegt auch ein Teil der Erklärung für das gegenseitige Unverständnis. Die Universität hatte sich ein Ja-Wort gewünscht. Das Rathausbündnis hatte einen Ehevertrag geliefert.
Nun hat man sich darauf geeinigt, erst einmal ein bisschen zu heiraten. Im ersten Satz des neuen Beschlusses steht: „Der Rat begrüßt ausdrücklich die geplante Zusammenarbeit mit der WWU und damit die Idee einer Realisierung eines gemeinsamen Musik-Campus an der Hittorfstraße.“ Dann folgt die Einschränkung, dass aus der Ehe aber erst etwas wird, wenn man das Geld zusammen hat und einige weitere Bedingungen erfüllt sind.
Harte Auseinandersetzungen
Johannes Wessels machte bei der Pressekonferenz gestern deutlich, dass er auf einen allzu langen Ehevertrag gerne verzichten würde. Oder wie er sagte: „Wenn man mit der Denke rangeht, dass immer ein Ausstieg möglich sein muss, dann fehlt mir das Commitment, es gemeinschaftlich zu wollen.“
Im Ratsbündnis sieht man das etwas anders. Von dort ist zu hören, dass es vor der nächsten Ratssitzung wohl wieder eine harte Auseinandersetzung geben könnte. Die SPD hat am Mittwoch eine Protokollerklärung abgegeben, in der sie auf die finanziellen Risiken hinweist. Auch die Grünen und Volt werden an ihren Bedingungen festhalten wollen. Die Universität und Markus Lewe werden auf etwas mehr Wagemut drängen. Doch diesmal wird es etwas anders laufen als zuletzt.
Einen Tag, nachdem Marius Herwig den Oberbürgermeister aufgefordert hatte, den Musik-Campus zur Chefsache zu machen, kündigte die Stadt in einer Pressemeldung ein „Gipfeltreffen“ an. Markus Lewe bittet die beteiligten Gruppen an einen Tisch. Es soll um die Finanzierung gehen, das Betreiberkonzept und die Frage, wie man den Raum und den Verkehr in der Umgebung gestalten wird. Es ist ein Schritt aufeinander zu. Jetzt fehlt im Grunde nur noch eine Lösung.
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In aller Kürze
+++ Die Tagesordnung für den Rat war lang, aber in der ersten Stunde der Sitzung ging es erst einmal gar nicht um Münster. Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Shum und der polnische Generalkonsul Jakub Wawrzyniak (hier zu sehen mit Oberbürgermeister Lewe) waren zu Gast im Ratssaal und schilderten die Lage in ihren Heimatländern. Iryna Shum bedankte sich für die Solidarität und die „selbstlose und herzliche“ Unterstützung ihrer Landsleute in Münster. Sie sprach über die Morde, die russische Soldaten in Butscha und anderen Orten in der Ukraine verübt haben, und warnte, die Ukraine sei nicht das letzte Ziel Russlands in Europa. Jakub Wawrzyniak begann seine Rede mit sehr persönlichen Worten. Er sei eigentlich ein fröhlicher Mensch. Gerade empfinde er in freudigen Momenten aber auch Schuld, weil es ihm so viel besser gehe als den Menschen, die aus der Ukraine fliehen oder dort bleiben und „ihre Heimat, aber auch unsere Heimat verteidigen“.
Markus Lewe und die Spitzen der Ratsparteien versprachen, die Menschen aus der Ukraine und die polnische Partnerstadt Lublin weiter zu unterstützen. Wie die Stadt mitteilt, hat Münster bisher fast 1.300 Geflüchtete aufgenommen.
+++ Am späten Mittwochabend gab der Rat das Startsignal: Das Wettbauen am Hafen kann beginnen. CDU, SPD und FDP beschlossen die Pläne für den Hafenmarkt gegen die Stimmen von Grünen, Volt, Internationaler Fraktion und Linken. Wir hatten hier schon erklärt, wie es nun weitergehen könnte: Es ist durchaus wahrscheinlich, dass am Ende wieder ein Gericht entscheidet. Falls eine Klage erfolgreich sein sollte, dürfte es darauf ankommen, wie weit der Bau bis dahin schon vorangeschritten ist, ob er also schon unter den Bestandsschutz fällt.
Und auch im Rat gilt: Kein Großprojekt ohne Streit, auch wenn eigentlich alles gesagt ist. Carsten Peters von den Grünen ratterte noch einmal die Gründe herunter, die aus Sicht seiner Partei gegen das Projekt sprechen: Es werde zu viel Verkehr anziehen, die Lärmbelastung am Hansaring sei ohnehin schon sehr hoch, und noch mehr Autoverkehr sei nicht mit den Klimazielen vereinbar. Ludger Steinmann von der SPD konterte mit einer Liste der Vorteile, darunter die geplante Quartiersgarage, das Markthallenkonzept und Klimaschutzmaßnahmen wie Photovoltaikanlagen und hohe Wärmedämmstandards. Diese Positionen sind nicht neu und für das Ratsbündnis kein Problem, die Parteien haben im Koalitionsvertrag vereinbart, hier unterschiedlich abstimmen zu können.
CDU und FDP lobten das Durchhaltevermögen der Unternehmerfamilie Stroetmann, die auch nach 20 Jahren noch an dem Projekt festhalte, obwohl – frei wiedergegeben – andere längst die Ruinenbrocken hingeworfen hätten. FDP-Fraktionschef Jörg Berens vermutete hehre Ziele: Weil es der Familie um die Stadt gehe und um die Entwicklung des Quartiers, sei sie drangeblieben. Wir wissen nicht, ob das stimmt, aber wir würden noch ergänzen: Die Unternehmer möchten mit dem Markt gerne viel Geld verdienen. Ob das klappt, wird nun wahrscheinlich die Zeit entscheiden.
+++ Das Parken wird teurer. Innerhalb der Promenade (Zone I) kostet die erste Stunde 2,50 statt bisher 2 Euro. Für die zweite und alle weiteren Stunden müssen Sie weiterhin je 2 Euro in den Automaten werfen. Außerhalb der Promenade (Zone II) steigt der Preis von 1,20 auf 1,60 Euro pro Parkstunde. Die neuen Preise gelten ab 1. Mai. In ganz Münster? Nein! Einzelne tapfere Parkautomaten werden noch passiven Widerstand gegen die Preiserhöhung leisten, einige voraussichtlich bis zum 1. August. Jeder einzelne Automat muss nämlich auf die neuen Preise umgestellt werden, und das dauert laut Stadt eben bis zum 1. August.
Wie der Verkehrsausschuss letzte Woche schon beschlossen hatte, wird die sogenannte Brötchentaste an der Hammer Straße abgeschafft (RUMS-Brief vom 1. April). Man kann dort also nicht mehr 15 Minuten umsonst parken. Die Stadt rechnet damit, dass sie durch alle diese Preiserhöhungen 320.000 Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen wird. Mit dem Geld sollen günstigere Bustickets gegenfinanziert werden („ÖPNV-Fonds“).
+++ Die Stadt wird zwei neue Feuerwehrhäuser bauen, eines in Albachten und eines in Hiltrup. Über den künftigen Standort der Freiwilligen Wehr in Albachten hatte die Politik jahrelang diskutiert. Nun ist klar: Das neue Gerätehaus wird im Neubaugebiet Albachten-Ost gebaut, nicht auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofes (mit der Vorgeschichte beschäftigen wir uns später noch einmal ausführlich).
Die neue Feuerwache in Hiltrup soll auf einem Grundstück an der Hohen Geest errichtet werden. Allerdings gehört der Stadt dieses Grundstück noch nicht, die Verhandlungen laufen.
Korrekturen und Ergänzungen
Im RUMS-Brief von Dienstag haben wir geschrieben, die Kreuzung Hoher Heckenweg/Königsstraße solle umgestaltet werden. Diese Kreuzung gibt es allerdings gar nicht, denn der Hohe Heckenweg führt ja nicht durch die Altstadt. Tatsächlich ging es um die Einmündung Hoher Heckenweg/Königsberger Straße in Coerde. Darauf hat uns auch ein Leser hingewiesen, vielen Dank dafür!
Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen:
Corona-Update
+++ Es gibt wieder einmal neue Coronaregeln, diesmal für die Stadthäuser und Bürgerbüros. Bisher galt eine 3-G-Zugangsregelung, die entfällt jetzt. Eine Maske müssen Sie dort aber noch mindestens bis Ende April noch tragen, schreibt die Stadt.
+++ Seit gestern hat die Stadt 1.025 neue Coronafälle registriert, insgesamt gelten heute 9.440 Menschen aus Münster als infiziert. Das Robert-Koch-Institut meldet für Münster eine Wocheninzidenz von 1.689. In den Krankenhäusern der Stadt werden 82 Infizierte behandelt, 9 von ihnen auf der Intensivstation.
+++ Wie jede Woche werfen wir auch noch einen Blick in die Schulen. Dort sieht es leider nach wie vor nicht nach Entspannung aus. 71 von 84 Schulen haben in der vergangenen Woche an der Umfrage des NRW-Schulministeriums teilgenommen und gemeldet, dass insgesamt 1.702 wegen Corona nicht am Unterricht teilnehmen können. Vorletzte Woche hatten 68 Schulen insgesamt 1.194 fehlende Kinder und Jugendliche gemeldet.
Unbezahlte Werbung
Hier haben wir heute einen Einkaufs- und einen Erlebnistipp für Sie, je nachdem, worauf Sie gerade Lust haben. Bei Nina Klümpers können Sie Postkarten bedrucken lassen. Das wäre der Einkaufstipp. Und wenn Sie etwas erleben möchten, dann können Sie bei der Grafikdesignerin auch einen Letterpress-Workshop belegen (also einen Kurs, in dem Sie Buchstaben drucken) und selbst etwas Schönes auf Papier bringen. Auf Nina Klümpers Instagram-Account finden Sie ein paar Eindrücke, was dabei herauskommen könnte. Und falls Sie Kinder haben, die mindestens zehn Jahre alt sind: In den Osterferien gibt es einen Workshop fürs Schönschreiben per Hand (Handlettering). Infos und Anmeldungen zu allem gibt es telefonisch unter 0251 37971505 oder per Mail.
Drinnen und Draußen
Eva Strehlke hat sich für Sie umgeschaut, was in den nächsten Tagen in der Stadt los ist:
+++ Wir hatten es am Dienstag schon erwähnt, der neue Bericht des Weltklimarats ist erschienen. Und darin steht, kurz zusammengefasst: Es sieht nicht gut aus, aber es ist noch etwas zu retten, wenn wir uns beeilen. Die Parents For Future Münster veranstalten deshalb morgen zwischen 11 und 13 Uhr gemeinsam mit der Musikgruppe Singing For Future eine Mahnwache vor dem Historischen Rathaus. Wenn Sie das Anliegen unterstützen möchten, können Sie hingehen und mit demonstrieren oder singen.
+++ Es geht weiter mit Musik, aber diesmal wird getanzt. Und zwar bei der Tarantino-Party im Hot Jazz Club am Samstagabend. Um 22 Uhr geht es los. Wenn Sie sich jetzt schon einstimmen möchten, hier entlang.
+++ Unsere Autorin Edina Hojas hat vor drei Jahren ein Sabattjahr gemacht. Der Plan war: eine Weltreise, ausbrechen, das Leben genießen. Doch es kam alles etwas anders, denn da waren auch noch ihr Freund Daniel und ein paar Hindernisse, und so wurde es eine Reise zu sich selbst. Edina Hojas hat darüber ein sehr schönes Buch geschrieben, das jetzt im Agenda-Verlag erschienen ist. Wenn Sie es mit in die Osterferien nehmen möchten, können Sie es hier bestellen.
Am Dienstag schreibe ich Ihnen wieder. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Constanze Busch, Eva Strehlke
PS
Vor anderthalb Jahren hat Sigrid März uns ein Thema angeboten. Sie wollte über einen Mann schreiben, der sich in Coerde um bessere Bildungschancen von Kindern kümmert. Der Mann heißt Jochen Schweitzer. Sigrid März hat ihn und einen zehnjährigen Jungen porträtiert, den Schweitzer auf seinem Weg unterstützt. Der Text ist am 23. Februar 2021 erschienen. Jetzt hat die Jury des Theodor-Wolff-Preises, der zu den renommiertesten deutschen Journalistenpreisen zählt, ihn als einen der drei besten Texte nominiert, die im vergangenen Jahr in Deutschland im Lokalen erschienen sind. Wir freuen uns zusammen mit Sigrid März, und wenn Sie den Text gern verschicken möchten: Wir haben ihn freigeschaltet.
HINWEIS: RUMS steht für kritischen, aber auch konstruktiven und wertschätzenden Journalismus. Genauso wünschen wir uns auch die Diskussion unter unseren Beiträgen und Briefen. Streiten Sie sich, schreiben Sie Ihre Meinung — aber bleiben Sie bitte sachlich und höflich. Wir vertrauen darauf, dass Sie sich daran halten. Daher prüfen wir Ihre Kommentare nicht, bevor sie hier veröffentlicht werden. Wir behalten uns jedoch vor, alle Äußerungen zu entfernen, die beispielsweise beleidigend, diffamierend, sexistisch oder rassistisch sind.
Der Musik-Campus ist ein wichtiges Thema, das verstehe ich. Die Inhalte hierzu sind auch stets gut aufbereitet und informativ. Trotzdem wirkt das Thema in den letzten Briefen gefühlt ein wenig überrepräsentiert im Vergleich zu anderen Themen. Ein wenig mehr Abwechslung wäre super.
Wenn über andere Dinge, die auch den Haushalt belasten, so gerungen worden wäre, Ständen wir heute besser da. Als Beispiel, die Absage der ZAB, wodurch uns die ZUE 10 bis 20 Millionen kostet oder der Neubau eines Stadions für ein Wirtschaftsunternehmen, das einen drittklassigen Verein betreibt für 40 Millionen. Aber für etwas Erstklassiges, alleine wenn man die Ensemblearbeit betrachtet fehlt es. Und es bleibt offen, ob hier nur auf Zeit gespielt wird, um die Wähler (Bildungsbürgertum) nicht vor der Landtagswahl zu verschrecken.
Zum RUMS- Brief 8.4.2022
Der Rektor der Universität Münster, renommierter Physiker und offenbar mit genau so hoher kulturpolitischer Fachkompetenz ausgestattet wie auch der Diplom-Verwaltungswirt Markus Lewe, ist fest davon überzeugt, dass die Musik-Campus-Idee so „richtig gut“ ist. Der Oberbürgermeister hat es da gerne etwas größer: „Ein Jahrhundertprojekt, das die Stadt Münster in die Champions League der deutschen Musikstädte bringen wird“. Diese fantasievolle Geschichte voller Superlative versucht man nun mit fulminanter Pressebegleitung seit über fünf Jahren den Bürgerinnen und Bürgern Münsters näher zu bringen. Und dann stellt man zum passenden Zeitpunkt kurz vor der Ratsentscheidung immerhin 589 aus dem Festnetz-Telefonbuch repräsentativ ausgewählten Münsteranerinnen und Münsteranern im WN-Münsterbarometer die Frage, ob sie für den Musik-Campus am Coesfelder Kreuz sind. Natürlich ohne auf alternative Modelle, auf andere Standorte, auf Fragen nach der Finanzierbarkeit usw. hinzuweisen oder gar danach zu fragen! Und das vorhersehbare Ergebnis steht dann in den WN: 72 % der Bevölkerung unserer Stadt sind für den Musik-Campus! Immerhin waren es 424 (!)von 234.000 Wahlberechtigten. So macht man Meinung, die offensichtlich und erstaunlicherweise auch Wirkung auf unsere Politiker/innen im Rat der Stadt zeigt. Denn man staunt nicht schlecht: die SPD, die noch in ihrem Wahlprogramm einen Musik-Campus an der Hittorfstraße vehement abgelehnt hat, „begrüßt ausdrücklich…die Idee einer Realisierung eines gemeinsamen Musik-Campus an der Hittorfstaße“. Der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN sagte entsprechend am vergangenen Mittwoch im Rat, dass man das Projekt für „eine gute Idee“ halte und man dem Rektor der Uni nun dieses positive Signal geben wolle. Dass zwei Drittel der Parteibasis der GRÜNEN noch ein paar Tage vorher gegen den Musik-Campus votiert hatten, hatten die Fraktionsmitglieder wohl inzwischen ganz vergessen. Man fragt sich da schon, was demokratische Mehrheitsbeschlüsse von Parteitagen noch sollen, wenn sich Mandatsträger ohnehin nicht daran halten.
Apropos Rektor. Der hatte sich nun kurz vor der Grundsatzentscheidung im Rat heftig in die kommunalpolitische Debatte eingemischt und mit Ausstieg aus dem Projekt gedroht. Welch ein dramatischer Schachzug! Und prompt beginnen alle Rats-Politikerinnen und Politiker das große Zittern vor seiner Magnifizenz! Und sogar VOLT und die FDP finden die Campus-Idee plötzlich super. Aber mal ganz nüchtern betrachtet: glaubt tatsächlich irgendjemand, das seit Jahrzehnten gute Verhältnis von Stadt und Uni würde sich mit oder ohne Musik-Campus um einen Deut verändern?
Das alles ist kaum zu glauben!
Eine verantwortungsbewusste Kommunalpolitik müsste jetzt endlich einen Schlusspunkt unter das ganze Theater um ein falsches, rein monothematisches Konzept, an einem falschen Ort ohne das nötige urbane Umfeld, mit unüberschaubaren Kosten für Stadt und Land setzen.
Die Bürgerinnen und Bürger haben eine bessere Alternative der kommunalen Kulturentwicklung verdient, wie sie zum Beispiel die Initiative „Stadtkultur“ beschreibt: Die Uni macht ihr eigenes Ding, die städtische Musikschule wird am Standort Himmelreichallee renoviert und erweitert, das Sinfonieorchester und die Musikfreunde bekommen eine neue Heimat in einem multifunktionalen Bau für Bildung, Begegnung und Kultur auf einem städtischen Grundstück in der Mitte der Stadt! Soweit die Kassenlage der Stadt das angesichts der anderen enormen Bedarfe an Investitionen der
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