Zeichen für den Frieden | Die Omikronwelle in den Schulen | Hilfe für die Ukraine

Müns­ter, 25. Febru­ar 2022

Guten Tag,

ehr­lich gesagt, fällt es mir heu­te schwer, die­sen Brief an Sie anzu­fan­gen. Ich habe mich seit Anfang der Woche mit einem ande­ren The­ma für die­sen News­let­ter beschäf­tigt, es recher­chiert und dazu tele­fo­niert. Die Ergeb­nis­se stel­le ich Ihnen wei­ter unten vor. Denn es geht um ein The­ma, das gera­de den All­tag vie­ler Men­schen in der Stadt prägt. 

Aber wahr­schein­lich geht es Ihnen auch so: Der Krieg in der Ukrai­ne über­schat­tet heu­te alles, ich kom­me in Gedan­ken stän­dig dar­auf zurück. Es fühlt sich so unwirk­lich an, dass im Don­bass, in Kyjiw und Lwiw Schüs­se fal­len, Pan­zer fah­ren und Men­schen ster­ben. Der Krieg wirkt, als sei er weit weg, aber das ist nicht so: Zwi­schen Müns­ter und Kyjiw lie­gen rund 1.700 Kilo­me­ter. Fast genau­so weit ent­fernt ist Nea­pel, Spa­ni­ens Haupt­stadt Madrid liegt sogar noch wei­ter weg. Es macht trau­rig, hilf­los und wütend.

Eini­ge Men­schen in Müns­ter ban­gen um ihre Fami­li­en und Freund:innen in der Ukrai­ne. Da ist zum Bei­spiel Olga S. Die 84-jäh­ri­ge Ukrai­ne­rin war zufäl­lig in Müns­ter, als der Krieg in ihrer Hei­mat aus­brach. Denn eigent­lich woll­te sie hier nur ihre Toch­ter besu­chen, wie sie den West­fä­li­schen Nach­rich­ten erzählt hat. Und dann sind da auch Maxim und Maria. Der Ukrai­ner und die Rus­sin haben dem WDR in der Lokal­zeit von ihren Sor­gen und Ängs­ten berich­tet. Maxim ver­sucht, den Kon­takt zu sei­ner Fami­lie auf­recht zu hal­ten, um sie hat er pure Angst. Maria hin­ge­gen mei­det ihre Fami­lie in Russ­land zur­zeit. Ihre Ver­wand­ten schau­en anders auf den Krieg in der Ukrai­ne, den Maria ablehnt.

Auch unse­re Kolum­nis­tin Mari­na Weis­band teilt ihre Sor­gen öffent­lich. Die gebür­ti­ge Ukrai­ne­rin schreibt auf Twit­ter: „Mei­ne Fami­lie ist in Kiew. Mit Kin­dern. Ich kann im Moment nichts tun, als für die Sicher­heit der Men­schen zu beten…“

Zu einem Frie­dens­ge­bet haben sich ges­tern Abend auch Christ:innen aus Müns­ter getrof­fen, die katho­li­sche und die evan­ge­li­sche Kir­che hat­ten zu dem öku­me­ni­schen Abend in die Über­was­ser­kir­che ein­ge­la­den. Gleich­zei­tig fan­den auch in der Stadt ers­te Kund­ge­bun­gen statt. Die Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Nazi­re­gimes – Bund der Antifaschist:innen (VVN-BdA) orga­ni­sier­te vor dem Rat­haus eine spon­ta­ne Frie­dens­mahn­wa­che. Heu­te demons­trier­ten am spä­ten Nach­mit­tag vie­le Bürger:innen und auch Vertreter:innen von CDU, Grü­nen, SPD und FDP vor dem Rat­haus. Mor­gen soll ab 11 Uhr an sel­ber Stel­le eine wei­te­re Frie­dens­kund­ge­bung statt­fin­den, die die Deut­sche Frie­dens­ge­sell­schaft Müns­ter, die Frie­dens­ko­ope­ra­ti­ve und Pax Chris­ti veranstalten.

Am Mitt­woch hat­ten vie­le Men­schen noch gehofft, der Krieg könn­te sich im letz­ten Moment noch abwen­den las­sen. Ober­bür­ger­meis­ter Mar­kus Lewe und sei­ne Amts­kol­le­gin Katha­ri­na Pöt­ter (CDU) aus Osna­brück ent­zün­de­ten im Frie­dens­saal des Rat­hau­ses eine Ker­ze als Sym­bol die­ser Hoffnung.

Inzwi­schen haben Bund, Län­der und auch die Städ­te begon­nen, Hil­fe für die Men­schen vor­zu­be­rei­ten, die der Krieg direkt trifft. Laut UN-Flücht­lings­hilfs­werk haben sich schon 100.000 Ukrainer:innen auf den Weg gemacht, um in ande­ren Regio­nen ihres Hei­mat­lan­des Schutz zu suchen. Wie vie­le Men­schen ver­su­chen wer­den, in ande­re Län­der zu flie­hen, weiß noch nie­mand. Aber laut Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Nan­cy Fae­ser lau­fen längst Vor­be­rei­tun­gen, um die Nach­bar­län­der der Ukrai­ne bei der Auf­nah­me und Ver­sor­gung von Geflüch­te­ten zu unter­stüt­zen. Und auch deut­sche Städ­te stel­len sich dar­auf ein, Flüch­ten­de auf­zu­neh­men, so sag­te es Mar­kus Lewe in sei­ner Funk­ti­on als Städ­te­tags­prä­si­dent. Die müns­ter­schen Grü­nen und Volt haben die­ses Signal in Pres­se­mit­tei­lun­gen begrüßt und bekräf­tigt, dass auch Müns­ter hel­fen müsse.

Wann und wie das pas­sie­ren könn­te, ist noch völ­lig unge­wiss. Aber wir wer­den Ihnen hier sicher noch ein­mal davon schreiben.

Wie es den Schüler:innen in Münster geht

Für heu­te beschlie­ßen wir den Aus­blick und schau­en wie­der nach Müns­ter. Ich hat­te es oben schon ange­kün­digt: Ich habe mich in die­ser Woche mit einem The­ma beschäf­tigt, das vie­le Men­schen betrifft, auf viel­schich­ti­ge Wei­se auch ihre Gesund­heit. Wir schau­en dar­auf, wie die Omi­kron­wel­le den All­tag der Kin­der und Jugend­li­chen beein­flusst und wie es ihnen damit geht.

Fragt man Jugend­li­che heu­te, wie ger­ne sie zur Schu­le gehen, hört man recht erns­te Töne. Loren­zo Peu­ser, 16 Jah­re alt und Schü­ler des Schil­ler­gym­na­si­ums im Kreuz­vier­tel, ging eine Zeit lang mit einem mul­mi­gen Gefühl zur Schu­le. Seit vie­len Mona­ten heißt es da: Mas­ke tra­gen, Abstand hal­ten und vor Unter­richts­be­ginn erst ein­mal tes­ten. Das ist jedes Mal aufs Neue ein Moment der Anspan­nung. „Ich fra­ge mich immer wie­der, ob nicht doch plötz­lich ein zwei­ter Strich auf dem Test erscheint“, sagt Loren­zo. Einen unbe­schwer­ten All­tag erle­ben Jugend­li­che im drit­ten Pan­de­mie­jahr längst nicht mehr.

Höchste Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen

Schon zwei­mal muss­te Loren­zo in Qua­ran­tä­ne, weil er Kon­takt zu infi­zier­ten Mitschüler:innen und Lehr­kräf­ten hat­te. Wäh­rend der Qua­ran­tä­ne konn­te er nur bedingt am Unter­richt teil­neh­men. Sei­ne Freund:innen schal­te­ten ihn per Video­an­ruf ins Klas­sen­zim­mer, eini­ge sei­ner Lehrer:innen stell­ten ihm Lern­ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung. Dabei war aber die viel­zi­tier­te Eigen­ver­ant­wor­tung gefragt: Orga­ni­sie­ren muss­te Loren­zo einen gro­ßen Teil selbst.

Vor die­ser Her­aus­for­de­rung stan­den zuletzt ins­ge­samt 1.457 Schüler:innen in Müns­ter. Sie konn­ten laut NRW-Schul­mi­nis­te­ri­um nicht am Prä­senz­un­ter­richt teil­neh­men, weil sie selbst an Covid-19 erkrankt oder als Kon­takt­per­so­nen in Qua­ran­tä­ne waren.

Das Schul­mi­nis­te­ri­um fragt die­se Zah­len seit Ende August 2021 wöchent­lich bei den Schu­len ab. Und seit Anfang des Jah­res lässt sich an der Über­sicht die Aus­brei­tung der sehr anste­cken­den Omi­kron-Vari­an­te auch in den Schu­len able­sen. In der letz­ten Woche vor den Weih­nachts­fe­ri­en fehl­ten 276 Schüler:innen pan­de­mie­be­dingt, am 9. Febru­ar konn­ten über 2.000 Kin­der und Jugend­li­che nicht am Prä­senz­un­ter­richt teilnehmen.

Die rasan­te Aus­brei­tung lässt sich auch an einer ande­ren Zahl able­sen: der Sie­ben-Tage-Inzi­denz. Sie ist in Müns­ter, aber auch bun­des­weit, bei Kin­dern und Jugend­li­chen am höchs­ten. So mel­de­ten die West­fä­li­schen Nach­rich­ten ges­tern, dass in Müns­ter inzwi­schen zwar weni­ger Coro­na-Neu­in­fek­tio­nen in den Alters­klas­sen von 0 bis 11 und von 12 bis 17 Jah­ren regis­triert wer­den. Aller­dings ist die Wochen­in­zi­denz in die­sen Alters­grup­pen mit jeweils um die 2.000 Neu­in­fek­tio­nen pro 100.000 Einwohner:innen in den ver­gan­ge­nen sie­ben Tagen immer noch am höchs­ten. Zum Ver­gleich: Die durch­schnitt­li­che Sie­ben-Tage-Inzi­denz in Müns­ter lag gleich­zei­tig bei knapp 1.200.

Die Grenzen der Belastung

Eine schwie­ri­ge Situa­ti­on für die Kin­der und Jugend­li­chen, die im Schul­all­tag stän­dig einem sehr hohen Anste­ckungs­ri­si­ko aus­ge­setzt sind. Gegen die­se Unsi­cher­heit for­miert sich inzwi­schen Pro­test. Eine Grup­pe von Schülervertreter:innen aus ganz Deutsch­land hat eine Peti­ti­on mit dem Titel #Wir­Wer­den­Laut ins Leben geru­fen. Die Schüler:innen kri­ti­sie­ren, dass sie sich seit Beginn der Pan­de­mie an die Maß­nah­men hiel­ten, aber nun in der Omi­kron­wel­le nicht aus­rei­chend geschützt wür­den. „Wir haben unse­re Belas­tungs­gren­ze erreicht“, heißt es im Peti­ti­ons­text, mit dem sich die Initiator:innen und über 140.000 Unterzeichner:innen an Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Bet­ti­na Stark-Watz­in­ger (FDP), Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach (SPD), Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz-Prä­si­den­tin Karin Prien (CDU) und die Ministerpräsident:innen der Län­der wenden.

Die bei­den größ­ten Kri­tik­punk­te der Schüler:innen: Ihre psy­chi­sche und kör­per­li­che Gesund­heit habe unter der Pan­de­mie und der gro­ßen Unsi­cher­heit gelit­ten, und die Schu­len böten noch immer kei­nen aus­rei­chen­den Schutz vor Anste­ckun­gen. Der Kauf von Luft­fil­tern, das Aus­set­zen der Prä­senz­pflicht oder die Digi­ta­li­sie­rung in den Schu­len wür­den ver­schleppt oder gar igno­riert, schreibt die Initiative.

Loren­zo Peu­ser sieht das ähn­lich. Er ver­tritt den Jugend­rat Müns­ter im Aus­schuss für Schu­le und Wei­ter­bil­dung und wun­dert sich, wie sel­ten die Coro­na­pan­de­mie dort The­ma ist. Die Maß­nah­men fin­det er „aus­bau­fä­hig“, wie er es diplo­ma­tisch for­mu­liert. An Loren­zos Schu­le gel­te zwar über­all die Mas­ken­pflicht, aber Luft­fil­ter sei­en bei­spiels­wei­se eine „Rari­tät“. Die Alter­na­ti­ve heißt dann: Fens­ter auf und Win­ter­ja­cke an. Für man­che Ent­schei­dun­gen zeigt er kein Ver­ständ­nis: „Eine Zeit lang haben die Schu­len den Unter­richts­be­ginn um 25 Minu­ten nach hin­ten ver­scho­ben. Dadurch waren die Schul­bus­se deut­lich lee­rer. War­um hat man das wie­der rück­gän­gig gemacht?“

Neue Maßnahmen – alte Kritik

Das ist aber nicht die ein­zi­ge Rol­le rück­wärts. Schul­mi­nis­te­rin Yvonne Gebau­er von der FDP kün­dig­te vor gut einer Woche neue Test­re­geln für die Schu­len an. Die­se gel­ten ab Montag:

  • In den Räu­men und auf dem Gelän­de der Schu­len soll wei­ter­hin 3G gel­ten. Anders als bis­her besteht für geimpf­te und gene­se­ne Schüler:innen, Lehrer:innen und ande­re Schul­be­diens­te­te ab Mon­tag kei­ne Test­pflicht mehr. Sie kön­nen sich frei­wil­lig testen.
  • In den Grund­schu­len wer­den außer­dem die PCR-Pool­tes­tun­gen abge­schafft (Aus­nah­me: För­der­schu­len). Statt­des­sen kom­men Anti­gen-Schnell­tests zum Ein­satz. Das soll die Labo­re in NRW entlasten.
  • Die Tests müs­sen vor Unter­richts­be­ginn gemacht wer­den. Damit über­trägt das Minis­te­ri­um den Eltern der Grundschüler:innen die Ver­ant­wor­tung fürs Tes­ten. Sie müs­sen schrift­lich bestä­ti­gen, dass sie drei­mal pro Woche einen Test mit ihren Kin­dern durch­ge­führt haben. Die Idee dahin­ter: Soll­te ein Test posi­tiv aus­fal­len, kön­nen die Eltern alles Wei­te­re in die Wege lei­ten und die Infek­ti­on wird nicht in die Schu­le getragen.
  • Von die­sem Ver­fah­ren dür­fen die Schu­len aber abwei­chen. Sie dür­fen wei­ter­hin in der Schu­le tes­ten, wenn sie wollen.
  • Für die Grund­schu­len soll außer­dem ein Ent­las­tungs- und Unter­stüt­zungs­pro­gramm kom­men, unter ande­rem mit Super­vi­si­on und Coa­ching, mehr Geld für unter­stüt­zen­des Per­so­nal und mehr Fle­xi­bi­li­tät für die Ver­gleichs­ar­bei­ten in Klas­se 3. Für all das gibt das Schul­mi­nis­te­ri­um rund 9,5 Mil­lio­nen Euro aus.

Die Lehrer:innengewerkschaft GEW in Nord­rhein-West­fa­len unter­stützt die­se neu­en Maß­nah­men im Gro­ßen und Gan­zen. Das Bil­dungs­mi­nis­te­ri­um habe den Ernst der Lage erkannt und ent­las­te die Mitarbeiter:innen an den Schu­len, indem es die Test­ver­ant­wor­tung an die Eltern über­trägt. Aber: Der Weg­fall der siche­ren PCR-Tests ver­rin­ge­re den Infek­ti­ons­schutz, auch Grund­schul­kin­der gehör­ten auf­grund der nied­ri­gen Impf­quo­te zu den vul­ner­ablen Grup­pen, kom­men­tiert die GEW in einem State­ment. Hin­zu kommt, dass vie­le Schnell­tests die Omi­kron-Vari­an­te schlech­ter erken­nen als die bis­her ein­ge­setz­ten PCR-Lollitests.

Ganz zu schwei­gen von den prak­ti­schen Pro­ble­men der neu­en Test­re­geln: Falls nach posi­ti­ven Schnell­tests kei­ne PCR-Tests mehr gemacht wer­den, dürf­te die Inzi­denz in die­sen Alters­grup­pen klei­ner aus­se­hen, als sie in Wirk­lich­keit ist. Denn Schnell­tests wer­den in der Sta­tis­tik bis­her nicht berück­sich­tigt. Und was ist, wenn Eltern schrift­lich bestä­ti­gen, dass sie ihre Kin­der getes­tet haben, aber es in Wirk­lich­keit gar nicht getan haben?

Die Sorgen der Eltern

Beden­ken, die auch Cor­ne­lia Bee­king und Lydia Lüt­tich-Jas­pers umtrei­ben, bei­de sind Müt­ter von Grund­schul­kin­dern. Und Bee­king hat als Kin­der- und Jugend­the­ra­peu­tin auch noch eine ande­re Per­spek­ti­ve dar­auf, wie das Infek­ti­ons­ge­sche­hen das Leben der jun­gen Men­schen beein­flusst. Sie sehe bei ihrer Arbeit, wie sehr die Pan­de­mie Fami­li­en belas­te und dass psy­chi­sche Pro­ble­me wie Depres­sio­nen, Angst- oder Ess­stö­run­gen bei ihren Patient:innen trotz Prä­senz­un­ter­richt wei­ter­hin häu­fig auf­tre­ten, sagt sie im Inter­view. Zusam­men mit der Rechts­an­wäl­tin Lüt­tich-Jas­pers setzt sie sich für mehr Infek­ti­ons­schutz an den Schu­len in Müns­ter ein, unter ande­rem in einer Eltern­in­itia­ti­ve, die sich für den Kauf von Luft­fil­tern für die Klas­sen­räu­me stark­ge­macht hat. Mit Erfolg: Nach Infor­ma­tio­nen der Stadt sind in den städ­ti­schen Schu­len 1.188 Luft­fil­ter auf­ge­stellt wor­den, 778 davon hat die Stadt selbst finanziert.

Dar­über hin­aus habe Müns­ter auch eini­ges rich­tig gemacht: Das Tra­gen der Mas­ke in den Grund­schu­len sei früh emp­foh­len wor­den und für die gesam­te Bevöl­ke­rung habe es zahl­rei­che Impf- und Test­an­ge­bo­te gege­ben. An ande­ren Stel­len hape­re es den­noch, kri­ti­sie­ren Bee­king und Lüt­tich-Jas­pers: Zum Bei­spiel fehl­ten kos­ten­freie FFP2-Mas­ken in den meis­ten Grund­schu­len und eine Kin­der­impf­kam­pa­gne der Stadt, die die Eltern über die Vor­tei­le einer Coro­na­imp­fung für ihre Kin­der auf­klä­re, sagen sie. Neben guter Auf­klä­rung sei beim Imp­fen der Kin­der aber auch Prag­ma­tis­mus gefragt: In Han­no­ver wür­den bei­spiels­wei­se Kin­der im Zoo geimpft.

Doch auch ohne eine sol­che Stra­te­gie ist die Kin­der­impf­quo­te in Müns­ter rela­tiv hoch. Wie die Stadt auf Anfra­ge mit­teilt, haben 50,44 Pro­zent der 5- bis 11-Jäh­ri­gen die ers­te Imp­fung erhal­ten, 40,89 Pro­zent sind dop­pelt geimpft und 0,09 Pro­zent haben einen Boos­ter erhal­ten (Stand: 18. Febru­ar 2022). Das ist mehr als dop­pelt so viel wie im Bun­des­durch­schnitt. Die­se Zah­len bezie­hen sich zwar auf die in Müns­ter ver­ab­reich­ten Imp­fun­gen, auch Nicht-Münsteraner:innen kön­nen in die­se Sta­tis­tik ein­flie­ßen. Die Stadt geht aber davon aus, dass sich das Ver­hält­nis zwi­schen sta­tis­ti­scher und tat­säch­li­cher Impf­quo­te „mehr oder min­der die Waa­ge hält.“

Trotz der über­durch­schnitt­li­chen Impf­quo­ten kri­ti­sie­ren Cor­ne­lia Bee­king und Lydia Lüt­tich-Jas­pers die Stadt. Aus ihrer Sicht besteht hier ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­blem, denn sie wün­schen sich mehr Trans­pa­renz: „Auf der Web­site der Stadt sind Infor­ma­tio­nen zur Inzi­denz oder Impf­quo­te bei Kin­dern nur schwer auf­zu­fin­den“, sagt Lüt­tich-Jas­pers. „Die­se brau­chen die Eltern aber, um ein Bewusst­sein für die rea­le Gefahr von Coro­na für ihre Kin­der zu entwickeln.“

Den Status quo beibehalten

Über allen Beden­ken schwebt aller­dings ein kon­kre­tes Datum: der 20. März 2022. Ab die­sem Tag sol­len die meis­ten Coro­naschutz­maß­nah­men schritt­wei­se fal­len, bis nur noch ein Basis­schutz gilt. Was das genau bedeu­tet und wie das kon­kret die Schu­len betref­fen wird, ist bis­her unklar. Auf Bun­des- und Lan­des­ebe­ne ist sich die Poli­tik in die­sen Fra­gen noch uneins.

Auch Loren­zo Peu­ser befin­det sich im Zwie­spalt. Einer­seits sieht er vor­sich­ti­ge Mitschüler:innen, die befürch­ten, sich in der Schu­le mit Coro­na anzu­ste­cken und die Infek­ti­on nach Hau­se zu tra­gen. Ande­rer­seits habe er Mitschüler:innen, die mit der Situa­ti­on bes­ser zurecht­kom­men und denen selbst der Distanz­un­ter­richt kaum etwas aus­ma­che. Und er ken­ne vie­le Lehrer:innen, die sich um ihre Schüler:innen bemü­hen und ver­su­chen, aus der Unge­wiss­heit das Bes­te zu machen.

Die aktu­el­len Regeln mit Mas­ken­pflicht, Sicher­heits­ab­stand und regel­mä­ßi­gen Tests fin­det er des­halb gut. Und doch hat er als Jugend­rats­mit­glied einen Wunsch: „Ich wür­de mir wün­schen, dass Coro­na häu­fi­ger The­ma im Schul­aus­schuss wäre als Schul­erwei­te­run­gen oder ande­re Bau­maß­nah­men“, sagt er. Er will wie­der mehr Sicher­heit. Und dass er und sei­ne Mitschüler:innen wie­der unbe­schwert und sor­gen­frei zur Schu­le gehen können.

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In aller Kürze

+++ Es ist eine Fra­ge, die sich (neben vie­len ande­ren) gera­de wohl vie­le Men­schen stel­len: Deutsch­land ist stark abhän­gig von rus­si­schem Gas – was bedeu­tet das nun für uns? Sit­zen wir mög­li­cher­wei­se bald in kal­ten Woh­nun­gen? Die Stadt­wer­ke Müns­ter gehen davon aus, dass die Ver­sor­gung mit Erd­gas in der Stadt nicht gefähr­det ist. Der hie­si­ge Vor­teil sei, dass Müns­ter größ­ten­teils euro­päi­sches Gas nut­ze. Inwie­weit sich die Ener­gie­prei­se ver­än­dern wer­den, sei der­zeit aber nicht absehbar.

Viel­leicht kommt Ihnen die­se Fra­ge ange­sichts der ver­hee­ren­den Lage gera­de merk­wür­dig oder sogar etwas zynisch vor. Ich möch­te ehr­lich sein: Das geht mir nicht anders. Und dem Team der Stadt­wer­ke wohl auch nicht, wie Sie in der Pres­se­mit­tei­lung zum The­ma lesen kön­nen. Aber es ist eben eine Fra­ge, die sich nun auch stellt. Und es ist die Auf­ga­be von Journalist:innen, auch dar­auf Ant­wor­ten zu geben.

+++ Mit dem E-Scoo­ter durch die Stadt düsen und das Gefährt irgend­wo abstel­len – das ist jetzt vor­bei, wie die Stadt mel­det. Der Blin­den- und Seh­be­hin­der­ten­ver­ein West­fa­len hat­te sich beim Ver­wal­tungs­ge­richt über die elek­tri­schen Rol­ler beschwert. Sie wür­den zu oft acht­los auf dem Geh­weg abge­stellt, was für seh­be­hin­der­te und blin­de Men­schen gefähr­lich wer­den kann. Der Ver­ein woll­te per einst­wei­li­ger Ver­fü­gung ein Ver­bot der E-Scoo­ter erwir­ken, doch dar­aus wur­de nichts. Her­aus­ge­kom­men ist statt­des­sen ein Kom­pro­miss: Den Passant:innen soll es ein­fa­cher gemacht wer­den, sich bei den Ver­leih­fir­men zu beschwe­ren. Auf den Fahr­zeu­gen müs­sen die Fir­men künf­tig die Num­mer ihrer Ser­vice-Hot­line deut­li­cher mar­kie­ren (ob das heißt, dass die Tele­fon­num­mer auch in Braille-Schrift gedruckt wer­den muss, steht nicht in der Pres­se­mit­tei­lung – wir fra­gen nächs­te Woche mal nach). Zwölf Stun­den haben die Fir­men dann Zeit, die Rol­ler aus dem Weg zu räu­men. Zudem wer­den die Kon­trol­len ver­schärft, Ver­leih­un­ter­neh­men ver­warnt und die E-Rol­ler not­falls abge­schleppt. Die Stadt­ver­wal­tung prüft, ob Park­ver­bo­te für E-Scoo­ter aus­ge­wei­tet wer­den sollen.

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Corona-Update

+++ Der viel­fach erwar­te­te Impf­stoff Nova­vax ist da – ab Mon­tag kön­nen sich Voll­jäh­ri­ge im Jovel damit imp­fen las­sen. Die Stadt Müns­ter teil­te ges­tern mit, dass sie 2.790 Impf­do­sen vom Land NRW erhal­ten hat. Der soge­nann­te Tot­impf­stoff Nova­vax wird zwei­mal in einem Abstand von drei Wochen geimpft. Ein Boos­ter ist bis­lang nicht vor­ge­se­hen. Kri­sen­stabs­lei­ter Wolf­gang Heu­er hofft, mit Nova­vax „der Impf­kam­pa­gne in Müns­ter noch ein­mal einen kräf­ti­gen Schub geben zu kön­nen.“ Wenn Sie sich an die­sem Schub betei­li­gen wol­len, kön­nen Sie hier Ihre Erst­imp­fung mit Nova­vax (oder ande­ren Impf­stof­fen) buchen.

+++ Die Stadt hat einen wei­te­ren Todes­fall im Zusam­men­hang mit Covid-19 gemel­det. Ein 80-jäh­ri­ger Mann, der mit dem Coro­na­vi­rus infi­ziert war, ist gestor­ben. Ins­ge­samt gab es in Müns­ter seit Pan­de­mie­be­ginn 177 Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit dem Virus.

+++ Seit ges­tern hat die Stadt 549 Neu­in­fek­tio­nen regis­triert. Ins­ge­samt gel­ten 6.614 Münsteraner:innen als infi­ziert, das Robert-Koch-Insti­tut mel­det eine Wochen­in­zi­denz von 1.030. In den Kran­ken­häu­sern der Stadt wer­den 70 Covid-Patient:innen behan­delt. Zwölf von ihnen lie­gen auf der Inten­siv­sta­ti­on, sie­ben Men­schen wer­den beatmet.

Unbezahlte Werbung

Nor­ma­ler­wei­se steht an die­ser Stel­le Wer­bung für ein gemüt­li­ches Café, ein tol­les Restau­rant oder ein schö­nes Geschäft in Müns­ter. Heu­te wol­len wir dem Kon­sum aus­nahms­wei­se kei­nen Platz bie­ten, son­dern auf Mög­lich­kei­ten auf­merk­sam machen, wie Sie den Men­schen in der Ukrai­ne hel­fen kön­nen, wenn Sie wol­len. Der His­to­ri­ker und Sozio­lo­ge Mischa Gabo­witsch hat eine gan­ze Lis­te mit Ideen erstellt: Zum Bei­spiel kön­nen Sie sich an Frie­dens­kund­ge­bun­gen betei­li­gen, ein Zim­mer für Geflüch­te­te inse­rie­ren oder Des­in­for­ma­ti­on ent­ge­gen­tre­ten. Das Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land lis­tet meh­re­re Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen auf, die in der Ukrai­ne aktiv sind und für die Sie spen­den können.

RUMS-Hochschulprojekte: Wir fördern den journalistischen Nachwuchs!

RUMS koope­riert mit ver­schie­de­nen Hoch­schu­len, orga­ni­siert Pro­jek­te mit Stu­die­ren­den und gibt dem jour­na­lis­ti­schen Nach­wuchs die Mög­lich­keit, die Ergeb­nis­se nach und nach auf unse­rer Web­site zu veröffentlichen.
Im Rah­men eines sol­chen Pro­jek­tes haben die Stu­die­ren­den der Hoch­schu­le der Medi­en in Stutt­gart für RUMS Inter­views geführt und geschrie­ben. Die RUMS-Redak­­ti­on hat sie zusam­men mit ihren Dozent:innen bei der The­men­fin­dung, Inter­view­vor­be­rei­tung und Text­be­ar­bei­tung unter­stützt.
Das ers­te Inter­view aus die­sem Pro­jekt bekom­men Sie heu­te von uns. Dar­in hat Loris Hoff­mann mit Jana Win­kel­jann von der Sport­ju­gend in Müns­ter dar­über gespro­chen, war­um es in den Sport­ver­ei­nen nicht nur um Sport geht. Den Bei­trag fin­den Sie hier.

Drinnen und Draußen

Für die­ses Wochen­en­de hat Eva Streh­l­ke vier Tipps für Sie gesammelt:

+++ Manch­mal stel­len mei­ne Töch­ter mir Fra­gen, auf die ich im ers­ten Moment nur mit einem lan­gen „Äääähm…“ ant­wor­ten kann. Okay, sei­en wir ehr­lich, das pas­siert nicht nur manch­mal, son­dern ziem­lich oft. Aber ich habe Glück, denn in sol­chen Momen­ten hilft Sophie. Sophie hat leuch­tend rote Haa­re und auf fast jede Fra­ge eine Ant­wort parat. Das liegt dar­an, dass hin­ter Sophie die gesam­mel­ten Wissenschaftler:innen der WWU ste­cken. Über die­se Home­page dür­fen nicht nur Kin­der, son­dern auch Sie selbst Fra­gen an Sophie schi­cken, auf die Sie nicht so schnell eine Ant­wort fin­den. Sie kön­nen sich auch anschau­en, was ande­re schon gefragt haben und so zum Bei­spiel ler­nen, war­um Pfer­de­äp­fel rund sind oder wie Vul­ka­ne unter Was­ser funk­tio­nie­ren. Letz­te­res haben die Forscher:innen sogar mit einem span­nen­den Comic beantwortet.

+++ Nächs­ten Mitt­woch fin­det von 17 bis 19 Uhr online der Krea­tiv-Work­shop „Wie wol­len wir in Zukunft leben?“ statt. Dort dür­fen Sie sel­ber mit­re­den und gemein­sam ent­wi­ckeln, was aus Ihrer Sicht die drän­gends­ten Fra­gen unser Gesell­schaft sind, sei es in Bezug auf Arbeit und Tech­nik, Bil­dung und Kul­tur, Kli­ma und Umwelt, Gesell­schaft und Poli­tik oder Gesun­des Leben und Medi­zin. Der Work­shop fin­det über die Platt­form Miro statt, Vor­er­fah­run­gen oder einen Account brau­chen Sie aber nicht. Alle Infos zum Work­shop fin­den Sie hier. Wich­tig ist, dass Sie sich anmel­den, und zwar bis Sonn­tag per E-Mail. Schnell sein lohnt sich, denn es kön­nen nur 30 Per­so­nen dabei sein.

+++ Nach dem stür­mi­schen letz­ten Wochen­en­de soll es in den kom­men­den Tagen son­nig wer­den, vor allem am Sonn­tag. Ein guter Anlass, die (ver­mut­lich ziem­lich lee­ren) Vit­amin-D-Spei­cher auf­zu­fül­len – zum Bei­spiel rund ums Schloss. Hin­ter dem Schloss öff­net täg­lich von 9 bis 16 Uhr der bota­ni­sche Gar­ten sei­ne Pfor­ten. Wenn Sie näh­be­geis­tert oder ein­fach neu­gie­rig sind, kön­nen Sie am Sonn­tag auch vor dem Schloss vor­bei­schau­en. Dort fin­den Sie von 10 bis 17 Uhr den Deutsch-Hol­län­di­schen Stoff­markt mit mehr als 100 Stän­den. Von Reiß­ver­schlüs­sen über Knöp­fe und Schnitt­mus­ter bis hin zu – natür­lich – Kilo­me­ter über Kilo­me­ter an Stoff­bah­nen fin­den Sie hier alles, was das hand­ar­beits­be­geis­ter­te Herz begehrt. 

+++ Wir blei­ben beim The­ma Hand­ar­beit, wech­seln aller­dings die Tech­nik. Im Foy­er des LWL-Muse­ums für Kunst und Kul­tur lockt mor­gen Nach­mit­tag eine unge­wöhn­li­che Per­for­mance. Unter dem Mot­to „Kom­me was Wol­le“ dür­fen alle inter­es­sier­ten Besucher:innen an einem gemein­sa­men Stück stri­cken. Anmel­den müs­sen Sie sich nicht, das Mate­ri­al wird gestellt: Sie kön­nen ein­fach zwi­schen 13 und 16 Uhr vor­bei­schau­en und drauf­los stricken. 

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann wie­der. Ich wün­sche Ihnen ein ruhi­ges Wochen­en­de, blei­ben Sie gesund und pas­sen Sie auf sich auf.

Herz­li­che Grüße

Sebas­ti­an Fobbe

Mit­ar­beit: Eva Streh­l­ke, Con­stan­ze Busch

PS

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