Die Kitastrophe: Erzieher:innen am Limit | RUMS-Reportage: Im Spiegel des Abfalls | Kosmetik an der Hammer Straße

Müns­ter, 17. Novem­ber 2023

Guten Tag,

erin­nern Sie sich noch an den letz­ten Kin­der­ge­burts­tag? Wenn Sie selbst Nach­wuchs haben, bestimmt. Den gan­zen Tag eine klei­ne Hor­de zu bespa­ßen, bringt vie­le Eltern an ihre Gren­zen. Anders kann ich es mir nicht erklä­ren, wes­halb mir Goog­le inner­halb von 0,22 Sekun­den 1.720.000 Ergeb­nis­se aus­ge­spuckt hat, als ich neu­lich die Begrif­fe „Kin­der­ge­burts­tag über­le­ben“ gesucht habe.

Jetzt stel­len Sie sich aber ein­mal vor, jeder Tag wäre ein biss­chen wie ein Kin­der­ge­burts­tag, mit allem, was dazu gehört: Geschrei, Strei­te­rei­en, Trä­nen, Pipi-Unfäl­len, hek­ti­schem Gewu­sel und jeder Men­ge Herz­klop­fen, weil man stän­dig fürch­ten muss, dass sich irgend­je­mand wehtut.

Der Ver­gleich hinkt, aber die unschö­nen Begleit­erschei­nun­gen einer sol­chen Geburts­tags­par­ty geben viel­leicht eine Ahnung, wie es sein muss, haupt­be­ruf­lich Kin­der zu erzie­hen. Die Not in den Kin­der­ta­ges­stät­ten ist groß, vor allem weil Per­so­nal fehlt. Das dürf­te bekannt sein. Wel­che Fol­gen der aku­te Fach­kräf­te­man­gel hat, zeigt jetzt erst­mals eine Recher­che von „Cor­rec­tiv Lokal“ auf.

Eines vor­weg: Wer die kom­plet­te Recher­che liest, braucht star­ke Ner­ven. In dem Text geht es um psy­chi­sche Über­las­tung, Dau­er­stress und feh­len­den Aus­gleich, man­geln­de Kapa­zi­tä­ten für früh­kind­li­che Bin­dung und Gewalt in den Kitas.

Keine Zeit für Bildung, Pausen oder die Toilette

Das Recher­chen­etz­werk hat mit über 6.700 Men­schen in ganz Deutsch­land gespro­chen, die in Kin­der­ta­ges­stät­ten arbei­ten oder dort ihren Nach­wuchs betreu­en las­sen. Mehr als die Hälf­te der befrag­ten Erzieher:innen geben an, dass sie kei­ne Zeit haben für päd­ago­gi­sche Arbeit.

Die Kitas sind dem­nach der­ma­ßen unter­be­setzt, dass vie­le Erzieher:innen 20 oder mehr Kin­der gleich­zei­tig betreu­en müs­sen. Sie rasen dann von einer Grup­pe zur nächs­ten und müs­sen not­ge­drun­gen die einen Kin­der ver­nach­läs­si­gen, um ande­ren zu hel­fen. Zeit zum Ver­schnau­fen oder für einen Gang zur Toi­let­te bleibt sel­ten. Geschwei­ge denn für Bil­dung oder För­de­rung der Kinder.

Laut einer Ber­tels­mann-Stu­die feh­len bun­des­weit rund 100.000 Erzieher:innen in den Kitas. Und das, obwohl die Zahl der Kita-Beschäf­ti­gen in die­sem Jahr ein Höchst­ni­veau erreicht hat. Sechs von zehn Erzieher:innen tei­len in der „Cor­rec­tiv Lokal“-Umfrage mit, dass sie bei der Arbeit unter per­ma­nen­tem Stress lei­den. Jede fünf­te Fach­kraft sagt, sie müs­se die Grup­pen allei­ne wuppen.

Unter den mise­ra­blen Arbeits­be­din­gun­gen lei­den am Ende die Kin­der. Nicht nur, weil sie nicht die För­de­rung bekom­men, die sie brau­chen und ver­die­nen. Son­dern auch, weil sich der Stress im schlimms­ten Fall in Gewalt äußern kann. Eini­ge Erzieher:innen geben an, dass die Kin­der in ihren Kitas ange­brüllt oder geohr­feigt werden.

Politik am Problem vorbei

Gemes­sen an den kata­stro­pha­len Zustän­den in den Kin­der­ta­ges­stät­ten wirkt es etwas lasch, dass sich die Debat­te im Rat über den Per­so­nal­man­gel in den Kitas fast nur um die geplan­te und dann wie­der ver­wor­fe­ne Kür­zung der Öff­nungs­zei­ten gedreht hat. Die Ver­wal­tung hat­te vor­ge­schla­gen, die Betreu­ungs­zei­ten in den 29 Kitas der Stadt um zehn Wochen­stun­den zu redu­zie­ren. Das hät­te den Erzieher:innen Ent­las­tung gebracht. Doch die Idee kam nicht an, am Ende zog die Ver­wal­tung ihren Vor­schlag zurück.

Viel erwar­ten kann man aber auch nicht von der Lan­des­po­li­tik. In der ver­gan­ge­nen Woche hat­te Ralf Heimann das Pro­blem bereits skiz­ziert: Die Fami­li­en­mi­nis­te­rin Jose­fi­ne Paul von den Grü­nen hat zwar mehr Geld für die Kitas ver­spro­chen, aber wie die Stadt Müns­ter auf Anfra­ge schreibt, wird das nicht aus­rei­chen. (RUMS-Brief).

Paul möch­te die Kitas in Nord­rhein-West­fa­len auf zwei Wegen unter­stüt­zen: Zum einen steigt die Kos­ten­pau­scha­le für die Kita­plät­ze um 10 Pro­zent, zum ande­ren wer­den für die frei­en Trä­ger ein­ma­lig 100 Mil­lio­nen Euro nach­ge­schos­sen, weil die Lan­des­för­de­rung sonst nicht aus­rei­che. Denn die Wohl­fahrts­ver­bän­de rech­nen mit 590 Mil­lio­nen Euro, um den bis­he­ri­gen Kita­be­trieb am Lau­fen zu hal­ten. Knapp die Hälf­te der frei­en Trä­ger gerie­ten sonst in eine finan­zi­el­le Schief­la­ge oder direkt in die Insolvenz.

Wie pre­kär die Lage ist, lässt sich andern­orts schon beob­ach­ten. In Ost­west­fa­len-Lip­pe muss­te die Arbei­ter­wohl­fahrt Insol­venz anmel­den. Sie unter­hält 200 Ein­rich­tun­gen, dar­un­ter 120 Kitas, und beschäf­tigt 4.300 Men­schen. Dar­an sieht man: Das Pro­blem betrifft nicht nur die Kitas, son­dern die gesam­te sozia­le Infra­struk­tur. Genau dar­auf haben meh­re­re Sozi­al- und Wohl­fahrts­ver­bän­de am ver­gan­ge­nen Mitt­woch bei einer Demons­tra­ti­on vor der Rats­sit­zung hingewiesen.

Auch in Münster wächst das Finanzloch

Aber noch ein­mal zu den Kitas. Wie groß ist denn die Finanz­lü­cke, die in Müns­ter klafft? Das Pres­se­amt kann uns die­se Fra­ge nicht exakt beant­wor­ten. Die genau­en Beträ­ge hin­gen unter ande­rem davon ab, wie vie­le Kin­der eine Kita besu­chen oder in wel­cher Ent­gelt­stu­fe die Erzieher:innen ein­grup­piert sei­en. Aber die Stadt nennt Zah­len, die einen Ein­druck von der Grö­ßen­ord­nung geben. 

Wenn man die neu­en Tarif­ver­ein­ba­run­gen, also die Kos­ten, mit den Ände­run­gen der Pau­scha­len ver­gleicht, also dem Geld, das vom Land kommt, sieht man: Die Per­so­nal­kos­ten im ver­gan­ge­nen Kita-Jahr sind um 8 Pro­zent gestie­gen, die Pau­scha­len nur um 1 Pro­zent. Im lau­fen­den Kita­jahr stei­gen die Per­so­nal­kos­ten um knapp 13 Pro­zent, die Pau­scha­len um knapp 4,5.

Die Finan­zie­rungs­lü­cke müs­sen Stadt und freie Trä­ger mit ihrem eige­nen Geld schlie­ßen. Wie das auf Dau­er gelin­gen soll, ist noch nicht klar. (sfo)

Kor­rek­tur­hin­weis:

In einer frü­he­ren Ver­si­on hat­ten wir geschrie­ben, der Rat habe gegen den Vor­schlag gestimmt, die Kita-Betreu­ungs­zeit um zehn Stun­den zu redu­zie­ren. Das stimm­te nicht. Die Ver­wal­tung hat­te ihren Vor­schlag zurück­ge­zo­gen.

Kurz und Klein

+++ Das Strom­netz in Müns­ter ist über­durch­schnitt­lich sta­bil. Das steht in einer Aus­wer­tung der Bun­des­netz­agen­tur, um die es in einer Pres­se­mit­tei­lung der Stadt­wer­ke geht. Was das genau bedeu­tet: In Müns­ter sind Men­schen pro Jahr im Schnitt knapp fünf Minu­ten von Strom­aus­fäl­len betrof­fen, in ganz Deutsch­land über zwölf Minu­ten. Tipp: Falls zu Hau­se plötz­lich das Licht aus­geht, kön­nen Sie auf der Sei­te Störungsauskunft.de nach­se­hen, ob das an einem Strom­aus­fall liegt. (rhe)

+++ Die katho­li­sche Fakul­tät der Uni Müns­ter distan­ziert sich von der Ehren­dok­tor­wür­de, die sie dem dama­li­gen Bischof Rein­hard Lett­mann im Jahr 1991 ver­lie­hen hat. Der Grund sei die im ver­gan­ge­nen Jahr ver­öf­fent­lich­te Stu­die: „Macht und Miss­brauch in der katho­li­schen Kir­che“, die Lett­mann im Zusam­men­hang mit dem sexu­el­len Miss­brauch in der Kir­che „inten­si­ves Lei­tungs- und Kon­troll­ver­sa­gen“ vor­warf, schreibt die Fakul­tät. In einer Stel­lung­nah­me heißt es: „Es macht uns als Fakul­tät sehr betrof­fen, dass durch Bischof Lett­mann fahr­läs­sig ein­ge­setz­te Pries­ter Men­schen tie­fe see­li­sche Ver­let­zun­gen zuge­fügt und Bio­gra­fien zer­stört haben.“ Die Stu­die kommt zu dem Ergeb­nis, dass Lett­mann „kei­ne erkenn­ba­re Empa­thie für die Opfer auf­brach­te, den direk­ten Kon­takt ver­mied und die Per­so­nal­ver­ant­wor­tug dele­gier­te“, heißt es in der Mel­dung. (rhe)

+++ Ost­bad-Gefüh­le im öst­li­chen Zen­trum: Am 2. Novem­ber mel­de­te die Stadt Müns­ter, an der Stra­ße Auf der Horst habe man etwas im Boden ent­deckt, das eine Welt­kriegs­bom­be sein könn­te. Sechs Tage spä­ter soll­te die Frei­le­gung statt­fin­den. Die wur­de aber aus Sicher­heits­grün­den ver­scho­ben, weil in die fünf Meter tie­fe Gru­be Grund­was­ser gelau­fen war. Ges­tern star­te­te der zwei­te Anlauf, der aber auch wie­der abge­bro­chen wer­den muss­te. Dies­mal lag es nicht nur am Was­ser, son­dern auch an tech­ni­schen Pro­ble­men. Die Stadt schreibt, zeit­nah soll ein neu­er Ver­such anlau­fen. Erst wenn die beauf­trag­te Fir­ma bestä­tigt, dass der Gegen­stand im Boden ein Blind­gän­ger ist, kann die Feu­er­wehr anrü­cken, um die Bom­be zu ent­schär­fen. Fai­rer­wei­se muss man zuge­ben: Um mit dem Ost­bad gleich­zu­zie­hen, muss sich der Blind­gän­ger aber noch ins Zeug legen. Die Sanie­rungs­pan­nen­show läuft dort schließ­lich schon seit 15 Jah­ren. (sfo)

+++ Preu­ßen Müns­ter hät­te von der Stadt ger­ne für das nächs­te Jahr einen Zuschuss von 1,25 Mil­lio­nen Euro, um spie­len und trai­nie­ren zu kön­nen. „Wir wei­sen dar­auf hin, dass auf­grund der aktu­el­len Sta­di­on­si­tua­ti­on sowie auf­grund der Ener­gie­preis­ent­wick­lung und aus den nach­ge­wie­se­nen Ein­nah­men des Klubs, die für uns nicht wei­ter zu erhö­hen sind, kei­ne ander­wei­ti­ge Deckungs­mög­lich­keit für den Klub besteht“, schreibt der Ver­ein in sei­nem Antrag. Die Stadt­ver­wal­tung macht einen ande­ren Vor­schlag: 980.000 Euro – also unge­fähr 270.000 Euro weni­ger. Und jetzt? Mit­te Dezem­ber ent­schei­det der Rat. (rhe)

+++ In die­ser Woche ist auch noch eine ande­re Rech­nung an der Ham­mer Stra­ße ange­kom­men. Der Deut­sche Fuß­ball-Bund möch­te von Preu­ßen Müns­ter über 100.000 Euro haben, weil Leu­te, die dem Ver­ein scha­den wol­len, vor dem Pokal­spiel gegen Bay­ern Mün­chen gezün­delt haben und die Begeg­nung wegen der Rauch­wol­ken nicht anfan­gen konn­te. Genau 106.950 Euro ste­hen auf der Rech­nung. Addiert man die Stra­fe für den Pyro­kra­wall beim Aus­wärts­spiel in Essen dazu, wer­den 125.585 Euro fäl­lig. „Ein Zei­chen, selbst bei nicht ansatz­wei­se pas­sen­der Sum­me, wäre ein Kur­ven­topf, eine Sam­mel­büch­se, mit der zumin­dest ein Teil der Stra­fe aus den eige­nen Rei­hen beho­ben wer­den könn­te“, schreibt Cars­ten Schul­te auf der Fan­sei­te „100 Pro­zent mein SCP“. Aber wo es sonst immer so wich­tig für die Fan­kul­tur ist, dass es schön raucht, knallt und laut ist, ist es jetzt, wo’s ums Zah­len geht, doch irgend­wie über­ra­schend lei­se. (rhe)

Anony­mer Briefkasten

Haben Sie eine Infor­ma­ti­on für uns, von der Sie den­ken, sie soll­te öffent­lich wer­den? Und möch­ten Sie, dass sich nicht zurück­ver­fol­gen lässt, woher die Infor­ma­ti­on stammt? Dann nut­zen Sie unse­ren anony­men Brief­kas­ten. Sie kön­nen uns über die­sen Weg auch anonym Fotos oder Doku­men­te schicken.

+++ Und wo wir gera­de beim Feu­er­werk sind: Die Stadt Müns­ter ver­schickt zwar kei­ne Rech­nun­gen, hat heu­te aber schon mal ange­kün­digt, dass Böl­lern Sil­ves­ter nicht über­all in der Stadt erlaubt sein wird. Am Dom­platz, Prin­zi­pal­markt und vor dem Bahn­hof zum Bei­spiel ist es zwi­schen 22 Uhr abends und 4 Uhr mor­gens ver­bo­ten, Pyro­tech­nik abzu­bren­nen oder dabei zu haben (hier auf einer Kar­te zu sehen). Und wenn doch jemand erwischt wird, das kön­nen wir jetzt schon mal sagen: Dann knallt’s. (rhe)

+++ Im nächs­ten Jahr sol­len jun­ge Men­schen, die in Müns­ter zur Schu­le gehen, mit einem Kul­tur­ti­cket güns­tig Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen der Stadt besu­chen kön­nen. Die Rat­haus­ko­ali­ti­on aus Grü­nen, SPD und Volt will das Ticket ein­füh­ren, die CDU hät­te so ein Ticket auch gern für Aus­zu­bil­den­de. Die Stadt­ver­wal­tung hat am Mitt­woch einen Vor­schlag ver­öf­fent­licht. Auch dar­über ent­schei­det im Dezem­ber der Rat. (rhe)

+++ Die Stadt Müns­ter will am Pas­cal-Gym­na­si­um eine Vol­ley­ball­hal­le bau­en, um wei­ter­hin Bun­des­stütz­punkt für Vol­ley­bal­le­rin­nen zu blei­ben. Mit­te Dezem­ber soll der Rat den Bau beschlie­ßen. Der Deut­sche Vol­ley­ball-Ver­band for­de­re so eine Hal­le als Vor­aus­set­zung für einen Bun­des­stütz­punkt, schreibt die Stadt in ihrem Ver­wal­tungs­pa­pier. Im Gegen­zug för­dert der Ver­band jun­ge Talen­te in Müns­ter beson­ders. Die Hal­le soll den Plä­nen nach knapp 5,6 Mil­lio­nen Euro kos­ten. Drei Mil­lio­nen Euro sei­en durch Zuschüs­se und ande­re Ein­nah­men zusam­men­ge­kom­men. Knapp 2,5 Mil­lio­nen Euro muss die Stadt noch irgend­wie finan­zie­ren. (rhe)

Wie es weiterging – mit Ahmed Abu Ergaila

Der Asta-Sozi­al­be­ra­ter, Ahmed Abu Ergai­la, der in Gaza sei­ne Fami­lie besucht hat­te und dort seit Kriegs­be­ginn fest­saß, ist seit Sams­tag zurück in Müns­ter (RUMS-Brief). Am Mitt­woch­abend war er in der WDR-Lokal­zeit zu Gast (ab 7:50 min). Dort hat er davon erzählt, wie er die Bom­bar­die­run­gen erlebt hat, wie er Kon­takt zu sei­ner Fami­lie hält, und wie er jetzt mit den Erin­ne­run­gen lebt. „Wir war­ten inner­lich dar­auf, dass der Krieg endet, dass eine Pau­se statt­fin­det, dass man über­haupt Wor­te fin­det“, sagt er. (rhe)

Die Reportage 

Im Spiegel des Abfalls

Müns­ter hat ein außer­ge­wöhn­li­ches Sperr­müll­sys­tem. Kaum eine ande­re Stadt in Deutsch­land holt noch regel­mä­ßig kos­ten­los alte Sofas und Schrän­ke ab. Den­nis Frasch von der Repor­ta­ge­schu­le Reut­lin­gen ist einen Tag lang auf dem Müll­wa­gen mitgefahren.

 

Zum Bei­trag

Korrekturen

Am Diens­tag vor einer Woche ging es im RUMS-Brief um die Finan­zie­rungs­pro­ble­me der Kitas. Wir schrie­ben, die Städ­te finan­zier­ten nur Sach­kos­ten, nicht aber das Per­so­nal. Das stimm­te nicht. Städ­te und Land tra­gen die Kos­ten antei­lig. Das bedeu­tet: Die Kom­mu­nen finan­zie­ren sowohl bei den eige­nen als auch bei den Kitas der frei­en Trä­ger die Per­so­nal­kos­ten mit. Und wir schrie­ben, vor allem die frei­en Trä­ger müss­ten die zusätz­li­chen Kos­ten selbst tra­gen. Rich­tig ist: Auch bei den Städ­ten ent­steht eine Finan­zie­rungs­lü­cke. Wir haben bei­des kor­ri­giert. (rhe)

Klima-Update

+++ An der Fach­hoch­schu­le gibt es die öffent­li­che Ring­vor­le­sung „Aktu­el­les Wirt­schafts­ge­sche­hen – ver­ständ­lich und kom­pakt“. Kom­men­den Mitt­woch ist Manu­el Fron­del an der Rei­he. Er ist Pro­fes­sor für Öko­no­mie und lei­tet den Bereich „Umwelt und Res­sour­cen“ am Leib­niz-Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung. Sei­ne Vor­le­sung heißt: „Deutsch­lands Ener­gie­wen­de – nicht zur Nach­ah­mung emp­foh­len!“. Sein Name ist vor eini­ger Zeit im Zusam­men­hang mit eini­gen Per­so­nen und Orga­ni­sa­tio­nen auf­ge­taucht, die die Kli­ma­kri­se leug­nen. Er hat sich zum Bei­spiel 2011 die Autor­schaft in einem Buch mit Ross McKi­trick geteilt (der hat etwa die Hockey­schlä­ger-Kur­ve infra­ge gestellt). Die Polit­sa­ti­re „Die Anstalt“ hat diver­se Ver­bin­dun­gen von Klimakrisenskeptiker:innen vor einem hal­ben Jahr wie­der her­vor­ge­kramt (hier ab 35:20 min), die Sie im Fak­ten­check genau­er nach­voll­zie­hen kön­nen. Holt sich die FH also einen wasch­ech­ten Kli­ma­wan­del­leug­ner ins Haus? Unser Ein­druck: Nein, Fron­del leug­net die Erd­er­hit­zung nicht. Eini­ge sei­ner Posi­tio­nen: Er kri­ti­siert die För­de­rung von Solar- und Wind­ener­gie, zumin­dest, solan­ge die nicht zwi­schen­ge­spei­chert wird (hier bei der Neu­en Zür­cher Zei­tung). In der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung wird deut­lich, dass er kein Fan von Wär­me­pum­pen ist, auf Tech­no­lo­gien und den Emis­si­ons­han­del setzt. Und er hält es für wich­tig, dass sich Euro­pa dar­auf vor­be­rei­tet, bald ohne rus­si­sches Gas aus­zu­kom­men (Rhei­ni­sche Post). Wirt­schafts­pro­fes­sor Manu­el Rup­p­recht, der die Ring­vor­le­sung orga­ni­siert, schreibt uns: „Prof. Dr. Manu­el Fron­del ist Phy­si­ker, Öko­nom und erfah­re­ner Poli­tik­be­ra­ter in einem. […] Neben exzel­len­ten Fach­pu­bli­ka­tio­nen ver­steht er es auch, sei­ne Über­le­gun­gen und Ergeb­nis­se in all­ge­mein ver­ständ­li­cher Form zu prä­sen­tie­ren, z.B. in Tages­zei­tun­gen“. Es gehe in der Vor­le­sung schließ­lich dar­um, Wis­sen­schaft ver­ständ­lich der All­ge­mein­heit zugäng­lich zu machen. Falls Sie das inter­es­siert: Hier ist eine Anmel­dung mög­lich. Sie kön­nen die Vor­le­sung am 22. Novem­ber um 18 Uhr im Hör­saal oder digi­tal ver­fol­gen. (sst)

+++ „Es reg­ne­te, als ich in Müns­ter ankam“, schreibt Wla­di­mir Kami­ner in sei­nem Buch „Lie­bes­grü­ße aus Deutsch­land“. Und wei­ter: „Aber auch schon vor mei­ner Ankunft reg­ne­te es dort, und es hat auch nach mei­ner Abrei­se nicht auf­ge­hört zu reg­nen.“ Die Zei­len stam­men zwar aus dem Jahr 2011, könn­ten aber auch das Wet­ter der ver­gan­ge­nen vier Wochen bes­tens beschrei­ben. Der letz­te tro­cke­ne Tag in Müns­ter war der 17. Okto­ber, berich­ten die West­fä­li­schen Nach­rich­ten. Gewöh­nen Sie sich lie­ber mal dran. Es könn­te so wei­ter­ge­hen. (sfo)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Klima-Aktivist:innen der „Letz­ten Gene­ra­ti­on“ haben sich ges­tern am Amts­ge­richt auf die Stra­ße geklebt, um gegen ein Urteil zu pro­tes­tie­ren. (Poli­zei Müns­ter, WDR)

+++ Der Mann, der im ver­gan­ge­nen Jahr an der Ham­mer Stra­ße einen Kran besetzt hat und in Müns­ter als Müll­samm­ler bekannt ist, ver­sucht es vor Gericht neu­er­dings mit Freund­lich­keit. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Bal­ken im Dach des Fach­werk­hau­ses an der Berg­stra­ße, frü­her die „Bit Pün­te“, sind 600 Jah­re alt und damit noch älter, als man bis­lang dach­te. (Land­schafts­ver­band West­fa­len-Lip­pe)

+++ Die Poli­zei sucht nach wei­te­ren Leu­ten, die dach­ten, sie wür­den sich zu einem Sex-Date ver­ab­re­den, aber dann Opfer eines Raub­über­falls wur­den. (Poli­zei Müns­ter)

+++ Die Poli­zei hat einen 60-Jäh­ri­gen in der Nähe des Zoos fest­ge­nom­men, in des­sen Woh­nung etli­che gestoh­le­ne Fahr­rä­der, E-Bike-Akkus und ein Dieb­stahl­ta­ge­buch gefun­den wur­den. (Poli­zei Müns­ter)

+++ Die 32-jäh­ri­ge Sozi­al­ar­bei­te­rin Jana Höll lei­tet jetzt die Bahn­hofs­mis­si­on in Müns­ter. (Cari­tas Müns­ter)

+++ Einer der sel­tens­ten Süß­was­ser­fi­sche, der Man­ga­ra­ha­ra-Bunt­barsch, ist jetzt im Zoo zu sehen (und hier). (All­wet­ter­zoo)

+++ Im Stadt­haus 3 kön­nen Sie sich den Bebau­ungs­plan für ein neu­es Wohn­ge­biet in Spra­kel-Ost anschau­en. (Stadt Müns­ter)

+++ Nach­dem es in den ver­gan­ge­nen Wochen meh­re­re Straf­an­zei­gen und Fest­nah­men bei pro-paläs­ti­nen­si­schen Demos in Müns­ter gab, woll­te die Poli­zei die geplan­ten Kund­ge­bun­gen Frei­tag und Sams­tag ver­bie­ten, aber das wur­de ihr wie­der­um ver­bo­ten. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Vor einer Woche sind gro­ße Lager­hal­len in Müns­ters ukrai­ni­scher Part­ner­stadt Win­nyz­ja abge­brannt, was aber wahr­schein­lich nicht mit Angrif­fen aus Russ­land zusam­men­hängt. („Ukrai­ne Front Lines“ auf Twit­ter)

+++ Seit ges­tern besucht eine vier­köp­fi­ge Dele­ga­ti­on der ukrai­ni­schen Part­ner­stadt Win­nyz­ja Müns­ter. (Stadt Müns­ter)

+++ Die CDU-Rats­frak­ti­on will vor einer Sper­rung zwi­schen Bült und Berg­stra­ße erst gründ­lich prü­fen las­sen, ob es kei­ne „scho­nen­de Ver­kehrs­füh­rung“ gibt. (CDU Müns­ter, noch nicht online, aber bald hier)

+++ Die Grü­nen haben sich ein Viel­falts­sta­tut gege­ben, mit dem sie wenig reprä­sen­tier­te Grup­pen, vor allem Men­schen mit Ras­sis­mus­er­fah­run­gen, bes­ser in die Par­tei inte­grie­ren wol­len. (Grü­ne Müns­ter)

Sie möchten dieses Thema mit anderen Leser:innen diskutieren oder uns Hinweise geben?

Nut­zen Sie ein­fach unse­re Kom­men­tar­funk­ti­on unter­halb die­ses Textes.
Wenn Sie den Brief gera­de als E-Mail lesen, kli­cken Sie auf den fol­gen­den Link, um den Text auf unse­rer Web­site aufzurufen:

› die­sen Brief kommentieren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unbezahlte Werbung

Der Win­ter ist eine gute Jah­res­zeit, um sich selbst mal wie­der etwas Gutes zu tun. Mög­lich ist das zum Bei­spiel an der Ham­mer Stra­ße 59. Dort betreibt Sarah Bar­nasch ihr Kos­me­tik­stu­dio „Beau­ty & Bri­de“. Auch wenn kein Ter­min am Trau­al­tar im Kalen­der steht, kann man sich dort auf ver­schie­de­ne Wei­se behan­deln las­sen, etwa mit Anwen­dun­gen fürs Gesicht, Haar­ent­fer­nung, Mani­kü­re oder auf­wen­di­ge Fri­su­ren. Wer sich einen Ein­druck ver­schaf­fen will, kann sich die Insta­gram­sei­te von „Beau­ty & Bri­de“ ein­mal ansehen.

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Heu­te hat Fabi­an Cohrs für Sie in den Kalen­der geschaut. Das sind sei­ne Empfehlungen: 

+++ Nächs­te Woche wird es span­nend in den Nie­der­lan­den. Nach­dem im Juli die Regie­rung im Streit über die Migra­ti­ons­po­li­tik zer­brach, erklär­te der Noch-Minis­ter­prä­si­dent Mark Rut­te das Ende sei­ner poli­ti­schen Kar­rie­re. Am Mitt­woch wäh­len die Niederländer:innen ein neu­es Par­la­ment. Das Haus der Nie­der­lan­de lädt des­halb zu einer Wahl­par­ty, die um 20 Uhr per Zoom beginnt. Bis Mon­tag kön­nen Sie sich noch anmel­den. Inter­es­sant wird es auf jeden Fall, denn so oder so dürf­te der Aus­gang der Par­la­ments­wahl his­to­risch wer­den. Drei Kandidat:innen haben gute Chan­cen auf das Amt des nie­der­län­di­schen Regie­rungs­chefs: Dilan Yeşil­göz könn­te bei einem Wahl­sieg der Libe­ra­len die ers­te Frau und ers­te Per­son mit Migra­ti­ons­ge­schich­te wer­den, mit Frans Tim­mer­mans könn­te aber auch das lin­ke Lager zum ers­ten Mal seit zwan­zig Jah­ren wie­der den Pre­mier stel­len oder der neue Minis­ter­prä­si­dent wird Pie­ter Omtzigt aus Ensche­de, der mit einer Par­tei antritt, die erst in die­sem Jahr gegrün­det wurde.

+++ Mor­gen und über­mor­gen lädt die Arbeits­ge­mein­schaft Ange­wand­te Kunst von 11 bis 18 Uhr zu einer Aus­stel­lung ein. Unter dem Titel „Blick­punk­te 23“ stel­len 35 Kunsthandwerker:innen ihre Wer­ke aus den ver­gan­ge­nen Mona­ten vor, dort besteht dann auch die Mög­lich­keit für Fra­gen, Gesprä­che und Käufe.

+++ Mor­gen Abend fin­det eine soge­nann­te „Urban Art Pro­jek­ti­on“ im Pla­ne­ta­ri­um statt. Hier wer­den Wer­ke aus der Mural Har­bor Gal­lery in Linz an die Decke pro­ji­ziert und mit Musik von „Meat.Karaoke.Quality.Time“ live beglei­tet. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Tickets für 12 Euro erhal­ten Sie hier, Beginn ist um 19:30 Uhr.

+++ Mor­gen sind in der Stadt­bü­che­rei Men­schen zu Gast, die eine beson­de­re Lebens­ge­schich­te haben. Sie erzäh­len von Flucht­er­fah­run­gen, schwe­ren Krank­hei­ten, All­tags­ras­sis­mus, Behin­de­run­gen oder Coming-out. Die Ver­an­stal­tung nennt sich „Human Libra­ry“, also mensch­li­che Biblio­thek, und beginnt um 11 Uhr. Sie kön­nen ohne Anmel­dung vor­bei­kom­men und ein Gespräch mit den Erzähler:innen führen.

+++ Die Schau­spie­ler Pitt Hart­mann und Cars­ten Ben­der lesen am Sonn­tag­nach­mit­tag aus „Him­mel über Char­kiw“ vor, einem Buch über den Krieg in der Ukrai­ne, geschrie­ben von dem Autor und Frie­dens­preis­trä­ger Ser­hij Zha­dan. Für den Deutsch­land­funk ist die Text­samm­lung ein „wich­ti­ges Zeit­do­ku­ment ohne expli­zit lite­ra­ri­schen Anspruch“. Eine Kar­te für die Lesung im Pum­pen­haus kos­tet 18 Euro, Beginn ist um 15 Uhr. 

+++ Am Mon­tag­abend wird das Edvard-Grieg-Fes­ti­val eröff­net, benannt nach dem nor­we­gi­schen Kom­po­nis­ten. Im Zuge des Fes­ti­vals fin­den über die kom­men­de Woche ver­teilt fünf klas­si­sche Kon­zer­te mit Musik aus Nor­we­gen statt, jeweils von der Musik­hoch­schu­le und dem Insti­tut für Musik­päd­ago­gik ver­an­stal­tet. Eröff­net wird das Fes­ti­val um 19 Uhr in der Aula des Schlos­ses. Der Ein­tritt zu den Kon­zer­ten ist frei, hier fin­den Sie eine Über­sicht über die Ter­mi­ne und Inhalte.

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wün­sche Ihnen ein schö­nes Wochenende.

Herz­li­che Grü­ße
Sebas­ti­an Fobbe

Mit­ar­beit: Ralf Heimann (rhe), Imke Noet­zel (ino), Fabi­an Cohrs (fco), Sven­ja Stüh­mei­er (sst)
Lek­to­rat: Anto­nia Strotmann


Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen:

PS

Wis­sen Sie, wer Eli Mar­cus ist? Zur Zeit des deut­schen Kai­ser­reichs war Mar­cus ein bekann­ter Schrift­stel­ler im Müns­ter­land. Vor allem sei­ne Gedich­te und Thea­ter­stü­cke, die er auf müns­ter­län­di­schem Platt ver­fass­te, waren sehr beliebt. Er starb 1935 und wur­de auf dem jüdi­schen Fried­hof in Müns­ter beer­digt. Heu­te ist eine Stra­ße in Kin­der­haus nach Eli Mar­cus benannt, auf­ge­wach­sen ist er aber am Rog­gen­markt. Nach­zu­le­sen ist die Geschich­te der jüdi­schen Fami­lie Mar­cus in einer neu­en App, die seit dem ver­gan­ge­nen Sonn­tag ver­füg­bar ist. Dar­in gesam­melt sind vie­le Infor­ma­tio­nen über jüdi­sches Leben in Müns­ter, die Sie an ver­schie­de­nen Orten in der Stadt oder bei einem Rund­gang durch Müns­ter abru­fen können.

PPS

Vor ein paar Tagen war der „Spiegel“-Redakteur Chris­to­pher Piltz zu Gast im Pod­cast der Kri­mi­nal­psy­cho­lo­gin Lydia Benecke. In der Fol­ge geht es um die „Sata­nic Panic“, den Aber­glau­ben an eine sata­nis­ti­sche Eli­te im Ver­bor­ge­nen, der dafür gesorgt hat, dass das Bis­tum Müns­ter zuerst eine Bera­tungs­stel­le für ritu­el­le Gewalt gegrün­det und dann nur weni­ge Jah­re spä­ter wie­der geschlos­sen hat. Chris­to­pher Piltz hat­te mit sei­ner Recher­che den Stein dazu ins Rol­len gebracht. Auch wir wer­den in dem Pod­cast erwähnt, denn RUMS ist bis­her das ein­zi­ge Lokal­me­di­um in Deutsch­land, das die Geschich­te über ritu­el­le Gewalt und Sata­nis­mus auf­ge­grif­fen hat.