Münsters Klimaziel: Doch besser anpassen? | Der Müllsammler: Wie das Landgericht irrte | Reportage: Leben in Armut

Müns­ter, 29. Novem­ber 2022

Guten Tag,

Müns­ter möch­te bis zum Jahr 2030 kli­ma­neu­tral wer­den. Etwas unglück­lich ist, dass der Ver­kehrs­sek­tor bis­lang noch nicht mit­macht. Jahr für Jahr kom­men mehr Autos dazu. So etwas wie eine Trend­wen­de ist nicht fest­zu­stel­len. Die Fra­ge ist: Wie soll das gelingen?

Die Stadt Müns­ter hat schon vor Jah­ren einen Gene­ral­schlüs­sel mit dem Namen „Mas­ter­plan Mobi­li­tät 2035+“ in Auf­trag gege­ben, der das Ver­kehrs­sys­tem, erst mal auf dem Papier, so inein­an­der ver­we­ben soll, dass alles gut wird. 

Der Plan ist aller­dings noch lan­ge nicht fer­tig, im ver­gan­ge­nen Jahr ist ein Zwi­schen­be­richt erschie­nen. Vor einer Woche hat die Stadt­ver­wal­tung ein Papier hoch­ge­la­den, das einen klei­nen Aus­blick auf das gibt, was zu tun sein wird, um das Kli­ma­ziel zu erreichen. 

Vier Sze­na­ri­en. Das ers­te zeigt, was pas­siert, wenn wir gar nichts unter­neh­men (Pro­gno­se-Null­fall). Im zwei­ten (Trend­sze­na­rio) ist zu sehen, was sein wird, wenn alles gemacht wird, was die Stadt schon beschlos­sen hat. Das drit­te Sze­na­rio (Kli­ma­neu­tra­li­tät 2030) gibt an, was zu tun ist, um die Kli­ma­neu­tra­li­tät zu errei­chen. Im vier­ten Sze­na­rio (Umset­zungs­sze­na­rio) geht es um das, was die Stadt dann tat­säch­lich macht. 

Das Papier ent­hält eine Lis­te mit zehn Vor­schlä­gen dazu, was Müns­ter alles machen könn­te, um kli­ma­neu­tral zu wer­den. Aber wenn das alles ist, was Müns­ter bleibt, dann muss man viel­leicht irgend­wann so ehr­lich sein und aus der „3“ im Ziel „Kli­ma­neu­tra­lit­tät 2030“ eine „5“ machen. 

Einer der Vor­schlä­ge ist ein kos­ten­lo­ser öffent­li­cher Per­so­nen­nah­ver­kehr. Aber schon ein Ticket, das knapp 350 Euro im Jahr kos­tet, das 29-Euro-Ticket, ist für die Stadt nur unter Schwie­rig­kei­ten finanzierbar. 

Ein ande­rer Vor­schlag sieht eine Aus­wei­tung des Taxi-zu-Bus­prei­sen-Sys­tems Loop auf das gesam­te Stadt­ge­biet vor. Auch das wird die Stadt nicht bezah­len kön­nen, wenn unter dem Stadt­haus kei­ne Gold­mi­ne ent­deckt wird. Damit Loop als Lücken­schlie­ßer im Bus­netz über­haupt einen Sinn hät­te, bräuch­te es ein schnel­le­res Bus­netz, in dem mehr Bus­se auf schnel­le­ren Lini­en fah­ren, was mehr Men­schen auf die Idee brin­gen könn­te, mit dem Bus zu fahren. 

Aber ganz unab­hän­gig davon, ob es gelingt, das zu ein­zu­rich­ten: Im Moment gelingt es nicht ein­mal, genü­gend Men­schen zu fin­den, die mit den vor­han­de­nen Bus­sen fah­ren. Wird sich das inner­halb von weni­gen Jah­ren lösen lassen?

Ein wei­te­rer Vor­schlag ist eine „deut­li­che, über die der­zei­ti­gen Pla­nun­gen hin­aus­ge­hen­de Aus­wei­tung der S-Bahn Müns­ter­land“. Schon die gegen­wär­tig geplan­te Müns­ter­land-S-Bahn wird weit nach 2030 fer­tig sein, es könn­te sogar 2040 wer­den. Das Ange­bot aus­zu­wei­ten, müss­te erst mal dis­ku­tiert, erör­tert und beschlos­sen wer­den, und schon das wür­de wahr­schein­lich Jah­re dauern. 

Was steht noch in der Lis­te? Ein flä­chen­de­cken­des Mobil­sta­ti­ons­netz mit einem Ein­zugs­ra­di­us von 500 Metern. Auch das müss­te nur noch schnell geplant, beschlos­sen und gebaut wer­den, sodass es in sie­ben Jah­ren steht. 

Was haben wir noch? Ein stadt­wei­tes Bike-Sha­ring-Sys­tem. Könn­te man machen. Wäre aber sehr teu­er. Im Grun­de ist klar, dass es über Par­tei­gren­zen hin­weg Einig­keit dar­über gibt, dass man so ein Sys­tem nicht möch­te. Außer­dem: Man­gelt es in Müns­ter tat­säch­lich an Fahrrädern? 

Blie­ben drei Vor­schlä­ge: eine City­maut inner­halb des Rings, Park­plät­ze müss­ten ver­schwin­den, und die Stadt bräuch­te ein grö­ße­res Car-Sha­ring-Ange­bot. Aber ist das wirk­lich der Schlüs­sel zur Ver­kehrs­wen­de? Bezie­hungs­wei­se: Wie weit sind wir eigent­lich schon? 

Dar­über gibt eine Folie aus dem Anhang 1 des Papiers Auf­schluss. Wenn die Stadt nichts unter­nimmt, der Pro­gno­se-Null­fall, sin­ken CO2-Emis­sio­nen durch den Ver­kehr bis zum Jahr 2035 um 22 Pro­zent. Berück­sich­tigt man all das, was die Stadt schon beschlos­sen hat, sin­ken sie um 23 Pro­zent. Ist also eh alles sinnlos? 

Nein. Die Kom­mu­nen kön­nen sich Mühe geben, sie kön­nen machen, was mög­lich ist, sie kön­nen einen Bei­trag leis­ten. Aber allei­ne lösen kön­nen sie das Pro­blem nicht. Das wäre die ers­te Erkennt­nis. Die zwei­te ist: Wahr­schein­lich wird das alles noch sehr viel anstren­gen­der, als man jetzt gera­de denkt. (rhe)

Kurz und Klein 

+++ Auf der Toi­let­te der Stu­die­ren­den­knei­pe Cave­te sind am Wochen­en­de ein­ge­schal­te­te Auf­nah­me­ge­rä­te gefun­den wor­den. Eine Besu­che­rin saß auf der Toi­let­te, als ein sol­ches Gerät auf den Boden fiel. Es war am Abfluss­rohr ver­steckt und zeich­ne­te schon seit drei Stun­den auf. Spä­ter wur­den auch im Café Fyal Auf­nah­me­ge­rä­te in der Damen­toi­let­te gefun­den. Und dann ist da noch ein ande­rer Fund, der Rät­sel auf­gibt: In den Toi­let­ten waren Ted­dy­bä­ren und Plüsch-Niko­läu­se mit Saug­näp­fen an der Schüs­sel befes­tigt. Eine Spre­che­rin der Poli­zei Müns­ter teil­te auf Anfra­ge mit, dass die Betrei­ber bei­der Gast­stät­ten Anzei­ge gegen Unbe­kannt erstat­tet haben. Die Poli­zei ermitt­le jetzt wegen heim­li­cher Ton­auf­nah­men. Dem ers­ten Anschein nach hand­le es sich bei den gefun­de­nen Appa­ra­ten nicht um Video­ka­me­ras, son­dern um Dik­tier­ge­rä­te. Auch in den Stoff­tie­ren sei­en bis­her kei­ne Kame­ras auf­ge­taucht. Laut der Spre­che­rin habe es einen ver­gleich­ba­ren Fall in Müns­ter noch nicht gege­ben. Die Insta­gram­sei­te Müns­ter Dings hat­te zuerst über Auf­nah­me­ge­rä­te auf der Frau­en­toi­let­te berich­tet. (ast/sfo)

+++ Wer in Müns­ter einen Antrag auf Wohn­geld stellt, soll­te Zeit mit­brin­gen. Im Schnitt dau­ert es sechs bis acht Wochen, bis die Wohn­geld­stel­le den Antrag geprüft hat, zumin­dest wenn „die not­wen­di­gen Unter­la­gen und Nach­wei­se in der erfor­der­li­chen Voll­stän­dig­keit und Qua­li­tät“ vor­lie­gen. Das Pro­ze­de­re dürf­te ab 2023 aber noch län­ger dau­ern, denn die Bun­des­re­gie­rung bringt zum 1. Janu­ar eine Wohn­geld­re­form auf den Weg, die mehr Men­schen mehr Geld ver­spricht. Statt bis­her 600.000 sol­len bis zu zwei Mil­lio­nen Haus­hal­te von der Neue­rung pro­fi­tie­ren – nur geht das auch so ein­fach? Die NRW-Bau­mi­nis­te­rin Ina Schar­ren­bach hat da ihre Zwei­fel. Die CDU-Poli­ti­ke­rin sag­te der Neu­en West­fä­li­schen, sie gehe davon aus, dass die Anträ­ge nach neu­em Recht erst ab April und dann rück­wir­kend zum Jah­res­an­fang bewil­ligt wer­den kön­nen. In den Städ­ten und Gemein­den feh­le das nöti­ge Per­so­nal, um die Wohn­geld­an­trä­ge abzu­ar­bei­ten. Das könn­te auch auf Müns­ter zukom­men. Die Stadt teilt auf Anfra­ge mit, dass die Wohn­geld­stel­le von einer Ver­drei­fa­chung der Anträ­ge aus­geht. In der Pan­de­mie sei die Zahl der Anträ­ge ohne­hin schon um 40 Pro­zent gestie­gen. Um alles abzu­ar­bei­ten, sol­len in den kom­men­den zwei Mona­ten zwölf zusätz­li­che Stel­len geschaf­fen wer­den, das sind 80 Pro­zent mehr Per­so­nal. (sfo)

+++ Und weil Woh­nen teu­er und dadurch eine wich­ti­ge sozia­le Fra­ge ist, blei­ben wir beim The­ma: Der sozia­le Woh­nungs­bau droht ein­zu­bre­chen. So titelt es jeden­falls die Tages­schau. Bis zu 70 Pro­zent der geplan­ten Pro­jek­te könn­ten nicht zu Ende gebaut wer­den, die Grün­de hier­für sei­en die stei­gen­den Bau­kos­ten und die ver­schärf­ten Ener­gie­stan­dards für den Kli­ma­schutz. Das Pres­se­amt der Stadt schreibt uns, rund 200 geför­der­te Woh­nun­gen könn­ten die­ses Jahr vor­aus­sicht­lich fer­tig­ge­stellt wer­den. Einen Ver­gleichs­wert nennt die Stadt uns aber nicht. Schau­en wir also selbst ein­mal nach, wie vie­le Sozi­al­woh­nun­gen Müns­ter in den letz­ten drei Jah­ren dazu­ge­kom­men sind: 536 im ver­gan­ge­nen Jahr, 505 im Jahr 2020 und 300 im Jahr 2019. Mit den 200 neu­en Sozi­al­woh­nun­gen wird die Stadt in die­sem Jahr auch nicht ihren eige­nen Anfor­de­run­gen gerecht: Laut einem Rats­be­schluss sol­len jedes Jahr 300 geför­der­te Woh­nun­gen ent­ste­hen. (sfo)

+++ Am Don­ners­tag und Frei­tag bit­te ein­mal gut zuhö­ren. Zumin­dest wenn Sie in Roxel, Gie­ven­beck, Kin­der­haus-West, Mau­ritz oder Grem­men­dorf woh­nen. An den bei­den Tagen wer­den acht neue Warn­si­re­nen in den Stadt­tei­len getes­tet. Die Signa­le sol­len laut Stadt „als „Weck­ruf“ gut wahr­nehm­bar“ sein. Was ja beim letz­ten Warn­tag im Sep­tem­ber nicht so gut geklappt hat (RUMS-Brief vom 9. Sep­tem­ber). Aber bekannt­lich hilft da nur Übung – schon am 8. Dezem­ber kön­nen die neu­en Sire­nen beim nächs­ten Warn­tag noch ein­mal zei­gen, was sie kön­nen. (ast)


Zahlen, bitte. 

Die Stadt Müns­ter nutzt zum Groß­teil Fern­wär­me und Erd­gas, um die städ­ti­schen Gebäu­de zu behei­zen. Jeweils 39 Pro­zent bezieht die Stadt von den Stadt­wer­ken, 11 Pro­zent des Gases und 8 Pro­zent der Fern­wär­me kom­men von ande­ren Anbie­tern. Heiz­öl und Flüs­sig­gas kom­men in der Wär­me­ver­sor­gung über­all dort zum Ein­satz, wo es kei­nen Fern­­wär­­me- oder Erd­gas­an­schluss gibt. Das sind aber nur 3 Pro­zent. Man könn­te es aber auch so sehen: Die Stadt setzt nach wie vor auf 100 Pro­zent fos­si­le Ener­gie­trä­ger in der Wär­me­ver­sor­gung. Wenn Sie mehr dar­über wis­sen wol­len, dann lesen Sie die­sen Text von Con­stan­ze Busch über die Wär­me­wen­de in Müns­ter. Quel­le: Stadt Münster


Die Irrtümer des Landgerichts

Die Poli­zei hat ges­tern den stadt­be­kann­ten Mann in Gewahr­sam genom­men, der stadt­be­kannt wur­de, weil er exzes­siv Müll sam­melt und Krä­ne besetzt. Der Ver­such, ihn in der Psych­ia­trie unter­zu­brin­gen, schei­ter­te. Seit heu­te Abend gibt es einen Haft­be­fehl. Der Mann sitzt jetzt in Unter­su­chungs­haft. Er soll sei­ne Nach­ba­rin bedroht haben. Das hat­te er in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der getan. Unter ande­rem dafür ist er ver­ur­teilt wor­den, aller­dings auf Bewäh­rung. Und wenn man die­ses Urteil des Land­ge­richts Müns­ter noch ein­mal liest, dann wird deut­lich: Der Mann blieb nur des­halb in Frei­heit, weil das Gericht sich in meh­re­ren Punk­ten irrte. 

In dem Ver­fah­ren ging es um Belei­di­gung in 14 Fäl­len, um vor­sätz­li­che Kör­per­ver­let­zung sowie ver­such­te gefähr­li­che Kör­per­ver­let­zung. Und es war nicht das ers­te Mal, dass der Ange­klag­te die Gren­zen des Rechts­staats sehr deut­lich über­trat. Schon im Jahr 2007 hat­te das Land­ge­richt ihn zu einer Frei­heits­stra­fe von zwei Jah­ren und neun Mona­ten ver­ur­teilt – wegen sexu­el­len Miss­brauchs und schwe­ren sexu­el­len Miss­brauchs von Kin­dern in ins­ge­samt sie­ben Fällen.

Zwi­schen den Urtei­len lie­gen eini­ge Jah­re, die Delik­te sind sehr unter­schied­lich. Aber es ist doch auf­fäl­lig, wie wohl­wol­lend bis leicht­gläu­big – so erscheint es im Rück­blick – das Gericht die­sen Mann ein­schätz­te, der immer wie­der zeig­te, dass er die Gren­zen ande­rer für sich nicht gel­ten lässt. 

Die Bedro­hun­gen und Belei­di­gun­gen fül­len in dem Urteil meh­re­re der 17 Sei­ten. Als eine Nach­ba­rin ein­mal Zwei­ge eines Zier­wei­den­baums abschnei­det, wird der Mann sau­er und schimpft: „Ich schal­te dich aus, das ist eine Leich­tig­keit für mich. Ich weiß, wo dei­ne Toch­ter wohnt, die­se fie­se Fot­ze und die wird ihr blau­es Wun­der erle­ben. Ich schaf­fe dich weg.“

Ein Gut­ach­ter kommt laut dem Urteil zu dem Ergeb­nis: Der Mann hat eine schi­zo­ide Per­sön­lich­keits­stö­rung. Das bedeu­tet unter ande­rem: Ihm fehlt das Gespür für Regeln und Kon­ven­tio­nen im Zusam­men­le­ben von Men­schen. Doch der Gut­ach­ter urteilt, der Mann habe sich unter Kon­trol­le – jeden­falls, wenn es um sei­ne Nach­ba­rin geht. 

Sieht er dage­gen Ord­nungs­kräf­te, macht der Gut­ach­ter eine „recht­lich rele­van­te Beein­träch­ti­gung der Steue­rungs­fä­hig­keit“ aus. Ord­nungs­kräf­te sei­en für ihn Reiz­fi­gu­ren. Hier über­nimmt sei­ne Krank­heit die Steue­rung. Das wer­tet das Gericht als straf­mil­dernd. Aber bedeu­tet das nicht auch: So rich­tig lässt sich vor­her kaum sagen, wie der Mann reagiert?

Eine rote Linie

Der Gut­ach­ter kommt zu dem Schluss, es sei „cha­rak­te­ris­tisch (…), dass der Ange­klag­te bei sämt­li­chen Vor­fäl­len, die Gegen­stand die­ses Ver­fah­rens sind, nie­mals gewalt­tä­tig gewor­den sei“. Der Mann habe ihm gegen­über „betont, hier eine ‚rote Linie‘ zu sehen, die er nie­mals überschreite“. 

Mit­te Okto­ber über­schrei­tet der Mann die­se Linie dann mut­maß­lich doch. Er soll sei­ne Nach­ba­rin geschla­gen haben. Auch da kom­men Poli­zei und Staats­an­walt­schaft noch zu der Ein­schät­zung, es bestehe kei­ne aku­te Gefahr. Der Mann bleibt in Freiheit. 

Es ist grund­sätz­lich gut, wenn die Schwel­le, die über­schrit­ten wer­den muss, um ein­ge­sperrt zu wer­den, sehr hoch liegt. Aber im Nach­hin­ein sieht es so aus, als wenn das Land­ge­richt sich von dem Mann ein­lul­len ließ. 

An sei­ne Bewäh­rungs­auf­la­gen hat­te der Mann sich schon beim letz­ten Mal nicht gehal­ten. Ja, er sei ein „Bewäh­rungs­ver­sa­ger“, so steht es in dem Urteil. Aber nach über einem Jahr in Haft oder Unter­su­chungs­haft erklär­te der Mann dem Gericht, das sei eine „ein­drucks­vol­le Erfah­rung“ gewe­sen, die er nicht noch ein­mal machen wol­le. Das Gericht fand das „glaub­haft“.

Dass sich der Ärger mit dem benach­bar­tem Ehe­paar auf­lö­sen wür­de, glaub­te dage­gen auch das Gericht nicht. Der Mann ver­si­cher­te, um die Pro­ble­me zu wis­sen „und auch die Kon­se­quen­zen dar­aus zie­hen zu wol­len, sich näm­lich von die­sem Grund­stück tren­nen und wei­ter in den Außen­be­reich zie­hen zu wol­len, wo er unge­stört sei­nen Lebens­be­dürf­nis­sen nach­ge­hen kön­ne“. Auch das fand das Gericht „glaub­haft“.

Bei­des stell­te sich als falsch her­aus, wie auch die Über­zeu­gung der Straf­kam­mer, „dass der Ange­klag­te sich unter dem Ein­druck eines dro­hen­den Voll­zu­ges der Gesamt­frei­heits­stra­fe regel­kon­form ver­hal­ten kann“, dass er es nicht mehr zu Kon­flikt­si­tua­tio­nen kom­men las­se und dass er in Zukunft straf­frei blei­ben wer­de. Nichts davon trat ein. 

Neuer Prozess, mehrere Taten

Trotz sei­ner Bewäh­rungs­stra­fe besetz­te der Mann im Som­mer zwei Mal einen Kran an der Ham­mer Stra­ße, wochen­lang leg­te er eine Bau­stel­le lahm. Zwi­schen­durch gab es immer wie­der Ärger mit dem Ehe­paar aus der Nach­bar­schaft. Am 12. Dezem­ber beginnt ein neu­er Pro­zess vor dem Amts­ge­richt, gleich wegen meh­re­rer mut­maß­li­cher Taten. Der Mann soll sei­ne Nach­ba­rin wie­der bedroht und belei­digt haben. Dass er sie geschla­gen haben soll, ist noch nicht ein­mal Gegen­stand die­ser Verfahren. 

Es ist mög­lich, dass der Mann wegen die­ser Taten ins Gefäng­nis muss. Es ist auch mög­lich, dass er mit einer Geld­stra­fe davon­kommt. Dann wäre die Fra­ge: Bleibt es bei sei­ner Bewäh­rungs­stra­fe? Das müss­te das Land­ge­richt beant­wor­ten. Was sich schon jetzt rela­tiv sicher sagen lässt: So opti­mis­tisch wie beim letz­ten Mal wür­de die Pro­gno­se wohl nicht ausfallen. 

Zuletzt soll der Mann am Holz­zaun sei­ner Nach­ba­rin gerüt­telt, ihr Schlä­ge ange­droht und sie belei­digt haben. Das war ges­tern. Danach nahm die Poli­zei ihn mit. 

Aus dem Gewahr­sam hät­te die Poli­zei ihn nach spä­tes­tens 24 Stun­den wie­der ent­las­sen müs­sen. Doch weil man dort inzwi­schen offen­bar der Auf­fas­sung ist, dass von dem Mann eine Gefahr aus­geht, war die Hoff­nung, das Amts­ge­richt wür­de einer Ein­wei­sung in die Psych­ia­trie zustim­men. Das mach­te das Gericht nicht. Doch dies­mal war die Staats­an­walt­schaft offen­bar der Mei­nung, dass es nicht gut wäre, den Mann gleich wie­der lau­fen zu las­sen. Bis zum Pro­zess vor dem Amts­ge­richt wird er jetzt wohl in Unter­su­chungs­haft blei­ben. (rhe)

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Corona-Update

+++ Die Sterb­lich­keits­ra­te ist 2022 unge­wöhn­lich hoch. Allein im Okto­ber sind laut der Tages­schau deutsch­land­weit über 90.000 Men­schen gestor­ben, aber auch in den Som­mer­mo­na­ten gab es eine hohe Über­sterb­lich­keit. Allein durch Coro­na soll die­ser Trend nicht zu erklä­ren sein, heißt es dort außer­dem. Aber was könn­ten dann mög­li­che Grün­de für die vie­len Todes­fäl­le sein? Fach­leu­te sehen einen Zusam­men­hang mit der dies­jäh­ri­gen Som­mer­hit­ze, der frü­hen Grip­pe­wel­le und der Aus­brei­tung ande­rer Atem­wegs­er­kran­kun­gen. Außer­dem könn­te die Über­las­tung des Gesund­heits­sys­tems eine Rol­le spie­len, als indi­rek­te Fol­ge der Pan­de­mie. Die genau­en Ursa­chen müss­ten aber noch erforscht wer­den. (vpe)

+++ Die Lan­des­re­gie­rung hat die Coro­na-Schutz­ver­ord­nung für Nord­rhein-West­fa­len ver­län­gert. Alles bleibt also bis Ende des Jah­res so, wie es ist. Wenn Sie den Über­blick über Besuchs­re­geln und Mas­ken­pflicht ver­lo­ren haben, fin­den Sie ihn beim WDR wie­der. (vpe)

+++ In Müns­ter wur­den seit ges­tern 134 Men­schen posi­tiv auf das Coro­na­vi­rus getes­tet, mel­det die Stadt. Aktu­ell gel­ten 933 Men­schen offi­zi­ell als infi­ziert. Das Robert-Koch-Insti­tut mel­det eine Inzi­denz von 216 posi­ti­ven PCR-Tests pro 100.000 Men­schen in den ver­gan­ge­nen sie­ben Tagen. Laut Inten­siv­re­gis­ter lie­gen in Müns­ter fünf Coro­na­in­fi­zier­te auf der Inten­siv­sta­ti­on. Eine Per­son wird beatmet. (vpe)


Die Reportage 

Über die Runden

Über Geld spre­chen Men­schen nicht gern, vor allem wenn sie wenig Geld haben, denn das heißt nicht nur: Man kann sich weni­ger kau­fen. Armut ist ein Stig­ma. Aber was bedeu­tet es, mit sehr wenig Geld zu leben? Kim Lucia Ruoff von der Repor­ta­ge­schu­le Reut­lin­gen hat für RUMS mit der 76-jäh­ri­­gen Chris­tel Sal­men gespro­chen, die frü­her für die Uni gear­bei­tet hat, aber seit dem Tod ihres Man­nes aber nur noch schwer über die Run­den kommt. Sie sagt, sie habe auf­ge­hört, sich dafür zu schä­men, dass sie Hil­fe braucht.

Zum Bei­trag

Ein-Satz-Zentrale

+++ Am Hafer­land­weg ist doch kein Blind­gän­ger gefun­den wor­den. (Stadt Müns­ter)

+++ In der Innen­stadt kau­fen wie­der unge­fähr so vie­le Men­schen ein wie vor der Pan­de­mie, aller­dings macht der Ein­zel­han­del immer noch weni­ger Umsatz. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Vom 6. bis zum 9. Dezem­ber wird die Münz­stra­ße abends gesperrt, weil die Stadt den Abschnitt zwi­schen der Jüde­fel­der- und der Hol­len­be­cker­stra­ße ab mor­gen saniert. (Stadt Müns­ter)

+++ In Müns­ter wer­den im Ver­gleich zum ver­gan­ge­nen Jahr immer weni­ger Neu­bau­ten geneh­migt. (IT NRW)

+++ Die Stadt hat in Rum­phorst ein Bau­grund­stück geneh­migt, auf dem sozi­al geför­der­ter Wohn­raum ent­ste­hen soll. (Stadt Müns­ter)

+++ Die FDP-Rats­frak­ti­on will, dass das Geld für den Umbau der Mobil­sta­ti­on an der Wese­ler Stra­ße frü­her bereit­ge­stellt wird, damit die Ver­kehrs­wen­de – Ent­schul­di­gung – in Fahrt kommt. (FDP Müns­ter)

+++ Das Ord­nungs­amt will am Glas­ver­bot am Aasee fest­hal­ten. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Eine Wild­tier­auf­fang­sta­ti­on soll in der Nähe des Zoos ent­ste­hen. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek ver­kauft Decken, weil dort die Hei­zung run­ter­ge­dreht ist. (Uni Müns­ter)

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Drinnen und Draußen

Heu­te hat Vik­to­ria Pehl­ke für Sie in den Kalen­der geschaut. Das sind ihre Empfehlungen: 

+++ Wenn der Him­mel klar ist, kön­nen Sie am Don­ners­tag ab 20 Uhr vom LWL-Natur­kun­de­mu­se­um aus zusam­men mit Fach­leu­ten in den Him­mel schau­en. Der Astro­no­mie-Club Ster­nen­freun­de Müns­ter stellt dort Tele­sko­pe zur Ver­fü­gung. Bei wol­ki­gem Him­mel wird die Ver­an­stal­tung bis 18 Uhr online abgesagt. 

+++ Das Stadt­en­sem­ble führt regel­mä­ßig Thea­ter­stü­cke auf, die beim Fes­ti­val der Demo­kra­tie im ver­gan­ge­nen Herbst ent­stan­den sind. Die nächs­te Vor­stel­lung nennt sich „Frau­en. Brand. Rede. Nein. SCHREI!“ und the­ma­ti­siert poli­ti­sche Reden von Frau­en wie zum Bei­spiel von der Affen­for­sche­rin Jane Goo­dall oder der Kli­ma­ak­ti­vis­tin und See­not­ret­te­rin Caro­la Racke­te. Beginn ist mor­gen um 20:30 Uhr im Foy­er der Bezirks­re­gie­rung am Dom­platz. Der Ein­tritt ist frei. Eine Anmel­dung ist per E-Mail erfor­der­lich. Die nächs­te Auf­füh­rung fin­det am 11. Dezem­ber um 20 Uhr im Hör­saal H1 der Uni Müns­ter statt.

+++ Am Don­ners­tag bie­tet die Leo:16 Knei­pe einen Raum für Aus­tausch und Unter­stüt­zung gegen Que­er­feind­lich­keit. Wer Gedan­ken tei­len möch­te oder Hil­fe sucht, kann sich dort ab 17 Uhr einfinden. 

+++ Tra­di­ti­ons­ge­mäß zeigt das Schloß­thea­ter den Müns­te­ra­ner Weih­nachts­film Alle Jah­re wie­der – wie der Name schon ver­mu­ten lässt – auch in die­sem Jahr an allen Advents­sonn­ta­gen um 11 Uhr. Der schwarz-wei­ße Kult­film von Ulrich Scha­mo­ni trans­por­tiert einen mit der ver­trau­ten Kulis­se in das Müns­ter der sech­zi­ger Jah­re. Tickets gibt’s im Online-Ticket­shop und an der Kinokasse. 

Am Frei­tag schreibt Ihnen Sebas­ti­an Fob­be. Ich wün­sche Ihnen eine gute Woche. 

Herz­li­che Grü­ße
Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Sebas­ti­an Fob­be (sfo), Jan Gro­ße Nobis (jgn), Vik­to­ria Pehl­ke (vpe), Anto­nia Strot­mann (ast)
Lek­to­rat: Anto­nia Strotmann

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PS

Haben Sie es doch noch geschafft, in WM-Stim­mung zu kom­men? Ich noch nicht. Es ist ja schon scha­de. Am Sonn­tag­abend, zur Mit­te der zwei­ten Halb­zeit, habe ich dann doch noch kurz ein­ge­schal­tet, um beim Wils­berg aus Bie­le­feld nicht ein­zu­schla­fen. Nach ein paar Minu­ten schoss Nic­las Füll­krug das Tor zum Aus­gleich, und da fiel’s mir wie­der ein, wie das nor­ma­ler­wei­se war im Som­mer, wenn bei der Welt­meis­ter­schaft alle zusam­men vor dem Fern­se­her oder der Lein­wand stan­den und saßen – auch die, die sonst eigent­lich gar nicht für Fuß­ball sind oder für Deutsch­land. Irgend­wann schos­sen die Deut­schen ja doch immer ein Tor. Dann jubel­te man zusam­men. Und wann jubelt man sonst schon noch? Vie­le Gele­gen­hei­ten fal­len mir da nicht ein. Die­sen Jubel gibt es in die­sem Jahr nicht, weil sich, zumin­dest bei mir, das Gefühl ein­ge­stellt hat, man schaut eine Art Sport­por­no: irgend­wie schon geil, aber will man sowas unter­stüt­zen? Nee, aber was dann? Ken­nen Sie Preu­ßen Müns­ter? Dann schau­en Sie sich die­sen Video­aus­schnitt an, falls Sie das nicht schon längst gese­hen haben. Wat­ten­scheid hat nach einem irren Spiel in der Nach­spiel­zeit den Aus­gleich geschos­sen. Es steht 4:4. Und dann gelingt Preu­ßen in der 96. Minu­te ein fünf­tes Tor. Hier ein vier Minu­ten lan­ger WDR-Mit­schnitt vom gro­ßen Fina­le. Es ist ein­fach wun­der­schön. (rhe)

Kor­rek­tur­hin­weis:

Wir hat­ten geschrie­ben, das letz­te Tor sei in der Ver­län­ge­rung gefal­len. Das ist natür­lich Unsinn. Wir mein­ten die Nach­spiel­zeit. Wir haben das korrigiert.