Eine Zigarette mit Folgen | Münster plant einen Bürger:innenrat – oder doch nicht? | Fairteiler im Kreuzviertel

Müns­ter, 19. Mai 2023

Guten Tag,

unge­fähr vor einem Jahr haben 13 Män­ner aus Müns­ter wahr­schein­lich ihre Kof­fer gepackt und dabei viel­leicht schon eine Mal­le-Play­list über die Blue­tooth-Box lau­fen las­sen, als Vor­ge­schmack auf die kom­men­den Tage. Wor­auf sie hin­ge­fie­bert haben? Viel­leicht auf eine schö­ne Aus­zeit oder viel Feie­rei oder viel Alko­hol, viel­leicht auch auf ein biss­chen von allem. Aber wohl defi­ni­tiv nicht auf das, was dann nur ein paar Stun­den nach ihrer Lan­dung in Pal­ma de Mal­lor­ca pas­siert ist: Sie wur­den fest­ge­nom­men, weil sie einen Brand ver­ur­sacht haben sol­len. Der wur­de wohl von einer bren­nen­den Ziga­ret­te aus­ge­löst. Immer­hin das scheint festzustehen.

Einer der Män­ner konn­te direkt wie­der gehen, vier wei­te­re etwas spä­ter auch, und die rest­li­chen acht sind Mit­te Juli 2022 schließ­lich wie­der nach Müns­ter zurück­ge­kehrt. Die Chro­nik der West­fä­li­schen Nach­rich­ten fasst das gut zusam­men, dort kön­nen Sie auch noch ein­mal ganz genau nach­le­sen, was wann pas­siert ist.

Im Mai unter­stützt uns
Raum für Entwicklungen

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Jeden­falls: Vor­bei ist das Gan­ze nicht, einen Pro­zess gab es bis­her nicht und die Män­ner sind noch nicht aus dem Schnei­der. Das Zitat „Wir haben nach wie vor Ver­trau­en in die spa­ni­sche Jus­tiz, so dass wir opti­mis­tisch blei­ben und auf einen guten Aus­gang nach voll­stän­di­ger Wür­di­gung aller rele­van­ten ent­las­ten­den Gesichts­punk­te hof­fen“ aus dem Schrei­ben der Anwält:innen konn­te man in den ver­gan­ge­nen Tagen an vie­len Stel­len lesen, unter ande­rem beim WDR.

Wie Sie hier sehen, neh­men Medi­en Jah­res­ta­ge eben ger­ne als Anlass, noch ein­mal über etwas zu berich­ten, zu dem es eigent­lich noch kei­ne Neu­ig­kei­ten gibt. Außer viel­leicht, dass der Club „Stramm am Tisch“ sich wohl nicht mehr zum Kegeln trifft und man in Albach­ten ein­fach so tut, als hät­te es den Vor­fall nicht gegeben.

So west­fä­lisch-ver­schwie­gen geben sich die Kölner:innen Ali­ce und Bernd Klotz frei­lich nicht. Den bei­den gehört die Knei­pe „Why Not Mal­lor­ca“. Ja, rich­tig, der gan­ze Vor­fall hat neben den Müns­te­ra­nern in U-Haft ja auch das Paar ziem­lich getrof­fen, das wegen der Brand­schä­den sei­ne Bar ein­mal kom­plett reno­vie­ren muss­te. Die bei­den berich­ten der Mal­lor­ca Zei­tung aller­dings: Wenn sie Urlauber:innen dar­auf auf­merk­sam mach­ten, dass sie Kip­pen­stum­mel und Essens­res­te doch bes­ser nicht vom Bal­kon auf ihre Ter­ras­se wer­fen soll­ten, reagier­ten die wei­ter­hin mit wenig Ver­ständ­nis. Auch hier also gewis­ser­ma­ßen alles beim Alten. Außer die Ehe der bei­den. Ihre Kri­se hät­ten das Paar wegen des Brands über­wun­den. Das ist doch wenigs­tens eine schö­ne Nach­richt. (sst)

Kurz und Klein

+++ Die Stadt Müns­ter ver­liert die Geduld mit ihrer Kita­platz-Ver­ga­be­soft­ware Kita-Navi­ga­tor und schaut sich nach einer ande­ren Lösung um. Eine Pro­jekt­grup­pe wer­de sich jetzt gründ­lich mit der Fra­ge beschäf­ti­gen, was die­se Soft­ware kön­nen muss, schreibt die Stadt in etwas ande­ren Wor­ten. In einem Jahr soll die Ent­schei­dung dar­über fal­len, ob Müns­ter tat­säch­lich eine neue Soft­ware kauft. Ande­rer Vor­schlag mit einer ähn­lich gro­ßen Ver­läss­lich­keit wie die gegen­wär­ti­ge Lösung wäre sonst viel­leicht: Losen. Stich­wort: Gewin­ne, Gewin­ne, Gewin­ne. (rhe)

+++ Was wird aus dem Vol­ke­n­ing­heim? Nach der Ankün­di­gung der evan­ge­li­schen Kir­che, das Stu­die­ren­den­wohn­heim am Breul zu schlie­ßen (RUMS-Brief), hat die SPD-Frak­ti­on im Rat die Kir­che in einem offe­nen Brief auf­ge­for­dert, nicht nur aufs Geld zu schau­en, son­dern auch auf die Bedeu­tung des Wohn­heims. Bei einem Abriss gin­gen nicht nur 56 Unter­künf­te ver­lo­ren, son­dern auch Ver­an­stal­tungs­räu­me und ein Café. Daher müs­se man über­prü­fen, ob das Stu­die­ren­den­werk das Heim über­neh­men oder ob man es mit Geld vom Bund, vom Land oder der Stadt stüt­zen kön­ne. (rhe)

+++ Die frü­he­re Lei­te­rin des Vol­ke­n­ing­heims, Alex­an­dra Hipp­chen, möch­te eben­falls errei­chen, dass das Wohn­heim erhal­ten bleibt. „Arbeit mit Jugend­li­chen und, wie in die­sem Fall, mit jun­gen Student:innen, ist ein eigen­stän­di­ger Auf­trag der Lan­des­kir­che“, schreibt sie. Daher soll­te man das Heim nicht schlie­ßen, weil man in ande­ren Berei­chen spa­ren müs­se. „Wird der Druck im Woh­nungs­markt durch die Schlie­ßung eines Wohn­heims nicht wei­ter erhöht?“, fragt Hipp­chen. Und: „Wird die Lan­des­kir­che sich die­ser Ver­ant­wor­tung gerecht?“ Heu­te müs­se mehr in Stu­die­ren­den­wohn­hei­me inves­tiert wer­den, nicht weni­ger. „Das dür­fen und müs­sen die Kir­chen­ge­mein­den, Kir­chen­krei­se und Gestal­tungs­räu­me von der Lan­des­kir­che ein­for­dern“, schreibt Hipp­chen. (rhe)

+++ Vor dem Train-Denk­mal am Krei­sel erin­nert jetzt eine Info-Ste­le dar­an, dass die Deut­schen für den Völ­ker­mord an den Here­ro und Nama vor knapp 120 Jah­ren im heu­ti­gen Nami­bia ver­ant­wort­lich waren. Das war ursprüng­lich nicht zu erken­nen und so auch nicht gedacht. Als man das Denk­mal im Jahr 1925 auf­stell­te, erin­ner­te es ledig­lich an die deut­schen Sol­da­ten, die bei dem Kriegs­ver­bre­chen getö­tet wor­den waren. Dass nicht schon seit Jah­ren eine Info­ta­fel dar­über auf­klärt, liegt unter ande­rem dar­an, dass man zöger­te, den Völ­ker­mord auch tat­säch­lich Völ­ker­mord zu nen­nen. Anne Her­ber­mann von den Grü­nen erin­ner­te bei der Ein­wei­hung der Ste­le am Diens­tag dar­an, dass es nicht aus­rei­che, eine Ste­le auf­zu­stel­len. Man müs­se zu einer brei­ten Erin­ne­rungs­kul­tur kom­men, sag­te sie. Die Stadt Müns­ter zeigt auf einer Kar­te die Orte in der Stadt, die an den Kolo­nia­lis­mus erin­nern. Der Arbeits­kreis Aka­frik wür­de sich wün­schen, dass die­se Kar­te irgend­wann über­flüs­sig wird. Er schlägt vor, „alle kolo­ni­al-, kriegs- und gewalt­ver­herr­li­chen­den Schand­ma­le in Müns­ter auf einem zen­tra­len Schand­mal­fried­hof“ zu ver­sam­meln. (rhe)

+++ Müns­ter soll Can­na­bis-Modell­stadt wer­den. Was das genau bedeu­tet, haben die Grü­nen jetzt in einem aus sechs Fra­gen und Ant­wor­ten bestehen­den Info­text erklärt. Und falls Sie noch nicht genau Bescheid wis­sen: Das Pro­jekt soll fünf Jah­re dau­ern und wis­sen­schaft­lich unter­sucht wer­den. Es soll stren­ge Regeln geben, nach denen das Can­na­bis abge­ge­ben wird. Und: Ob Müns­ter Modell­stadt wird, ent­schei­det die Bun­des­re­gie­rung. (rhe)

+++ Am Ost­tor in Hil­trup hat die Stadt zwölf Fahr­rad­bü­gel ent­fer­nen las­sen, die dort erst Anfang des Jah­res mit dem 3.000-Fahrradstellplätze-Programm ange­bracht wor­den sind. War­um? Die­se Fra­ge kann ein Arti­kel der West­fä­li­schen Nach­rich­ten über die Anlehn­bü­gel­pos­se auch nicht beant­wor­ten. Im Text ist zwar mehr­mals die Rede davon, dass es „offen­kun­dig“ gewe­sen sei, dass „die Fahr­rad­an­lehn­bü­gel nicht dau­er­haft“ hät­ten ste­hen blei­ben kön­nen, die Grün­de blei­ben aber unklar. Wir haben des­halb beim Pres­se­amt nach­ge­fragt. Eine Spre­che­rin der Stadt ant­wor­tet uns, die Prinz­brü­cke am Ost­tor wer­de umge­baut. Dazu müss­ten neue Ram­pen her und die bräuch­ten Platz, der mit dem Abbau der neu­en Bügel geschaf­fen wur­de. Im Herbst wür­den dann auch noch ein­mal zehn Anlehn­bü­gel abmon­tiert. Pas­siert sei der Stadt eine sol­che Fehl­pla­nung noch nie, schreibt uns die Spre­che­rin. Immer­hin wol­le das Fahr­rad­bü­ro die ent­fern­ten Anlehn­bü­gel für ande­re Mon­ta­gen benut­zen, damit kein Mate­ri­al ver­schwen­det wird. Naja. Aber was kos­tet der gan­ze Spaß denn eigent­lich? Zwei CDU-Politiker:innen aus Hil­trup echauf­fie­ren sich in den WN über den „sorg­lo­sen Umgang mit Steu­er­gel­dern“. Der ehe­ma­li­ge Rats­herr Karl Klei­ne-Wil­ke spricht von 20.000 Euro, die die Stadt mit der Fehl­mon­ta­ge in den Sand gesetzt hät­te. Ein kur­zer Fak­ten­check ergibt: Ganz so schlimm ist es nicht. Das Abmon­tie­ren habe laut Pres­se­amt „nur“ 1.300 Euro gekos­tet. (sfo)

Anony­mer Briefkasten

Haben Sie eine Infor­ma­ti­on für uns, von der Sie den­ken, sie soll­te öffent­lich wer­den? Und möch­ten Sie, dass sich nicht zurück­ver­fol­gen lässt, woher die Infor­ma­ti­on stammt? Dann nut­zen Sie unse­ren anony­men Brief­kas­ten. Sie kön­nen uns über die­sen Weg auch anonym Fotos oder Doku­men­te schicken.

Münster plant einen Bürger:innenrat – oder doch nicht?

Eigent­lich woll­ten die Initia­ti­ve „Demo­kra­tie Update Müns­ter“ Rat und Ver­wal­tung mit ihrem Haus­halts­an­trag nur kurz anstup­sen. Sie war dann ziem­lich über­rascht, dass tat­säch­lich 120.000 Euro in der Haus­halts­pla­nung für 2023 auf­ge­taucht sind für ihr Anlie­gen, einen Bürger:innenrat in Müns­ter zu etablieren.

Aber von vor­ne: Vor etwa ein­ein­halb Jah­ren hat die Initia­ti­ve begon­nen, sich ver­stärkt für einen Bürger:innenrat in Müns­ter ein­zu­set­zen. Die Auf­ga­be eines sol­chen Rats wäre dann, poli­ti­schen Gre­mi­en und der Stadt­ver­wal­tung eine fun­dier­te Ein­schät­zung zu einem bestimm­ten The­ma zu geben. Zen­tral dabei ist, dass er aus aus­ge­los­ten Bürger:innen besteht. Über meh­re­re Tage hin­weg fin­det sich die­se zufäl­lig zusam­men­ge­setz­te Grup­pe zusam­men, wird von Expert:innen über das fest­ge­leg­te The­ma infor­miert und berät dar­über. Am Ende ver­fasst sie gemein­sa­me Emp­feh­lun­gen und gibt die­se an die poli­ti­schen Gre­mi­en in der Stadt wei­ter. So etwas ist auf Bun­des­ebe­ne schon eini­ge Male gesche­hen. Die Ergeb­nis­se des Bür­ger­rats Kli­ma sind zum Bei­spiel hier ein­zu­se­hen. Vor ein paar Tagen hat der Bun­des­tag ent­schie­den, einen Bürger:innenrat zum The­ma Ernäh­rung einzurichten.

Andre­as Schiel vom „Demo­kra­tie Update Müns­ter“ nennt das „Kopro­duk­ti­on von Stadt­po­li­tik“. Er hat mit dem „Denk­zen­trum Demo­kra­tie“ übri­gens auch einen Think Tank mit­be­grün­det, der sich eben­falls mit der Wei­ter­ent­wick­lung von Demo­kra­tie aus­ein­an­der­setzt. Für einen erfolg­rei­chen Bürger:innenrat hält Schiel die poli­ti­sche Kon­stel­la­ti­on in Müns­ter momen­tan für pas­send. Das unter­streicht zumin­dest der Begleit­an­trag der Rat­haus­ko­ali­ti­on aus Grü­nen, SPD und Volt, die sich hin­ter die For­de­rung des Bürger:innenrats gestellt hat. Doch ganz unum­strit­ten ist das Instru­ment nicht.

Warum setzt sich „Demokratie Update Münster“ überhaupt für einen Bürger:innenrat ein?

Die simp­le Ant­wort lau­tet: Damit es ihn gibt. Anlie­gen der Grup­pe ist es, mit dem Bürger:innenrat ein Instru­ment für grö­ße­re poli­ti­sche Betei­li­gung zu schaf­fen. Oder mit ande­ren Wor­ten: Die Grup­pe steht expli­zit nicht für ein bestimm­tes The­ma, das sie mit einem Bürger:innenrat beackern möch­te oder für das sie sich sogar inhalt­lich ein­setzt. Was Andre­as Schiel wich­tig ist: „Ein Bürger:innenrat rich­tet sich gegen abso­lut nie­man­den. Er ist kein par­tei­isches Instru­ment und auch kein Ver­such, Min­der­hei­ten­mei­nun­gen durch­zu­set­zen.“ Man­chen mögen die­se Vor­sät­ze viel­leicht bekannt vor­kom­men. Die CDU-Frak­ti­on ant­wor­tet auf meh­re­re Fra­gen, die wir zum Bürger:innenrat gestellt haben, mit einem Satz: „Einen Bür­ger­rat haben wir bereits: Es ist der Rat der Stadt Münster.“ 

Das legt zwei Les­ar­ten nahe: Zum einen die, dass die Frak­ti­on kei­nen Vor­teil im Bürger:innenrat sieht. Denn, klar, auch Rats­mit­glie­der sind Bürger:innen und ihre Auf­ga­be ist es, Ent­schei­dun­gen im Sin­ne der Stadt­ge­sell­schaft zu tref­fen. Zum ande­ren die, dass die Frak­ti­on besorgt ist, dass sich ein Bürger:innenrat in das Auf­ga­ben­feld des Stadt­rats drän­gen oder ihm sogar Macht ent­wen­den könn­te. Die FDP schreibt uns dazu aus­führ­li­cher, ein Bürger:innenrat dür­fe eben nicht Ent­schei­dun­gen von Stadt­rat und Aus­schüs­sen dele­gi­ti­mie­ren, wenn die­se nicht den Vor­schlä­gen des Bürger:innenrats entsprächen.

Hans Joa­chim Lietz­mann dreht den Spieß eher um. Der eme­ri­tier­te Pro­fes­sor ist Lei­ter des Insti­tuts für Par­ti­zi­pa­ti­ons- und Demo­kra­tie­for­schung an der Ber­gi­schen Uni­ver­si­tät Wup­per­tal. Er hat die Durch­füh­rung von Bürger:innenräten bereits in ande­ren Kom­mu­nen beglei­tet und gehört auch zu dem Team, das den deutsch­land­wei­ten „Bür­ger­rat Deutsch­lands Rol­le in der Welt“ eva­lu­iert hat. „Men­schen haben einen sehr prak­ti­schen All­tags­ver­stand. Das kommt in Bürger:innenräten viel deut­li­cher zur Spra­che als in par­tei­po­li­tisch ori­en­tier­ten Stadt­rä­ten“, sagt er. 

Und, ja, ein Stadt­rat gebe gewis­ser­ma­ßen einen Teil sei­ner Macht an einen Bürger:innenrat ab. Denn in der Tat sei es nicht ein­fach, als poli­ti­sches Gre­mi­um zu recht­fer­ti­gen, war­um es sich über eine Emp­feh­lung des Bürger:innenrats hin­weg­setzt. Lietz­mann nennt das aller­dings einen Gewinn: „Es ist ein Desas­ter, wenn eine Kom­mu­ne erst nach der Pla­nung erfährt, dass die Bevöl­ke­rung das Pro­jekt nicht unter­stützt.“ Die Links­par­tei geht noch einen Schritt wei­ter. Sie unter­stützt auch den los­ba­sier­ten Bürger:innenrat, der dann Emp­feh­lun­gen aus­spricht, könn­te sich als direkt­de­mo­kra­ti­sches Instru­ment sogar gut einen Rat vor­stel­len, des­sen Votum dann ver­bind­lich ist.

Welche Menschen sitzen im Bürger:innenrat?

Was den Bürger:innenrat außer­dem vom Stadt­rat unter­schei­det: Es soll mög­lichst kei­ne Hür­den geben, dar­an teil­zu­neh­men. Die Mit­glie­der müs­sen nicht in der Kom­mu­nal­po­li­tik aktiv sein und sich nicht stun­den­lan­ge Sit­zun­gen* nach ihrem Arbeits­tag um die Ohren schla­gen. Außer­dem wer­den sie eben nicht gewählt, son­dern gelost. Das setzt Hans Joa­chim Lietz­mann nicht unbe­dingt mit Diver­si­tät gleich, er betont die völ­li­ge Zufäl­lig­keit, die in sei­nen Augen opti­mal für so ein Ver­fah­ren ist. Beim Ein­woh­ner­mel­de­amt wird eine gewis­se Anzahl von Adres­sen bestellt, die dann ange­schrie­ben wer­den. Aus den Rück­mel­dun­gen dar­auf wird dann wie­der­um gelost.

An die­sem Punkt ist gera­de der Aache­ner Bürger:innenrat. Dort ver­läuft die Aus­wahl aller­dings nicht ganz zufäl­lig: Zwar wer­den 2.500 gelos­te Per­so­nen aus dem Stadt­ge­biet ange­schrie­ben. Außer­dem aber gezielt noch 1.000 wei­te­re, die expli­zit in einem der Stadt­tei­le leben, in denen laut Stadt Aachen zum Bei­spiel beson­ders vie­le Men­schen mit Migra­ti­ons­ge­schich­te, gerin­gem Bil­dungs­stand oder in pre­kä­ren Lebens­ver­hält­nis­sen woh­nen. Mit der Ein­la­dung wer­den außer­dem Fra­ge­bö­gen ver­schickt, in denen Fak­to­ren wie Geschlecht, Alter und Berufs­aus­bil­dung abge­fragt wer­den. Aus den Rück­mel­dun­gen wie­der­um wer­den dann laut Pres­se­stel­le 56 Per­so­nen „nach sta­tis­ti­schen Kri­te­ri­en stell­ver­tre­tend für die Zusam­men­set­zung der Aache­ner Bevöl­ke­rung“ aus­ge­lost. Das war auch das Anlie­gen der Initia­ti­ve „Bür­ger­rat für Aachen“, die den Stein vor Ort ins Rol­len gebracht hat. Für zukünf­ti­ge Durch­gän­ge wür­de sie außer­dem ger­ne ein auf­su­chen­des Ver­fah­ren in den Vier­teln umset­zen, in denen beson­ders wenig poli­ti­sche Teil­ha­be herrscht.

So ein Vor­ge­hen fin­det Lietz­mann legi­tim, aber auch ansatz­wei­se mani­pu­la­tiv. Sei­ne Erfah­rung zei­ge: Bereits die Per­so­nen­grup­pe, die kom­plett zufäl­lig im Rat lan­det, ist am Ende deut­lich diver­ser und somit reprä­sen­ta­ti­ver als zum Bei­spiel die Grup­pe der­je­ni­gen, die wäh­len geht. Denn selbst wenn Wah­len die Gewähl­ten legi­ti­mie­ren sol­len (das ist auch ein Kri­tik­punkt der Müns­te­ra­ner FDP am Bürger:innenrat), betei­ligt sich an ihnen doch nur ein Aus­schnitt der Gesellschaft. 

Ins­be­son­de­re bei Kom­mu­nal­wah­len ist die Wahl­be­tei­li­gung eher gering. Zur letz­ten Kom­mu­nal­wahl 2020 haben etwa 60 Pro­zent der Stimm­be­rech­tig­ten in Müns­ter gewählt. Das sind weni­ger als die Hälf­te der Men­schen, die Ende 2020 ihren Wohn­sitz in Müns­ter hat­ten. Eini­ge, etwa Men­schen mit einem Pass aus einem Dritt­staat, dür­fen nicht auf kom­mu­na­ler Ebe­ne wäh­len. Mit­glied eines Bürger:innenrats kön­nen sie hin­ge­gen sein. Und die­se Men­schen reprä­sen­tie­ren wie­der­um in gewis­ser Wei­se die Per­spek­ti­ve einer Gruppe.

Essen­zi­ell für die Umset­zung ist, dass das Ange­bot ein­la­dend und rea­lis­tisch ist. Schließ­lich möch­te man mit dem Bürger:innenrat gera­de nicht wie­der nur ein Sam­mel­su­ri­um aus pri­vi­le­gier­ten, gesell­schaft­lich und poli­tisch enga­gier­ten Men­schen errei­chen. „Die Leu­te müs­sen sich ange­spro­chen füh­len“, sagt Hans Joa­chim Lietz­mann und gibt ein paar kon­kre­te Bei­spie­le dafür. Es soll­ten etwa Dolmetscher:innen zur Ver­fü­gung ste­hen, die Betreu­ung von Kin­dern und pfle­ge­be­dürf­ti­gen Per­so­nen soll­te gesi­chert sein und ein mög­li­cher Lohn­aus­fall soll­te mit­ge­dacht und gege­be­nen­falls kom­pen­siert wer­den. Außer­dem wich­tig: der Zeit­punkt. In den Schul­fe­ri­en sei es eher ungüns­tig, so ein Pro­jekt durch­zu­füh­ren. Und Planer:innen dürf­ten zudem nicht ver­ges­sen, die Teilnehmer:innen wert­zu­schät­zen, Stich­wor­te wären da ein gutes Cate­ring und ange­neh­me Sit­zungs­räu­me. Gleich­wohl sei es nach­voll­zieh­bar, dass die Umset­zung eines Bürger:innenrats beim ers­ten Mal nicht gleich per­fekt über die Büh­ne geht. 

Was Frank Suk­kau aus der Initia­ti­ve „Bür­ger­rat für Aachen“ aller­dings auch her­vor­hebt: Eine mög­lichst gelun­ge­ne Umset­zung ist wich­tig, um die Stadt­ge­sell­schaft davon zu über­zeu­gen, dass sich eine Teil­nah­me lohnt, und dass so ein Rat tat­säch­lich Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten bietet.

Und worüber wird Münsters Bürger:innenrat diskutieren?

Das steht noch nicht fest. Die Ent­schei­dung soll ein Arbeits­kreis aus exter­ner Pro­jekt­lei­tung (die noch nicht bekannt ist), Poli­tik und Ver­wal­tung tref­fen. Aus einer Anre­gung der Ver­wal­tung zum Bürger:innenrat geht wie­der­um her­vor, dass sie lie­ber erst das The­ma und dann alles ande­re klä­ren möch­te. Das „Demo­kra­tie Update Müns­ter“ ist die­sem Wunsch qua­si ein wenig ent­ge­gen­ge­kom­men, jeden­falls hat die Grup­pe eine Web­site ein­ge­rich­tet, auf der Sie Ihren The­men­vor­schlag ein­brin­gen kön­nen. Bis­her hat sie etwa ein­hun­dert Vor­schlä­ge gesam­melt, noch bis Anfang Juni etwa wol­le sie die Umfra­ge offen las­sen. Mit der The­men­su­che wol­le die Initia­ti­ve vor­füh­len, was Men­schen in Müns­ter umtreibt. Und: „Wir wol­len unser Anlie­gen damit bekann­ter machen und zei­gen, dass die Leu­te das auch span­nend fin­den“, sagt Andre­as Schiel.

Wie dem auch sei, die ein­hel­li­ge Ant­wort zu pas­sen­den The­men lau­tet von allen Gesprächs­per­so­nen: Kon­tro­ver­se. Mit dem Ziel, dass in Dis­kus­sio­nen deut­lich wird, was den Men­schen wich­tig ist und wel­che Prio­ri­tä­ten sie set­zen. „Es geht nicht um Kon­sens, dazu sind die poli­ti­schen Ein­stel­lun­gen zu unter­schied­lich. Es geht um Ver­stän­di­gung und Abwä­gung“, sagt Hans Joa­chim Lietzmann. 

Für Andre­as Schiel bedeu­tet ein Bürger:innenrat auch, ein tie­fe­res Ver­ständ­nis für ande­re poli­ti­sche Ein­stel­lun­gen zu schaf­fen. Er spricht davon, dass sich Milieus immer wei­ter aus­ein­an­der­be­we­gen und dass zum Bei­spiel die Kli­ma­an­pas­sung in vie­len Kom­mu­nen einen Streit­punkt dar­stellt. Dazu gab es in eini­gen Städ­ten bereits Bürger:innenräte. Ende 2022 hat zum Bei­spiel der Ber­li­ner Senat sein Kli­ma­schutz­pro­gramm fort­ge­schrie­ben und dabei vie­le kli­ma­po­li­ti­sche Emp­feh­lun­gen aus dem Bürger:innenrat übernommen.

Egal um wel­ches The­ma es gehen wird: Wich­tig ist, dass die Bürger:innen von Expert:innen ver­ständ­li­che Infor­ma­tio­nen erhal­ten, die auf die unter­schied­li­chen Aspek­te ein­ge­hen. Das The­ma Ver­kehr etwa könn­te unter ande­rem öko­no­misch, poli­tisch, sozi­al und stadt­pla­ne­risch beleuch­tet wer­den. „Ich erle­be regel­mä­ßig, dass Men­schen die­se Exper­ti­se auf­neh­men und damit wirk­lich klug umge­hen“, sagt Hans Joa­chim Lietzmann.

Wo ist so ein Rat denn schon weiter?

Schau­en wir doch noch ein­mal nach Aachen. Frank Suk­kau sagt: „Bürger:innenräte sind bun­des­weit noch in den Kin­der­schu­hen.“ Der Bürger:innenrat in Aachen ist der ers­te, der in Deutsch­land als regel­mä­ßig statt­fin­den­des Instru­ment ein­ge­setzt wird und dabei jedes Mal mit einem neu­en The­ma betraut wird. Das hat der Aache­ner Stadt­rat vor gut einem Jahr beschlos­sen.

Der ers­te Durch­gang fin­det gera­de statt. Und was Hans Joa­chim Lietz­mann sagt, bestä­tigt sich hier gewis­ser­ma­ßen: Es sei nor­mal, dass beim ers­ten Mal nicht alles glatt lau­fe. Zum Bei­spiel bei der The­men­fin­dung: In Aachen hat man sich dazu ent­schie­den, dass Bürger:innen online ihre Vor­schlä­ge abge­ben, über die dann eben­falls von Bürger:innen abge­stimmt wur­de. 5.000 Leu­te haben dar­an teil­ge­nom­men. Die mit den meis­ten Stim­men wur­den dann dem Bür­ger­fo­rum vor­ge­legt, das ist das Gre­mi­um, das final über das The­ma entscheidet. 

Was der Initia­ti­ve aller­dings schnell bewusst gewor­den ist: Damit die Abstim­mung auch wirk­lich gerecht abläuft, müs­sen die The­men beim nächs­ten Mal zeit­gleich zur Abstim­mung zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Und im Bür­ger­fo­rum gab’s dann noch­mal eini­ge Dis­kus­sio­nen. Die haben auch die grund­sätz­li­che Fra­ge berührt, wie sehr Bürger:innen denn nun an der The­men­fin­dung betei­ligt wer­den sol­len, bevor es eine Mehr­heit gab für die Fra­ge „Wie kann Aachens Innen­stadt wie­der ein attrak­ti­ves Ein­kaufs­ziel werden?“

Außer­dem wich­tig, gera­de weil das Instru­ment noch eher uner­probt ist und nicht bekannt in der brei­ten Gesell­schaft: die wis­sen­schaft­li­che Eva­lua­ti­on. „Die ist drin­gend nötig, damit das Ver­fah­ren auch glaub­wür­dig ist“, sagt Hans Joa­chim Lietz­mann. Schließ­lich fin­det es nicht öffent­lich statt. Das sieht auch die Aache­ner Initia­ti­ve so. Kon­kret spricht Frank Suk­kau etwa davon, die Wahl­be­tei­li­gung, Enga­ge­ments in Ver­ei­nen und Par­tei­ein­trit­te nach­zu­voll­zie­hen. Gera­de steht noch nicht fest, wer die Eva­lua­ti­on über­neh­men soll und wie umfang­reich sie aus­fal­len wird. Laut Pres­se­stel­le der Stadt gibt es einen umfang­rei­chen Pro­jekt­an­trag, der aller­dings noch nicht bewil­ligt ist.

Was vor allem klar wird in dem Gespräch mit Frank Suk­kau und Kat­ja Mey­er von der Aache­ner Initia­ti­ve: So einen Bürger:innenrat ins stadt­po­li­ti­sche Gespräch ein­zu­brin­gen, ist die eine Sache. Wenn es an die Umset­zung geht, muss jede Kom­mu­ne aller­dings noch ein­mal vie­le Detail­fra­gen klä­ren und sich ziem­lich genau über­le­gen, wel­che Schrit­te es braucht, bis der Bürger:innenrat zum ers­ten Mal tagen kann. Das Kon­zept ist eben noch nicht all­zu bekannt und wahr­schein­lich braucht es tat­säch­lich ein paar Durch­gän­ge, bis es wirk­lich in der brei­ten Gesell­schaft ange­kom­men ist und ganz rund läuft.

Okay. Und warum steht nirgends, was in Münster jetzt konkret passiert?

Die kur­ze Ant­wort: Weil wir das noch nicht wissen.

Die lan­ge Ant­wort: Im Febru­ar 2022 hat der Stadt­rat beschlos­sen, dass es in Zukunft gelos­te Bürger:innenräte in Müns­ter geben soll. Das Gan­ze ist ein Bau­stein des Vor­ha­bens, die Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung in Müns­ter zu stär­ken. Der Beschluss weicht aller­dings stark ab von der Ver­wal­tungs­vor­la­ge. Ende des Jah­res wur­den dann die Haus­halts­mit­tel für einen Bürger:innenrat im Jahr 2023 bereit­ge­stellt. Die Rat­haus­ko­ali­ti­on hat­te den Antrag unter­stützt, nun ist die Ver­wal­tung an der Rei­he und muss ihn bear­bei­ten. Sprich: sich über­le­gen, wie sie den Bürger:innenrat durch­füh­ren wird.

Ihr Han­deln hüllt sie bis­her aller­dings in Schwei­gen. Vor zwei­ein­halb Mona­ten woll­ten wir bereits ein Gespräch mit einer zustän­di­gen Per­son in der Ver­wal­tung füh­ren. Das sei nicht mög­lich, hat uns das städ­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­amt mit­ge­teilt, und um schrift­li­che Fra­gen gebe­ten – um die dann wie­der­um nicht zu beant­wor­ten und uns statt­des­sen den Hin­weis zu geben, dass der Pro­zess „vor­be­rei­tet und struk­tu­riert“ wird und der­zeit noch kei­ne Details vor­lie­gen. „Und jetzt?“, haben wir am Mon­tag gefragt. Am Mitt­woch noch ein­mal. Schließ­lich beka­men wir die Ant­wort: Man arbei­te am Betei­li­gungs­ver­fah­ren, aber es gebe gera­de zwei ande­re Pro­jek­te, die noch Zeit in Anspruch neh­men. Stand also unverändert.

Nun ist aus den wei­ter oben bereits zitier­ten Anre­gun­gen zum Haus­halts­an­trag ables­bar, dass die Ver­wal­tung nicht ganz zufrie­den mit dem Auf­trag ist, schon die­ses Jahr einen Bürger:innenrat auf die Bei­ne zu stel­len. Das Gan­ze sei ziem­lich kurz­fris­tig und außer­dem hät­ten ver­gleich­ba­re Ver­fah­ren deut­lich mehr Geld gekos­tet. Sie merkt in ihrer Begrün­dung an den Rat auch an, dass es je nach Umset­zungs­form ja schon ande­re Ansät­ze gebe, die sich dann in ihrer Funk­ti­on mit dem Bürger:innenrat über­schnei­den könn­ten. Und schreibt zum Schluss noch: „Grund­sätz­lich wird betont, dass ein qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ges Pro­zess­de­sign erfor­der­lich ist, was ent­spre­chen­de Finanz­res­sour­cen und per­so­nel­le Kapa­zi­tä­ten erfordert.“

Dar­aus erge­ben sich schon eini­ge nach­voll­zieh­ba­re Grün­de, wegen denen die Arbeit am Bürger:innenrat ein­fach noch etwas dau­ern könn­te. Schö­ner wäre es aber doch, wenn wir dazu kei­ne Spe­ku­la­tio­nen auf­stel­len, son­dern die Ver­wal­tung das mit­tei­len wür­de. Alter­na­tiv könn­ten wir auch spe­ku­lie­ren, dass die Ver­wal­tung ein Kon­zept plant, sich da aber nicht in die Kar­ten schau­en las­sen möch­te, oder in Wahr­heit kein Inter­es­se an einem Bürger:innenrat hat. Ins­be­son­de­re in Bezug auf ein Instru­ment, das Bürger:innenbeteiligung und somit auch Trans­pa­renz för­dern soll, sind das alles wohl kei­ne groß­ar­ti­gen Optionen.

Andre­as Schiel ver­sucht laut eige­nen Aus­sa­gen immer mal wie­der, etwas aus Politiker:innen und Verwaltungsmitarbeiter:innen her­aus­zu­be­kom­men. Er neh­me zwar Wohl­wol­len in der Poli­tik wahr, gleich­zei­tig jedoch auch, dass es vie­le ande­re The­men gibt und nie­mand so rich­tig weiß, was nun Sache ist. „Demo­kra­tie Update Müns­ter“ hat jeden­falls die Hoff­nung nicht auf­ge­ge­ben, dass die Umset­zung eines Bürger:innenrats noch 2023 star­tet und übt sich der­weil in Durch­hal­te­ver­mö­gen. (sst)

*Hier stand vor­her „stun­den­lan­ge unbe­zahl­te Sit­zun­gen“. Das ist nicht ganz rich­tig. Mit­glie­der kom­mu­na­ler Ver­tre­tun­gen und Aus­schüs­se erhal­ten eine Ent­schä­di­gung.

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Klima-Update

+++ Fan­gen wir mit einer fürs Kli­ma guten Nach­richt an: Die Zahl der Autos in Müns­ter ist um knapp über 200 gesun­ken. Aktu­el­ler Tacho­stand: In Müns­ter kur­ven 151.318 Fahr­zeu­ge durch die Stadt, mel­det das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­amt. Das bedeu­tet: Auf tau­send Men­schen in Müns­ter kom­men 476 Pkw, das sind etwas weni­ger als im Lan­des­schnitt. Nur in einer kreis­frei­en Stadt in Nord­rhein-West­fa­len, in Köln, gibt es pro Per­son noch weni­ger Autos. In Spra­kel, Amels­bü­ren, Dyck­burg und Albach­ten haben die Men­schen im Schnitt knapp 1,2 Autos (also ver­mut­lich einen Wagen, dazu vier Rei­fen und eine Motor­hau­be). Rund um den Haupt­bahn­hof hat jeder vier­te Mensch einen Wagen. Im Über­was­ser­vier­tel und am Han­sa­platz jeder drit­te. Damit zu den fürs Kli­ma nicht ganz so guten Nach­rich­ten. Die Zahl gewerb­lich genutz­ter Autos ist um knapp über tau­send gestie­gen. Am meis­ten Fahr­zeu­ge gibt es erwar­tungs­ge­mäß an den Rän­dern der Stadt. Aber Moment, da sind ja doch ein paar Licht­bli­cke: In fünf Jah­ren ist die Zahl der Autos mit Hybrid- oder Elek­tro­mo­tor um knapp zehn Pro­zent gestie­gen. (rhe)

+++ Seit 1992 haben mehr als die Hälf­te der grö­ße­ren Seen und Stau­seen welt­weit an Volu­men ver­lo­ren, wäh­rend nur ein Vier­tel Was­ser hin­zu­ge­won­nen hat, wie eine Stu­die zeigt. Seen sind wich­tig für Öko­sys­te­me, Land­wirt­schaft und Trink­was­ser­ver­sor­gung, da sie 87 Pro­zent des flüs­si­gen Ober­flä­chen-Süß­was­sers spei­chern. Der Ver­lust wird durch mehr Ver­duns­tung bei stei­gen­den Tem­pe­ra­tu­ren, ver­än­der­te Nie­der­schlags­mus­ter und ver­än­der­te Was­ser­nut­zung ver­ur­sacht. Als Bei­spiel ver­lor der Boden­see in Deutsch­land jähr­lich etwa sechs Mil­lio­nen Ton­nen Was­ser, was haupt­säch­lich auf den Kli­ma­wan­del zurück­zu­füh­ren ist. Jeder vier­te Mensch lebt in der Nähe eines schrump­fen­den Sees, was bedeu­ten­de Aus­wir­kun­gen auf die Was­ser­ver­sor­gung hat. (rhe)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Stadt­wer­ke Müns­ter erhö­hen die Gas­prei­se für Pri­vat­kun­den nicht, obwohl die Kos­ten für die Gas­spei­che­rung stei­gen. (Stadt­wer­ke Müns­ter)

+++ Das Was­ser­werk Horn­hei­de bekommt neue Tech­nik und wird zu einem Ort, an dem man viel über Trink­was­ser ler­nen kann. (Stadt­wer­ke Müns­ter)

+++ In Coer­de ent­ste­hen auf dem Gelän­de der Dru­cke­rei Bur­la­ge bis zu 30 neue Woh­nun­gen, ein Drit­tel davon als Sozi­al­woh­nun­gen, ein wei­te­res Drit­tel mit der Mög­lich­keit, als Sozi­al­woh­nung genutzt zu wer­den. (Stadt Müns­ter)

+++ Die LEG-Mieter:innen-Initiative ist unzu­frie­den, weil die LEG-Woh­nungs­ge­sell­schaft die Mie­ten erhöht, anstatt die Woh­nun­gen zu ver­bes­sern. (LEG-Mieter:innen-Initiative)

+++ Bei einem deutsch-nie­der­än­di­schen IT-Tref­fen am 24. Mai wol­len Unternehmer:innen dar­über spre­chen, wie sie ihre Fir­men durch Digi­ta­li­sie­rung nach­hal­ti­ger machen kön­nen. (IHK Nord West­fa­len)

+++ Die Poli­zei Müns­ter warnt älte­re Men­schen vor fal­schen Poli­zis­ten, die sie am Tele­fon betrü­gen wol­len. (Poli­zei Müns­ter)

+++ Stu­die­ren­de haben einen sehr star­ken Elek­tro­grill gebaut, der schnell Würst­chen rös­tet und dabei nicht schlecht für die Umwelt ist. (FH Müns­ter)

+++ Zum 175. Todes­tag von Annet­te von Dros­te-Hüls­hoff hat eine Wis­sen­schaft­le­rin der Uni Müns­ter das maro­de Rechts­sys­tem auf dem Land im 18. Jahr­hun­dert unter­sucht und zeigt das Ergeb­nis nun in einer Aus­stel­lung. (Uni Müns­ter)

+++ Im ver­gan­ge­nen Jahr haben in Müns­ter 4.160 Men­schen das Sport­ab­zei­chen gemacht. (Stadt­sport­bund)

+++ Die Men­schen im Bis­tum Müns­ter lei­hen in den katho­li­schen Biblio­the­ken wie­der mehr Bücher aus, im ver­gan­ge­nen Jahr fast vier Mil­lio­nen. (Bis­tum Müns­ter)

+++ In die­sem Jahr gibt es nach dem Vater­tag weni­ger auf­zu­räu­men als in den Jah­ren davor. (Anten­ne Müns­ter)

+++ Bei den Final­spie­len im Fuß­ball­kreis Müns­ter haben Wacker Meck­len­beck den Frau­en-Kreis­po­kal und Borus­sia Müns­ter aus dem Geist­vier­tel in Roxel den Her­ren-Pokal gewon­nen. (Anten­ne Müns­ter).

Kor­rek­tur­hin­weis: Hier stand „Borus­sia Müns­ter aus Roxel“. Das war lei­der falsch. Wir haben es kor­ri­giert.

+++ Das Frei­bad Sta­pel­skot­ten öff­net am Sonn­tag, das Frei­bad Hil­trup folgt Pfingst­sonn­tag. (Stadt Müns­ter)

Unbezahlte Werbung

Jedes Jahr wan­dern unge­fähr 11 Mil­lio­nen Ton­nen Lebens­mit­tel in den Müll. Ein Teil des Abfalls ist aber noch genieß­bar. Um etwas gegen die­se Ver­schwen­dung zu tun, gibt es vie­le ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten in Müns­ter. Eine davon ist der soge­nann­te Fair­tei­ler im Kreuz­vier­tel. Direkt am Ein­gang der Kreuz­kir­che kön­nen Sie Lebens­mit­tel abge­ben, die viel­leicht nicht Ihren Geschmack tref­fen, aber über die sich Ihre Mit­men­schen bestimmt noch freu­en. Der Fair­tei­ler ist unter der Woche von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Fabi­an Cohrs hat heu­te ein paar schö­ne Ver­an­stal­tungs­tipps herausgesucht.

+++ Mor­gen beginnt die Floh­markt­sai­son in Müns­ter. Zwi­schen Aasee und Schloss kön­nen Sie ab 8 Uhr aller­lei Trö­del und Aus­ran­gier­tes an der Pro­me­na­de kau­fen. Wer danach noch nicht genug hat, kann am Sonn­tag den Han­saf­loh­markt am Gaso­me­ter besu­chen. Dort fin­det ab 10 Uhr auch noch ein klei­nes Rah­men­pro­gramm statt. Der Ter­min für den dies­jäh­ri­gen Nacht­floh­markt steht übri­gens auch schon fest: Es ist der 16. Juni. Wenn Sie selbst einen Stand buchen wol­len, kön­nen Sie sich ab Mon­tag­mor­gen hier anmelden.

+++ Der klei­ne Büh­nen­bo­den the­ma­ti­siert am Sonn­tag noch ein­mal die ver­gan­ge­nen Fei­er­ta­ge für Papa und Mama. Am Nach­mit­tag wird das Stück „Vat­ter­tach“ auf­ge­führt, das von der Fra­ge han­delt, was es eigent­lich bedeu­tet, Vater zu wer­den und zu sein. Abends geht es wei­ter mit dem Pen­dant. Titel der Auf­füh­rung ist „Mutt­er­ha­ben­sein“. Es geht um die Sor­gen von Müt­tern, die Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf und Kindererziehung.

+++ Am kom­men­den Diens­tag ist der Kli­ma­for­scher Tors­ten Bickert von der Uni­ver­si­tät Bre­men zu Gast im LWL-Natur­kun­de­mu­se­um und hält im Rah­men der Kli­ma­aus­stel­lung einen Vor­trag. The­ma­ti­siert wer­den Expe­di­tio­nen des Eis­bre­chers Polar­stern sowie die gro­ßen Eis­schil­de, die immer stär­ker von stei­gen­den Tem­pe­ra­tu­ren bedroht sind. Der Ein­tritt ist frei, los geht es um 19:30 Uhr.

+++ Bei der Klang­in­stal­la­ti­on „Anten­na“ wer­den elek­tro­ma­gne­ti­sche Wel­len in Kla­vier­klän­ge über­setzt. Wie das klingt, kön­nen Sie ab heu­te Abend in der Black Box des Cubas erfah­ren. Die Aus­stel­lung läuft bis zum 29. Mai, der Ein­tritt ist frei. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und die Öff­nungs­zei­ten erhal­ten Sie hier.

+++ Für Kurz­ent­schlos­se­ne ohne Abend­pla­nung: Heu­te Abend spie­len die Soul­ban­dits im Hot Jazz Club. Die zwölf Musiker:innen ste­hen für neu arran­gier­te Soul­mu­sik. Los geht es um 21 Uhr, der Ein­tritt an der Abend­kas­se kos­tet 16 Euro. Wer danach noch bleibt, kann die „Take Me Out“-Party besu­chen. DJ Eavo legt Indie­mu­sik auf.

+++ Am Sonn­tag soll es warm und son­nig wer­den. Falls Sie ein Aus­flugs­ziel suchen, bei dem es ein biss­chen ruhi­ger zugeht, emp­fiehlt sich eine Rad­tour zum Wald­fried­hof Lau­hei­de. Das weit­läu­fi­ge Wald­ge­biet lädt zum Spa­zie­ren an der Ems ein. Der Fried­hof wur­de 2014 übri­gens als schöns­ter Fried­hof Deutsch­lands aus­ge­zeich­net, auch ein unge­wöhn­li­cher Preis.

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Genie­ßen Sie die Son­ne am Wochenende.

Herz­li­che Grü­ße
Sven­ja Stühmeier

Mit­ar­beit: Luzia Arling­haus (lar), Sebas­ti­an Fob­be (sfo), Jan Gro­ße Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Fabi­an Cohrs (fco)
Lek­to­rat: Lisa Mensing

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PS

Kom­men Sie aus Müns­ter? Oder sind Sie „außer­west­fä­lisch“? Dann haben Sie wahr­schein­lich einen etwas ande­ren Blick auf die Stadt und die Regi­on als die Men­schen von hier. Der Ani­ma­ti­ons­fil­me­ma­cher Adnan Al Orbe­ni hat eine Figur erfun­den, der es auch so geht. Sie heißt „Fido der Außer­west­fä­li­sche“ und reist in der gleich­na­mi­gen Ani­ma­ti­ons­se­rie nicht nur in die Regi­on, son­dern auch noch in die Ver­gan­gen­heit. Dort begeg­net Fido zum Bei­spiel der Dich­te­rin Annet­te von Dros­te-Hüls­hoff, der prompt die Idee für ihr Gedicht „Der Kna­be im Moor“ kommt. Die Idee für die Serie ent­wi­ckel­te das Team um den Fil­me­ma­cher übri­gens, als es ver­such­te, ihm zu erklä­ren, was denn typisch west­fä­li­scher Humor ist. Das konn­te Adnan Al Orbe­ni nicht wis­sen, denn er stammt aus Syri­en, wo er bis zu sei­ner Flucht die Ani­ma­ti­ons­film­ab­tei­lung des Bil­dungs­fern­se­hens lei­te­te. In Müns­ter fing er, gewis­ser­ma­ßen als außer­west­fä­li­scher Prak­ti­kant, in einer Pro­duk­ti­ons­fir­ma an. Sei­ne Serie (Buch: Chris­ti­an Ronig) fin­den Sie jeden Mon­tag auf dem Face­book-Kanal der Stif­tung West­fa­len-Initia­ti­ve. In der aktu­el­len Fol­ge (Num­mer drei) geht es um Adria­an Pauw, einen nie­der­län­di­schen Gesand­ten im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg, der vor Müns­ter den Land­schafts­ma­ler Gerard ter Borch trifft, der ein Bild malt, das spä­ter sehr bekannt wur­de. (lar/rhe)