Ergänzende Info

„Ich hab’s am Anfang gar nicht angeguckt.“

von Ralf Heimann
„Ich finde, wir haben in Münster eine politische Kultur, die sich Gott sei Dank in mancher Hinsicht von anderen Kulturen deutlich unterscheidet“: Markus Lewe kurz nach seiner Wiederwahl in der Bürgerhalle im historischen Rathaus. Foto: Nikolaus Urban

Wir haben aufgenommen, was in der Bürgerhalle des historischen Rathauses passiert ist, nachdem die Stichwahl-Entscheidung gefallen war. Hören Sie den Mitschnitt am Ende des Audio-Beitrags zum RUMS-Brief. Oder lesen Sie die Transkription hier:

Sonntagabend, 19.15 Uhr, alle 33 Wahllokale sind ausgezählt. Das Ergebnis der Stichwahl steht fest. Markus Lewe (CDU) hat gewonnen, zum dritten Mal. Er bleibt Oberbürgermeister. Peter Todeskino, der grüne Gegenkandidat, betritt das Foyer, im schwarzen Anzug, er schreitet langsam die Treppe herunter, unter großem Applaus vom Publikum. Dann ein kurzes Statement fürs Radio. Wie war das denn so alles in den vergangenen Tagen?

Todeskino: Ja, das war schon ‘ne Herausforderung für einen Grünen-Oberbürgermeister-Kandidaten, gegen einen Amtsinhaber zu kandidieren, der so eine große Reputation hat, und ehrlich gesagt, wenn man mich vor zwei Monaten gefragt hätte, ob ich ein solches stolzes Ergebnis hinbekomme, hätte ich gesagt: Nein. Deswegen bin ich sehr glücklich darüber, dass wir mit dieser Stimmenanzahl, glaube ich, einen ganz guten Herausforderer hatten, und insofern, ich bin überglücklich, und ich find das alles gut. Ich glaube, ich hab mein Ziel erreicht.

(Frage zur Wechselstimmung, kaum zu verstehen) Hat es diese Wechselstimmung gegeben?

Todeskino: Ich habe schon den Eindruck, dass es eine Wechselstimmung gegeben hat, die Ergebnisse sind, glaube ich, sehr eindeutig, dass es erstmals ein Grüner OB-Kandidat so weit geschafft hat.

Pfiffe und Jubel. Markus ist Lewe ist angekommen. Er hat die Bürgerhalle betreten, durch den Haupteingang, aber er kommt nicht weit. Grelles Licht, Kameras und Mikrofone, Gratulationen, die ersten Fragen. Was wird jetzt als Nächstes passieren?

Lewe: Es geht darum, neue Mehrheiten zu bilden. Es geht darum, die großen Herausforderungen anzunehmen, die sich auch aus der Covid-19-Krise ergeben haben. Aber auch die Stadt weiterzuentwickeln. Und diese Aufgabe habe ich bis jetzt gerne durchgeführt, und ich mache das auch weiterhin gerne – für mein geliebtes Münster und die Münsteranerinnen.

Reporter: Das war zwischendurch ‘n ganz starkes Kopf-an-Kopf-Rennen. Haben Sie zwischendurch gezittert?

Lewe: Ich hab’s am Anfang gar nicht angeguckt (lacht). Erst am Ende. Und wie gesagt, am Ende zählt das Ergebnis, und ich wollte mich da nicht so verrückt machen lassen. Wir sind ganz in Ruhe mit dem Fahrrad hierhin gefahren ins Rathaus, Kinder und Enkel waren da, und das war ein schönes Erlebnis an der Stelle.

Reporter: Herr Lewe, ich seh noch die Schweißperlen auf Ihrer Stirn.

Lewe: Ja, die waren ja vor zwei Wochen auch schon da, wie man gelesen hat.

Reporterin: Wann haben Sie gewusst, dass es klappt?

Lewe: Wann hab ich das gewusst? Also, ich hab’s immer gehofft – und ja so vor einer halben Stunde. Ich hab gedacht, die letzten Briefwahl-Kreise müssen ausgezählt werden, und dann hat es jetzt auch geklappt.

Reporter: Den Tag haben Sie – wir haben das eben nicht so ganz mitgekriegt – verbracht wahrscheinlich in aller Ruhe, wie Sie grad schon erzählt haben, und haben jetzt aber so ‘n bisschen….

Zwischenruf von hinten: Ein Bürgermeister, der sich mit den Stimmen der AfD wählen lässt, ist nicht mein Bürgermeister!

Pfiffe. Zwischenruf, leiser: Schlechter Verlierer!

WDR-Reporterin: Was haben Sie zu dem Vorwurf zu sagen?

Lewe: Es war immer gut, dass wir der AfD in Münster nie die nötige Bedeutung geschenkt haben, und das hat auch dazu geführt, dass sie keine Bedeutung hat. Daran hab ich mich gehalten, und dieses vergiftete Angebot, das im Juli mal von denen an mich oder die Wähler gegeben wurde, habe ich bewusst ignoriert, weil es gut ist, so einen Blödsinn erst gar nicht anzupacken, und man der AfD erst gar nicht die Besonderheit gibt, die sie hat, sie bleibt in Münster, und dafür bin ich auch angetreten und auch stolz drauf, dass die AfD bei uns nichts zu sagen hat.

Reporter: Okay, dann mal Glückwunsch an den alten und neuen Bürgermeister.

Lewe: Ja, jetzt wird erst mal gefeiert. Und noch mal Dankeschön gesagt. Es haben so viele unterstützt. Es haben so viele mitgeholfen, und das ist nie alleine ein (unverständlich), aber eben auch ganz vielen aus dem Team Lewe, die geholfen haben, da bin ich auch unglaublich dankbar für, und diesen Dank möchte ich auch gleich noch mal zum Ausdruck bringen.

Reporter: Ja, wir haben bis zum Schluss ordentlich gekämpft, das ist auch für mich Neuland – Stichwahl, sie spitzt sich sehr stark zu, es ist gut, dass das jetzt auch zu Ende ist. Ich werd ihn gleich hoffentlich auch sehen, und dann werden wir weiter, eben in unterschiedlichen Rollen, Aufgaben in dieser Stadt wahrnehmen.

Jochen Temme, der Moderator des Wahlabends, reicht Markus Lewe ein Mikrofon.

Lewe: So, meine Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, hier spricht Markus Lewe, der sich ganz herzlich bei Ihnen bedankt, bei den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt, die mir das Vertrauen geschenkt haben, eine weitere Wahlperiode als ihr Oberbürgermeister zur Verfügung zu stehen. Und ich sag das bewusst, als ihr Oberbürgermeister, auch diejenigen, die meinem Mitbewerber die Stimme gegeben haben, oder die gar nicht zur Wahl gegangen sind, ich bin Oberbürgermeister für alle Münsteranerinnen und Münsteraner.

(Applaus)

Ich bedanke mich bei allen, die mir gerade in diesen letzten Wochen und Monaten so viel geholfen haben und mich unterstützt haben, allen voran meiner Frau Maria.

(Applaus)

Aber auch ein ganz starkes Team, ein Team Lewe, die Tag und Nacht unterwegs waren, die sich eingesetzt haben, Kontakte gesucht haben, Gespräche geführt haben, auch das ist eine große Leistung gewesen. Diesem Team Lewe möchte ich ganz, ganz besonders heute Abend danken, Lea, Jonas, vor allen Dingen auch Mathias und allen anderen auch, die ich gerade nicht nennen kann.

Und jetzt, wenn keine Corona-Zeit wäre, würde ich meinem Mitbewerber gerne die Hand geben, das mache ich dann aber gleich mit dem Ellenbogen oder wie auch immer, damit wir dann auch weiter uns in die Auggen gucken können, zusammenarbeiten in den unterschiedlichen Rollen, auch das gehört dazu. Ich finde, wir haben in Münster eine politische Kultur, die sich Gott sei Dank in mancher Hinsicht von anderen Kulturen deutlich unterscheidet. Hier gilt immer noch politischer Anstand, hier gilt immer noch das Miteinander, und das wünsche ich mir auch für die Zukunft, dass so was gilt. Alleine die hohe Wahlbeteiligung im Vergleich zu anderen Städten ist ein Beweis dafür. Ich bin stolz auf die Münsteranerinnen und Münsteraner. Danke an euch. Viel Glück für die nächsten Jahre. Ich bin dabei, ich freue mich, mich einzusetzen, für euch, für unser geliebtes Münster.

(Jubel und Applaus)

Transkription: Marie Schwesinger

Bitte melden Sie sich an, um zu kommentieren.
Anmelden oder registrieren