WLE-Strecke: sehr teuer, aber dafür unpünktlich | Unbezahlte Werbung: Moselwein auf dem Send

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

Bahnstreik. Schon wieder. Die Lokführergewerkschaft GDL hat gestern Morgen einen 35-stündigen Streik begonnen, um Bewegung in die festgefahrenen Tarifauseinandersetzungen mit der Deutschen Bahn zu bringen. Mit der Folge, dass viele Züge im Fern- und Regionalverkehr ausfallen.

Schauen wir mal nach Münster. Wie sieht’s denn auf der Strecke zwischen, sagen wir mal, Münster und Sendenhorst aus? 

Da steht der Verkehr still. Wie soll es auch anders sein? Der letzte Zug fuhr in den 1970er-Jahren auf der sogenannten WLE-Strecke. Danach wurde der Betrieb eingestellt. Mittlerweile soll die Verbindung reaktiviert werden. Laut der Projektwebsite läutet die Wiederbelebung „eine neue Mobilitätsepoche ein, und zwar nicht nur für die zwei Städte, sondern für die gesamte Region“.

Das Genehmigungsverfahren läuft seit vier Jahren. Ende 2023 sollte alles fertig sein, so hieß es zunächst. Jetzt haben wir den 8. März 2024. Auf den Gleisen ist immer noch kein Zug zu sehen. Schon im vergangenen Jahr war die Rede vom Start der WLE-Verbindung 2026.

Am Dienstag hat der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) über den neuesten Stand informiert. So viel sei vorerst gesagt: Allein der erste Satz in der Pressemitteilung sollte hellhörig machen. Der lautet: „Der Nutzen der geplanten Bahnverbindung für den Personenverkehr zwischen Münster und Sendenhorst ist größer als die Kosten.“

Der Kostenberg wächst, der Start verzögert sich

Klingt so, als würde alles teurer werden. In der ersten Projektphase ging es um 37 Millionen Euro, die für die Wiederbelebung der Bahnstrecke nötig sind. Viel Geld. Jetzt spricht der NWL von knapp 100 Millionen Euro mehr. Der Verband rechnet vorerst mit 133 Millionen Euro für die Reaktivierung.

Hui, warum das denn? Die Liste der Gründe für die höheren Kosten ist lang. Der NWL schreibt, zum einen sei die Reaktivierung sehr komplex. Es müssten neue Bahnübergänge entstehen und Rechts- sowie Eigentumsfragen geklärt werden. Zum anderen seien die Baukosten gestiegen, vor allem für Schienenprojekte. Auch Beton, Schotter und anderes Material seien inzwischen sehr teuer. Dazu kommt, dass viele Baufirmen gerade ausgebucht sind.

Die neue-alte Zugverbindung wird aber nicht nur teurer, ihr Start lässt auch auf sich warten. Wieder lohnt es sich, den Pressetext genau zu lesen: Der NWL schreibt, „dass bei einem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens Ende 2024 die Strecke in der ersten Jahreshälfte 2027 in Betrieb gehen kann.“ Heißt also: Wenn dieses Jahr nicht alle Gutachten fertig sind, dann fahren erst Ende 2027 oder vielleicht 2028 wieder Züge auf der WLE-Strecke.

Die WLE-Reaktivierung scheint eine ganz schön komplizierte Sache zu sein. Der Verkehrsexperte Stefan Tigges schrieb im vergangenen Juli in einem Gastbeitrag für RUMS, dass die Wiederbelebung eigentlich gar nicht so aufwändig sein dürfte: „Die Trasse ist weitgehend vorhanden, die baulichen Bedingungen sind einfach (keine Berge, keine Tunnel und die gesamte Infrastruktur ist ebenerdig; es gibt keinen Fern-, Güter- und sonstigen Nahverkehr auf der Strecke).“

Der NWL versucht trotzdem, die explodierenden Kosten und die Verzögerung auf der WLE-Strecke als Erfolg zu verkaufen. Der Verband überschreibt seine Pressemeldung mit der hübschen Formulierung: „Bahnstrecke Münster-Sendenhorst nimmt weitere wichtige Hürde“.

Na, wenn das so ist, kann ja nichts mehr schief gehen. Und zur Verteidigung muss man auch mal sagen: Zugfahren war schon immer teuer und sowieso gehört Pünktlichkeit nicht zu den Kernkompetenzen der Bahn. (sfo)

RUMS-Recherche-Aufruf

Wir recherchieren zurzeit zur Situation beim Deutschen Roten Kreuz in Münster. Wir möchten dazu mit möglichst vielen Menschen sprechen, um ein zutreffendes Bild zeigen zu können. Wenn Sie Interesse an einem Gespräch oder Hinweise für uns haben, würden wir uns freuen, wenn Sie sich entweder per E-Mail oder über unseren anonymen Briefkasten bei uns melden. Auch bei einem Gespräch sichern wir Ihnen natürlich Anonymität zu. (rhe)

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Unbezahlte Werbung

Am Wochenende geht der Frühjahrssend zu Ende. Wenn Sie noch einmal über die Kirmes schlendern wollen und nach etwas Besonderem suchen, dann gehen Sie von der Frauenstraße aus in Richtung Schloss und machen Sie Halt am vorletzten Stand. Auf der rechten Seite steht der Wagen von Familie Erz aus Bernkastel-Kues. Sie kommt schon seit über 50 Jahren zum Send und verkauft für eine Kirmes im Münsterland untypische Sachen: Winzerweine von der Mosel. Zwischen Koblenz und Saarburg bauen die Winzer:innen normalerweise trockenen und lieblichen Weißwein an, Riesling, Müller-Thurgau, Grauburgunder, solche Rebsorten. Das Weingut Erz schenkt aber auch Rotwein und Rosé aus wie halbtrockenen Spätburgunder oder feinherben Rotling. Ein Glas auf dem Send bekommen Sie ab 6 Euro. Wenn Sie auf den Geschmack gekommen sind, können Sie nach dem Besuch auch noch ein paar Flaschen nachbestellen.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Raphael Balke in den Veranstaltungskalender geschaut. Das sind seine Empfehlungen:

+++ In der unbezahlten Werbung hatten wir den Frühjahrssend schon genannt. Das traditionelle Feuerwerk darf aber nicht unerwähnt bleiben. Heute Abend geht es gegen 21 Uhr los, hier finden Sie einen Countdown bis zum ersten Knall. Danach hat der Send noch bis Sonntag geöffnet.

+++ Doch mehr Lust auf Kultur? Heute Abend ist der Eintritt ins LWL-Museum für Kunst und Kultur ab 18 Uhr frei. Im Fokus des Langen Freitags steht das Thema „Frauen und Kunst“. Zum einen können Sie mit Kunstvermittler:innen sprechen, zum anderen gibt es Workshops beispielsweise zur Körpersprache oder zum Aktzeichnen. 

+++ Zum Weltfrauentag bietet der Frauensportverein Münster kostenlose Workshops an. Die Teilnehmerinnen lernen am Samstag die Grundlagen der Selbstverteidigung. Außerdem bietet der Sportverein einen Yogakurs für Anfängerinnen und Fortgeschrittene.

+++ „Die Schmiede“ an der Kreuzstraße veranstaltet am Wochenende einen Frühlingsbasar. Im Kuhviertel gibt’s Samstag und Sonntag handwerkliche und künstlerische Werke zu kaufen. Weitere Infos finden Sie hier.

+++ Ab Mittwoch veranstaltet unsere Masematte-Kolumnistin Marion Lohoff-Börger die „Lyrikwerkstatt Multikulti“. Das Projekt bringt Frauen zusammen, die Gedichte schreiben möchten. Im ersten Teil des Programms schreiben die Teilnehmerinnen ein Gedicht in ihrer Muttersprache zum Thema „Abschied – Heimweh – Neuanfang“. Die Werke werden anschließend ins Deutsche und dann erneut in eine andere Muttersprache übersetzt. Zum Abschluss gibt es eine Lesung.

+++ Die AfD wird mit großer Sicherheit bei den ostdeutschen Landtagswahlen siegen, Donald Trump könnte erneut US-Präsident werden und in Deutschland wächst wieder der Hass auf Jüd:innen – wie gefährdet ist unsere Demokratie? Um diese Frage geht es am Donnerstag im Fürstenberghaus. Ab 19 Uhr zeichnet „Die Zeit“ dort eine Folge des Podcasts „Das Politikteil“ mit unserer ehemaligen Kolumnisten Marina Weisband auf. Karten bekommen Sie für 10 Euro hier.

Und sonst so?

Jedes Jahr mietet die AfD das historische Rathaus in Münster an, um ihren Neujahrsempfang abzuhalten. Andere Städte wehren sich dagegen. Sie wollen verhindern, dass die rechtsradikale Partei städtische Räume nutzt, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Ich habe mich in Annweiler, Koblenz und Nordhausen umgehört, um herauszubekommen, ob Städte AfD-Veranstaltungen verhindern können.

Außerdem habe ich mit Gabriela Exner gesprochen. Sie hat sich bei „Baddabäm!“, einer politischen Samstagabendshow in Münster, spontan dazu bereit erklärt, 20 Stunden ehrenamtlich zu arbeiten. Was Gabriela Exner dadurch erlebt und gelernt, erzählt sie im RUMS-Interview.

Und dann war Yannic Werremeier für RUMS noch am Aasee unterwegs. Er war dabei, als die Segelschule Overschmidt die diesjährige Saison eingeläutet hat. Herausgekommen ist eine Fotoreportage mit tollen Aufnahmen.

Ich finde: Der RUMS-Brief ist heute wirklich abwechslungsreich und interessant. Meinen Sie nicht auch? Ich würde mich freuen, wenn Sie ein Abo bei uns abschließen. In den ersten drei Monaten zahlen Sie für alle RUMS-Briefe nur den halben Preis.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes und erholsames Wochenende.

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Raphael Balke (rba), Ralf Heimann (rhe) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

Gestern war der Satiriker Jan Böhmermann in Hilversum. In der holländischen Stadt ist eigentlich nicht so wahnsinnig viel los. Es gibt dort viele Fernsehstudios, das schon. In einem davon hat Böhmermann Platz genommen. Er war zu Gast bei „De Avondshow“ von Arjen Lubach, dem, äh, niederländischen Jan Böhmermann. In der Sendung ging es natürlich um Klamauk und um ein anderes Ereignis in Hilversum. Vier Parteien beraten dort gerade, ob sie zusammen die neue Regierung der Niederlande gestemmt bekommen. Mit der möglichen Folge, dass ein Mann, den in Deutschland der Verfassungsschutz beobachten würde, zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Was hilft dagegen? Galgenhumor vielleicht? Arjen Lubach und Jan Böhmermann versuchen es zumindest. Den Ausschnitt von „De Avondshow“ können Sie hier nachschauen. Gerappt wird am Ende auch noch. Und keine Sorge, dem deutsch-niederländisch-englischen Sprachengemisch kann man auch folgen, wenn man keine der Sprachen beherrscht. (sfo)

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