Anti-AfD-Demos: Die Wucht des Schulterschluss | Unbezahlte Werbung: Cinnamood

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

am 30. Januar 1933 ernannte Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Am vergangenen Wochenende, fast genau 91 Jahre später, ging im Münsterland die 86-jährige Christel mit ihrem Rollator zu einer Demonstration und brachte ein Schild mit, das sie selbst gemalt hatte. Auf dem Schild steht: „Nazis? Hatten wa schon. War kacke.“ 

Ruprecht Polenz hat beim Kurznachrichtendienst X ein Foto der Frau veröffentlicht. Mit ihrer Erlaubnis, wie er schreibt. Wogegen Christel auf die Straße geht, ist klar. Als vor anderthalb Wochen über 20.000 Menschen in Münster auf die Straße gingen, war das nicht überall so. 

Ging es gegen die AfD? Für die Demokratie? Oder gegen die Politik der Ampel? 

Im RUMS-Brief am Freitag haben wir Sie nach Ihrer Meinung gefragt. Finden Sie, die Demos sind eine gute Gelegenheit, die Regierung zu kritisieren? 

Claudia Dahm schreibt uns in einer E-Mail, Kritik an der Ampel gehöre ihrer Meinung nach nicht auf die Demos – allerdings nicht, weil es da um etwas anderes gehen sollte. Die Ampel mache ihre Arbeit doch sehr gut, schreibt Claudia Dahm. 

Doch auch wenn man das anders sieht und nicht ganz so überzeugt von der Politik in Berlin ist, kann man der Meinung sein, dass es bessere Gelegenheiten gibt, um diese Kritik öffentlich zu äußern. 

Denn soll es nicht darum gehen, dass da bei allem Streit und bei allen Unterschieden am Ende doch eine gemeinsame Überzeugung ist, die sich mit dem Wort „Demokratie“ zusammenfassen lässt?

Und wenn es nicht mal gelingt, sich darauf zu einigen, was soll dann die Botschaft der Demos sein?

Es gibt Menschen, die das anders sehen. Sie sagen zum Beispiel: Demokratie bedeutet selten, dass alle zufrieden und einig sind. Demokratie ist meistens anstrengend und aufreibend, denn Demokratie heißt: Unterschiede aushalten und Kompromisse ertragen. Müssen Menschen dann nicht auch ertragen, dass eine Demonstration diese Differenzen abbildet?

Lotta Reinert schreibt in einer E-Mail, sie beobachte, dass gerade die „skandalisierende Kritik“ an der Ampel ein Grund dafür sei, dass die AfD so stark werden konnte. Das ewige „Die streiten ja ständig“ verkenne, wie schwierig es in einer Koalition nun einmal sei, Einigungen zu finden. 

Man könnte hier einwenden: Natürlich ist das schwer, aber ist es nicht auch ungeschickt, den ganzen Streit vor allen in der Öffentlichkeit auszutragen? Kann man nicht erwarten, dass dann der Eindruck entsteht: Es gibt keinen gemeinsamen Plan?

Lotta Reinert wünscht sich, dass die Kritik sachlich bleibt und den Menschen klar ist: Es gibt für so ziemlich jedes Problem etwas, das aussieht wie eine schnelle und einfache Lösung. Nur oft sieht es eben nur so aus.

Und wie ist das jetzt mit den Demos? Gibt es hier eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob man sich auf eine gemeinsame Botschaft einigen sollte, oder darauf, die anderen Meinungen zu ertragen?

Münsters SPD-Chef Fabian Schulz schreibt dazu in einer E-Mail: „Ja, wir müssen Unterschiede aushalten.“ Unterschiede dürften auch in Redebeiträgen deutlich werden. Und nein, Parteien seien keine Kontrollinstanz für andere Rednerinnen und Redner. „Jeder kann und darf sagen, was er oder sie möchte“, schreibt Schulz. 

Ganz entscheidend sei allerdings der Schulterschluss, der zwischen den Parteien stattfinde. Für die Wucht der Proteste habe dieser eine entscheidende Bedeutung. Wer die Kundgebungen ausnutze („weil einem endlich mal jemand zuhört“), um missliebige Politik, statt sie zu kritisieren, „zu diskreditieren und zu bepöbeln“, der gehe vielleicht mit „einem triumphierenden Gefühl nach Hause, ein wahnsinnig spitzfindiger Provokateur zu sein“. Er trage jedoch dazu bei, dass die Proteste an Wucht verlieren. Und das helfe am Ende nur der AfD. (rhe)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Stadt bringt an zwölf Ampeln grüne Pfeile für Radfahrende an, die es dem Radverkehr möglich machen, auch bei Rot rechts abzubiegen. (Stadt Münster)

+++ Die Stadt stellt am 14. Februar ein Konzept für die Gremmendorfer Ortsmitte vor. (Stadt Münster)

+++ Obwohl sich Münster vor fünf Jahren zum „sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärte, hat die Stadt nicht immer die vorgegebene Aufnahmequote erfüllt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Nachdem sich Münsters Grüne am vergangenen Freitag mit 50 Menschen zusammengesetzt haben, um darüber zu sprechen, wie man die Demokratie schützen kann, wollen sie das Treffen an diesem Freitag um 19 Uhr im Begegnungszentrum an der Meerwiese wiederholen. (Grüne Münster)

+++ Die Polizei sucht Unbekannte, die lila Hakenkreuze am Dom- und Rosenplatz gesprüht haben. (Polizei Münster)

+++ Tigerdame Raya hat im Allwetterzoo viel zu früh zwei Babys zur Welt gebracht, die leider kurz nacheinander gestorben sind. (Westfälische Nachrichten)

+++ Beim Neujahrsempfang der Stadt lobte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst, dass es populistische und extremistische Kräfte in Münster schwer haben. (Stadt Münster)

+++ RUMS-Kolumnist Ruprecht Polenz hat der taz ein Interview gegeben, in dem er erläutert, warum er den Begriff Leitkultur nicht im neuen CDU-Grundsatzprogramm lesen möchte. (taz)

+++ Die Buslinien 1, 5, 9 und T18 sowie die „Loop“-Taxis in Hiltrup fahren wegen des Karnevals in Hiltrup teilweise Umleitungen. (Stadtwerke Münster)

+++ Wegen des Karnevals in Wolbeck fahren die Buslinien 8, 18, 22 und N85 teilweise nicht auf den üblichen Strecken. (Stadtwerke Münster)

+++ Die LVM-Versicherung war im vergangenen Jahr erfolgreicher als die Konkurrenz. (LVM-Versicherung)

+++ Die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen positioniert sich in einem Statement gegen politischen Extremismus und betont die Bedeutung von Weltoffenheit und internationalen Verbindungen für die Wirtschaft in der Region. (IHK Nord Westfalen)

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Zimtschnecken, in allen möglichen Variationen, auch ohne Zimt. Das ist das Geschäftsmodell vom „Cinnamood“ an der Salzstraße 7. Wobei, eine Schnecke mit Zimt gibt es schon, den Klassiker. So passt es dann auch mit dem Namen, einer Zusammensetzung aus Cinnamon (Zimt) und Mood (Stimmung). Überlegt haben sich das alles Anna Schlecht und Luca Breuer. Ihr erstes Geschäft eröffneten sie vor zwei Jahren in Köln. Inzwischen gibt es 18 Filialen, eine davon in Münster. Geöffnet ist sie montags bis samstags von 9:30 bis 20:30 Uhr und sonntags von 10 bis 19:30 Uhr. Auf die Karte schauen können Sie auch im Netz. Und bald, so steht es dort, können Sie auch vorbestellen. 

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute habe ich zusammen mit unserer Tagespraktikantin Paula Bühren in den Veranstaltungskalender geschaut. Diese fünf Termine empfehlen wir Ihnen: 

+++ Mit dem Wort „Rundgang“ verbinden viele in Münster einen Ort und einen sehr schönen Abend. Beim Rundgang zeigen die Studierenden der Kunstakademie, woran sie das Jahr über gearbeitet haben. Die Atmosphäre ist ganz wunderbar, und man kann den Besuch hervorragend mit einem Bier oder Glas Wein verbinden. Die Ausstellung beginnt morgen und endet am Sonntag. Falls Sie sich nichts darunter vorstellen können: Auf dieser Seite finden Sie Videos und Fotos aus den vergangenen Jahren. 

+++ Am Donnerstag tanzen – das geht in dieser Woche ab 19 Uhr im Lilos am Roggenmarkt 11. Motto der Party: „Komm so, wie du bist.“ Oder gut, im Original: „Come as you are.“ Sie ahnen es schon, die Musik ist unter anderem aus den Achtzigern und Neunzigern. Eintritt: 10 Euro. Alles Weitere hier

+++ Es ist noch etwas hin, aber wenn Sie sich schon mal um Tickets kümmern möchten: Zu seinem 35-jährigen Bestehen zeigt der Filmclub „Die Linse“ am 1. März in der Erphokirche eine Stummfilmkonzert. Der Pianist und Komponist Stephan Graf von Bothmer interpretiert live die Filmserie „Die kleinen Strolche“. Tickets gibt es ab sofort im Kiosk an der Warendorfer Straße 80 und bei Naturkost Slickertann, ein paar Häuser weiter an der Warendorfer Straße 98. 

+++ Bei den Schulkinowochen haben Schulklassen einmal im Jahr die Gelegenheit, sich zusammen Filme anzusehen. In Münster ist das in diesem Jahr bis nächsten Mittwoch (7. Februar) im Cinema, Cineplex und Schloßtheater möglich. Falls Sie sich erst mal das Programm ansehen möchten, hier entlang

+++ Die Tatort-Schauspielerin Christine Urspruch liest am Freitag um 20 Uhr bei einer Konzertlesung im Planetarium aus „Alice im Wunderland“. Konzertlesung bedeutet, Sie ahnen es: Es wird auch Musik zu hören sein. Um sie kümmert sich der Klangkünstler Stefan Weinzierl. Und so wird es sich anhören

Was steht sonst so im RUMS-Brief?

Eine Leserin hat sich bei uns gemeldet. Sie wohnt an der Friedrich-Ebert-Straße, also dort, wo eine neue Busspur entstanden ist. Sie sagt, die Busspur sorge bei den Anwohnenden für Probleme. Denn tagsüber verschwinden Parkplätze zugunsten des Busverkehrs. Die Stadtwerke sehen vor allem die Vorteile. Die neue Spur sei ein wichtiges Instrument, um öffentlichen Verkehrsmitteln in Münster mehr Raum zu geben.

Auf dem ersten Blick hört sich die Geschichte an wie ein klassisches „Not in my backyard“-Problem. Auf den zweiten ist sie ein Beispiel dafür, wie holprig der Weg zur Verkehrswende manchmal ist.

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Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.

Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Jan Große Nobis (jgn), Sebastian Fobbe (sfo), Svenja Stühmeier (sst), Paula Bühren (pbu)
Lektorat: Melanie Kelter

PS

Erinnern Sie sich noch daran an das Radioprojekt an der Grundschule? Vor anderthalb Jahren haben wir darüber geschrieben, wie der Journalist Heiner Wember an der Gievenbecker Wartburgschule mit Kindern zusammen Radio macht. Bei WDR5 ist jetzt eine 54 Minuten lange Radiosendung von Heiner Wember zu hören, in der er sich mit Särgen, Urnen und letzten Messen beschäftigt – oder kurz mit der Frage: Was kostet der Tod? Es geht um einen Bestatter, der den Tod mit seinem Fahrrad öffentlich und transparent macht, eine Frau, die ihre Beerdigung genau geplant hat. An mehreren Stellen kommen auch Menschen aus Münster vor, unter anderem auch der Waldfriedhof Lauheide. Ein ganz wundervolles Feature über Vergänglichkeit. (rhe)

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