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Was tun gegen den Gefühlsstau? | Unbezahlte Werbung: Après-Ski-Bar „Lawine“

Guten Tag,
Paris hat gerade beschlossen, die Parkgebühren für schwere Autos zu verdreifachen. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat das am Sonntag mit dem Satz kommentiert: „Die Pariser sind die Avantgarde einer Bewegung, viele Städte werden sicher nachziehen.“
Und jetzt ein überraschender Einschub dazu, was gestern in der RUMS-Redaktion passiert ist. Wir haben an einem Feedback-Seminar teilgenommen, das Bestandteil einer Masterarbeit ist. Es ging um die Frage, wie man Rückmeldungen so gibt, dass sie auch ankommen. Eine wichtige Regel dazu hat der Psychologe Friedemann Schulz von Thun formuliert. Sie lautet: „Die Botschaft bestimmt der Empfänger.“
Aber was hat das jetzt mit schweren Autos zu tun? Doch einiges. Eine neue Parkgebühren-Regelung ist immer auch eine Botschaft, in diesem Fall soll sie lauten: Große Autos wie SUV nehmen viel Raum in Anspruch und verschmutzen die Luft mehr als kleine Fahrzeuge. Daher ist es teurer, sie irgendwo abzustellen.
Der kleine Haken ist: Auf der anderen Seite kommt eine andere Botschaft an, nämlich: Die wollen uns erziehen. Die stellen sich moralisch über uns. Wo immer sie können, schikanieren sie das Auto. So erlebt man es in Münster auch in den Ratsdebatten.
Die eine Seite möchte den wahrgenommenen Missstand beseitigen, dass man das Auto bevorzugt, indem man ihm erlaubt, öffentlichen Raum kostenfrei zu nutzen.
Die andere Seite sieht darin den Versuch, den Normalzustand zu beseitigen, der, so jedenfalls die Überzeugung, in der Tendenz doch ganz gut war.
Auf der einen Seite steht ein eher rationales Argument. Das Missfallen auf der anderen Seite lässt sich sehr gut in Emotionen übersetzen und verstärken.
Gefühle sind wichtig in der politischen Kommunikation. Um viele Menschen zu erreichen und zu berühren, muss man in der Lage sein, komplexe Zusammenhänge in möglichst einfache Bilder zu übersetzen.
Es muss ja nicht immer Angst sein
Der frühere SPD-Chef Franz Müntefering hat einmal die gesunkenen Reallöhne mit einer kleinen Geschichte erklärt, die im Grunde nur aus einer Frage besteht. Sie lautet: Wenn Eltern und Großeltern an Heiligabend nach der Bescherung mit den Kindern unter dem Weihnachtsbaum sitzen, von wem sind die größten Geschenke?
Dieses Beispiel zeigt nicht nur, dass Bilder und Emotionen sich sehr gut als Träger von Botschaften eignen, sondern auch, dass Emotionen in der Politik nicht ausschließlich Angst, Wut oder Empörung sein müssen, um in den Köpfen zu bleiben.
Barack Obamas erster Wahlsieg in den USA im Jahr 2008 hat sehr viel mit einem Gefühl zu tun, das sein Wahlkampfteam in dem Satz „Yes we can“ zusammengefasst hat.
In Münster, eigentlich in ganz Deutschland fehlt so ein positives Gefühl. Hier dominieren die Erzählungen von Rechtspopulisten und von Rechtsradikalen über Bedrohungen, Gefahren und Neiddebatten. Und man muss deutlich sagen: Auch konservative Parteien legen in ihrer Kommunikation auf eine Brandmauer an dieser Stelle nicht immer ganz so großen Wert.
CDU-Chef Friedrich Merz greift sehr gerne in den rechtspopulistischen Kommunikationsbaukasten. Beliebte Muster sind „Wir gegen die“-Erzählungen, Sündenbockgeschichten oder das Schüren von Angst und Empörung.
Diese Techniken nutzt auch die CDU in Münster. Sie bringt die Menschen gegen das von ihr so genannte „Linksbündnis“ auf. Das Empörungspotenzial in der eigenen Klientel steckt praktischerweise im Wort. Man muss es nur aussprechen, schon ist die Emotion da.
Im Einzelnen ist dabei ganz egal, was das Bündnis gemacht hat, warum es hier oder da wieder einen Verkehrsversuch ankündigt, und ob der nicht doch vielleicht sogar sinnvoll ist. Im Grunde reicht es, wenn man sich merkt: Das Bündnis fährt die Stadt vor die Wand.
Albert Einstein gegen Vitali Klitschko
Ich bin in einer Whatsappgruppe mit alten Bekannten, die zu einem großen Teil aus Bilderwitzen darüber besteht, dass Ricarda Lang so dick und Robert Habeck so dumm sei. Ich habe den, der das verbreitet, mal gefragt, warum er das macht. Er sagte, das komme alles von seinem Bankberater, er leite das einfach weiter.
So verbreitet sich der Hass auch da, wo Menschen sich überhaupt nicht für Politik interessieren, und wenn dann die nächste Wahl ansteht, weiß man in jedem Fall schon mal, wo das Kreuzchen auf keinen Fall hingehört.
Diesem Hass kann man mit Argumenten nicht beikommen. Wenn Fakten gegen Emotionen gegeneinander antreten, dann ist das, als würde Albert Einstein gegen Vitali Klitschko in den Ring steigen.
Aber was kann man da machen? In seiner eigenen grenzenlosen Naivität möchte man natürlich alle Seiten um Fairness bitten, also darum, doch möglichst sachlich zu kommunizieren.
Doch das ist natürlich schlecht, wenn Emotionen in der politischen Kommunikation so erfolgreich sind und nach der nächsten Wahl doch wieder nicht zählt, wer am fairsten war, sondern nur, wer die meisten Stimmen bekommen hat.
Vielleicht muss das alles eher umgekehrt laufen. Vielleicht müssen die Parteien im eher linken Spektrum ihre Scheu vor einer emotionalen Kommunikation verlieren, um all dem etwas entgegensetzen zu können.
Der Kommunikationsberater Johannes Hillje hat gerade in einem Beitrag für die politische Fachzeitschrift „Blätter“ den politischen Erfolg der AfD analysiert. Laut Hillje ist die auf emotionale Formate zugeschnittene Kommunikation der Partei dabei ein wichtiger Faktor.
Eine Art Déjà-vu
In den sozialen Netzwerken hat die AfD mit Abstand die größte Reichweite. Das liegt auch daran, dass sie, anders als andere Parteien, ein Verständnis für politische PR in dieser Sphäre entwickelt hat, dass sie dort eine Art kollektive Identität aufgebaut hat und vor allem, dass sie viel Geld investiert.
„Insbesondere progressive Parteien scheinen geradezu unter einer Emotionsaversion zu leiden“, schreibt Hillje. Oft liege dieser Haltung das Missverständnis zugrunde, Emotionalisierung sei Entsachlichung und bestehe allein im Triggern starker Affekte wie Wut oder Triumph. Daher überlasse man das Feld Radikalen. Und das ist laut Hillje eine Art Déjà-vu. Auch in der Weimarer Republik hätten Intellektuelle sich gewehrt, „eine Gegenemotion zu den Nazis“ zu entwickeln.
Dabei ist es möglich, es auf vertretbare und seriöse Art und Weise mit radikalen Erzählungen und der populistischen Empörungskommunikation aufzunehmen. Hillje nennt als Beispiel das Video von Robert Habeck zum Krieg im Nahen Osten und dem Antisemitismus, das, so schrieb es der Schweizer „Tagesanzeiger“, ganz Deutschland bewegt hat.
Das geht auch alles zwei Nummern kleiner, im Lokalen, zum Beispiel in der Verkehrspolitik. Es ist natürlich wichtig, den Menschen zu erklären, dass der große Platzbedarf von Autos indirekt zum Klimawandel beiträgt, weil er eine autozentrierte Infrastruktur fördert, die zu einem hohen CO2-Ausstoß führt. Aber das Problem ist: Bei Whatsapp leitet das niemand weiter. (rhe)
+++ Viele Straßen sind am Montag wegen des Rosenmontagsumzugs gesperrt, der Prinzipalmarkt sogar schon ab Sonntag. (Stadt Münster)
+++ Das Integrationsforum hat einen Brief mit einem benutzten Stück Klopapier bekommen, auf dem die FH Münster als Absender genannt wird. (Integrationsforum per E-Mail an RUMS)
+++ Die Kommission zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen bittet darum, Rollstuhl-Bereiche in der Innenstadt freizuhalten. (Stadt Münster) – passend hierzu: Vor zwei Jahren erschien bei RUMS eine Recherche über Barrierefreiheit in der Innenstadt.
+++ Das Oberverwaltungsgericht Münster hat eine Klage der deutschen Umwelthilfe abgewiesen, die erreichen wollte, dass die Bundesregierung mehr gegen die Verunreinigung der Gewässer mit Dünger unternimmt. (Nachrichtenagentur dpa, hier: taz)
+++ Die Weseler Straße zwischen Aasee und Abzweig Geiststraße wird bald einspurig, da dort alte Trinkwasserleitungen ersetzt werden müssen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Eine Mieterorganisation wirft der LEG vor, bei den Mieterhöhungen zu tricksen. (Münstersche Volkszeitung)
+++ Ein Forschungsteam der Uni Münster hat herausgefunden, dass ein bisher unbekannter Grund für Unfruchtbarkeit sein kann, dass den Spermien sozusagen der Turbo fehlt. (Tagesschau)

Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
Die Après-Ski-Bar „Lawine“ hat erst Ende November eröffnet, wird aber wohl in den kommenden Tag gut besucht sein. An der Jüdefelderstraße 34, hunderte Kilometer von den nächsten Skigebieten entfernt, feiern die Besucher:innen in der neuen Bar wie in Oberstdorf oder Garmisch. Die Einrichtung ist stilecht rustikal, musikalisch läuft Hüttenmix. Auch die Getränke-Karte ist an das Wintersport-Thema angepasst. So gibt es etwa „die neun Hüttenspringer auf dem Ski“ – neun Schnäpse – oder Bayrisch Helles. Die „Lawine“ hat mittwochs und donnerstags von 20 bis 2 Uhr, freitags und samstags von 20 bis 3 Uhr geöffnet.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat unser Raphael Balke in den Terminkalender geschaut. Diese Veranstaltungen kann er Ihnen empfehlen:
+++ Das Ensemble Artig spielt in dieser Woche sein neues Stück „Endlich bleibt nicht ewig aus“. Die Schauspieler:innen beschäftigen sich damit, was Hoffnung gibt, in einer Welt voller Probleme. Was zurückschrecken lässt zwischen Bangen, Flutwunsch und Mut. Das Stück läuft von Mittwoch bis Samstag, jeweils ab 20 Uhr. Noch sind Karten verfügbar.
+++ Münster feiert am Donnerstag Weiberfastnacht. In der Stadthalle Hiltrup beginnt die Party ab 15:11 Uhr. Unter anderem tritt Olaf Henning auf. Alles Weitere unter anderem zum Kartenverkauf finden Sie hier. In der Metro Rockbeis legt ab 19 Uhr DJ Wolfman auf. Auch an Karneval spielt er keine Schlager, sondern Rock. Der Eintritt ist frei. Auch die Cavete an der Kreuzstraße feiert Weiberfastnacht. Dort geht’s ab 17 Uhr los. Mit dabei ist unter anderem DJ Nic. Der Eintritt ist kostenlos.
+++ Ein Protest gegen Rechts und für mehr Solidarität startet am Samstag um 14 Uhr in Gievenbeck. Treffpunkt ist am Marktplatz. Die Organisatoren vom Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Münster und der Stadtteilbewegung „Gievenbeck Solidarisch“ haben mehrere Redner:innen wie den Soziologen Andreas Kemper eingeladen. Vertreter:innen von Parteien sprechen nicht, heißt es.
+++ Für die szenische Lesung „Geheimplan gegen Deutschland“ des Stadtensembles gibt es weitere Termine. Die Aufführung basiert auf einer Recherche des Netzwerks Correctiv über ein rechtes Geheimtreffen in Potsdam. Dort planten unter anderem Neonazis, AfD-Politiker:innen und CDU-Mitglieder die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland. Die Lesung wird an drei weiteren Terminen aufgeführt: am 16. März um 19 Uhr in der St.-Martini-Kirche, am 18. März um 19 Uhr im Bürgerhaus Kinderhaus und am 24. März um 20 Uhr im Kreativ-Haus-Münster. Karten gibt’s hier.
Und sonst?
Münster will bis 2030 klimaneutral werden. Einziges Problem: Man weiß nur noch nicht, wie. Für die kompletten RUMS-Brief habe ich dir angesehen, auf welchem Gebiet das gelingen kann, und was dazu passieren muss.
Möchten Sie mehr erfahren, dann testen Sie RUMS drei Monate lang zum halben Preis.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Raphael Balke (rba), Jan Große Nobis (jgn), Sebastian Fobbe (sfo)
Lektorat: Susanne Bauer
PS
Vor zwei Jahren bin ich nach Ahlen gefahren, um mir eine Ausstellung anzusehen. Ihr Titel war: „Neue Wahrheit? Kleine Wunder!“ Es ging um die frühen Jahre der Fotografie, man sah einige knapp 200 Jahre alte Bilder, in diesem Video bekommt man einen kleinen Eindruck von ihrem Zauber. Es waren Bilder aus Hans Gummersbachs Sammlung. Gummersbach hat früher in Münster das Schulamt, die Volkshochschule und später das Handwerkskammer-Bildungszentrum geleitet. Und vor vielen Jahrzehnten hatte er irgendwann so ein uraltes Foto in der Hand. Es faszinierte ihn so sehr, dass er zu sammeln begann. Heute ist seine Sammlung eine der größten, die es in Deutschland gibt. Die Fotos von der Ausstellung sind in einem Sammelband zu sehen, der zur Ausstellung erschienen ist. Das Buch hat jetzt beim Deutschen Fotobuchpreis die Bronzemedaille gewonnen. Hier können Sie es bestellen. (rhe)