Post von Leser:innen

Offener Brief

von Ralf Heimann

Auf die RUMS-Kolumne von Ruprecht Polenz am 12. November zum Musik-Campus haben die Fraktionsspitzen des Rathausbündnisses und der FDP mit einem Brief geantwortet:

Lieber Ruprecht Polenz, liebe RUMS-Lesende,

im Kolumnenbrief vom 12. November 2023 sind wir – die Fraktionsvorsitzenden und -sprecher:innen von Grünen, SPD, Volt und FDP – von Ihnen, Herrn Polenz, recht direkt in Sachen Musik-Campus angeschrieben worden. Wir bedanken uns bei RUMS für die Gelegenheit, darauf direkt antworten zu können.

Lieber Herr Polenz, bei allem Respekt vor ihrer politischen Erfahrung, war es uns nicht möglich nachzuvollziehen, wie Sie gleich zu Beginn Ihrer Kolumne zu dem Schluss kommen, Münster werde mit dem Beschluss unseres Änderungsantrags in der vergangenen Ratssitzung nun definitiv keinen Konzertsaal (den so genannten Kulturbau) bekommen. Um falschen Interpretationen vorzubeugen, wollen wir hier klarstellen: Der aktuelle Ratsbeschluss hat weder an den Grundlagen der Finanzierung noch an der Wahrscheinlichkeit einer Errichtung des Kulturbaus irgendetwas geändert. Die Grundlagen der Musik-Campus-Finanzierung sind im Mai 2022 mit einer großen Ratsmehrheit beschlossen worden – auch mit den Stimmen der CDU-Fraktionen und des Oberbürgermeisters.

Zu Erinnerung hier die wichtigsten Bestandteile aus Sicht des städtischen Haushalts zu denen Einvernehmen mit dem Rektor der Universität Münster und dem Oberbürgermeister hergestellt werden konnte:

  • Die Uni baut mit Landesmitteln eine Musik-Hochschule – da sind wir als Stadt unbeteiligt.
  • Die Stadt baut komplett aus dem städtischen Haushalt finanziert eine neue Musikschule, Proberäume für das Sinfonieorchester und Räume für die Freie Szene. Dafür stehen heute – wie auch im Mai 2022 – im städtischen Haushalt 71 Mio. Euro zur Verfügung.
  • Stadt und Uni kümmern sich gemeinsam um den Kulturbau. Für dessen Bau wird kein Geld aus dem städtischen Haushalt bereitgestellt. Das Geld muss durch Förderungen, Sponsoren- und Spendenmittel aufgebracht werden. Kostenpunkt: 85 Millionen Euro. Davon hat die Uni sich bereit erklärt, 20 Millionen zu übernehmen.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Ein noch im Mai 2022 laut Oberbürgermeister Lewe bestehendes Angebot, dass der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) den Campus baut und dann Teile an die Stadt vermietet, stellte sich als völlig unrealistisch und viel zu teuer dar. Schade, dass dem Oberbürgermeister offensichtlich viel zu spät klar wurde, dass die Berechnungs- und Vermietungsmodelle des BLB völlig andere sind als die der Stadt Münster. Dies hat die Gesamtplanungen des Projekts um Monate zurückgeworfen.

Aber zumindest bei der Finanzierung des Kulturbaus ging es ein bisschen voran: Der Deutsche Bundestag hat mit Stimmen der SPD, Grünen und FDP beschlossen, den Musik-Campus mit 20 Millionen Euro zu fördern, Dadurch wurde die Finanzlücke beim Kulturbau signifikant verkleinert. Voraus gegangen waren übrigens Konsultationen der Ratsfraktionen mit den jeweiligen Politikern der eigenen Parteien auf Bundesebene. Hinzu kommen laut Oberbürgermeister Lewe ihm zugesagte Spenden von rund 9 Millionen Euro. Heute, fast 1,5 Jahre nach dem letzten Ratsbeschluss zum Musik-Campus, sind 49 Millionen Euro akquiriert. Das ist ein nicht wegzudiskutierender Fortschritt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass noch 36 Millionen Euro fehlen.

Soweit die Fakten. Bleibt die Frage, wodurch Sie ihre These, der Musik-Campus käme nicht, stützen.

Liest man Ihren Brief, dann ist für Sie offenbar sonnenklar: Es ist auf Seiten der Antragssteller ein Mangel an Weitsicht, Vorstellungskraft und unsere Kniepigkeit in Sachen Kultur, die den Oberbürgermeister davon abhalten, mit ein paar städtischen Millionen den Campus möglich zu machen.

Münster hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Milliarden investiert – und wird auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Milliarden investieren. Münster hat bezogen auf die Einwohnendenzahl so viele U3-Kitaplätze wie keine andere Großstadt in NRW. Münster baut und saniert Schulen unter Verwendung eines dreistelligen Millionen-Betrags. Außerdem hat eine breite Mehrheit des Stadtrats – inklusive CDU – das Ziel beschlossen, Münster bis 2030 klimaneutral zu machen. Gleichzeitig fördert Münster zig Vereine und Institutionen im Sozial- und Kulturbereich.

Das von ihnen, Herr Polenz, erwähnte Stadttheater kostet die Stadt pro Jahr über 20 Millionen Euro an Zuschüssen. Gleichzeitig bleibt Münster nicht unberührt von globalen Krisen, wir bieten Geflüchteten Schutz. Und wir investieren – wie oben beschrieben – über 70 Millionen Euro in einen Ersatzbau für die marode Musikschule. Ja, wir kümmern uns sogar darum, dass das von der Stadt seit Jahrzehnten kaputtgesparte Stadion saniert wird – eine Aufgabe, die die seit Jahrzehnten tonangebende CDU-Fraktion – zeitweise auch unter der Führung von Ruprecht Polenz – nicht angegangen ist.

Krisen, steigende Kosten und die vielen Investitionen bringen auch eine Stadt wie Münster immer näher an die Grenze der so genannten Haushaltssicherung. Einigkeit herrschte bisher im Stadtrat darüber, dass diese unbedingt vermieden werden muss, denn wir wollen weiter über Stadtbüchereien, Schwimmbäder und andere wichtige freiwillige städtische Angebote im Rat der Stadt entscheiden – und nicht die Entscheidungen von der Bezirksregierung diktiert bekommen. Im Übrigen würde eine Haushaltssicherung auch bedeuten, dass die Umsetzung des Kulturbaus mit städtischen Mitteln, wie Sie und neuerdings auch der Rektor der Universität Münster es fordern, rechtlich unmöglich wäre.

Offensichtlich ist die drohende Haushaltssicherung der Grund, warum auch Oberbürgermeister Lewe in seinem aktuellen Haushaltsvorschlag für die Konzerthalle/Kulturbau keine zusätzlichen Millionen eingeplant hat.

Markus Lewe weiß sehr wohl, dass das den städtischen Haushalt überfordern würde.

In dieser Situation empfehlen sich keine Schwarzer-Peter-Spiele zwischen Oberbürgermeister, Universität und Politik. Die CDU muss auch aufpassen, dass sie durch ihren undifferenzierten Blick das Projekt nicht zum Scheitern bringt, indem sie immer wieder betont, dass der Konzertsaal nicht kommen werde. Das schreckt potenzielle Spender mit Sicherheit ab. Stattdessen muss nüchtern das Machbare ausgehandelt und dann umgesetzt werden.

Zur Wahrheit gehört für uns aber auch dazu, zu sagen, dass ein Projekt in der Größenordnung eines Musik-Campus eine entsprechend große Management-Qualität der Verwaltungsspitze erfordert. Statt Sonntagsreden sind Kärrnerarbeit und Detailverliebtheit gefragt! Wir erwarten, dass die vielen, zum Teil auch kleinteiligen, Fragen seriös beantwortet werden und wir erwarten, dass Fehler oder Fehlentwicklungen klar benannt werden. Denn das schafft Vertrauen unter allen am Projekt Beteiligten. Der Musik-Campus ist ein Marathon-Lauf. Dabei ist mehr Durchhaltevermögen und weniger „Mimimi“ gefragt.

Wir, die die Fraktionsvorsitzenden und -Sprecher:innen von GRÜNEN, SPD, Volt und FDP haben das Projekt bisher konstruktiv begleitet, ohne kritische Fragen auszublenden. Im Rahmen unserer Mandate sind wir für die gesamtstädtische Entwicklung mitverantwortlich. Dies umfasst ausdrücklich die Notwendigkeit, die Haushaltssicherung abzuwenden. Dem muss sich alles unterordnen – auch ein Musik-Campus.

Nur Vertrauen und harte Arbeit an Details erhöhen die Chancen auf Umsetzung des Gesamt-Projekts. Die nun getroffenen Änderungen belegen, dass die Genannten ihre Verantwortung und ihre Arbeit gemacht haben. Nun ist der Oberbürgermeister wieder an der Reihe. Den Vorwurf, wir würden den Kulturbau des Musik-Campus verhindern, weisen wir daher freundlich, aber bestimmt zurück.

Christoph Kattentidt und Sylvia Rietenberg (Grüne), Lia Kirsch (SPD), Helene Goldbeck (Volt) und Jörg Berens (FDP)