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Stellungnahme

von Fabian Schatz

Lieber Ruprecht Polenz,

in der Vergangenheit haben Sie sich bisweilen mit durchdachten, ausgeruhten Beiträgen wohltuend vom aufgeregten Ton des tagespolitischen Klein-Kleins abgesetzt. Schade, dass Ihre aktuelle Kolumne zur Altstadtsatzung so gar nicht dazu passt, sie arbeitet leider mit Falschmeldungen:

  • Sie werfen der neuen Koalition Dinge vor, die sie nicht beschlossen hat. Die Umgestaltung der Hittorfstraße in eine Fahrradstraße ist keineswegs auf grünem (oder violett-rotem) Mist gewachsen. Die Verwaltung des CDU-Oberbürgermeisters hat das komplette Paket an Fahrradstraßen (inklusive Hittorfstraße) auf den Weg gebracht – zugestimmt haben ihm in der Ratssitzung am 03. Juli 2019 laut Niederschrift: CDU, Grüne, Linke, Piraten/ÖDP und Ratsherr Pfau. SPD und FDP haben sich enthalten.
  • Sie kritisieren, dass der Gestaltungsbeirat in der Altstadt nicht beteiligt wird. Auch das stimmt nicht. Wir wollen, dass dieser bei allen Entscheidungen mit stadtgestalterischer Bedeutung künftig immer eingebunden wird und haben ihn deshalb explizit aufgeführt – eine eindeutige Verbesserung.
  • Sie schreiben, man solle ausführlich diskutieren, bevor man „den Schutz der Altstadt-Satzung aufhebt“. Nur: Den Schutz der Satzung aufzuheben, fordert gar keiner. Das ist ein beliebter Trick von Populisten: Lautstark gegen irgendetwas protestieren, was niemand gefordert hat. Eine sachliche Debatte verhindert dieses Getöse in vielen Fällen. 

Deshalb jetzt zurück zu den Fakten.

Die münstersche Altstadt ist wunderschön. Die Menschen im In- und Ausland beneiden uns für die gestalterische Qualität unserer Stadt. Die Altstadtsatzung war, ist und soll auch in Zukunft ein unverzichtbares Instrument sein, um gravierende Eingriffe in das Stadtbild zu vermeiden.

Allerdings ist die Altstadtsatzung aktuell an einigen Stellen vor allem eines: ein Totschlagargument. Pauschal und ohne jede weitere Prüfung wird mit ihr jede Photovoltaik-Zelle innerhalb der Promenade verboten. So verbietet die Stadtverwaltung mit dem Hinweis auf die Satzung zum Beispiel einem Hotelier eine Investition in sauberen Sonnenstrom. Und das, obwohl man die Anlage von der Straße noch nicht einmal sehen würde. Anderswo wurde die Begrünung eines Flachdachs verboten. Wenn Ruprecht Polenz also eine seit 17 Jahren nicht veränderte Satzung in Stein meißeln will, dann ist das vor allem eins: Verbotspolitik. 

Eine Verbotspolitik des „es soll sich bloß nichts ändern“, die sich Münster angesichts der Klimakrise nicht länger leisten kann. Alle Parteien im Rat haben beschlossen, dass Münster bis 2030 klimaneutral werden soll. Das Ziel ist sehr ambitioniert – wollen wir es erreichen, darf es keine Verbotszonen für sauberen Sonnenstrom geben, auch nicht in der Altstadt.

Alles was wir wollen ist, dass künftig eine Abwägung stattfindet. Kann eine Solaranlage gebaut werden oder verschandelt sie das Bild unserer schönen Altstadt? Ist ein bepflanztes Dach nicht besser für Natur und Stadtklima als ein Dachpappen Flachdach, wie man es aktuell auf vielen Altstadt-Bauten sieht? Bislang werden PV und Grün stumpf abgelehnt, ohne Abwägung und ohne Diskussion.

Das Instrument der Altstadtsatzung muss nach unserer Ansicht künftig dazu geeignet sein, den Kontext eines Bauvorhabens zu erfassen, zu beurteilen und bei der Abwägung die städtebauliche Gestalt, den Klimaschutz, den Einsatz erneuerbarer Energien und auch den Wohnungsbau (Dachgeschossausbau) sowie die Barrierefreiheit (Aufzüge) gleichrangig zu bewerten.

Eine moderate Modernisierung also. Die zudem in den kommenden Ausschuss- und Ratssitzungen ausführlich und öffentlich diskutiert werden wird. Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen.

In diesem Sinne

Gued Goahn

Ingrid Kremer und Robin Korte

Ingrid Kremer und Robin Korte haben den Ratsantrag zur Änderung der Altstadtsatzung geschrieben, um den es in der Kolumne von Ruprecht Polenz am Sonntag geht. Ingrid Kremer ist Sprecherin für Bauwesen und Abfallwirtschaft Grünen-Fraktion im Rat. Robin Korte ist Sprecher für Klimaschutz, Umweltschutz und Abfallwirtschaft.

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