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- Brief von Svenja Stühmeier
Was ist zuerst da: Das E-Auto oder die Ladesäule? | Baugebiet Hiltrup-Ost: Was wünscht sich die CDU, was die anderen – und was plant die Stadt? | Unbezahlte Werbung: Leuchtplakate gegen Rechts
Guten Tag,
vor einem guten Jahr hat RUMS-Autorin Constanze Busch darüber berichtet, wie es eigentlich um Münsters E-Mobilität steht (RUMS-Brief). Ihre Recherche ging los mit einer schlechten Nachricht für die Verkehrswende-Fans: Im Jahr 2022 hatten erst einige hundert Leute aus Münster ein E-Auto gekauft, dann einige hundert ihres wieder verkauft. Sowohl zu Beginn als auch zum Ende des Jahres fuhren etwa 3.100 E-Autos auf Münsters Straßen.
Das ist für die Stadt nicht ganz uninteressant. Schließlich ist der Plan, dass in sechs Jahren nur noch halb so viele Autos in Münster rumfahren, die alle elektrisch angetrieben werden. Wir wollten also wissen, wie es damit weiterging. Und haben uns ziemlich gewundert, als die Stadt Münster auf Anfrage schrieb: Im Januar 2023 waren etwa 4.800 E-Autos gemeldet. Gute Vorsätze? Sinneswandel? Sehr viel Weihnachtsgeld? Was war los?
Die Stadt Münster kann sich vorstellen, dass der Grund dafür unter anderem eine höhere Förderung für E-Autos ab dem 1. Januar 2023 war, der sogenannte Umweltbonus. Der wiederum wurde zum Jahresende ziemlich abrupt abgeschafft, weil es ja diese 60-Milliarden-Euro-Lücke im Bundeshaushalt gab.
Bevor wir also in einem Jahr berichten, dass in Münster 2024 quasi niemand ein Elektroauto gekauft hat, hier noch schnell die aktuelle Zahl: Gerade sind das knapp 7.500 der insgesamt gut 160.000 Autos in Münster.
Die Förderung ist sicherlich ein Grund, sich ein E-Auto zu kaufen – oder eben nicht. Es nützt wenig, so einen Wagen zu besitzen, wenn man ihn nicht aufladen kann. Ausführlich hat Constanze Busch über die Ladeinfrastruktur berichtet, wir haben noch einmal den aktuellen Wasserstand aufgeschrieben.
EU-Ziel ist, einen Ladepunkt für zehn Autos zu errichten. In Münster gab es laut Bundesnetzagentur im Dezember 272, die Plattform Going Electric verzeichnet momentan 293. Dort kann man Lademöglichkeiten selbst eintragen, weswegen sie eventuell aktuellere Zahlen liefert. Grob überschlagen teilen sich also 17 Autos einen Ladepunkt. Bedeutet das Schlange stehen?
Laut Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft nicht. Der hat letztes Jahr zum ersten Mal die Auslastung der Stromzapfsäulen ausgewertet. Mit dem Ergebnis: Im Schnitt liegt die in Deutschland bei knapp 12 Prozent, höchstens seien die Zapfsäulen ein Viertel des Tages in Benutzung.
Ist also Rückbau angesagt? Nein. Münster erhält in den kommenden Monaten 112 neue Ladepunkte, meldet die Stadt hier. Das ist wohl auch eine ganz gute Idee, denn da öffentliche Lademöglichkeiten nun einmal für die wichtig sind, die ihr Auto nicht zu Hause aufladen können, greift das Argument mit der Infrastruktur vielleicht insbesondere doch für diejenigen in Städten.
Ist gerade noch mehr in Planung? In der Pressemitteilung steht: „Sollte der Bedarf an Lademöglichkeiten auch zukünftig steigen, wird die Stadt weitere Standorte für den Bau und Betrieb von Ladepunkten vergeben.“ Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht. Ich muss gerade jedenfalls an Hennen und Eier denken. (sst)
Heute lesen Sie im Brief:
- Karneval: Familienzone ab Engelenschanze
- Strom: Preiserhöhungen – warum (nicht)?
- Internationale Fraktion: „Berichtspflichten sind eine wunderbare Sache“
- Corona: Neue Variante „Juno“
- Baugebiet Hiltrup-Ost: Was wünscht sich die CDU, was die anderen – und was plant die Stadt?
- Klima-Update: Es wird heiß
- Ein-Satz-Zentrale: QR-Codes auf Spielplätzen
- Unbezahlte Werbung: Leuchtplakate gegen Rechts
- Drinnen und Draußen: „Eingeschlossene Gesellschaft“ im Wolfgang-Borchert-Theater
+++ Fangen wir an mit ein paar Servicehinweisen zum Karneval: An Rosenmontag beginnt der Umzug um 12:11 Uhr am Schlossplatz und läuft hier entlang. Für Familien richtet die Stadt extra eine alkohol-, rauch- und dampffreie Zone zwischen der Engelenschanze und der Schorlemerstraße ein. Zwischen dem Alten Steinweg und der Asche ist außerdem das Mitführen von Glas verboten. Damit die Karnevalsparty in der Innenstadt möglichst friedlich über die Bühne geht, sind zwei städtische Teams im Einsatz: einmal das Awarenessteam, über das wir schon am Dienstag geschrieben hatten, und eine Gruppe mit dem wunderbaren Namen „Voll ist out“, die sich um alkoholische Notfälle und besorgte Angehörige kümmert. Stützpunkt beider Einsatzkräfte ist der Rathausinnenhof. (sfo)
Das Awarenessteam hilft an Karneval allen, die sich unwohl oder unsicher fühlen, und unterstützt bei Beleidigungen oder Übergriffen. Zu erkennen sind die Teammitglieder an rosa Westen. Sie können das Awarenessteam unter der Nummer 0175/2 52 91 25 und im Rathausinnenhof erreichen.
+++ Strom in Münster wird wieder teurer – zumindest, wenn man ihn bei den Stadtwerken kauft. Das Unternehmen kündigt zu April eine Preiserhöhung an und begründet das mit gestiegenen Netzentgelten. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 1.800 Kilowattstunden mache die Erhöhung etwa 45 Euro im Jahr mehr aus. Und muss die Erhöhung sein? Wir kennen die Kalkulation der Stadtwerke nicht, aber es gibt durchaus Versorger, die das Netzentgelt nicht weitergeben oder ihre Preise sogar senken, berichtet die Tagesschau. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass sie günstig eingekauft haben. Es hat aber auch mit der generellen Situation zu tun. Der Strompreis ist zuletzt stark gefallen. Wer einen neuen Vertrag abschließt, zahlt laut dem Verbraucherportal Verivox knapp 40 Prozent weniger als noch vor einem Jahr. Das Handelsblatt erklärt die aktuelle Entwicklung hier ausführlich. Übrigens: Wenn der Preis steigt, können Sie Ihren laufenden Vertrag kündigen. Falls in den nächsten Tagen Post von den Stadtwerken kommt, kann es sich also lohnen, die Preise zu vergleichen und im Zweifel zu wechseln. (rhe)
+++ In der Diskussion um eine Bezahlkarte für Geflüchtete ist laut den Westfälischen Nachrichten noch völlig offen, ob es so etwas in Münster geben wird. Auf die Karten sollen Sozialleistungen gebucht werden, damit die Behörden kein Bargeld auszahlen müssen. Grüne, SPD und Internationale Fraktion schreiben in Pressemitteilungen, sie lehnten so eine Karte ab. Die SPD sieht in ihnen ein unnötiges Kontrollinstrument. Die Grünen schreiben, geflüchtete Menschen nutzten ohnehin meist ihr eigenes Konto. Die Internationale Fraktion ist der Meinung, die Karte erhöhe die Bürokratie, binde Personal, stigmatisiere Geflüchtete und schränke die Freiheitsrechte ein. Argumente für Bezahlkarten sind: Mit ihrer Hilfe können Behörden nachvollziehen, ob Sozialleistungen auch für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. Die Karten vereinfachen die Auszahlung, und sie sind sicherer als Bargeld. Wenn sie gestohlen werden, kann man sie sofort sperren. (rhe)
+++ Wenn es Neuigkeiten aus der Verwaltung gibt, dann sind das entweder Berichts- oder Beschlussvorlagen. Wo liegt da der Unterschied? Vereinfacht gesagt, können die Ratsleute über Beschlussvorlagen abstimmen, während die Berichtsvorlagen nur über irgendein Thema informieren. Die Internationale Fraktion regt jetzt in einem Ratsantrag an, die Berichtspflicht der Verwaltung noch mal in einem eigenen Bericht auszuleuchten, um etwaige Lücken zu füllen: „Berichtspflichten sind eine wunderbare Sache. Man kann sie meistens ohne große politische Auseinandersetzungen einführen“, schreiben die drei Ratsherren der Internationalen Fraktion in ihrem Antrag. Auch praktisch: Man könne mit den ganzen Verwaltungsberichten ganz überzeugend Aktivitäten in Bereichen vortäuschen, in denen der Stadtrat nichts ändern könne oder wolle. „Um diese vergleichsweise günstige Fassade politischen Handelns weiter zu verschönern, ist es geboten, das Berichtswesen zu stärken und auszubauen“, heißt es im Antrag weiter. Zwinkersmiley. Wobei: Einen Vorteil hätte der Antrag der Internationalen Fraktion vielleicht doch. Dann könnten wir mit ein bisschen Glück von der Verwaltung erfahren, wie die Stadt bis 2030 klimaneutral werden soll (RUMS-Brief). (sfo)
+++ Gerade breitet sich mit „Juno“ eine neue Corona-Variante in Deutschland aus. Neben den bekannten Atemwegssymptomen kann das Virus jetzt auch Schlafstörungen, Durchfall oder Angstzustände auslösen. Stephan Ludwig, Virologe an der Uniklinik Münster, sagte den Westfälischen Nachrichten diese Woche, dass „Juno“ nicht gefährlicher zu sein scheint als ältere Coronamutationen. Nach seiner Einschätzung dürften auch die verfügbaren Impfstoffe weiterhin gegen „Juno“ schützen. Diese sind schließlich für die Omikron-Variante des Coronavirus entwickelt worden und „Juno“ wiederum ist eine Omikron-Abart. Inzwischen ist Münster übrigens ans Abwassermonitoring des Robert-Koch-Instituts angedockt. Die aktuellen Daten zeigen: Gerade infizieren sich wieder mehr Menschen in der Stadt mit Covid-19, die Viruslast im Abwasser ist relativ hoch. Nach offiziellen Angaben sind in den vergangenen sieben Tagen vier PCR-Tests in Münster positiv ausgefallen. Die Dunkelziffer der unerkannten Infektionen dürfte aber weitaus höher liegen. (sfo)
+++ Ach ja, bevor wir’s vergessen: Die Naturrasenplätze sind immer noch gesperrt. (sfo)
Baugebiet Hiltrup-Ost: Was wünscht sich die CDU, was die anderen – und was plant die Stadt?
RUMS-Praktikant Raphael Balke und ich haben uns in den vergangenen Tagen mit dem Baugebiet Hiltrup-Ost beschäftigt. Denn wie so oft, wenn es um Flächennutzung geht, gibt es auch hier Konflikte (RUMS-Brief). Einiges wird Ihnen sicherlich bekannt vorkommen, wenn Sie diesen Text lesen. Sie erinnern sich vielleicht noch an die Debatte rund um Einfamilienhäuser (RUMS-Brief)? Jedenfalls: Die Hiltruper CDU hat vor etwa zwei Wochen eine Stellungnahme zu dem Baugebiet verfasst, die an anderer Stelle Unverständnis und Ärger hervorgerufen hat. Wir haben uns diesen Konflikt, dessen Standpunkte Sie vielleicht schon an anderen Stellen gehört haben, etwas genauer angesehen.
Was ist geplant?
Die Stadt möchte die Fläche nördlich der Straße Osttor in Hiltrup bebauen. Die 61 Hektar wurden bislang vorrangig landwirtschaftlich genutzt. Jetzt sollen dort das Zentrum und die Sportflächen in Hiltrup-Ost umgebaut und erweitert sowie neue Wohnungen gebaut werden. Einen Überblick dazu bietet dieses Video der Stadt. Im Fokus der politischen Debatte steht besonders der dritte Teil der Planungen: das Wohngebiet.
Die Stadt veröffentlichte im Mai vergangenen Jahres Vorgaben für das neue Wohngebiet, denen der Rat mehrheitlich zugestimmt hat. Diese waren Grundlage für den städtebaulichen Wettbewerb. Der bestimmt, welches Unternehmen den Auftrag zur genauen Planung des Gebiets erhält.
Auf etwas mehr als einem Drittel der Fläche sollen neue Wohnungen entstehen – pro Hektar etwa 55 Stück. Insgesamt geht es also um gut 1.000 Wohnungen. 700 davon sollen in Mehrfamilienhäusern, 300 in Doppel- und Reihenhäusern liegen.
Einen Schwerpunkt bilden Wohnungen und Häuser für Familien mit Kindern. Aber die Stadt plant auch altengerechte Wohnungen und eine Unterkunft für Geflüchtete und Wohnungslose. Insgesamt soll es 30 Kita-Gruppen und eine neue Grundschule geben.
Auf den Straßen sollen möglichst wenig Autos unterwegs sein, weder fahrend noch parkend. Um das zu erreichen, will die Stadt Quartiersgaragen bauen. Die seien umweltfreundlicher als Tiefgaragen im Boden. Anwohnende sollen beim Blick aus dem Fenster aber keine grauen Betonklötze sehen. Die Garagen möchte die Stadt optisch an Mehrfamilienhäuser anlehnen. Außerdem sollen sie nicht nur Autos einen Platz bieten, im Erdgeschoss könnten sich beispielsweise Geschäfte oder ein Jugendtreff befinden. Weitere Parkplätze soll es für Menschen mit Behinderung geben.
Ein Fünftel der Fläche soll für öffentliche Grünflächen genutzt werden, darunter ein großer Park.
Über die Straße Osttor sollen Anwohnende das neue Wohngebiet an zwei Stellen erreichen, der Anschluss an zwei bestehenden Knotenpunkten der Straße liegen.
Was kritisiert die CDU?
Die CDU hat sich in den vergangenen Monaten vermehrt kritisch zum Baugebiet geäußert. Zuletzt in einer Stellungnahme, die die Ortsunion Hiltrup Ende Januar kurz vor einer Infoveranstaltung für Anwohnende herumgeschickt hatte. Darin stehen vier Hauptkritikpunkte:
- Die Höhe der Gebäude: Bereits im Sommer 2023 kritisierte die CDU mehrfach eine mögliche sechsstöckige Bebauung im neuen Wohngebiet. Dieser Punkt war neben der Verkehrsanbindung der Grund, weshalb die CDU im Rat – ohne Erfolg – gegen den Start des Vergabewettbewerbs stimmte. Auch äußert die CDU Bedenken, dass die Wohnungen zu dicht geplant seien. In der Stellungnahme schreibt die CDU Hiltrup, dass drei Vollgeschosse „in der Regel“ nicht überschritten werden sollten. Das passe nicht ins Erscheinungsbild des Stadtteils.
- Den sozialen Wohnungsbau: Die CDU schreibt von 60 Prozent sozialem Wohnungsbau im Quartier. Laut CDU könne es dadurch zu „sozialen und integrativen Problemen“ im Quartier kommen. Die Planung provoziere soziale Ungleichheit zwischen den alteingesessenen Hiltruper:innen und den Leuten aus dem Neubaugebiet. Aber so ganz einig scheint man sich da innerhalb der Partei nicht zu sein: Während die Hiltruper Ortsunion den Sozialen Wohnungsbau im neuen Quartier kritisiert, hat CDU-Ratsherr Ulrich Möllenhoff erst am Dienstag in einer Pressemitteilung gefordert: „Bauen in Münster muss einfacher, günstiger und schneller werden“. Nachverdichtung und Aufstockung im Bestand müssten gefördert werden. Gleichzeitig solle Münster verhindern, dass mehr Familien ins Umland ziehen, beispielsweise weil diese lieber in einem Einfamilienhaus wohnen wollen.
- Die Parksituation: Die CDU kritisiert, es brauche Stellplätze an den Doppel- und Reihenhäusern, unter anderem, um E-Autos mit Strom aus privaten Photovoltaik-Anlagen zu laden. Die Quartiersgaragen sollten nach Meinung der CDU nicht „überdimensioniert“ sein und die darin enthaltenen Stellplätze maximal 200 Meter von der jeweiligen Wohnung entfernt liegen.
- Die Zufahrt: Die Straße Osttor werde laut CDU bereits heute stark befahren. Sie fordert, dass der Knotenpunkt Osttor/Albersloher Weg ausgebaut wird. Das plant auch die Stadt, dafür benötige sie die Straßenbaulast vom Land. Dazu schreibt die CDU: „Aus unserer Sicht hätte eine nachhaltige Verkehrsplanung auch ohne Übertragung bereits erfolgen müssen.“ Die Stadt möchte Straßenausbau und Quartiersplanung parallel vorantreiben, um „einen gewissen Druck auf Verwaltungen auszulösen“.
Auf Anfrage bat der Vorsitzende der CDU-Hiltrup, Marcus Bielefeld, um Verständnis, dass sich die CDU erst wieder nach Bekanntgabe des Siegerentwurfs detailliert äußern wolle.
Auf welcher Grundlage baut die Stadt?
Die Sache ist: So stark unterscheiden sich die Forderungen der CDU gar nicht von dem, was tatsächlich angedacht ist – zumindest, soweit man das zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen kann. Grundsätzlich ist die Planung an viele Vorgaben geknüpft, die in der Auslobung für das Baugebiet Hiltrup-Ost stehen.
Wenn man davon ausgeht, dass auf einen Hektar im Schnitt 55 Wohnungen kommen, ergibt das laut Stadt rein rechnerisch Gebäude, die zwei bis drei Stockwerke hoch sind. Vereinzelt sei es möglich, mit mehr Geschossen zu planen – allerdings nur mit guter Begründung. Grundsätzlich seien Gebäude mit bis zu sechs Stockwerken förderfähig, deswegen tauche die Zahl in der Auslobung auf.
Eine Grundlage für neue Baugebiete in Münster heißt etwa Sozialgerechte Bodennutzung, auch liebevoll „Sobomü“ genannt. Das Konzept soll dafür sorgen, dass schnell neuer Wohnraum entsteht – und zwar insbesondere bezahlbarer für Gering- und Normalverdienende. Die Sobomü besagt auch, dass 60 Prozent der Mehrfamilienhäuser im Außenbereich öffentlich gefördert werden sollen. Das wäre also keine besonders hohe Quote in Hiltrup-Ost, sondern erst einmal ein Standard.
Wenn man nun in die Auslobung schaut, steht dort: 30 Prozent dieser Wohnfläche sollen gefördert werden und 30 Prozent förderfähig sein. Und das bezieht sich nicht auf das gesamte Gebiet, sondern auf 700 Wohnungen. Eben die in Mehrfamilienhäusern.
Was heißt das nun? Die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion, Sylvia Rietenberg, erklärt das am Telefon so: Es gibt zwar seit 2014 diesen Sobomü-Beschluss, allerdings passe man den an das jeweilige Baugebiet an, wenn es dann konkret wird.
In Hiltrup zum Beispiel gehört die gesamte Fläche der Stadt. Das Konzept geht allerdings davon aus, dass nur die Hälfte einer Fläche im städtischen Besitz ist, die bebaut werden soll. Man habe also nochmal geschaut: Wie viel geförderter Wohnraum ist angemessen für Hiltrup-Ost? Und ist zu dem Ergebnis gekommen: 30 Prozent der Wohnfläche. Plus 30 Prozent, bei denen sich private Investor:innen an bestimmte Vorgaben halten müssen. Zum Beispiel, dass sie auf 100 Quadratmetern nicht zwei, sondern vier Zimmer errichten. Das führt laut Stadt dazu, dass neben der Wohnungsgröße auch Miet- und Nebenkosten begrenzt werden.
Außerdem gibt es noch die Konzeptstudie „Klimaneutralität 2030“. Darin steht unter anderem, was die Stadt beachten muss, wenn sie neue Gebiete bebauen und ihr Ziel erreichen will, bis 2030 klimaneutral zu sein. Welche Kriterien in Münster existieren, steht zusammengefasst im Leitfaden zur klimagerechten Bauleitplanung. Im Gebiet Hiltrup-Ost sei es demnach sinnvoll, möglichst kompakt zu bauen, damit es dort weiterhin gut und kühl belüftet ist. Außerdem will man möglichst wenig Fläche versiegeln. Also auch die Frage stellen: Wo kann man Parkplätze sinnvoll hinsetzen? Hier kommt die Quartiersgarage von oben ins Spiel. Die soll allerdings – wie von der CDU gefordert – maximal 200 Meter vom Haus entfernt sein. Da es ein Neubaugebiet ist, gilt außerdem die Solar- und Gründachpflicht.
Der Verkehr in Münster soll in Zukunft „nachhaltig und effizient organisiert“ werden, dafür soll der Masterplan Mobilität den Rahmen bilden. Der ist gerade in Arbeit. Was für Hiltrup-Ost relevant ist, steht aber schon einmal in der Auslobung drin. Zum Beispiel: weniger Autos, bessere Radinfrastruktur, grundsätzlich gute Anbindung.
Was sagen Grüne und SPD?
Dieser Auslobung haben Grüne und SPD zugestimmt. Grundsätzlich unterstützen sie das Konzept also. Sowohl Lia Kirsch, SPD-Ratsfrau aus Hiltrup-Mitte, als auch Sylvia Rietenberg sind sich einig mit der CDU, dass man in Sachen Verkehr nochmal reden muss. Auf Anfrage wollte sich die Stadt vor Veröffentlichung des Plans nicht dazu äußern. Ende September war der Stand allerdings: Man hat’s auf dem Schirm. Lia Kirsch hält außerdem ausreichend Parkplätze, Gärten und die stete Kommunikation mit dem TuS Hiltrup für wichtig, damit auch für die Sportflächen ein guter Kompromiss gefunden wird. Beide weisen allerdings darauf hin, dass die Planungen noch in einem recht frühen Stadium sind und sehen zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Gefahr, dass diese Themen übergangen werden.
Für Verärgerung hat die CDU mit ihrer Äußerung zu sozialem Wohnraum in Verbindung mit einer Kriminalitätsstatistik gesorgt. Die Grünen in Hiltrup sind laut Pressemitteilung von gestern „wirklich genervt von den Aktivitäten der örtlichen CDU zum Baugebiet Hiltrup-Ost“. Am Telefon sprechen sich Sylvia Rietenberg und Lia Kirsch noch einmal explizit gegen die Stigmatisierung von Menschen aus, die in geförderten Wohnungen leben.
Für beide ist die Wohnungsnot in Münster ein wichtiger Punkt. „In Hiltrup muss anders gebaut werden, das funktioniert so in Zukunft nicht mehr“, sagt Sylvia Rietenberg zum Beispiel über freistehende Einfamilienhäuser. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum.“ Und zwar für Menschen, die neu nach Münster ziehen. In Bezug auf die Hiltruper:innen ist sie zuversichtlich: Die Stadtgesellschaft werde sich an die neu und im Vergleich zu älteren Wohngebieten anders bebaute Fläche gewöhnen.
Und was sagen die Menschen in Hiltrup dazu?
Damit könnte sie richtig liegen. Die Menschen, die jetzt schon in Hiltrup wohnen, waren vergangene Woche zu einer Informationsveranstaltung der Stadt eingeladen. Die fand unter Ausschluss von Presse und Politik kurz vor der Juryentscheidung für einen Entwurf statt, damit der noch die Argumente der Anwohner:innen vorgelegt werden konnten. Eine Teilnehmerin hat uns im Nachgang gesagt: Die größte Sorge sei gewesen, dass der Verkehr am Osttor sich mit dem neuen Wohngebiet noch mehr staut. Die Sache mit den Sozialwohnungen habe hingegen niemand angesprochen. Die Westfälischen Nachrichten haben darüber ausführlicher berichtet. Lia Kirsch hat Ähnliches von der SPD-Infoveranstaltung berichtet, die am Mittwoch stattgefunden hat. Für die SPD sei wichtig, nun aktuelle Daten zur Verkehrssituation zu erhalten, mit denen Verkehrsplaner:innen dann arbeiten.
Sie spricht auch davon, dass die Menschen sich Transparenz von der Verwaltung wünschen. Sie plädiert dafür, dass die nach Veröffentlichung des Siegerentwurfs von sich aus noch einmal zu einer Infoveranstaltung einlädt. Vergangenen Herbst hatten Hiltruper:innen die Möglichkeit, sich zu informieren. Zuvor hatte die CDU allerdings schon zu einer Veranstaltung eingeladen. Dort ist die Hauptkritik laut Marcus Bielefeld gewesen: Die Verwaltung informiert nicht ausreichend über das, was in Hiltrup-Ost geschehen soll.
Wie geht es jetzt weiter?
Vor einer Woche hat ein Preisgericht aus sechs eingereichten Entwürfen einen Sieger ausgewählt. Der Bezirksbürgermeister und Jurymitglied Wilfried Stein (Grüne) will der Veröffentlichung des Entwurfs nicht vorgreifen. Er sagt aber: Die Anregungen der Hiltruper:innen seien vorgetragen worden, da hätte man schon eine Tendenz erkannt. Eine „überwältigend große Mehrheit“ der Jury habe schließlich für den Siegerentwurf gestimmt.
Am 15. Februar wird er im Planungsausschuss vorgestellt, ab dem 19. liegt er im Stadthaus 3 aus. Der Entwurf ist aber eher als Ideenkonzept zu verstehen. Die Ausarbeitung erfolgt dann im Bauleitverfahren. Das müssen die Bezirksvertretung und der Rat noch einmal beschließen. Am Ende des Verfahrens steht der Satzungsbeschluss. Der soll etwa Ende 2026 gefasst werden. In dieser Phase sind weitere Bürger:innenbeteiligungen gesetzlich vorgeschrieben. Bis der Bau also tatsächlich losgeht, gibt es noch einige Gelegenheiten, sich zu positionieren und Einfluss zu nehmen – sowohl für Bürger:innen als auch für Politiker:innen. (rba/sst)
Der EU-Klimadienst Copernicus berichtet, dass die globale Durchschnittstemperatur erstmals zwölf Monate in Folge über der kritischen 1,5-Grad-Marke im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter lag, berichtet die taz. Was bedeutet das? Man könnte das als Hinweis darauf verstehen, dass es bei der Reduzierung der Treibhausgase wohl etwas schneller gehen muss. (rhe)
+++ Die FDP-Ratsfraktion schlägt vor, QR-Codes auf Spielplätzen anzubringen, um Eltern durch automatische Warnhinweise beim Fotografieren über die Risiken der Verbreitung von Kinderfotos im Internet aufzuklären. (FDP Münster)
+++ Der Verkehrsversuch auf der Weseler Straße vor zwei Jahren hat die Busse um ein Fünftel beschleunigt. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Stadt Münster hat im vergangenen Jahr zehn Millionen Euro von Menschen gesammelt, die sich in irgendeiner Form nicht an die Verkehrsregeln gehalten haben – so viel Geld wie noch nie, unter anderem, weil immer mehr Menschen falsch parkende Autos mit dem Smartphone melden. (Westfälische Nachrichten)
+++ Der Netzbetreiber Stadtnetze will ab dem nächsten Jahr zwei Jahre lang an der Weseler Straße eine über 120 Jahre alte Trinkwasserleitung sanieren (und Sie ahnen schon, was das bedeutet). (Stadtnetze Münster)
+++ Nachdem die Stadtverwaltung eingeräumt hat, dass viele Reserveflächen auf Friedhöfen gar nicht für Bestattungen gebraucht werden, möchte die FDP, dass dort Wohnungen gebaut werden, wartet aber nun schon länger auf eine Entscheidung. (FDP Münster)
+++ Die Industrie- und Handelskammer hat ihren Jahresbericht veröffentlicht. (Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen)
+++ In Münster ziehen Menschen insbesondere in den Südosten und Nordosten der Stadt sowie verstärkt ins Umland, während die Innenstadt schrumpft. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Internationale Fraktion möchte „Sparkasse Münsterland-Ost“ in „Spaßkasse MSLO“ umbenennen, um ihr „dröges” Image mit einem Hauch Selbstironie aufzupolieren. (Internationale Fraktion)
+++ Bevor die Stadt den Hohenzollernring Ende April wieder freigibt, wird der Ring wegen der abschließenden Arbeiten noch ein paar Mal gesperrt. (Antenne Münster)
+++ Mit ein bisschen Glück könnte die Himmelsleiter an der Lambertikirche, die Anfang März nach Paris umziehen soll, länger in Münster leuchten oder noch mal zurückkommen. (Münster täglich)
Wenn es am nächsten Freitag abends dunkel wird, soll der Prinzipalmarkt hell leuchten. Das würde die Initiative „Münster strahlt gegen Rechts“ sich jedenfalls wünschen. Sie unterstützt die Kundgebung gegen den Neujahrsempfang der AfD mit selbstleuchtenden Plakaten. So wollen sie ein Zeichen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus setzen. Die Plakate gibt’s kostenlos beim Modehaus Schnitzler, dem Café Malik, dem Picasso-Museum, der Agentur Kopfkunst und dem Allgemeinen Studierendenausschuss der Uni Münster (Raum 109). Die Organisator:innen bitten, die Plakate nach der Kundgebung wieder mit nach Hause zu nehmen. Die Kundgebung beginnt um 17 Uhr am Prinzipalmarkt.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat Raphael Balke in den Terminkalender geschaut. Das sind seine Empfehlungen:
+++ In der Innenstadt kommen Sie am Rosenmontag kaum an bunten Kostümen und lauter Musik vorbei. Der Karnevalsumzug zieht durch die Stadt. Los geht’s um 12:11 Uhr auf dem Schlossplatz. Vier Kilometer sind die Jeck:innen durch Münster unterwegs, unter anderem in der Innenstadt am Prinzipalmarkt entlang. Der Umzug endet wieder auf dem Schlossplatz. Alle weiteren Infos gibt’s hier. Und wenn Sie noch mal ins Kurz und Klein zurückscrollen, finden Sie noch ein paar Sicherheitshinweise.
+++ Im Wolfgang-Borchert-Theater feiert am Donnerstag das Stück „Eingeschlossene Gesellschaft“ Premiere. Die Satire handelt von einem Vater, der am Elternsprechtag Lehrer in der Schule festhält, um über die Noten seines Sohnes zu diskutieren und die Konsequenz der gemeinsamen Gefangenschaft. Das Stück läuft bis zum 28. April. Infos finden Sie hier.
+++ Die Studierenden der Kunstakademie stellen ab Sonntag Werke ihrer Ausstellungsreihe „Wellenlänge“ aus. Die Werke sind in Zusammenarbeit mit den Bewohner:innen des Alexianer-Campus entstanden, die sich beim Kunsthaus Kanne engagieren. Im Fokus stand die Frage, ob es eine Wellenlänge zwischen Kunst und Psychiatrie gibt. Die Ausstellung startet ab 15 Uhr im Kunsthaus Kannen.
+++ Mehr Ruhe in ihrem Leben möchte der Workshop „Achtsamkeit lernen“ von Psychologin Marleen Jansen vermitteln. Teilnehmende sollen lernen, wie sie ihren Alltag beispielsweise durch verschiedene Meditationstechniken achtsamer gestalten können. Wer die Techniken zu Hause umsetzen möchte, erhält Audio-Material dazu. Der Workshop startet am Sonntag um 15:30 Uhr im Dreiraum an der Schillerstraße 31a. Tickets hier.
+++ Letzter Tipp: In der Nacht von Sonntag auf Montag überträgt das Cineplex das Super Bowl Finale auf der Kinoleinwand. Bei dem Match in Las Vegas kämpfen diesmal die Kansas City Chiefs und die San Francisco 49ers um den Sieg der US-amerikanischen Football-Liga. Die Live-Übertragung läuft ab 23:15 Uhr. Es gibt noch ein paar Karten für jeweils 10 Euro.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier
Mitarbeit: Raphael Balke (rba), Sebastian Fobbe (sfo), Ralf Heimann (rhe)
Lektorat: Maria Schubarth
PS
Falls Sie am 2. März (das ist ein Samstag) abends noch keine Pläne haben, kommen Sie doch zu uns ins Specops. „Wir“, das ist in diesem Fall das Ensemble der Show „Baddabäm!“, zu dem ich im März wieder gehöre. Der Titel dieser vierten Folge ist „Waffen“, eigentlich geht es aber vielmehr um Krieg, oder doch eher um Frieden. Bezeichnen Sie sich eigentlich als Pazifist:in? Und hatten Sie dazu mal eine andere Haltung? Sie sehen: ein komplexes Thema für einen Abend, der auch noch unterhaltsam sein will. Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Journalist:innen zeigen dabei in kurzen Beiträgen unterschiedliche Perspektiven aufs Thema. Eingepackt wird das Ganze vom Moderationsteam Pia Kraftfutter und Jonas Riemer. Ich freue mich jedenfalls, wenn Sie vorbeischauen. Karten gibt es hier.
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