Das neue Preußen-Stadion, Folge 457 | Der Rat – eine Vorschau | Cocktailleeze

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

die Stadt Münster hat für die neue Wahlperiode ihr Ratsinformationssystem hübsch gemacht. Das ist die Website, auf der alle Termine, Vorlagen, Beschlüsse und später auch die Protokolle zu finden sind – nur für den Fall, dass Sie mitten im Lockdown light gerade dringend auf der Suche nach Lesestoff sein sollten. Dann könnte ich zum Beispiel die Tagesordnung der Ratssitzung morgen empfehlen. Sie hat 38 Punkte. Und wenn man die einzelnen Punkte verstehen möchte, muss man dazu auch noch die Vorlagen und Anlagen lesen. Leider hat man dann oft immer noch nicht alles verstanden. Unter Punkt 27 geht es zum Beispiel um den Ausbau des Preußenstadions. Und um hier nur so einigermaßen durchzublicken, muss man sich schon etwas Zeit nehmen.

Nils Dietrich hat das freundlicherweise getan. Er hat für RUMS die unendliche Geschichte des bislang gescheiterten Stadionneubaus zusammengefasst und die Frage gestellt: Kann es diesmal was werden? Er glaubt, schon. Allerdings müssten dazu noch einige Fragen beantwortet werden. Hier finden Sie seinen Beitrag.

Neues aus dem Rat

Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Tagesordnung morgen. Ganz interessant ist zum Beispiel Folgendes:

  • Die Stadt Münster stellt den Entwurf ihres Jahresabschlusses für 2019 vor. Und der enthält eine Überraschung: Das Vermögen der Stadt ist gewachsen, und zwar um 28,5 Millionen Euro. So hoch fällt der Jahresüberschuss aus. Das ist vor allem deshalb erfreulich, weil die Stadt damit gerechnet hatte, dass ihr Vermögen in diesem Jahr schrumpfen wird, um 3,1 Millionen. Der nächste Jahresabschluss wird allerdings wohl nicht mehr ganz so freundlich aussehen.
  • Die Stadtwerke haben 6,5 Millionen Euro Gewinn gemacht. Aus den Freitickets für alle wird aber wohl nichts. Das Geld soll an die Eigentümerin gehen. Und das ist die Stadt Münster.
  • Die Seniorenvertretung regt an: Ältere Menschen sollen eine Prämie erhalten, wenn sie ihre große Wohnung gegen eine kleinere tauschen. Und: Seit Februar bekommen Senioren, die ihren Führerschein abgeben, sechs Monate lang ein kostenloses ÖPNV-Ticket. Die Seniorenvertretung schlägt vor, den Anreiz mit einem Zwei-Jahres-Ticket noch ein wenig zu erhöhen.
  • Die Müllentsorgung wird im nächsten Jahr teurer, wenn der Rat dem Vorschlag der Stadtverwaltung zustimmt. Um knapp sieben Prozent würden die Abfallgebühren dann steigen. Eine Übersicht über die aktuellen Preise gibt die Stadt hier. Einen recht großen Sprung würde der Preis für die Entsorgung von Bauschutt machen – von bislang 15 auf dann 40 Euro pro Lieferung.

Und dann gibt es noch eine formale Änderung. Bei der letzten Ratssitzung vor der Wahl im August hatte man sich zu Beginn darauf geeinigt, die Redezeit von fünf auf drei Minuten zu begrenzen. Das sollte verhindern, dass sich die Sitzung wieder bis tief in die Nacht zieht, wie es im Juni passiert war. Da hatte der Rat bis nachts um halb zwei in der Halle Münsterland gesessen. So etwas soll nun nicht mehr passieren. CDU, SPD und Grüne haben sich darauf verständigt, dass die Redezeit dauerhaft auf drei Minuten verkürzt wird. Außerdem soll über einen Tagesordnungspunkt nicht länger als eine halbe Stunde debattiert werden. Darin kann man nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes sehen. Eine ganz so ausdauernde Debatte wird damit im Rat nun nicht mehr stattfinden. Wobei man sagen muss: Die Länge beeinflusst das Abstimmungsergebnis in der Regel eher nicht. Und: So eine Schranke ist auch ein ganz guter Anreiz, sich kurz zu fassen.

Das nur als Amuse Gueule. Mehr aus dem Rat dann inklusive Entscheidungen am Freitag.

Fortsetzung

+++ In der Diskussion um das 365-Euro-Ticket (auch bekannt als Ein-Euro-Ticket) für öffentliche Verkehrsmittel (RUMS-Brief vom Freitag) hat die SPD nun eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie noch einen Schritt weiter geht und vom „365-Jahres-Ticket“ spricht. Das wäre sicher ein tolles Angebot. Auch die eigenen Kinder, deren Kinder und Enkel sowie deren Kinder und Kindeskinder müssten sich nie wieder Gedanken um Bustickets machen. Bleibt nur die Frage: Wer soll das bezahlen? Und die ist offenbar schon beim Ein-Euro-Ticket schwer genug zu beantworten. Die Stadtwerke haben berechnet, dass so ein Angebot im Jahr etwa sechs Millionen Euro zusätzlich kosten würde. SPD-Fraktionschef Mathias Kersting sagt nun: „Natürlich heißt das, dass die Stadt dann auch bereit sein muss, zukünftig mehr Geld in die Hand zu nehmen.“ Er setze aber auch auf Hilfen von Bund und Land, die in anderen Städten schon gezahlt würden. Die FDP sieht das erwartungsgemäß etwas anders. Fraktionschef Jörg Berens sagt laut einer Mitteilung seiner Partei: „Das Ein-Euro-Ticket allein löst das Problem des Verkehrsaufkommens in der Stadt nicht.“ Wenn das Ziel eine autoarme Innenstadt sei, müsse man zuallererst das Angebot verbessern – also die Taktung und Linienführung. Daher sei seine Partei gegen einen „Schnellschuss“ und für ein „durchdachtes Gesamtkonzept“.

+++ Die Finanzierung des Flughafens Münster/Osnabrück steht am Mittwoch im Rat nicht auf der Tagesordnung (RUMS-Brief vom vergangenen Dienstag). Aber die Diskussion über die Zukunft der Regionalflughäfen geht weiter, auch in anderen Städten. In Dortmund etwa wollen CDU, Grüne und Linke gemeinsam den Ausbau verhindern, berichtet der WDR. Am Flughafen in Greven haben am Samstag etwa 50 Menschen an einer Kundgebung des Aktionsbündnisses „FMO – Ausstieg jetzt!“ teilgenommen. Protestieren will das Bündnis auch vor Sitzungen der Stadträte und Kreistage, die über die weitere Finanzierung entscheiden werden. Der Rat in Münster wird sich vermutlich im Februar mit der Frage beschäftigen.

+++ Der Abschnitt der Warendorfer Straße, der bislang noch Danziger Freiheit heißt, wird diesen Namen wahrscheinlich verlieren (RUMS-Brief vom 18. August). Die Sache steht heute auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung-Mitte. Der Name geht auf eine Parole der Nationalsozialisten zurück. Folgt das Bezirksparlament dem Vorschlag der Stadtverwaltung, wird der Abschnitt zunächst keinen neuen Namen bekommen. Die Stadtwerke hatten bereits angekündigt, die Bushaltestelle umzubenennen, wenn die Stadt den Namen streicht. Wie die Haltestelle in Zukunft heißen wird, ist noch nicht bekannt. Es wird womöglich auch nicht der einzige Name sein, der sich ändert. Wenn die Bezirksvertretung dem Vorschlag der Verwaltung folgt, wird die Stadt ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag geben, dass die Frage klärt, ob im Bezirk Mitte noch weitere Straßen besser einen anderen Namen tragen sollten.

In aller Kürze

+++ Das Tiefbauamt stellt auf der Kanalpromenade zwischen Schleuse und Gittruper Straße ab Freitag 250 neue Lampen auf. Und das wird einige Monate dauern, denn es sind nicht nur einfach Laternen, sondern sogenannte adaptive Leuchten. Das bedeutet: Sie werden sich nur dann einschalten, wenn jemand vorbeifährt oder -geht. Im September 2021 soll alles fertig sein, meldet die Stadt. Und wenn Sie sich überhaupt nicht vorstellen können, wie es dann am Kanal aussehen wird – ungefähr so wie hier auf dieser romantischen Abbildung. Der am Wegesrand sitzende Angler mit der Stirnlampe ist allerdings vermutlich nicht Teil des Projekts.

+++ Eine Grundschule in Coesfeld hat zwei Kinder vom Unterricht ausgeschlossen, weil sie sich weigerten, eine Maske zu tragen. Und das durfte die Schule, urteilte das Verwaltungsgericht Münster nun. Die Kinder hatten zwar Atteste vorgelegt. Doch die reichten nach Ansicht des Gerichts nicht aus.

Corona-Update

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat Anfang der Woche noch einmal daran erinnert, dass die Corona-Regeln in ihrer jetzigen Form möglicherweise noch nicht ausreichen werden, wenn die Zahlen noch schlechter würden. Dann könnte sich auch in den Schulen die Frage stellen, ob der Unterricht nicht doch für einen Teil der Kinder und Jugendlichen per Videokonferenz stattfinden sollte. Die Klassen an einer Schule in Bremen haben dem Bundesland die Entscheidung darüber nun abgenommen. Sie haben den digitalen Unterricht einfach selbst organisiert, berichtet die taz. Das Problem, dass nicht alle Jugendlichen ein geeignetes Gerät und ein eigenes Zimmer besitzen, haben die Klassen dadurch gelöst, dass sie einfach geschaut haben, wer gut zu Hause arbeiten kann. In Bayern findet der Unterricht auf Anweisung von oben nun ebenfalls teilweise digital statt. Dort werden die Klassen ab der achten Jahrgangsstufe geteilt und abwechselnd im Klassenraum und per Video unterrichtet. In Nordrhein-Westfalen dagegen bleibt vorerst alles beim Alten, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Das Schulministerium nennt die Entwicklung hier „erkennbar positiv“. Also warten wir ab. Die Zahlen in Münster sind zwar weiterhin besser als im Umland, aber erkennbar noch nicht so ganz positiv. Allein am Wochenende meldete die Stadt 81 Neuinfektionen. Und das ist ein Zeitraum, in dem üblicherweise nicht so viele Tests stattfinden. Zu Beginn der Woche geht es nun gleich weiter mit den schlechten Nachrichten. Zwei weitere Menschen sind an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben, eine 89-jährige Frau und ein 91-jähriger Mann, schreibt die Stadt in ihrer täglichen Corona-Bilanz. Damit steigt die Zahl der Todesfälle auf 35. Auch 16 Neuinfektionen sind hinzugekommen. Damit gelten momentan 394 Menschen im Stadtgebiet als infiziert. Die Sieben-Tage-Inzidenz (Neuinfizierte pro 100.000 Menschen innerhalb von sieben Tagen) liegt knapp über der Hotspot-Schwelle 50 – nämlich genau bei 56,5. Eine grafische Aufbereitung der Zahlen des Robert-Koch-Instituts finden Sie hier.

Unbezahlte Werbung

Was weiterhin fehlt, sind Abende in Gesellschaft, in deren Verlauf sich irgendwann die Frage stellt: „Soll ich uns noch einen Cocktail machen?“ Auf diese Abende werden wir wohl noch eine Weile verzichten müssen, auf die Cocktails nicht unbedingt, denn die bringt auf Zuruf die Cocktailleeze. Etwas beängstigend sind lediglich die Zuschnitte der Portionen. Geliefert werden die Getränke im Halbliterformat (Mojito: 6 Euro). Und es gibt einen Mindestbestellwert. Verständlicherweise, denn die Fraktion der Menschen, die sonst nachmittags zweieinhalb Stunden lang im Café mit einer kleinen Tasse Kaffee einen Sechser-Tisch blockiert, bestellt sich sicher abends auch gerne mal einen Drink („Ein Pinnchen Ouzo, nach Gelmer bitte“). So muss man – das Bestellminimum liegt bei 24 Euro – mindestens zwei Liter Mojito bestellen. Und das bei maximalen Gesellschaftsgrößen von zwei Haushalten. Aber keine Sorge, auch dieses Problem lässt sich so lösen, dass die aus maximal fünf Menschen bestehende Gesellschaft den nächsten Tag noch erleben werden. Zum Beispiel mit einem Burger, einem Wrap oder Nachos, denn auch die bringt die Cocktailleeze.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und draußen

In der Corona-Zeit ist vieles schwerer geworden, die Orientierung im Kulturprogramm allerdings eher nicht. Im Veranstaltungskalender der Nadann zum Beispiel steht zu morgen genau ein Tipp. Und auf den hatten wir schon am letzten Dienstag hingewiesen.

+++ Weil aber inzwischen sieben neue Folgen erschienen sind, hier noch einmal der Hinweis auf diesen Tipp, den Christmas-Countdown des Kammertheaters “Der kleine Bühnenboden”. Jeden Tag ein kurzes Video. Heute Kläppchen Nummer 17.

+++ Und weil auch wir von RUMS einen kleinen Beitrag dazu leisten wollen, dass wenigstens hier und da etwas stattfindet, machen wir Ihnen am Sonntagabend selbst ein Angebot, auch das hatten wir schon kurz erwähnt. Ab 18 Uhr werde ich zwei Stunden lang mit Klaus Brinkbäumer über sein neues Buch „Im Wahn – die Amerikanische Katastrophe“ und die gleichnamige ARD-Doku sprechen. Beides ist in Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmer Stefan Lamby entstanden. In unserem Gespräch wird es natürlich auch um RUMS und um Lokaljournalismus gehen. Teilnehmen können Sie per Videokonferenz. Ihre Fragen können Sie uns per E-Mail schicken, parallel dann auch im Chat. Falls Sie jetzt schon wissen, dass Sie den RUMS-Brief am Freitag lesen werden, müssen Sie sich auch erst einmal nichts merken. Dann schreiben wir Ihnen noch einmal ganz genau auf, wie Sie uns am Sonntagabend finden.

+++ Im Frühjahr hatte das Ensemble des Residenztheaters in München in der theaterlosen Zeit Jonathan Swifts Buch „Gullivers Reisen“ sukzessive vorgelesen und täglich Teile veröffentlicht. Im November setzte das Theater das fort, diesmal mit Anne Webers Roman „Annette, ein Heldinnenepos“ über die französische Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir, der in diesem Jahr den Deutschen Buchpreis gewann. Seit Montag ist in der Reihe „Resi liest“ nun der dritte Roman zu hören, Ronya Othmanns Buch „Die Sommer“. 26 Tage lang erscheint täglich um 18.30 Uhr eine Folge, zu finden sind sie hier.

+++ Und sehen wir das Gute: Um die Weihnachtsvorlesung der Chemiker an der Uni Münster zu sehen, müssten Sie am Donnerstag eigentlich mit hunderten von Menschen in einem stickigen Hörsaal hocken. Das geht nun auch von zu Hause. Der Chemie-Professor Uwe Karst gibt mit Effekten und Experimenten einen Eindruck davon, was im Weltall so alles passiert ist, bis die Erdatmosphäre dann endlich fertig war. Sie können sich ungefähr vorstellen, was Sie erwartet. Vielleicht ja doch ganz gut, dass eine Scheibe dazwischen ist. Die Vorlesung beginnt am Donnerstag um 16.30 Uhr auf dieser Seite.

Am Freitag schreibt Ihnen wieder Constanze Busch. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche.

Herzliche Grüße

Ralf Heimann

PS

Vielleicht haben Sie es schon bemerkt. In Münster ist zurzeit sehr viel Orange zu sehen. Und das hat mit RUMS zu tun. Am Hansaring zum Beispiel hängt an der Bretterwand in der Kurve vor der Bauruine ein zehn Meter langes Plakat mit einer Frage, die sich unweigerlich stellt, wenn man sich die Kulisse mal etwas genauer ansieht: „Wie sieht’s denn hier aus?“ Auch an der Hammer Straße haben wir eine graue Wand neu tapeziert („Zwölf Ideen für den Aufstieg der Preußen“). Und wenn Sie von dort in Höhe des Preußenstadions abbiegen und über den Industrieweg in Richtung Stadt fahren, werden Sie auf ein weiteres RUMS-Plakat stoßen („Schauen Sie nicht weg!“) Dazu aber vielleicht hier noch von mir der fürsorgliche Hinweis: Schauen Sie in diesem Fall besser auf die Straße.

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