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Chefsache Gesamtschule | Freiwillig im Gefängnis | Tayibat Feinkost
Guten Tag,
wenn in der Politik oder der Verwaltung Fehler passieren, dann gibt es unterschiedliche Strategien, damit umzugehen. Die für die Menschen, die diese Fehler gemacht haben, unangenehmste, aber für die Öffentlichkeit beste Variante, ist absolute Transparenz. Man legt alles offen, um verständlich zu machen, wie die Fehler passieren konnten. Die schlechteste Variante ist Schweigen. Dazwischen gibt es verschiedene Stufen, die möglichst nach Transparenz aussehen sollen, ohne zu viel offenzulegen. Im Fall der Mathilde-Anneke-Gesamtschule, um den es am Freitag im RUMS-Brief ging, hat Stadt sich für diese Strategie entschieden.
Daher heute eine Kommunikationsanalyse. Das klingt etwas langweilig, aber Sie werden sehen: Das ist es gar nicht, denn man kann mit sehr vielen Worten gekonnt sehr wenig sagen, wenn man möchte.
In der vergangenen Woche ist das passiert. Eine kurze Rückblende.
Am vergangenen Dienstag hatte die Stadt gemeldet, dass sich drei große Bauprojekte verzögern werden, weil im Moment nur schwer an Baumaterial zu kommen ist. Zwei Tage später veröffentlichten die Westfälischen Nachrichten Auszüge aus einem Prüfbericht, der zeigt, dass der Rohstoff-Engpass im Falle der Mathilde-Anneke-Gesamtschule nicht der einzige Grunde für die Verzögerungen ist. Das hatte die Stadt verschwiegen, obwohl der verantwortliche Dezernent Matthias Peck es zu diesem Zeitpunkt längst wusste.
Die Frage ist: Warum?
Wäre die Schule einfach irgendeines von Dutzenden Bauprojekten der Stadt, gäbe es eine naheliegende Antwort: Es war ein Versehen, eine Kommunikationspanne oder ein Missverständnis in der Abstimmung. Doch die Schule ist kein normales Bauprojekt, sondern eines, auf das im Moment alle Augen schauen. Die Gesamtschule braucht den Neubau dringend. Doch es gab immer wieder Pannen, Verzögerungen und neue Kosten. Jedes weitere selbstverschuldete Missgeschick fällt am Ende auf den Mann zurück, der deswegen ohnehin schon unter großem Druck steht: Matthias Peck.
Brisanz war im Rathaus bekannt
Er hätte einen guten Grund, die Verzögerungen auf äußere Umstände zu schieben oder unangenehme Dinge zu verschweigen. Wenn es sich hier tatsächlich nur um eine Kommunikationspanne handelt, hätte die Stadt eine einfache Möglichkeit gehabt, ohne größere Schäden aus der Sache herauszukommen: mit einer weiteren Pressemitteilung am folgenden Tag.
Matthias Peck hätte darauf aufmerksam machen können, dass die erste Mitteilung nicht ganz vollständig war. Auch der Oberbürgermeister wusste Bescheid. Er hatte den Bericht schon am Mittwoch zuvor erhalten. Wie man uns sagte, fand schon am 31. Mai ein Abschlussgespräch mit den beiden Personen statt, die den Bericht verfasst haben. Wenn bei einer Prüfung herausgekommt, dass alles in Ordnung ist, entfallen diese Gespräche üblicherweise. Dann steht später in dem Bericht, dass man sich darauf geeinigt hat, auf diesen Termin zu verzichten. Zu einem Abschlussgespräch kommt es nur dann, wenn es Probleme gibt.
Man kann also davon ausgehen, dass die Brisanz des Falls im Rathaus bekannt war. Doch die Stadt schob der missverständlichen Meldung keine Klarstellung hinterher. Der Bericht über die Pannen beim Bau der Gesamtschule war schließlich nicht öffentlich. Man ging offenbar davon aus, dass er das auch bleiben würde.
Das ist eine typische Situation in der Kommunikation. In der Spieltheorie ist sie bekannt als das Gefangenendilemma. Dabei werden zwei Gefangene unabhängig voneinander verhört. Für die Gefangenen am besten ist, wenn beide dicht halten. Doch das Dumme ist: Schweigen kann gleichzeitig auch das Ergebnis zur Folge haben, das unter dem Strich am schlechtesten ist. Es tritt ein, wenn der andere auspackt.
Das Besondere an der Situation ist: Die Gefangenen können den Ausgang nur zum Teil selbst beeinflussen. Sie müssen abschätzen, wie die andere Seite sich verhält. Und so ist es oft auch im Wettstreit zwischen Redaktionen und Pressestellen. Um den schlimmsten Fall zu verhindern, müssen Pressestellen sich für eine Strategie entscheiden, die ein bisschen weh tut. Tatsächlich wählen sie aber oft die schmerzfreie Variante, weil sie das Risiko für gering halten, dass der schlimmste Fall eintritt. Und so ist es oft auch.
Das eigene Lager schützen
In diesem Fall muss man allerdings sagen: Davon auszugehen, dass der Bericht unter Verschluss bleiben würde, war ziemlich naiv. Er ging an die Fraktionsspitzen aller Parteien im Rat. Und wie gut er sich eignet, um Parteipolitik zu betreiben, war im Anschluss sehr schön zu beobachten. Die CDU veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der sie die Schuld allein dem grünen Dezernenten in die Schuhe schob. Dabei hätte man auch fragen können, ob der Oberbürgermeister in diesem Fall alles richtig gemacht hat. Auch die Grünen hätten Matthias Peck kritisieren können. Aber sie hielten zu ihm. Und so ging es am Ende nicht um die tatsächlichen Versäumnisse, sondern darum, das eigene Lager zu schützen.
So kann man auch die Pressemitteilung der Stadt interpretieren, die am Donnerstag erschien. Also nachdem die Ergebnisse des Berichts schon in der Zeitung gestanden hatten und damit klar war: So ganz stimmt die Begründung mit den Rohstoffen wohl doch nicht. Es ging darum, sich in Sicherheit zu bringen.
Die Botschaft der Pressemitteilung ist im Grunde nur: Der Oberbürgermeister und das Amt für Kommunikation haben mit der Sache nichts zu tun.
Schon in der Überschrift steht: „OB kündigt Konsequenzen an“. Damit soll klar sein: Markus Lewe ist hier nicht beteiligt. Er ist der, der am Ende aufräumt. Gleich in Lewes erstem Zitat steht ganz vorne die Information, dass er den Prüfbericht selbst in Auftrag gegeben habe. Und am Ende macht Lewe in einem Zitat noch deutlich, dass auch dem Amt für Kommunikation hier kein Vorwurf zu machen sei. Irgendwer habe es mit falschen Informationen beliefert. Aber wer?
Donnerstag war es zu spät
Im Grunde bleibt nur einer übrig. Der Mann, dessen Dezernat für den Schulneubau zuständig ist: Matthias Peck.
Benennen wollte man ihn in der Pressemitteilung aber offenbar nicht. Es bleibt vage. Und das ist ebenfalls Teil einer Kommunikation, die so tut, als würde sie bereitwillig Auskunft geben, die in Wirklichkeit aber vieles verschleiert.
Eines der wesentlichen Versäumnisse sei ein „unzureichender Informationsfluss zwischen dem zuständigen Dezernat und anderen Teilen der Stadtverwaltung“, so steht es in der Pressemitteilung. Die Formulierung klingt, als wäre das alles im Grunde ein organisatorisches Missverständnis, das sich absichtslos wie ein Naturereignis ergeben hat.
Doch so war es nicht. Richtig ist: Matthias Peck hat Informationen nicht weitergegeben, die er hatte und die in diesem Fall relevant waren. Die Stadt hat die unvollständigen Informationen aus ihrer Pressemitteilung nicht unverzüglich korrigiert. Das hätte der Oberbürgermeister, der von dem Bericht wusste, noch am Dienstag, aber spätestens am Mittwoch veranlassen können. Am Donnerstagnachmittag war es zu spät.
Auch am Donnerstag hätte es aber noch andere Möglichkeiten gegeben, auf die Veröffentlichung zu reagieren. Matthias Peck hätte den Fehler einräumen und erklären können. Das setzt natürlich voraus, dass es eine Erklärung gibt, die nicht lautet: Ich hatte gehofft, ich komme auch so damit durch.
Die Stadt hätte also den Verdacht ausräumen können, dass der Öffentlichkeit hier absichtlich etwas vorenthalten werden sollte. Aber das passierte nicht. Peck wollte oder durfte nichts zu der Sache sagen. Wir haben versucht, ihn zu kontaktieren. Er verwies uns an das Amt für Kommunikation. Und dass er in der Pressemitteilung gar nicht zu Wort kam, verstärkte nur den Eindruck, dass er keine Erklärung hat, die so klingt, dass man denkt: Gut, das ist zu verstehen.
Es geht hier um Glaubwürdigkeit
Man könnte nun einwenden: Aber hier geht es doch nur um eine Kleinigkeit. Es ist zwar etwas Unangenehmes nicht erwähnt worden, aber viel schlimmer ist doch, dass es mit dem Neubau der Gesamtschule nicht voran geht. Doch das sind zwei verschiedene Themen. Im einen Fall geht es um die Probleme beim Neubau, die der Prüfbericht benennt. Hier ist vieles nicht so gelaufen, wie es sollte. Laut dem Bericht lag das auch an der Stadtverwaltung. Aber die Stadt hat selbst dafür gesorgt, dass die Probleme identifiziert werden. Das ist eine gute Voraussetzung, um sie zu lösen.
Im anderen Fall geht es nicht um eine Kleinigkeit, sondern um etwas viel Größeres: um Glaubwürdigkeit.
Hier ist die Frage: Können wir davon ausgehen, dass die Stadtverwaltung die Dinge vollständig und wahrheitsgemäß darstellt, auch wenn die Wahrheit eher unangenehm ist? Oder müssen wir annehmen, dass sie die Informationen so zusammenstellt, dass sie möglichst vorteilhaft erscheinen? Und dann würde sich eine andere Frage anschließen: War das im Fall der Gesamtschule eine Ausnahme? Oder ist das der übliche Weg, der nur üblicherweise nicht entdeckt wird?
Eine Möglichkeit, die Zweifel aus der Welt zu räumen, wäre nun wieder: maximale Transparenz. Eine andere Möglichkeit wäre Schweigen. Eine Strategie dazwischen ist, E-Mails oder Pressemitteilungen so zu formulieren, dass sie wie Antworten aussehen, aber nur Spuren einer Antwort enthalten.
Dass die dritte Variante in der Pressearbeit sehr beliebt ist, liegt auch daran, dass vor allem der Lokaljournalismus hier eine offene Flanke hat. Redaktionen stellen Fragen. Sie bekommen einen Text, der wie eine Antwort klingt. Die Zeit ist knapp. Es müssen Artikel geschrieben oder Beiträge gesendet werden. Man müsste Zeit investieren, um Informationen zu überprüfen oder die richtigen Antworten zu finden. Aber man kann auch einfach mit den Antworten arbeiten, die geliefert werden – dann sieht es immerhin aus wie Journalismus.
Was bedeutet das, Chefsache?
Auch wir haben das Problem, dass wir oft Stellungnahmen erhalten, die unsere Fragen nicht zufriedenstellend beantworten. Und oft müssen wir dann einfach mit diesem Material arbeiten. Wir können das Problem nicht immer lösen. Aber wir können es thematisieren.
Wir hätten zum Beispiel gerne gewusst, was der Oberbürgermeister meinte, als er vor sechs Jahren sagte, die Mathilde-Anneke-Gesamtschule sei nun Chefsache. Wenn etwas Chefsache ist, dann ist der Chef auch für diese Sache verantwortlich. Dann muss er die Dinge selbst in die Hand nehmen, zusehen, dass es läuft, korrigieren, wenn es nicht so funktioniert, wie es sollte, und in den wichtigen Besprechungen zu diesem Thema zugegen sein. Das wäre jedenfalls mein Verständnis von einer Chefsache.
War das mit der Chefsache also einfach nur dahergesagt, um deutlich zu machen: Der Neubau der Gesamtschule ist uns schon irgendwie wichtig? Oder hatte die Ankündigung tatsächlich zur Folge, dass das Projekt in der langen Liste der Aufgaben des Oberbürgermeisters auf der Prioritätenleiter nach oben kletterte?
Eine Antwort auf die Frage wäre zum Beispiel interessant, um zu erfahren, wie es passieren konnte, dass eine wichtige Besprechung zu diesem Thema, das Chefsache ist, ohne den Oberbürgermeister stattfand, wie uns die Stadt bestätigt hat, und ohne sein Wissen eine Pressemitteilung im Namen der Stadt erschien, in der wichtige Informationen fehlten.
Wir haben der Stadt dazu vier Fragen gestellt. Wir wollten wissen, was es im Vergleich zu einem ähnlichen Bauprojekt ohne den Sonderstatus bedeutet, wenn die Gesamtschule Chefsache ist. Wir wollten wissen, an welchen Stellen Markus Lewe korrigierend eingegriffen hat. Wir wollten wissen, was er gegen die seit einem Jahr bekannten Mängel unternommen hat. Und wir haben gefragt, ob er denn jetzt auch die Verantwortung für die im Bericht benannten Pannen trägt, statt des Dezernatsleiters, der eigentlich zuständig wäre.
Die vollständige Antwort der Stadtverwaltung auf unsere vier Fragen lautet:
„Der Oberbürgermeister ist als Chef der Verwaltung letztverantwortlich für jegliches städtisches Handeln. Projekte von besonderer Bedeutung, zu denen auch der Neubau der Mathilde-Anneke-Gesamtschule gehört, verfolgt er unter anderem, indem er sich engmaschig unterrichten lässt. Operativ ist der Oberbürgermeister mit dem Neubau der Mathilde-Anneke-Gesamtschule nicht befasst.“
Diese Antwort fällt so knapp aus, wie es nur eben geht. Und auch das ist eine Kommunikationsstrategie. Möglichst allgemein bleiben, nicht auf Details eingehen, die wieder neue Angriffsflächen bieten könnten. So kommuniziert man zum Beispiel, wenn man ein Thema abmoderieren möchte, wie man so schön sagt. Wenn man Transparenz herstellen möchte, kommuniziert man anders.
Zweifel an der Erklärung
Wir haben auch Matthias Peck die Frage gestellt, warum er nicht schon am Dienstag in dem Gespräch mit Stadtdirektor Thomas Paal und Thomas Reisener, dem Leiter des Amts für Kommunikation, darauf hingewiesen hat, dass die Rohstoffknappheit nicht der Hauptgrund für die Verzögerungen beim Neubau der Mathilde-Anneke-Gesamtschule waren.
Diese Frage beantwortet wiederum nicht Peck, sondern das Amt für Kommunikation. Die Antwort lautet:
„Es gibt mehrere Gründe für die Verzögerungen beim Neubau der Mathilde-Anneke-Gesamtschule. Einer der jüngeren ist die aktuelle Rohstoffknappheit, über die Herr Peck die Politik mit Schreiben vom 8.6.2021 informiert hat. Darüber wollte Herr Peck auch die Öffentlichkeit informieren, weshalb er in dieser Gesprächsrunde keine weiteren Ursachen erörtert hat. Andere Ursachen hatte Herr Peck zuvor schon mehrfach gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit kommuniziert.“
Das wäre eine Erklärung, die man verstehen könnte. Ob sie stimmt, das wissen wir nicht.
Dafür würde sprechen, dass es in dem Gespräch zwischen Thomas Paal, Matthias Peck und Thomas Reisener den Angaben der Stadt nach nicht nur um die Mathilde-Anneke-Gesamtschule ging, sondern um die Rohstoffknappheit. Hier dann auch noch das Fass mit dem Prüfbericht aufzumachen, wäre möglicherweise zu weit gegangen. Der Inhalt des Berichts sollte zudem gar nicht öffentlich werden. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Und auch das ließe sich erklären. Wenn interne Berichte gleich so geschrieben würden, dass sie veröffentlicht werden können, würde vieles verwaschen und so dargestellt, dass alle ihr Gesicht wahren können. Später beim Lesen würde niemand auf die Idee kommen, dass es überhaupt irgendwelche Probleme gibt. In internen Berichten ist das anders.
Es gibt auch einiges, das an der Erklärung zweifeln lässt. Zum Beispiel der vage Satz mit den anderen Ursachen, die Matthias Peck „mehrfach gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit kommuniziert“ habe.
Was bedeutet Konsequenzen?
Wenn die Ursachen ohnehin schon bekannt waren, hätte man sie doch auch einfach noch einmal nennen können, dann hätte es kein Problem gegeben. Sie haben ja nun offenbar zu neuen Problemen geführt. Das wäre für die Pressemeldung relevant gewesen. Damit wäre auch die Vertraulichkeit des Berichts kein Argument, diese Ursachen nicht zu nennen.
Und wenn es wirklich so war, dass Matthias Peck Informationen nicht genannt hat, weil er ein anderes Thema in den Vordergrund stellen wollte, und weil er fand, über die anderen Ursachen habe er schon ausreichend informiert, hätte es dann nicht gereicht, wenn er das in der vergangenen Woche einfach in einem kurzen Statement selbst erklärt hätte, um den falschen Eindruck zu korrigieren und etwas Dampf aus dem Kessel zu nehmen?
Hätte es in diesem Fall die alarmistische Ankündigung des Oberbürgermeisters gebraucht, dass jetzt Konsequenzen folgen würden? Und was heißt das überhaupt – Konsequenzen?
Auch das haben wir die Stadtverwaltung gefragt. Wir wollten wissen, ob es stimmt, dass im Gespräch ist, Matthias Peck den Bereich Immobilienmanagement wegzunehmen, um das Ressort der Kämmerin zuzuschlagen, wie die Westfälischen Nachrichten es am Montag schrieben.
Aus der Politik hören wir, dass es diese Überlegung tatsächlich gibt. Doch dann ergäbe sich das Problem, dass Christine Zeller gleichzeitig sparsam und großzügig sein müsste, so heißt es. Eine Rolle, der man kaum gerecht werden kann. Eine andere Möglichkeit wäre, das Dezernat an Stadtbaurat Robin Denstorff zu geben. Doch auch der sei von der Idee nicht so begeistert, heißt es. Und die Grünen wären es wohl auch nicht. Sie würden den Bereich dann verlieren.
Die Stadt schreibt auf unsere Frage zu den Konsequenzen:
„Die angekündigten Konsequenzen macht der Oberbürgermeister öffentlich, nachdem er die Änderungsbedarfe mit allen Beteiligten sowie der Politik über Ursachen, Verantwortlichkeiten gesprochen hat.“
Nicht genau hingeguckt worden
Matthias Peck hat sich gestern in mehreren Terminen den Fragen der Fraktionen im Rat gestellt. Das schreibt die Stadt in einer weiteren Pressemitteilung zu diesem Thema. Sein Anliegen sei, den Rat und die Öffentlichkeit „umfassend und selbstverständlich wahrheitsgemäß“ zu informieren, sagt Matthias Peck darin. Im aktuellen Fall sei es ihm nicht gelungen, das „umfassend“ zu tun.
Dass durch eine Pressemitteilung und ein Schreiben an die Politik ein falscher Eindruck entstanden sei, sei ein Fehler, schreibt er. Und weil Kommunikationsprofis für diese Mitteilung zuständig sind, darf man davon ausgehen, dass hier nicht zufällig „ein Fehler“ steht, statt „mein Fehler“. Ebenso wie danach nicht das Eingeständnis folgt, Peck habe nicht genau hingeguckt. Dort steht, im Passiv formuliert, es sei „nicht genau genug hingeguckt worden“, dafür entschuldige er sich, sagt Peck.
Man könnte nun fragen, wobei nicht genau genau hingeguckt worden ist. Bei der Abstimmung der Pressemitteilung. Beim Schreiben des Briefs an die Fraktionen. Und war da wirklich das Hingucken das Problem? Oder soll das harmlos klingende Wort etwas Unangenehmes nur vorteilhaft erscheinen lassen?
So richtig klar ist das alles nicht. Man könnte fast den Eindruck bekommen, das soll es auch gar nicht sein.
Wir hatten es am Freitag schon angekündigt, hier sind ein paar Meldungen aus dem Verkehrsausschuss:
+++ Vielleicht haben Sie an der Wolbecker Straße die Schilder gesehen, auf denen steht: „Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt.” An dieser Stelle ist das im Moment noch eine Ausnahme. Bald soll das in Münster der Normalfall sein. Die Rathauskoalition aus Grünen, SPD und Volt will zusammen mit ÖDP und Partei den Radverkehr von der Pflicht entbinden, die Radwege nutzen zu müssen. Das würde bedeuten, in Zukunft müsste die Stadt die Schilder dort aufbauen, wo das nicht möglich ist, auf ihnen würde dann allerdings stehen: „Radfahren auf der Fahrbahn nicht erlaubt.”
+++ Bleiben wir auf der Wolbecker Straße. Hier soll der Verkehrsraum zwischen Fahrrädern, Fußverkehr und Autos auf Dauer etwas anders aufgeteilt werden, als das bislang der Fall ist. Im September will die Stadt hier zwei Wochen lang etwas ausprobieren, das ein wenig Ähnlichkeit mit den Verkehrsversuchen in der Innenstadt hat. In dem Ratspapier dazu ist dann auch von „Reallaboren“ die Rede. Man will zusammen mit den Menschen, die hier leben oder die Straße nutzen, herausfinden, wie man den Raum besser nutzen kann. „Dialogverfahren“ nennt sich das Ganze. Und wie auch bei den übrigen Verkehrsversuchen wird es wohl darum gehen, auszuloten, ob es noch andere Möglichkeiten gibt, öffentlichen Raum zu nutzen als zum Abstellen von Autos.
+++ Welche Hafenseite man als schöner empfindet, das hängt auch ein bisschen vom eigenen Geschmack ab. Die einen mögen das Rostige, Verfallene und Marode, die anderen schätzen das Neue und Glänzende. Und ein bisschen mehr neu und glänzend soll es in Zukunft auf der Hafenseite aussehen, die im Moment ein neues Gesicht bekommt, auf der B-Side. Ganz verschwinden soll das Alte nicht. Das Betonsilo, der Elefant und der rostige Kran werden saniert, es werden Holzbänke aufgestellt, alles soll ein bisschen vorzeigbarer werden. Noch etwas detaillierter ist das alles in der Vorlage der Stadt beschrieben.
Und dann noch zu einem ganz anderen Thema.
+++ An der Gartenstraße sitzt seit über drei Monaten ein Mann im Gefängnis, weil er gerne bekannt werden möchte. Das hat auch schon ganz gut funktioniert. Die Bild am Sonntag hat über ihn berichtet. Das verlinken wir hier nicht. Gerade gestern hat die Welt ein Interview mit ihm veröffentlicht. Da machen wir mal eine Ausnahme. Und natürlich, auch wir tragen dazu bei, dass Georg Thiel noch bekannter wird, wenn wir ihn nun erwähnen. Aber wir tun ihm nicht den Gefallen, die Geschichte nur so zu erzählen, wie er es gern hätte. Er möchte gern als Rebell gesehen werden, der vom Staat ins Gefängnis gesteckt wurde, weil er sich nicht zwingen lassen will, den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Und diese Variante gefällt den Springer-Medien, denn sie machen immer gern mit, wenn’s darum geht, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eins auszuwischen. In Wirklichkeit müsste Georg Thiel nur seine Vermögensverhältnisse offenlegen, dann könnte er seine Zelle sofort wieder verlassen, wie das Medien-Magazin Übermedien hier erklärt. Dann würde aber natürlich niemand mehr berichten. Transparenzhinweis: Ich arbeite auch für den MDR.
Am vorletzten Freitag hatten wir einige Neuerungen angekündigt, unter anderem eine Funktion, mit der Sie den RUMS-Brief leichter teilen können. Aber Sie haben vielleicht bemerkt, dass die Funktion in den beiden letzten Briefen noch gar nicht zu finden war. Das lag daran, dass wir sie noch einmal umgebaut haben.
Wir haben die Teilen-Funktion für den Telegram-Messenger wieder herausgenommen, weil wir viele E-Mails von Ihnen dazu bekommen haben. Sie haben uns gefragt, warum wir auf diesen Messenger verlinken, obwohl er so stark kritisiert und unter anderem von Kriminellen und Verschwörungsideolog:innen genutzt wird. Wir kannten natürlich die Kritik und die Debatte um den Anbieter. Aber wir hatten uns ursprünglich dafür entschieden, die Teilen-Funktion dennoch anzubieten, weil der Messenger ja auch von vielen nichtkriminellen Menschen zur normalen Kommunikation genutzt wird (ein Beispiel dafür steht im PS dieses Briefes) und wir Ihnen die Wahl lassen wollten. Nachdem aber so viele unserer Leser:innen sich gemeldet und das kritisiert haben, haben wir unsere Meinung geändert und geben Ihnen Recht: Der Dienst passt nicht zu RUMS. Deshalb finden Sie ab heute die Buttons, mit denen Sie unsere Briefe über WhatsApp, Twitter, Facebook und per E-Mail teilen können, aber nicht mehr über Telegram.
Wenn Sie sich über Telegram informieren möchten, hier noch eine Leseempfehlung: Der Spiegel hat in der vergangenen Woche ein ausführliches Porträt über den Telegram-Gründer Pawel Durow veröffentlicht. Es geht in dem Text unter anderem darum, dass Telegram nicht mit staatlichen Behörden zusammenarbeitet, die Straftaten verfolgen, und dass Accounts fast nie gelöscht werden, auch wenn darüber offen kriminelle und rechtsextremistische Inhalte geteilt werden.
Und noch ein Hinweis: Einige von Ihnen hatten uns auch gefragt, warum wir keinen Teilen-Button für den Messenger Signal in unsere Briefe einbauen. Das hat einen einfachen Grund: Es ist technisch nicht möglich.
Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen
Im RUMS-Brief am Freitag haben wir auf die Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ des Kölner Museums MiQua hingewiesen, die in Münster zu Gast ist. Wir haben leider den falschen Veranstaltungsort angegeben. Die Ausstellung finden Sie nicht in der Synagoge, sondern im Landeshaus am Freiherr-vom-Stein-Platz. Allerdings: Als Teil der Wanderausstellung bietet die Jüdische Gemeinde einstündige Führungen an. Die wiederum finden in der Synagoge statt. Die Ausstellung können Sie sich bis zum 25. Juni ansehen. Hier alle weiteren Informationen.
Wir haben Post bekommen, von Theo Sträßer, dem früheren SPD-Fraktionschef im Rat. Er schreibt uns zu dem Thema, um das es heute auch im Brief geht: dem Neubau der Mathilde-Anneke-Gesamtschule. Die Umsetzung hält Sträßer für ein „Desaster“, aber er hätte einen Vorschlag für die Suche nach einer Zwischenlösung. Im Schulzentrum in Roxel ständen bald Räume zur Verfügung – entweder als Übergangslösung für die Mathilde-Anneke-Gesamtschule oder als Provisorium für den Start einer dritten Gesamtschule, schreibt er. Hier finden Sie seinen Beitrag.
Wenn es so weitergeht wie in den vergangenen Wochen, wird es nicht mehr so lange dauern, bis wir diese Rubrik einstellen können, hoffentlich dann für immer. Die Corona-Inzidenz (also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche) liegt in Münster aktuell bei 6, wie die Stadt meldet. Seit gestern ist eine weitere Neuinfektion gemeldet worden. Aktuell gelten damit 56 Menschen im Stadtgebiet als infiziert. Tendenz fallend.
Zufällig bei einer Radtour entdeckt: Tayibat Feinkost in Gremmendorf, direkt am Albersloher Weg, ein kleiner Imbiss mit Metzgerei und einem Mini-Supermarkt. Auf der Speisekarte steht: „Liebe auf den ersten Biss“. Und das würde ich direkt so unterschreiben. Neulich bin ich abends mit dem Rad aus dem Südviertel nach Gremmendorf gefahren, nur um dort Manakish mit Grillgemüse zu essen. Gut, ich hätte auch online bestellen können. Aber eine Radtour bei dem Wetter kann ich auch allen sehr empfehlen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Was in dieser Woche in Münster so los ist, hat Eva Strehlke zusammengestellt:
+++ Auf dem Spielplan des Stadttheaters stehen als nächstes die Flüchtlingsgespräche von Bertolt Brecht. In dem Fragment, das der Autor in den 1940er-Jahren geschrieben hat, geht es um Identität, Heimat und Verantwortung. Und um diese Themen geht es heute ja irgendwie immer noch. Sie können das Stück ab nächster Woche live auf der Studiobühne der Uni Münster erleben, oder Sie schauen es sich am Mittwochabend ab 19 Uhr im Stream auf der Website des Theaters an.
+++ Auch Konzerte gibt es jetzt wieder live, zum Beispiel bei der Musikhochschule. Am Donnerstag um 19:30 Uhr können Sie sich die Violoncelloklasse von Matias de Oliveira Pinto im Konzertsaal am Ludgerikreisel ansehen und anhören. Einige Plätze sind online noch bis 24 Stunden vor Beginn buchbar. Und auch für den Klavierabend der Klasse von Heribert Koch am Sonntag um 17 Uhr gibt es noch Karten.
+++ Mit einem kühlen Bier und Live-Musik am Hafen das Wochenende einläuten? Es klingt immer noch ein bisschen zu schön, um wahr zu sein. Tatsächlich können Sie genau das aber am Freitag beim Hot Jazz Club machen. Sie setzen sich mit Ihren Freund:innen (aus insgesamt höchstens fünf Haushalten) an einen der Tische im Außenbereich und lauschen ab 20:30 Uhr dem Ilona König Trio. Sängerin Ilona König, Hermann Focke am Schlagzeug und Jörn Bormann an der Gitarre spielen Jazz, Blues und Pop, Sie trinken währenddessen entspannt ein Freitagabend-Bier.
Am Freitag schreibt Ihnen Ann-Marlen Hoolt. Haben Sie bis dahin eine gute Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Eva Strehlke
PS
Haben Sie schon versucht, sich einen digitalen Impfausweise ausstellen zu lassen? Falls nicht, lassen Sie sich lieber noch Zeit. Ich habe das gestern Morgen schon gemacht, und es dauert wirklich nur zwei Minuten. Aber eine Kollegin hat es dann gestern Nachmittag und heute probiert, war aber leider erfolglos. Server abgeschmiert, wegen der großen Nachfrage, hieß es in der Apotheke. Morgen oder übermorgen wird es dann sicher wieder gehen. Und wenn Sie auf der Suche nach einem Impftermin sind, in der Telegram-Gruppe „Impftermine für Münster“ habe ich gelesen, dass im Umland Termine in großer Zahl zu bekommen sind. Wenn Sie also bereit sind, für einen Stich in den Oberarm nach Osnabrück oder Rheine zu fahren, dann schauen Sie doch mal in diese Gruppe.
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