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Kommunalwahl: Umfrage im Endspurt | Revolution im Kreißsaal: Neues Konzept für die Geburtshilfe | Unbezahlte Werbung: Münsters Rocky Mountains

Guten Tag,
der 6. Mai begann mit einer Panne. Sechs Stimmen fehlten Friedrich Merz (CDU), um im ersten Wahlgang zum neuen Bundeskanzler gewählt zu werden. Bekanntlich gelang die Kanzlerwahl aber dann doch noch im zweiten Anlauf.
Der 6. Mai war auch der Tag, an dem wir unsere Kampagne „Deine Stimme, deinen Themen“ gestartet haben (RUMS-Brief). Vier Monate vor der Kommunalwahl wollten wir wissen: Was bewegt Sie, was ärgert Sie, was wünschen Sie sich?
Mittlerweile haben wir über 330 Antworten bekommen. Vielen Dank! Wir freuen uns sehr über die rege Teilnahme an unserer Umfrage, die wir zusammen mit dem Netzwerk „Correctiv Lokal“ durchführen.
Heute im RUMS-Brief:
- Wie es weiterging mit dem Bürokratiefetisch
- Antisemitismus: Mehr Vorfälle in Münster dokumentiert
- Glücksatlas: Überraschung in Krefeld, Mittelmaß in Münster
- Neue Baustellencam: Preußen Münster und der Sog des Ereignislosen
- Zahlen, bitte: 474 Kilometer Radweg
- Studie aus Münster: Warum sich Muslime radikalisieren
- Offener Ganztag: Immerhin ist eine Frage geklärt
- Wirtschaftsförderung: Nur minimal im Minus
- Bürgerbeteiligung in Hiltrup: Es bleibt, wie es ist
- „Deine Stimme, deinen Themen“: Jetzt an Umfrage teilnehmen!
- Revolution im Kreißsaal: Ein neues Konzept für die Geburtshilfe
- In eigener Sache: Werkstudent:in für Social Media gesucht!
- Klima-Update: Erste Hitzewarnung des Jahres
- Ein-Satz-Zentrale: CDU-Ratsherr will Tempo 30
- Unbezahlte Werbung: Münsters Rocky Mountains
- Drinnen und Draußen: Viertelfest im 4tel
Die Ergebnisse wollen wir nutzen, um die Parteien und Kandidat:innen fürs Oberbürgermeisteramt zu konfrontieren. Sie sollen zu Ihren Herzensthemen Stellung beziehen und Ihnen damit die Wahl am 14. September erleichtern.
Wenn Sie noch mitmachen wollen, dann füllen Sie doch gerne unsere Umfrage aus. Und natürlich können Sie den Link mit Ihren Freund:innen und Bekannten teilen.
Bis übermorgen läuft unsere Kampagne noch. Danach werten wir alle Fragebögen aus, damit wir Ihnen nächste Woche alle Ergebnisse vorstellen können. Wir sind gespannt auf Ihre Antworten!
Heute ist übrigens Freitag, der 13. Wieder so ein Pannentag. Ich bin mir aber sicher, dass wir für unsere Umfrage noch mehr als sechs Stimmen zusammenbekommen werden. (sfo)
…mit Münsters Bürokratiefetisch
Am Mittwoch hat die Stadt einen Bericht dazu vorgelegt, wie weit sie mit der Überarbeitung ihrer Gebäudeleitlinien ist – also mit dem Thema, das Michael Jung am Wochenende in seiner Kolumne als Beispiel für Münsters Verwaltungs-Spleen nannte. In diesem Fall gibt es eine Projektgruppe, die sich regelmäßig trifft, um alles abzustimmen, auch bald wieder. Im Oktober ist ein größeres Treffen mit noch mehr Beteiligten geplant. Dann auch mit städtischen Töchtern und Fachleuten aus mehreren Ämtern. Anfang des Jahres soll nach zwei Jahren schon alles fertig sein. Sie wissen ja: Den Bürokratismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. (rhe)
+++ Es gibt immer mehr antisemitische Vorfälle. Das zeigt der neueste Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias). Demnach ist die Zahl antisemitischer Vorfälle im Münsterland innerhalb eines Jahres um rund 35 Prozent gestiegen. In Zahlen: 2023 wurden 67, 2024 91 Fälle registriert. Ein Trend, der auch auf Landes- und Bundesebene zu beobachten ist. Antiisraelischer Aktivismus ist laut Rias der stärkste Faktor. Studierendengruppen und Protestcamps seien im vergangenen Jahr vermehrt laut geworden. In Münster fallen der Rias vor allem die Proteste von „Palästina Antikolonial“ auf, die für ihre antiisraelische Haltung bekannt ist (RUMS-Brief). Sie werden in dem Bericht mehrfach erwähnt. Ein Beispiel: Auf einer Kundgebung am 21. September wurde laut Rias die sexualisierte Gewalt der Hamas geleugnet. (ani)
+++ Kennen Sie Betteridges Gesetz? Das ist eine alte Faustregel im Journalismus, die besagt: Jede Überschrift, die mit einem Fragezeichen endet, kann nur mit einem Nein beantwortet werden. Und jetzt lesen Sie mal die Schlagzeile, die der WDR gestern über den neuen „SKL Glücksatlas“ hat: „Spitzenplatz im Glücksatlas: Sind die Krefelder wirklich glücklich?“ Ziemlich verdutzt sind ein paar WDR-Reporter:innen in Krefelds Fußgängerzone aufgebrochen, um die Menschen dort zu fragen, ob sie wirklich die glücklichsten in Nordrhein-Westfalen sind. Zu diesem Ergebnis ist der „Glücksatlas“ nämlich gekommen. Bundesweit liegt Krefeld auf Platz 2, nur Kassel schneidet besser ab. Münster kommt auf den siebten von vierzig Plätzen und kann als junge, studentische und familiäre Stadt mit einem hohen Wohlstandsniveau punkten. (Münster fällt aber insgesamt nicht sonderlich auf, weder positiv noch negativ). Vom guten Abschneiden der Stadt Krefeld waren am Ende auch die Menschen in der Fußgängerzone überrascht. Der WDR konnte bei der Straßenumfrage niemanden finden, der sich das Ergebnis erklären konnte. Die Stadt habe zu viele leere Geschäfte und kaum Gastronomie, heißt es, also nix los da. Fazit: Vielleicht sollten wir solche Städterankings einfach nicht überinterpretieren. (sfo)
+++ Am Dienstag hat Preußen Münster eine Baustellencam online geschaltet, dank der Fans per 24-Stunden-Livestream den Baufortschritt der Ostkurve verfolgen können. Eine andere für die Westtribüne gibt es schon länger. Und, Sie werden’s kaum glauben, die Livestreams sind ein echter Publikumsmagnet: „Ein wenig verrückt ist es ja schon: Mehr als 10.000 Mal wird täglich die Baucam in der Westkurve des LVM-Preußenstadions angeklickt, um sich über den aktuellen Baufortschritt zu informieren“, schreibt Preußen auf der Vereinswebsite. Tatsächlich reiht sich die Liveübertragung in die Liga anderer Erfolgsformate des Genres „ereignisarme Dauersendungen“ ein, wie die Wissenschaftsjournalistin Marie Gundlach gestern in der Süddeutschen Zeitung analysiert hat. Sie vergleicht die Preußen-Cams mit anderen Quotenhits, beispielsweise die Elchwanderungen, die jedes Jahr tausende Menschen in Schweden gebannt verfolgen, oder die sogenannte „Fischklingel“ aus den Niederlanden, bei der die Zuschauer:innen eine Kanalschleuse für Fische in Utrechts Unterwasserwelt per Knopfdruck öffnen können. Einem Adlerpaar aus Kalifornien schauen jeden Morgen an die 30.000 Menschen beim Brüten zu und vor ein paar Jahren meldete der Bayerische Rundfunk, das „Bergwetter“ in den Alpen brächte ab 7:30 Uhr morgens im Schnitt 87.000 Menschen vor die Fernsehapparate. Dieses 10-Stunden-Video, das einen Medizinstudenten beim Lernen zeigt, hat auf Youtube 4,2 Millionen Aufrufe. Faszinierend, oder? (sfo)

Heute nützliches Wissen, das Sie teilen können, wenn Ihrem Besuch mal wieder all diese Fahrräder in Münster auffallen: Auf Münsters Stadtgebiet gibt es 474 Kilometer ausgeschilderte Radwege (Stand 2023). Wie das von oben aussieht, können Sie sich hier auf der Fahrradnetz-Karte ansehen. Im gesamten Münsterland haben Sie sogar 4.500 Kilometer Radwege zur Auswahl. (sst)
(Quelle: Stadt Münster)
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
+++ Eine neue Studie der Uni Münster über Muslime in Deutschland macht gerade Schlagzeilen (etwa hier, hier und hier). Warum? Eine Forschungsgruppe hat in einer vierjährigen Studie nachgewiesen, dass Ressentiments eine Radikalisierung von Muslimen begünstigen können. Unter Ressentiments verstehen die Autor:innen verfestigte Gefühle von Kränkung oder Zurückweisung. Der Studie zufolge verspürt jede:r Fünfte der fast 1.900 befragten Muslimen ein solches Ressentiment, das aus Diskriminierungserfahrungen und pauschal abwertenden Urteilen gegenüber dem Islam entstehen können. Die Forscher:innen warnen allerdings vor Fehlschlüssen: Nicht alle radikalisierten Muslime verspüren Ressentiments und nicht alle, die Ressentiments verspüren, radikalisieren sich. (sfo)
+++ Noch steht es auf der Kippe, ob die Stadt Münster es bis zum nächsten Sommer schaffen wird, genügend Plätze im Offenen Ganztag anzubieten. Eigentlich müsste sie das, denn ab dann haben alle Kinder in Deutschland einen Rechtsanspruch auf so einen Platz. Doch im Moment hängt es laut einem Verwaltungspapier an Personal, fehlenden Räumen und an Geld im städtischen Haushalt. Eine gute Nachricht gibt es aber: Das Essen soll besser werden. Die Stadt schreibt, man wolle die Schulküchen so herrichten, dass „durch das Angebot einer temperaturentkoppelten Mischkost (z. B. cook and freeze, cook and chill) die Kinder zu einem gesünderen Mittagessen gelangen“. Und das ist viel weniger kompliziert, als es klingt. Übersetzt heißt es einfach: Es gibt jetzt Tiefkühlessen (cook and freeze) oder Aufgewärmtes (cook and chill). (rhe)
+++ Münsters Wirtschaftsförderung hat im vergangenen Jahr ein Minus von 3.003 Euro gemacht, immerhin deutlich weniger als die 570.000 Euro im Jahr davor. Der Grund für den Erfolg ist laut Stadt: Man hat Grundstücke verkauft und so über vier Millionen Euro eingenommen. Der Airportpark in Greven, also das Gewerbegebiet am Flughafen, hat dagegen im vergangenen Jahr ein Minus von 570.000 Euro erwirtschaftet (Vorschlag für eine Überschrift in der Zeitung: „Airportpark im Sinkflug“). Der Grund hier ist laut Stadt: Man hat keine Grundstücke verkauft. (rhe)
+++ Bürgerbeteiligung heißt oft: Menschen dürfen ihre Bedenken äußern, und irgendwer in einer Behörde darf sich überlegen, wie man sie abschmettert. Gegen den geplanten Neubau der Feuer- und Rettungswache 3 an der Hohen Geest in Hiltrup gab es zum Beispiel genau 28 Einwände. Nachzulesen in einem Papier, das die Stadt gestern veröffentlicht hat. Es ging um ganz verschiedene Dinge. Die einen hätten die Wache gern näher an der Westfalenstraße gehabt, die anderen wollten sie weiter entfernt vom Wohngebiet. Wiederum andere schlugen vor, die Wache um 90 Grad zu drehen, einen Grünstreifen einzuziehen oder den Spielplatz in der Nähe besser abzusichern. Die Stadtverwaltung verwarf alle 28 Vorschläge. Der Entwurf bleibt, wie er ist. Am 2. Juli kommt er im Rat auf den Tisch. (rhe)
Machen Sie mit!

Im September ist Kommunalwahl. Was sind Ihre Themen und Ihre Fragen? Wir sammeln sie und sprechen darüber mit den Politiker:innen.
Das Projekt „Deine Stimme, deine Themen“ ist eine Kooperation zwischen RUMS und dem Netzwerk CORRECTIV.Lokal, das Recherchen und Dialog im Lokaljournalismus fördert.
Revolution im Kreißsaal
In Münster leiten immer öfter Hebammen die Geburt – wenn alles normal verläuft. Das verändert Abläufe und rüttelt an alten Hierarchien. Warum das sinnvoll ist – und wo es dennoch Bedenken gibt.
Vor zwei Jahren berichtete Tanja Decarrois, Hebamme am Clemenshospital, in einem Gespräch mit RUMS von vollen Stationen, knappem Personal und dem Wunsch, mehr Zeit für die Frauen zu haben.
Seitdem hat sich vieles getan. Im April eröffnete die Klinik nach drei Jahren Umbau fünf neue Kreißsäle und ein Vorwehenzimmer in der ehemaligen Krankenhauskapelle – mit mehr Platz, mehr Bewegungsfreiheit, Gebärwannen und Seilen an der Decke.
Doch wichtiger als die neuen Räume ist ein neues Konzept: Seit Ende 2023 gibt es im Clemenshospital einen hebammengeleiteten Kreißsaal. Solange alles normal verläuft, begleiten die Hebammen die Geburt allein. Ärzt:innen greifen nur ein, wenn es nötig ist. Das ist eine große Veränderung.
Was sagt Tanja Decarrois anderthalb Jahre später dazu?
„Es ist großartig“, sagt sie, knapp und eindeutig. Das neue Modell ermöglicht es ihr und ihren Kolleginnen, sich auf ihre berufliche Kernkompetenz zu konzentrieren: die Frauen bei der Geburt bestmöglich zu unterstützen.
Bevor aber der Hebammenkreißsaal im Clemens eingeführt werden konnte, sei ein gutes Jahr für die Vorbereitung mit vielen Gesprächen und viel Weiterbildung vergangen, sagt Decarrois. Denn vielerorts fordert das Konzept die gewohnten Abläufe in der Geburtshilfe heraus.
Die natürliche Geburt als Ziel
In der Forschung gilt der Hebammenkreißsaal als Vorzeigemodell, denn er verspricht den Frauen mehr Wahlfreiheit und den Hebammen bessere Arbeitsbedingungen. Ziel ist eine natürliche Geburt ohne Interventionen. Im Mittelpunkt sollen die Bedürfnisse und Wünsche der Gebärenden stehen. Nur wenn Komplikationen auftreten, übernehmen die Ärzt:innen, um zum Beispiel Wehenförder- oder Schmerzmittel zu verabreichen oder das Kind per Kaiserschnitt zu holen.
Viele Frauen spricht dieses Konzept an, denn oft wünschen sie sich eine Geburt mit wenig Eingriffen. Tanja Decarrois und ihre Kolleginnen arbeiten im Hebammenkreißsaal des Clemens deshalb mit den Mitteln, die ihnen als Hebammen zur Verfügung stehen: eine gute Vorbereitung und Begleitung, Wärme, Motivation und Bewegung.
Risiken genau klären
Aber ist diese Form der Geburtshilfe wirklich so sicher wie eine Geburt im regulären Kreißsaal? Der deutsche Hebammenverband meint: ja. Und auch die internationale Studienlage zeigt, eine normale Geburt im hebammengeleiteten Kreißsaal ist nicht mit mehr Risiken verbunden als unter fachärztlicher Beteiligung.
Wichtig ist allerdings, dass sich die Kliniken gut auf dieses Modell vorbereiten. Andrea Köbke, Beirätin für den Angestelltenbereich im deutschen Hebammenverband, sagt, ihr Verband habe deshalb Qualitätskriterien entwickelt, an denen sich Geburtshilfen orientieren können.
So müssen die Ärzt:innen und Hebammen einen gemeinsamen Kriterien- und Risikokatalog aufstellen, damit klar ist, wer überhaupt für den Hebammenkreißsaal in Betracht kommt. In aller Regel sind das gesunde Frauen mit einer unauffälligen Schwangerschaft. Die festgelegten Kriterien müssen vor der Geburt in mindestens zwei Vorgesprächen abgeklopft werden. „Wenn eine Frau fit ist, aber mal an der Gebärmutter operiert wurde, dann kommt sie für den Hebammenkreißsaal nicht in Frage“, sagt Tanja Decarrois.
Wie viele Frauen das konkret betrifft, hat die Uniklinik Bonn 2020 in der „Geschick“-Studie über die Hebammenkreißsäle in Nordrhein-Westfalen untersucht. Ergebnis: Ein Fünftel der Schwangeren wären für das hebammengeleitete Modell geeignet.
Eine Hebamme, eine Gebärende
Eine andere Voraussetzung ist: Die Kliniken müssen eine 1-zu-1-Betreuung bei der Geburt garantieren. Also eine Hebamme, eine Gebärende. Das ist für viele Kliniken eine Hürde bei der Umsetzung, denn so viel Personal haben sie oft gar nicht.
Das Clemenshospital hat vor einigen Jahren allerdings auf das sogenannte Belegsystem umgestellt: Das Krankenhaus hat seitdem keine angestellten Hebammen mehr, sondern ein Team aus Freiberuflerinnen. Der Vorteil: Dadurch können die Hebammen ihre Personalplanung selbst übernehmen. Sie entscheiden über die Dienstpläne und darüber, aus wie vielen Mitgliedern ihr Team bestehen soll.
Obwohl es für viele Geburtshilfen schwierig ist, genug Personal für einen Hebammenkreißsaal zusammenzubekommen, wächst das Interesse an dem Modell, sagt Andrea Köbke vom Hebammenverband. Als die „Geschick“-Studie vor fünf Jahren herauskam, gab es deutschlandweit nur rund 20 hebammengeleitete Kreißsäle. Heute gibt es etwa 60, Tendenz steigend. „Inzwischen vergeht keine Woche ohne Anfrage“, sagt Köbke.
Was Dänemark anders macht
Das liegt wohl auch daran, dass Länder, in denen das Betreuungskonzept schon etabliert ist, bessere Ergebnisse in der Geburtshilfe erzielen. Beispiel Dänemark: Dort kommen seltener Frühchen zur Welt, der Betreuungsschlüssel ist besser und es werden weniger Kaiserschnitte vorgenommen als hierzulande.
Der aber vielleicht gravierendste Unterschied zu Deutschland ist: In Dänemark sagen Umfragen zufolge 98 Prozent der Eltern, sie hätten mit der Geburtshilfe gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht. In Deutschland erleidet hingegen jede dritte Frau ein Geburtstrauma.
Inzwischen hat auch die Politik angefangen, Hebammenkreißsäle zu fördern. Nach dem Erscheinen der „Geschick“-Studie 2020 hat das Land Nordrhein-Westfalen mehrere Kliniken unterstützt, hebammengeleitete Kreißsäle einzurichten. Bis zum Herbst soll ihre Zahl auf 46 ansteigen, teilt das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage mit.
Anfangs geteiltes Echo im Clemens
Die Hebammen vom Clemenshospital haben allerdings keine Landesförderung erhalten, sagt Tanja Decarrois. Stattdessen habe die Klinikleitung alles selbst finanziert – und damit auch den Hebammen das Vertrauen geschenkt, ein neues Konzept für ihre Arbeit zu entwickeln.
Anfangs stieß die Idee jedoch auf ein geteiltes Echo unter den Ärzt:innen, sagt Sebastian Schäfer, Gynäkologie-Chefarzt im Clemens. Stichwort: Sicherheitsbedenken. Die konnten schließlich mit dem Kriterienkatalog ausgeräumt werden, den die Hebammen und Ärzt:innen gemeinsam erarbeitet haben. Wichtig sei es auch gewesen, unter den Ärzt:innen klarzustellen, dass der Hebammenkreißsaal ein Zusatzangebot zur regulären Geburtshilfe ist, kein Ersatz.
Sebastian Schäfer ist mit diesem Konzept sehr zufrieden. Ein Vorteil, den er dabei sieht: Im Clemenshospital finden die hebammengeleiteten Geburten im selben Kreißsaal statt, der auch unter fachärztlicher Aufsicht genutzt würde. Dadurch, sagt Schäfer, sei das Zusatzangebot auch für Frauen interessant, die sonst außerhalb der Klinik, beispielsweise zu Hause oder im Geburtshaus, ihr Kind zur Welt bringen würden. Diese Schwangeren profitieren dann von einer schnellen ärztlichen Absicherung im Notfall.
Die Uniklinik zögert
Strich drunter. Wie sehen die anderen Geburtskliniken in Münster den Hebammenkreißsaal? Sehen Sie genauso viele Vorteile? Die kurze Antwort lautet: teils, teils.
An der Uniklinik zögert man zum Beispiel noch. Das Team der Geburtshilfe hat sich derzeit gegen einen Hebammenkreißsaal entschieden. Klinik-Sprecherin Anja Wengenroth erklärt, das habe mit den geringen Fallzahlen zu tun. Denn wie gesagt, laut „Geschick“-Studie kommen nur 20 Prozent der Schwangeren für diese Betreuungsart in Frage.
An der Uniklinik dürften es sogar noch weniger sein, denn dort bringen häufiger Frauen mit Risikoschwangerschaften ihr Kind zur Welt als in anderen Häusern. Dazu komme laut Wengenroth, dass bei jeder fünften bis zweiten Geburt, die im Hebammenkreißsaal beginnt, später doch noch eine Fachärztin oder ein Facharzt eingreifen muss.
Mehr Wahlfreiheit, genauso viel Sicherheit
Dennoch: Trotz Bedenken und geringer Fallzahlen scheint auch die Uniklinik die Vorteile einer hebammengeleiteten Geburt zu sehen. „Wir würden dies (…) in Angriff nehmen, wenn der Anteil der Schwangeren ohne Risiko ansteigt“, schreibt Pressesprecherin Anja Wengenroth.
Gut sechs Kilometer östlich der Uniklinik hat das Franziskushospital am Hohenzollernring eine andere Entscheidung getroffen. Die Geburtsklinik hat dort Anfang des Monats Münsters zweiten Hebammenkreißsaal eröffnet.
Tanja Decarrois und Sebastian Schäfer vom Clemenshospital sind jedenfalls von den Vorteilen ihres Hebammenkreißsaals überzeugt. Sie sagen: Das Modell bietet den Frauen mehr Wahlfreiheit, ohne bei der Sicherheit Abstriche zu machen. Und genau darum sollte es in der Geburtshilfe gehen. (sfo)

Anonymer Briefkasten
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+++ Dass der Sommer anbricht, merkt man auch an den Hitzewarnungen, die der deutsche Wetterdienst wieder herausgibt. Für heute und morgen gilt in Münster eine „Warnung vor starker Wärmebelastung (Stufe 1)“. Das bedeutet: Die Hitze wird vor allem alte und pflegebedürftige Menschen extrem belasten. Der deutsche Wetterdienst empfiehlt, viel zu trinken (auch ohne Durst), direkte Sonne und anstrengende Aktivitäten zu vermeiden sowie den Körper und alle Räume kühl zu halten. Mehr über die Verhaltensregeln steht hier. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie sich hier für die Hitzewarnungen in Münster anmelden. Passen Sie auf sich auf! (sfo)
+++ Die Stadtverwaltung will einen befristeten Modellversuche mit Badezeiten für Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre und trans Personen nicht fortführen und wird dafür von Grünen, SPD und Volt kritisiert. (Westfälische Nachrichten)
Korrekturhinweis: Wir haben nachträglich ergänzt, dass es sich um einen befristeten Modellversuch handelte.
+++ Ab Mittwoch wird die Coerheide zwischen der Kanalbrücke und dem Recyclinghof in den Rieselfeldern zum Schutz von Natur und Radfahrer:innen für Autos gesperrt. (Stadt Münster)
+++ Die frühere Exerzierhalle am Leonardo-Campus wurde saniert und ist jetzt das Archiv der Uni- und Landesbibliothek. (Westfälische Nachrichten)
+++ Für die Kommunalwahl am 14. September sucht die Stadt rund 2.500 Wahlhelfer:innen, die in Wahllokalen oder bei der Briefwahl mitarbeiten. (Stadt Münster)
+++ Anlässlich des ersten Münsteraner Kinderpilgertags waren gestern rund 1.200 Vorschulkinder um und im Dom unterwegs. (Kirche und Leben)
+++ CDU-Ratsherr Stefan Weber will Tempolimit 30 in ganz Amelsbüren. (Westfälische Nachrichten)
+++ Ab Montag finden in Münster erstmals die Ukraine-Tage und die siebte Deutsch-Ukrainische Kommunale Partnerschaftskonferenz statt. (WDR)
+++ Die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe sinkt im 21. Jahr in Folge – mittlerweile sind es fast 30 Prozent weniger als noch 2005. (Apothekerkammer Westfalen-Lippe)
+++ Die Kirchengemeinde St. Liudger will die Trägerschaft der Kita Maria Aparecida in Mecklenbeck aufgeben – unter anderem wegen eines angeblich hohen Sanierungsbedarfs. (Westfälische Nachrichten)
+++ Im kommenden Winter fallen alle Direktflüge vom Flughafen Münster/Osnabrück zu den Kanaren und nach Ägypten aus. (Antenne Münster)
Es ist wieder an der Zeit: Freund:innen und Kolleg:innen verabschieden sich allmählich in den Sommerurlaub. Falls Sie zurückbleiben und vom Fernweh gepackt werden, schauen Sie doch mal (wieder) im Botanischen Garten vorbei. Dort wurden diese Woche die „Rocky Mountains“ eröffnet. In der neuen Pflanzensammlung können Sie Gewächse aus dem nordamerikanischen Gebirge entdecken. Der Botanische Garten lädt auch außerhalb der Münsteraner Rockies zum Staunen und Verweilen ein. Geöffnet ist er in den warmen Monaten von 8 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, mit einer Spende können Sie den Garten allerdings unterstützen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat Svenja Stühmeier nach schönen Veranstaltungen für Sie gesucht:
+++ Heute finden von 18 bis 24 Uhr verschiedene Tanzworkshops im LWL-Museum statt, zum Beispiel Lindy Hop und Salsa, außerdem legt ein DJ auf. Den ganzen Abend lang wird es weitere kreative und bewegungsreiche Angebote geben. Die Performance des Tanztheaters „Inside/Out“ im Lichthof des Museums ist leider schon ausverkauft – für Vorstellungen Samstag und am 21. Juni gibt es allerdings noch Karten. Ach ja, und die Ausstellung ist natürlich auch geöffnet. Der Eintritt ist frei.
+++ Morgen wird es wieder lebhaft zwischen Bahn, Ring und Wolbecker Straße: Es ist „4tel Fest Mauritz-West“. Die Eröffnung findet um 12 Uhr auf Linnenbrinks Wiese statt. Im Viertel verteilt finden Sie zahlreiche Flohmarktstände, Kunst-, Kultur- und Snackangebote. Man kann sich ganz wunderbar treiben lassen – oder aber den genauen Veranstaltungs– und Ständeplan vorab studieren.
+++ Lust auf Schlemmen unter freiem Himmel? Dann schauen Sie am Wochenende doch mal bei „Münster verwöhnt“ auf dem Schlossplatz vorbei. Ab heute bis Sonntag finden Sie dort vielfältige Stände von Restaurants aus Münster. Die Menüs finden Sie hier. Ein warmes Gericht kostet zwischen 10 und 14 Euro.
+++ Am Samstag und Sonntag ist „Langes Wochenende der Neuen Dramatik“. Vier junge Autor:innen und Regisseur:innen stellen dabei morgen Abend um 19 Uhr ihre Stücke in einer Werkschau vor (ein Ticket kostet 26 Euro). Weiter geht’s mit einer „Dramatischen Party“ im Theatertreff. Sonntag um 12 laden die Künstler:innen zum Tischgespräch ins Haus Rüschhaus ein.
Am Dienstag schreibe ich Ihnen wieder. Ich wünsche Ihnen ein tolles Wochenende!
Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe
Mitarbeit: Ralf Heimann (rhe), Anna Niere (ani), Svenja Stühmeier (sst), Jan Große Nobis (jgn) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Susanne Bauer
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PS
Wenn Sie ein Lexikon schreiben würden und den Begriff „Blechlawine“ erklären müssten, dann würde auch ein Foto vom Platz an der Kreuzkirche reichen. Wohin man auch sieht, überall stehen dort Autos herum. Die Verkehrswende-Initiative im Kreuzviertel rebelliert seit geraumer Zeit gegen die Falschparkerei und hat vergangenes Jahr überall dort Blumenkübel aufgestellt, wo sonst Autofahrende den Gehweg illegal mit ihren Karren besetzen. Danach begann ein Hase-und-Igel-Spiel mit dem Ordnungsamt in mehreren Akten. Wenn Sie neugierig geworden sind, aber die alten RUMS-Briefe nicht herauskramen wollen: Die Produktionsfirma „Kamera Zwei“ hat die Posse jetzt verfilmt.
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