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Danziger Freiheit klebt | Parteiencheck | Letzter Blick in die Kaserne
Guten Tag,
mit einem neuen Namen für die Danziger Freiheit wird es vor den Kommunalwahlen wohl nichts. Es sei denn, die SPD hat heute Abend mit einem Antrag auf Dringlichkeit Erfolg. Doch das ist unwahrscheinlich. Und selbst dann wäre die Mehrheit nicht sicher, weil die Grünen einen anderen Vorschlag haben. Aber fangen wir vorne an.
Über Straßennamen stimmt in Münster nicht der Rat ab. Das machen die sechs Bezirksvertretungen. In der Sitzung der Bezirksvertretung Mitte im Juni hatte die SPD einen neuen Namen für das nach einer Parole der Nationalsozialistenbenannte Teilstückder Warendorfer Straße verhindert – mit der Begründung: Man wolle nicht über einzelne Straßen abstimmen, sondern lieber über ein Gesamtkonzept (RUMS-Brief vom 4. August).
Die Verwaltung sollte zur nächsten Sitzung heute einen Vorschlag dazu erarbeiten, wie man nun am besten vorgeht. Doch als die Stadt die Tagesordnung am Freitag veröffentlichte, fehlte der Punkt.
Die Stadt erklärt das damit, dass „Hinweise aus bereits erfolgten Prüfungen“ ergänzt werden müssten. Das kann nun heißen: Man hat es nicht rechtzeitig geschafft. Oder: Man wollte es nicht rechtzeitig schaffen, um die Entscheidung hinauszuzögern, denn in der darauf folgenden Sitzung nach den Wahlen sind die Mehrheitsverhältnisse möglicherweise ganz andere.
Die SPD will den Prozess nun beschleunigen. Das dürfte damit zu tun haben, dass mit der Entscheidung, die Umbenennung zu vertagen, nicht alle in der Partei glücklich waren, vor allem nicht Fraktionschef Michael Jung. Er hätte das Problem am liebsten noch vor den Wahlen gelöst. Und das könnte theoretisch tatsächlich noch gelingen, wenn die SPD heute Abend mit ihrem Dringlichkeitsantrag durchkäme.
Man werde zusammen mit FDP und Linke beantragen, die Danziger Freiheit in Marga-Spiegel-Straße umzubenennen, sagt Fraktionssprecherin Monika Mayweg. Doch für die Umbenennung bräuchte ihre Partei die Stimmen der Grünen. Und die hätten zwar gerne eine Marga-Spiegel-Straße, doch sie haben Zweifel, ob es Marga Spiegel gerecht werden würde, ein Teilstück nach ihr zu benennen, das im Prinzip nur aus einer Bushaltestelle besteht. „Wir haben immer gesagt: Wo keine Postadresse ist, benennen wir auch nichts nach Personen“, sagt Grünen-Fraktionssprecherin Silke Rommel.
Die Grünen wollen nun einen eigenen Antrag stellen. Sie wollen erst einmal rückgängig machen, dass der Straßenabschnitt Danziger Freiheit heißt, um dann über einen neuen Namen nachzudenken. Der Antrag wird in der nächsten Sitzung nach der Wahl auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung Mitte stehen. Ebenso wie der SPD-Vorschlag, wenn der Dringlichkeitsantrag heute scheitert. Das Papier der Stadtverwaltung wird dann „voraussichtlich“ ebenfalls vorliegen, schreibt die Stadt. Im Grunde fehlt dann nur noch eine Mehrheit. Die Entscheidung darüber fällt bei der Kommunalwahl am 13. September.
Nachtrag, 19. August, 10.22 Uhr
Eine Entscheidung gibt es nach der Sitzung tatsächlich noch nicht. Der SPD-Antrag wurde nicht für dringlich gehalten. Die SPD hat daher nun für die nächste Sitzung beantragt, die Danziger Freiheit in Marga-Spiegel-Straße umzubenennen. Die Grünen wollen, dass die Benennung in Danziger Freiheit zunächst rückgängig gemacht wird. Entscheiden wird die Bezirksvertretung darüber in ihrer neuen Zusammensetzung nach der Kommunalwahl.
In knapp zwei Wochen endet die erste Etappe unseres Experiments. Dann werden wir sehen, ob unser Eindruck richtig war, dass den Menschen in Münster unser Journalismus etwas wert ist. Wir haben ein gutes Gefühl, weil wir sehr viele Nachrichten von Menschen bekommen haben, die sich vormerken lassen haben, weil sie RUMS auch dann lesen möchten, wenn es Geld kostet. Aber wir wollen ganz ehrlich sein: Wir brauchen noch mehr Unterstützung. Und so sehr wir auch davon überzeugt sind, dass wir der Öffentlichkeit in Münster mit RUMS etwas Wertvolles hinzufügen, am Ende hängt doch alles daran, ob so viel Geld zusammenkommt, dass wir uns die Zeit für RUMS nehmen können. Einige Menschen haben einen Anfang gemacht und uns die Arbeit in den ersten Monaten ermöglicht. Ab September werden wir sehen, ob die Gemeinschaft RUMS weiterträgt. Falls Sie sich noch nicht vormerken lassen haben, denken Sie doch einmal darüber nach, ob Sie etwas vermissen würden, wenn es RUMS nicht mehr gäbe. Sie können sich aber auch in unsere Liste eintragen lassen, wenn Sie sich noch nicht sicher sind. Dann sagen wir Ihnen rechtzeitig Bescheid, was Sie machen müssen, um RUMS weiter zu abonnieren.
+++ Heute haben die Hauptwahlbüros zum ersten Mal geöffnet. Das bedeutet: Seit heute können Sie ihre Kommunalwahl-Stimmen abgeben (Rat, Bezirksvertretung und Oberbürgermeister), und zwar im VHS-Forum am Aegidiimarkt und am Stadthaus I an der Klemensstraße 6-8. Wenn Sie nicht warten möchten, vereinbaren Sie am besten vorher einen Termin. Sie können natürlich auch per Brief wählen. Dann müssen Sie nicht ins Stadthaus kommen, aber Sie müssten ins Internet. Per Telefon geht das nämlich leider nicht. Sie können sich aber noch etwas Zeit lassen. Den Wahlschein können Sie bis zum 10. September um 16 Uhr beantragen. Die Wahltag ist der 13. September. Und wenn kein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen bekommt, müssten Sie sich den 27. September auch noch einmal freihalten. Dann wäre die Stichwahl.
+++ Warum die Stadt zur Kommunalwahl keinen Wahl-O-Mat anbietet, haben wir vor ein paar Tagen erklärt. Die Interessengemeinschaft Fahrradstadt Münster hat sich die Mühe gemacht, zumindest die Positionen der Parteien zur Mobilitätswende abzugleichen. Das ist schon deshalb interessant, weil die CDU „trotz mehrerer Kontaktversuche über unterschiedliche Kanäle bisher nicht geantwortet“ hat. Fast alle übrigen Parteien haben mitgemacht und ihre Positionen teilweise auch kommentiert. Sehr gut gemacht und sehr informativ.
+++ Bei einer anderen Veranstaltung wird die CDU ebenfalls fehlen. Die Fridays-for-Future-Bewegung hat für den 4. September eine Podiumsdiskussion mit allen Oberbürgermeister-Kandidaten angekündigt. “Einzig die CDU meldete sich auf unsere Anfrage nicht zurück. Das bestärkt uns in unserer kritischen Haltung ihrer bisherigen Arbeit: Lewe und die CDU-Ratsfraktion inszeniert sich lieber, anstatt mit uns ins Gespräch zu kommen und endlich zu handeln”, sagt Paul Oppermann, Mitorganisator der Veranstaltung laut einer Pressemitteilung auf der Website der Bewegung. Die CDU hat dazu inzwischen ihrerseits eine Pressemitteilung veröffentlicht, in Form eines offenen Briefs. Tenor: Auf so einer Veranstaltung können wir eh keinen Blumentopf gewinnen. An Veranstaltungen, „die dem Zweck dienen, die eigenen Position zu schwächen“, beteilige man sich nicht, schreibt die Partei. Die Kundgebung, bei der die Podiumsdiskussion stattfinden soll, beginnt am 4. September um 12 Uhr am Schlossplatz. Am Freitag (21. August) plant die Bewegung eine Fahrraddemo. Sie beginnt um 16.45 Uhr, ebenfalls am Schlossplatz.
+++ Stichwort Fahrraddemo. Die Initiative „Kidical Mass Münster“ (eine Abwandlung der scheinbar zufälligen stattfindenden Critical-Mass-Fahrraddemos) ist schon am Samstag mit sehr vielen Kindern und sehr vielen Fahrrädern durch die Stadt gefahren. Motto: „Kinder aufs Rad.“ Auch diesen Termin hatten die Oberbürgermeister-Kandidaten natürlich im Kalender stehen. Und diesmal war auch Markus Lewe dabei. Ihre glücklicherweise recht kurzen Reden hat die Initiative Fahrradstadt Münster bei Twitter in kurzen Videos dokumentiert.
+++ Das Online-Magazin Alles Münster stellt die neun Oberbürgermeister-Kandidaten in einer Interview-Reihe vor. Los geht es mit Michael Jung von der SPD. Auf die Frage, was ihn von Markus Lewe unterscheidet, sagt Jung: „Mich unterscheidet, dass ich das Preußenstadion auch von innen kenne.“
+++ Auf der Bahnstrecke zwischen Lünen und Münster wird im Oktober etwas sehr Überraschendes passieren: Die Bauarbeiten enden früher als geplant. Ab dem 10. Oktober (Samstag) fahren die Regionalbahnen und die Hälfte der Fernverkehrszüge wieder über die Strecke, berichten die Westfälischen Nachrichten. Die Bahn hatte den Bahndamm saniert und stabilisiert, weil er nach dem Hitzesommer 2018 brüchig geworden war.
Ihren Anfang nahm die Corona-Epidemie wahrscheinlich auf einem Tiermarkt in Wuhan. Der Virologe Stephan Ludwig von der Uni Münster hat nun in einem Podcast seiner Uni ein globales Frühwarnsystem für Virengefordert, die von Tieren übertragen werden. Die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation könnten so ein System einrichten, sagt Ludwig. Auf Tiermärkten oder Tierfarmen würden dann regelmäßig Tests stattfinden. Würden Viren gefunden, könnte man schnell reagieren. Die Kompass-Schule (früher Uppenbergschule) hat Anfang der Woche nun reagiert, als eine Lehrerin positiv auf Corona getestet wurde, wie die Stadt mitteilt. Auch diese Tests sind ja im Grunde Frühwarnsysteme, allerdings sehr lokale. Die Folge: Zwölf Personen müssen nun für 14 Tage zu Hause bleiben. Der Unterricht fiel am Montag aus, ging aber am Dienstag gleich weiter. Die Infektionszahlen in Münster sind unterdessen leicht gestiegen. Die Stadt meldet am Dienstagnachmittag drei Neuinfektionen. Aktuell gelten damit 63 Menschen in Münster als infiziert. Am Montag hatte die Stadt zwölf Neuinfektionen und insgesamt 73 Fälle gemeldet. Das bedeutet: Es sind auch viele Menschen schon wieder genesen.
Kennen Sie Münsters kleinstes Restaurant? Ich leider auch nicht. Aber es könnte das Indian Curry House an der Hammer Straße 26 sein. Dort sind es vom Eingang bis zu fast jedem der wenigen Tische nicht mehr als zwei bis drei Schritte. Und wenn Sie etwas gegen Masken haben, ist das natürlich ungeheuer praktisch. In dem Fall können Sie sich bei gutem Wetter allerdings auch gleich vor die Tür setzen. Ein Tipp für den Anfang: Dal Bahar. Das sind in Butter gebratene rote Linsen mit Tomaten, Knoblauch und indischen Gewürzen. Und noch ein Tipp: „Sehr scharf“ ist eine indische Formulierung für „sehr, sehr, sehr scharf“. Beim Indian Curry House können Sie auch online bestellen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Einer der vielen neuen Biergärten, die in diesem Sommer in der Stadt eröffnet haben, befindet sich am Mittelhafen an der Hafenkäserei. Dort steht auch eine Bühne, die Live-Musik in Corona-Zeiten möglich macht. Heute Abend zum Beispiel spielt dort ab 17.30 Uhr die Songwriterin Hannah Melea (hier ein paar Songs), ab 20 Uhr die Band Without a Doubt (Ska, Funk, Jazz-Klassiker, hier kurz reinhören) Morgen Abend machen ab 19.30 Uhr Die Berater Musik (hier ein Song von ihnen). Tickets und einen Überblick über das Programm der kommenden Tage bekommen Sie hier.
+++ Bevor die York-Kaserne in Gremmendorf zu einem Wohngebiet wird, können Sie sich die alten Hallen auf dem Gelände in der kommenden Woche noch einmal im alten Zustand ansehen. Das auf Surreales spezialisierte Theaterkollektiv Rue Obscure lässt auf dem Gelände eine begehbare Installation entstehen. Titel: Die Tür. Laut Programm verbirgt sich dahinter ein „geheimnisvoll-poetischer Erlebnis-Parcours“. Gleichzeitig zeigt der Video-Künstler Sven Stratmann eine Video-Installation, die sich unter anderem mit „audiovisuellen Floskeln“ beschäftigt. Zu sehen ist das alles vom 27. bis zum 30. August und vom 2. bis zum 5. September. Etwas detaillierter steht es auf der Website des Kollektivs. Dort finden Sie auch einen Link zum Kartenvorverkauf.
Am Freitag schreibt Ihnen meine Kollegin Katrin Jäger. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
PS
Es ist vielleicht etwas überraschend, aber die erste Homosexuellen-Demonstration der Bundesrepublik zog tatsächlich im Jahr 1972 durch Münster. Drei Jahre zuvor hatten sich homo- und transsexuelle Menschen in der New Yorker Christopher Street erstmals öffentlichkeitswirksam gegen die staatliche Verfolgung zur Wehr gesetzt. Das Symbol dieser Menschen wurde, wie Sie wahrscheinlich wissen, die Regenbogen-Flagge. Aber was Sie wahrscheinlich noch nicht wussten: Ab Freitag hängt die Flagge eine Woche und einen Tag lang am Rathaus in Münster. Das passiert nicht zum ersten Mal. Aber anders als in den Jahren zuvor ist mit dieser Meldung nicht die Nachricht verbunden, dass auch die jährliche Demonstration zum Christopher-Street-Day stattfindet. In diesem Jahr ist die Nachricht, dass sie nicht ausfällt. So meldet es auch die Stadt. Am 29. August (Samstag) beginnt die Demonstration auf der Promenade. Der Verein CSD Münster hofft auf 1500 Teilnehmer, die dann im besten Fall die Promenade umspannen sollen. Einen genauen Veranstaltungsort können wir Ihnen daher nicht nennen. Aber dann doch so viel: Los geht es um 15 Uhr.
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