Hallo again – die Reaktionen | Ist „klimaneutrales“ Stadtwerke-Gas klimaneutral? | Artcuisine-Kochkurs

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

am Freitag haben wir Constanze Buschs Recherche über die Gratis-Zeitung „Hallo“ veröffentlicht, die viele kennen, weil sie schon mal fast drüber gestolpert wären, und von der ausgerechnet der Stapel, in den wir einen GPS-Empfänger gesteckt haben, druckfrisch nach Köln transportiert wurde, zu einem Papierverwerter.

Das kann ein Versehen gewesen sein, denn laut dem Verlag kommt so etwas eigentlich nicht vor. Auf Constanze Buschs Nachfrage hieß es, überschüssige Ausgaben würden nachverteilt. Aber mal angenommen, so ein Versehen würde häufiger passieren, würde sich das dann überhaupt wirtschaftlich lohnen, Zeitungen zu drucken und sie dann gleich wieder in den Müll zu werfen? Könnte sein, denn je größer die Auflage, desto mehr Geld kann man für die Werbeanzeigen verlangen.

Allerdings: Wir haben nur diese eine Stichprobe genommen. Wie viele Ausgaben tatsächlich ungelesen im Müll landen, wissen wir nicht.

Was wir aber wissen: Nicht nur wir wundern uns über die vielen Zeitungsstapel im Stadtbild. Es haben viele Menschen geschrieben, die sich ebenfalls wundern. Sie haben uns Fotos geschickt und Stellen genannt, an denen die Zeitungen sich am Wochenende stapeln. Die häufigste Rückmeldung aber war, auch in unseren Facebook-Kommentaren: Die Zeitung kommt überhaupt nicht mehr an.

Eine Frau schreibt: „Was sagen eigentlich die Anzeigenkunden der ‚Hallo‘ zu der anscheinend massiv geschönten Auflage?“ Wir wissen nicht, ob die Auflage geschönt ist. Aber unsere Recherche gibt Hinweise darauf, dass ein Teil der gedruckten Zeitungen nicht in Briefkästen landet.

RUMS-Leser Konrad Honig verdeutlicht das Problem in einem Kommentar unter dem Text: Wenn ein Teil der Auflage nicht ausgeliefert werde, entstehe den Firmen, die Prospekte verteilen lassen, ein doppelter Schaden, schreibt er. Sie zahlten zum einen zu viel für die Leistung, die darin besteht, die Werbung auszuliefern. Außerdem sei ein großer Teil ihrer Prospekt-Herstellungskosten für die Katz.

Uns würde interessieren, was den Menschen erzählt wird, die in der „Hallo” eine Anzeige schalten. Schreiben Sie uns, gern auch über unseren anonymen Briefkasten.

Und hier noch einmal unser Transparenzhinweis: RUMS ist Gründungsmitglied im Arbeitskreis Digitale Publisher, der die Interessen von Medien vertritt, die ohne Papier auskommen. (rhe)

Kurz und Klein

+++ Wie läuft es eigentlich mit dem 3.000-Radstellplätze-Programm der Stadt Münster? Das wollten wir für unsere Recherche über die freien Gehwege in Münster wissen, denn leider stellen viele Leute ihre Fahrräder auf dem Bürgersteig ab, weil es sonst keine Abstellmöglichkeiten gibt. Die sollen aber mit dem Umwidmungsprogramm auf ehemaligen Autoparkplätzen entstehen, auf denen Anlehnbügel angebracht werden. Bisher verläuft das alles aber eher schleppend: Eigentlich wollte die Stadt die 3.000 Stellplätze schon 2021 geschaffen haben, aber wie uns die Verwaltung auf Anfrage mitteilt, wurden bisher erst 48 der 80 vorgeschlagenen Stellplätze als umsetzbar eingestuft. Das bedeutet nur, dass auf den Parkplätzen Anlehnbügel angebracht werden können, nicht dass sie dort auch schon stehen. Die genaue Zahl an neu geschaffenen Radstellplätzen teilt uns das Presseamt allerdings nicht mit. Falls Sie es trotzdem ganz genau wissen wollen: Werfen Sie mal einen Blick auf diese Karte. Dort veröffentlicht die Stadt jede Woche den Fortschritt der Umwandlungen. Vor der RUMS-Redaktion ist ein Standort übrigens auch geprüft worden – nur ob dort auch Bügel hinkommen sollen, ist nicht ganz klar: Der Parkplatz hat einen blauen (Umwidmung möglich) und einen rosa Punkt (Umwidmung nicht möglich) bekommen. (sfo)

Korrekturhinweis: Wir hatten statt Anlehnbügel zunächst Armlehnbügel geschrieben. Das war zu unserer Überraschung leider falsch, aber wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es das bessere Wort wäre.

+++ Die Stadt Münster erhält knapp 3,7 Millionen Euro von der Bezirksregierung für den Städtebau. Das Förderprogramm unterstützt mit dem Geld vier Projekte in Münster: Rund 1,8 Millionen Euro fließen in die Grünflächen am Bremer Platz, ungefähr eine halbe Million Euro gehen jeweils an verschiedene Baustellen in Coerde (unter anderem für die Klimaanpassung und eine Skateanlage) und am Hafen (zum Beispiel für den Elefanten) und knapp 800.000 Euro bekommt Münsters Innenstadt. Insgesamt erhalten 24 Kommunen zusammen über 55 Millionen Euro. (ast)

+++ Morgen Abend ist Ratssitzung. Und worum geht’s? Zum Beispiel um das Wohnbauland-Programm bis 2030 für Münster, also um die Frage: Wo wird die Stadt in den nächsten sieben Jahren Baugebiete schaffen? Dieser Punkt ist in den letzten Monaten immer wieder von einer Tagesordnung zur nächsten geschoben worden. Der Beschluss soll jetzt etwas anders aussehen, als von der Stadtverwaltung vorgeschlagen. Die Koalition aus Grünen, SPD und Volt wollen zum Beispiel, dass die Stadt regelmäßig ihr Ziel überprüft, pro Jahr 2.000 neue Wohnungen zu bauen, denn die Frage ist: Braucht man langfristig so viele Wohnungen überhaupt? Bis ein Baugebiet hergerichtet ist, dauert es Jahre, und nach neuen Schätzungen der Statistik-Behörde IT NRW wird auch Münster bis 2040 schrumpfen. Die Wirtschaftsinitiative hat heute allerdings noch einmal in einer Pressemitteilung klargestellt, dass sie es für wichtig hält, neuen Wohnraum zu schaffen, damit der Wirtschaftsstandort wachsen kann. Die Internationale Fraktion dagegen hält das Wachstum auf Grünflächen für wichtiger und möchte, dass die Stadt diese Flächen aus ihren Planungen herausnimmt.

+++ Bei der Gelegenheit haben wir die Stadt gefragt, wie es mit dem Wohnungsbau in Münster eigentlich vorangeht, wo doch im Moment alles teurer wird. Aber: leider keine aktuellen Zahlen für dieses Jahr. Zur Erinnerung: Im Coronajahr 2020 hat die Stadt 1.645 Baugenehmigungen gezählt, im vergangenen Jahr 3.323. Fertig geworden sind nach Zahlen der Stadt vor zwei Jahren 2.113 Wohnungen, im vergangenen Jahr 1.518, also knapp 500 weniger, als die Stadt sich pro Jahr vorgenommen hat.

+++ Wie geht es denn jetzt am Gasometer weiter? Auch diese Frage steht morgen Abend auf der Tagesordnung, und wahrscheinlich wird es darüber auch eine Auseinandersetzung geben. Die CDU hat sich auf die Seite der Menschen in der Nachbarschaft gestellt, die möchten, dass der Verein Sozialpalast und das Kollektiv Gazo ihren Kram zusammenräumen und ausziehen. Grüne, SPD, Volt und Internationale Fraktion wollen die Stadtwerke mit einem Beschluss dazu zwingen, Gespräche mit dem Verein Sozialpalast darüber zu führen, ob die Gruppe bleiben kann, und unter welchen Umständen. Das ist ein ungewöhnlicher Schritt, denn eigentlich hat der Versorger eine Geschäftsführung, die für das Unternehmen entscheidet. Greift die Stadt als Eigentümerin hier ein, macht sie damit deutlich, dass sie der Unternehmensleitung die richtige Entscheidung nicht zutraut. Die Frage ist: Wie reagieren die Stadtwerke, nachdem der Rat gerade etwa 90.000 Euro Jahresgehalt mehr für den Chef locker gemacht hat, damit er Münster bloß nicht verlässt? (rhe)

+++ Die Linkspartei möchte, dass die Stadt Menschen mit geringem Einkommen einmalig 150 Euro zahlt, um die wuchernden Energiepreise abzufedern. Da wäre das Bündnis aus Grünen, SPD und Volt auch grundsätzlich dabei. Aber zuletzt war nicht ganz klar, ob das rechtlich überhaupt möglich ist. Morgen Abend wissen wir mehr. Vielleicht. (rhe)

+++ Es geht zwar stramm in Richtung Weihnachtsgeschäft, aber die Stimmung in der Wirtschaft wird immer düsterer. „Die Geschäftserwartungen der Unternehmen sind auf ein Allzeittief gesunken“, schreibt die Industrie- und Handelskammer in einer Mitteilung zum Ergebnis ihrer Konjunkturumfrage unter 500 Unternehmen. Sogar in der Bauwirtschaft gehen die Mundwinkel immer weiter nach unten. Die Hälfte der Firmen rechnet damit, dass die Geschäfte schlechter laufen werden. Und es wird immer verfahrener. Über die Hälfte der Firmen halten den Fachkräftemangel für ein großes Risiko, aber neues Personal einstellen will nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen. Die Website der Kammer ist nach dem Cyberangriff Anfang August übrigens immer noch eingeschränkt erreichbar. Es kann also eigentlich alles nur besser werden. (rhe)

+++ Wer seine Heizung austauschen möchte und an einer Fernwärmeleitung wohnt, wird bald Fernwärme nutzen müssen, wenn das technisch und ökologisch sinnvoll ist. Das will das Rathausbündnis aus Grünen, SPD und Volt mit einer Fernwärmesatzung erreichen. Hannover und Wuppertal machen das bereits auf diese Weise, schreibt Grünen-Ratsherr Robin Korte in einer Pressemitteilung. Morgen Abend soll’s beschlossen werden. (rhe)

Und jetzt zu einer Recherche, die Nils Dietrich für RUMS gemacht hat. Er hat sich die Gas-Verträge der Stadtwerke angesehen, und dabei ist ihm etwas aufgefallen.

Klimaneutrales Gas der Stadtwerke. Wirklich?

Eigentlich ist die Sache einfach: Wer klimaneutralen Strom nutzen möchte, bucht den passenden Tarif. Dann kommt aus der Steckdose Energie, die Sonne, Wind oder Wasser liefern. Wer mit gutem Gewissen heizen möchte, hat es nicht ganz so leicht. In fast der Hälfte der Haushalte in Deutschland sorgt nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft eine Gasheizung für Wärme.

Diese Wärme entsteht beim Verbrennen von Gas; ein Nebenprodukt ist CO2. Nach Angaben der Stadtwerke Münster bläst eine vierköpfige Familie im Jahr vier Tonnen davon in die Atmosphäre.

Der städtische Versorger hat für klimabewusste Familien das passende Produkt. Er bietet eine Art Ablass. Das Prinzip ist: Die schädlichen CO2-Emissionen werden „kompensiert“. Wer zum Beispiel Bäume pflanzt, die das Klimagas aus der Luft ziehen, bekommt dafür ein Guthaben. Das lässt sich eintauschen – bei jemandem, dessen CO2-Bilanz im Minus ist. So gleichen die Emissionen sich technisch aus.

Das klingt vernünftig. Allerdings: Emissionen mögen sich reduzieren lassen, aber sie ganz zu vermeiden, scheint nahezu unmöglich. Die Kompensation soll für einen Ausgleich sorgen – oder wie die Stadtwerke in der Beschreibung ihres eigenen Tarifs erklären: Die Emissionen „werden an anderer Stelle wieder ‚herausgeholt‘ und dauerhaft gebunden“.

Macht der Zoo Klimaschutz?

Wie das abläuft, erklärten die Stadtwerke bis vor einigen Wochen detailliert auf ihrer Website. Dort boten sie „klimaneutrales Erdgas“ an. Und es hieß: „Für jede Kilowattstunde, die Sie verbrauchen, werden 0,30 Cent (brutto) in Klima- und Artenschutzprojekte investiert, die wir mit dem Allwetterzoo Münster organisieren. Zusätzlich kaufen wir bei zertifizierten Partnern Emissionsrechte für die komplette CO2-Kompensation ein.“

Aber was ist das „Klimaschutzprojekt des Allwetterzoos“, von dem hier die Rede ist?

Im Prospekt des Tierparks steht: „Als erster deutscher Zoo gründete der Allwetterzoo mit dem ACCB (Angkor-Zentrum für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, Anm. RUMS) ein eigenes Artenschutz- und Forschungszentrum, das er bis heute hauptverantwortlich trägt. Es liegt im Einzugsgebiet des Weltkulturerbes Angkor Wat bei Kbal Spean im Phnom Kulen Nationalpark. Der Allwetterzoo engagiert sich mit dem ACCB in der Haltung, Zucht und Auswilderung stark vom Aussterben bedrohter Arten und agiert als Auffangstation für verletzt aufgefundene oder beschlagnahmte Wildtiere.“

Das Wort „Klimaschutz“ kommt in dem Prospekt an keiner Stelle vor. Auf Nachfrage teilt der Zoo mit, Artenschutz sei auch Klimaschutz.

Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sieht darin einen Mangel an Transparenz. Er sagt: „Es ist unklar, ob es sich bei dem als ‘Kompensationsprojekt’ in Kambodscha deklarierten Vorhaben überhaupt um ein wirkliches Kompensationsprojekt handelt.“

„Wir raten von solchen Produkten ab“

Zudem sei unklar, wie viel CO2 hier gespart werde, falls das überhaupt passiere. Seine Zweifel sind durchaus berechtigt; das ergibt eine Nachfrage bei den Stadtwerken. „Eine Bescheinigung über eine kompensierte Menge CO2 kann das Projekt (…) nicht ausstellen, daher fließt es auch nicht in die Kompensationsberechnung ein“, sagt Unternehmenssprecher Florian Adler.

Eine Zertifizierung als Klimaschutzprojekt habe das seit 2009 laufende Projekt nicht. Wieso aber preisen die Stadtwerke den Ökogas-Tarif so an?

Das Vorgängerprojekt habe eine solche Zertifizierung gehabt, sagt Adler. Und überhaupt, die Emissionen würden ja vollständig kompensiert. Das laufe allerdings anders als auf der Website beschrieben.

Von den Einnahmen würden zunächst Kompensationen eingekauft; auch darüber hinaus unterstütze man das Projekt. Die Frage ist: Warum schreiben die Stadtwerke das dann nicht so?

Das ist nicht das einzige Problem, unterstreicht Umwelthilfe-Chef Resch: „Die Bewerbung von ‚klimaneutralem Erdgas‘ gaukelt den Verbraucher:innen (…) vor, dass sie nicht weiter an Reduktions- und Vermeidungsmaßnahmen denken müssen. Das ist falsch.“

Auch die Verbraucherzentrale hat eine eindeutige Meinung. Sie schreibt: „Wir raten geradeheraus von solchen Produkten ab und fordern zum Sparen von Gas auf.“

Bleibt eine Frage: Reichen die Einnahmen für eine CO2-Kompensation überhaupt aus? Florian Adler sagt, solche Zertifikate seien bereits für 5 bis 15 Euro je Tonne CO2 erhältlich. Eine Beispielrechnung: Nehmen wir an, eine vierköpfige Familie verbraucht 20.000 Kilowattstunden Gas pro Jahr. Je Kilowattstunde gehen 30 Cent für die Kompensation ab. In der Summe kommen wir für die Ausgleichsmaßnahmen so auf Bruttoeinnahmen (Mehrwertsteuer also inklusive) von 60 Euro. Bei einem Preis von bis zu 15 Euro je Tonne CO2 könnte die Rechnung also aufgehen.

Summe spiegelt die Schäden nicht wider

Nach Angaben der Stadtwerke nutzen etwa 4.000 Haushalte den Tarif. Sie haben damit im vergangenen Jahr 7.500 Tonnen CO2 kompensiert – für insgesamt 115.000 Euro.

Eine weitere Kritik am Modell „Geld für grünes Gewissen“ lautet: Die Summe spiegelt die entstehenden Schäden gar nicht wider. Ein Beispiel verdeutlicht das: Laut Umweltbundesamt sind im vergangenen Jahr aus Schornsteinen und Auspuffrohren in Deutschland 762 Millionen Tonnen CO2 entwichen. Bei Kompensationskosten von 20 Euro je Tonne könnten wir uns also mit rund 15 Milliarden Euro grün waschen.

Die Stadtwerke haben ihre Produktbeschreibung nach unserer Anfrage angepasst. Dort heißt es nun: „Wir arbeiten mit zertifizierten Partnern zusammen, um die durch Ihren Erdgasverbrauch freigesetzte Menge CO2 vollständig zu kompensieren. Zudem unterstützen wir mit Ihrem Beitrag ein Klima- und Artenschutzprojekt des Allwetterzoos Münster.“ Und weiter: „Im Rahmen von Waldschutzprojekten wird Regenwald, der hohe Mengen an CO2 bindet, durch Ihr Engagement effektiv und dauerhaft vor Abholzung geschützt und durch Wiederaufforderung (sic!) regeneriert. In der globalen Klimabilanz wird Ihr Erdgasverbrauch somit neutralisiert.“ Der Begriff „Klimaschutz” kommt in der Beschreibung des Projekts weiterhin nicht vor. (ndi)

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Corona-Update

+++ Das Infektionsgeschehen in Deutschland entsendet heute zwei gegensätzliche Signale: Zum einen ist die Sieben-Tages-Inzidenz den achten Werktag in Folge rückläufig. Zum anderen liegt die „Toten-Zahl auf Halbjahres-Hoch“, wie der Welt-Journalist Olaf Gersemann schreibt: Gestern wurden dem Robert-Koch-Institut 273 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet, so viele wie seit dem 27. April nicht mehr. Damals lag die Wocheninzidenz mit 888 positiven PCR-Tests pro 100.000 Einwohner:innen aber deutlich über der heutigen von 570. Trotz der rückläufigen Zahl an registrierten Corona-Infektionen werden bundesweit allerdings wieder mehr Erkrankte auf der Intensivstation behandelt. (sfo)

+++ Und wie ist das in Münster? Die Stadt meldet heute 2.973 Corona-Infizierte. Laut Robert-Koch-Institut liegt die Inzidenz in Münster bei 658 positiven PCR-Tests pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen. Laut Intensivregister werden neun Infizierte auf der Intensivstation behandelt, eine Person muss beatmet werden. Zum Vergleich: Ende April lag die Inzidenz noch im vierstelligen Bereich, allerdings lagen ähnlich viele Menschen auf der Intensivstation wie heute (acht Intensivpatient:innen, zwei davon beatmet). Immerhin eine gute Nachricht: Im Oktober hat die Stadt Münster noch keinen Corona-Todesfall gemeldet. (sfo)

+++ Was würden mehr Impfungen an dieser Situation ändern? Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Obwohl die Ständige Impfkommission (Stiko) von steigenden Fallzahlen bis Dezember ausgeht, bleibt das Gremium bei der Entscheidung, eine vierte Corona-Impfung nicht für die Allgemeinbevölkerung zu empfehlen. Das Argument: Die Impfung böte keinen Schutz vor Ansteckung, sondern nur vor schweren Krankheitsverläufen. Jede:r würde sich deshalb immer wieder mit Covid-19 anstecken, weshalb es nicht vertretbar sei, die gesamte Öffentlichkeit regelmäßig zu impfen. Derzeit empfiehlt die Stiko die vierte Impfung für über 60-Jährige und Vorerkrankte. Laut Impfdashboard haben sich bislang 11,5 Prozent der Deutschen viermal gegen Covid-19 impfen lassen. Impftermine in Münster können Sie hier vereinbaren. (sfo)

Ein-Satz-Zentrale

+++ An der Kanalstraße experimentieren die Stadt und die Fachhochschule Münster mit recyceltem Asphalt. (FH Münster)

+++ Ab dem 5. Dezember soll der Bohlweg eine Fahrradstraße sein. (Westfälische Nachrichten)

+++ Auf der Baustelle am Servatiiplatz steht alles still, weil es laut Stadt einen Rechtsstreit mit der Baufirma gibt, die davon aber nichts weiß. (Westfälische Nachrichten)

+++ In Gievenbeck will die CDU eine alte Kasernenturnhalle wieder für den Sport nutzen, nachdem der Neubau der Grundschule am Oxford-Campus gestoppt wurde. (CDU Fraktion Münster)

+++ 51 Feuerwehrleute aus Münster bekommen eine Medaille für ihren Einsatz bei der Flutkatastrophe vor einem Jahr. (Stadt Münster)

+++ Die Stadt Oelde lehnt die Umbenennung dreier Straßen ab, die nach Bischöfen benannt sind, die Missbrauchsfälle im Bistum Münster vertuscht haben sollen. (Kirche und Leben)

+++ Die Mordkommission ermittelt, weil ein 34-Jähriger am Wochenende in Kinderhaus versucht hat, eine Polizistin aus dem vierten Stock zu stoßen. (Polizei Münster)

+++ Der grüne Ratsherr Carsten Peters ist wegen Beleidigung angezeigt worden, weil er einen Organisatoren der Querdenker-Demos in Münster als Reichsbürger bezeichnet hat. (Westfälische Nachrichten)

+++ Ein neues Bündnis will am Samstag mit einer Demonstration auf eine soziale Schieflage in Münster hinweisen. (Münstersche Volkszeitung)

Unbezahlte Werbung

Wussten Sie, dass wir heute den Weltnudeltag feiern? Allein im vergangenen Jahr hat Nordrhein-Westfalen über 60.000 Tonnen Pasta importiert. Wie Sie sich bestimmt denken können, kam der Großteil der Importnudeln aus Italien, aber bekanntlich geht nichts über Selbstgemachtes. Wenn Sie sich am Nudelmachen probieren wollen, sollten Sie Artcuisine besuchen. Beim Pasta-e-basta-Kurs lernen Sie, wie Sie Ravioli, Gnocchi, Tortellini oder auch schwäbische Maultaschen selbst herstellen können. Daneben bietet die Kochschule aber auch noch viele andere Kurse an. Den gesamten Kalender von „Südafrika in einem Topf“ bis „Thailand kulinarisch“ finden Sie hier.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

In den Veranstaltungskalender hat heute Viktoria Pehlke geschaut. Das hier sind ihre Empfehlungen.

+++ Die Journalistin Alice Hasters ist Autorin des Buchs Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten. Am Donnerstag kommt sie zur Lesung in den Theatertreff unter dem Titel Drama, Disko und Diskurs. Wenn Sie dorthin gehen möchten, sollten Sie sich beeilen, denn es gibt nicht mehr viele Tickets. Der Beginn ist um 20 Uhr.

+++ Das LWL-Museum für Kunst und Kultur bietet am Samstag eine Führung über den Barockmaler Wolfgang Heimbach an. Die Tour wird in deutsche Gebärdensprache gedolmetscht, sodass Hörende und Gehörlose daran teilnehmen können. Beginn ist um 14 Uhr. Es wird um eine Anmeldung im Besucherbüro gebeten.

+++ Am Freitag spielen Die Lieferanten in der Sputnikhalle. Die Indie-Band aus Münster hat kürzlich ihr Debütalbum Liebe in Paketen veröffentlicht und tourt seit Ende September quer durch Deutschland. Tickets für Freitag gibt es über Eventim. Wenn Sie nicht können, keine Sorge: Im Dezember treten die Jungs noch einmal auf, dann im Hot Jazz Club.

+++ Im kleinen Bühnenboden Kammertheater stellt Til Rademacher am Freitag seinen neuen Gedichtband Die Lyrikkiepe vor. Die Sammlung ist ein „poetischer Wegbegleiter durch Münster“ und steckt voller Erfahrungen und Eigenarten der Stadt. Beginn der Lesung ist um 20 Uhr, Tickets gibt es online.

+++ Wer noch mehr Lust auf Literatur hat, am liebsten auf einen Klassiker aus Münster, sollte am Freitagabend bei Thalia in der Ludgeristraße vorbeischauen. Dort ist der Autor Jürgen Kehrer zu Gast, der aus Wilsberg – sein erster und sein letzter Fall lesen wird. Die Tickets kosten 10 Euro und sind in der Buchhandlung oder online erhältlich.

Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Haben Sie bis dahin eine gute Woche.

Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Nils Dietrich, Sebastian Fobbe, Jan Große Nobis, Viktoria Pehlke, Antonia Strotmann
Lektorat: Melanie Kelter

PS

Einmal im Jahr entfernt der Langenscheidt-Verlag mit einem minimal-invasiven Eingriff jungen Menschen ein Wort aus ihrem Wortschatz. Danach ist es praktisch unverwendbar. Danach bedeutet in diesem Fall: Nach der Wahl zum Jugendwort des Jahres. In diesem Jahr hat der Verlag das Wort „smash“ gewissermaßen gesmasht, also zertrümmert, so hätte man es früher wahrscheinlich übersetzt. Inzwischen bedeutet es, jemanden abschleppen (gefühltes Jugendwort des Jahres 1954) oder um noch etwas deutlicher zu werden: mit jemandem Sex haben. Nicht zu verwechseln mit: jemanden zerstören. Das bedeutet einfach nur: eine Kritik formulieren, die ziemlich den Kern trifft. Aber wer so etwas sagt, ist mittlerweile auch schon seit ein paar Jahren erwachsen. Auf Platz zwei steht in diesem Jahr übrigens das Wort „bodenlos”. Daran sieht man sehr schön, dass auch Sprache im Grunde wie Mode funktioniert. Irgendwann gräbt man die alten Klamotten aus, und dann sehen sie plötzlich wieder ganz frisch aus. Etwas Uraltes wird hier als neu verkauft; im Grunde ist das eine Frechheit, eigentlich ist es bodenlos. (rhe)

PPS

Und zum Schluss noch eine schlechte Nachricht. Eigentlich wollten wir morgen Abend mit drei Schülerinnen und Schülern der Reportageschule Reutlingen über Lokaljournalismus diskutieren. Jetzt ist uns leider ein Coronafall in der Gruppe dazwischengekommen. Bislang nur ein positiver Test, keine Symptome. Wir sagen die Veranstaltung trotzdem sicherheitshalber ab.

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