Theater-Intendantin reagiert auf Vertragsende | Kommt die Steuer gegen Einwegmüll? | Unbezahlte Werbung: Salam Kitchen

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

seit dieser Woche ist klar: Der Kulturkampf, über den Ralf Heimann kürzlich schrieb, ist ausgefochten. Vordergründig ging es um die Frage, ob Theaterintendantin Katharina Kost-Tolmein in Münster bleiben darf. Im Hintergrund rangen progressive Kräfte mit solchen, die für ein klassisches Theater stehen, um die Ausrichtung des Hauses.

Als Katharina Kost-Tolmein 2022, noch zur Zeit der Coronapandemie, nach Münster kam, steckte das Haus in einem „Dornröschenschlaf“ (RUMS-Beitrag). Die gesamte Theaterszene Deutschlands befand sich im Umbruch, zudem ließ die Pandemie die Zuschauerzahlen einstürzen. Kost-Tolmeins politischer und avantgardistischer Anspruch sollte das Theater Münster mit einem „ambitionierten Neubeginn“ und „neuen Impulsen“ wieder aufwecken.

Hinter den Kulissen waren nicht alle mit der Generalintendanz und der Neuausrichtung des Stadttheaters zufrieden. Auch der Führungsstil von Katharina Kost-Tolmein stand innerhalb des Hauses in der Kritik. Nach wie vor schwächeln die Besucherzahlen, haben das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht.

Offiziell hat dieser Punkt zu der Entscheidung geführt, die Intendanz neu auszuschreiben. Das teilte die Stadt am Dienstagabend mit: „Während die Ansätze der mehrfach ausgezeichneten Dramaturgin in der Fachwelt auf Anerkennung stießen, entwickelten die Zuschauerzahlen des Theaters Münster sich nicht so gut wie erwartet“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Am Tag danach reagierte Katharina Kost-Tolmein öffentlich auf ihr Vertragsende. Sie rückt in ihrem Schreiben inhaltliche Differenzen in den Vordergrund: „Ich bedaure es sehr, dass die Stadt Münster damit den von ihr selbst initiierten und ausdrücklich begrüßten Prozess der künstlerischen Neuausrichtung des Theaters (…) an einem Punkt abbricht, an dem die herausfordernde Aufgabe der Ensembles und Sparten an unserem Haus sichtbar beginnt, Früchte zu tragen.“

Spätestens 2027 wird ihre Stelle nachbesetzt. Katharina Kost-Tolmein ist die erste Frau im Amt der Theaterintendanz in Münster. Jetzt muss die Stadt eine neue Person suchen, die sich der Aufgabe stellt, das Theater wachzuküssen. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Die Stadt steht vor der Frage, ob die Schulsozialarbeit in Münster weiter flächendeckend an allen Schulen stattfinden soll – oder nur noch dort, wo es einen besonderen Bedarf gibt, zum Beispiel an sozialen Brennpunkten. Laut einem Brief einer Grundschule an die Eltern, der uns vorliegt, könnte das bedeuten, dass bis zu zehn Grundschulen in Zukunft ohne Schulsozialarbeit auskommen müssen. Das berichten auch die „Westfälischen Nachrichten“. Die CDU-Ratsfraktion Münster spricht sich in einer Pressemitteilung für eine flächendeckende Grundausstattung der Schulsozialarbeit an allen Schulen aus und fordert zusätzliche Mittel für Schulen mit besonderem Bedarf. Man strebe eine parteiübergreifende Lösung an, heißt es. (rhe)

+++ Die Kriminalität in Münster ist rückläufig, vor allem, wenn es um Taten von Jugendlichen und Drogendelikte geht. Die Bedeutung von Gewalttaten hat laut Münsters Kriminalitätsstatistik dagegen zugenommen. Immer häufiger kämen dabei Messer zum Einsatz, schreibt die Polizei. In der Statistik stehen für das vergangene Jahr 156 Fälle, in denen die Tatwaffe ein Messer war. Das über ein Drittel mehr (37 Prozent) als im Vorjahr. Rauschgiftdelikte seien durch die Legalisierung von Cannabis stark zurückgegangen. Der Fokus liege nun auf dem Kokainhandel. Einen großen Teil der Straftaten machen weiter Fahrraddiebstähle aus. Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank laut den Zahlen auf ein Zehnjahrestief. Die Quote der aufgeklärten Straftaten ist ebenfalls leicht rückläufig. (rhe)

+++ Kurz vor Beginn des Frühjahressends erinnert die Stadt in den sozialen Netzwerken an den Brauch des Sendsschwerts, das seit 1578 immer zum Send am Rathaus ausgehängt wird. Das Schwert war, wie Sie sich vielleicht erinnern, das Top-Thema im vergangenen Sommerloch, weil das Originalschwert seit 2000 spurlos verschwunden ist. Wir haben noch mal bei der Stadt nachgefragt, wie viele Hinweise zum Verbleib des verloren gegangenen Schwerts noch eingegangen sind. Antwort: keine. Falls Sie zufällig etwas wissen, schreiben Sie dem Ordnungsamt eine E-Mail oder rufen Sie an (0251/492 32 01). (sfo)

Zahlen, bitte.
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Die Statistikstelle der Stadt hat in der vergangenen Woche einige Zahlen zur Wahl veröffentlicht. Der größte Anteil der Wähler:innen in Münster wählte mit Erst- und Zweitstimme denselben Parteivorschlag. Ausnahme: Diejenigen, die mit der Zweitstimme die Linkspartei gewählt haben. Von ihnen gaben gut 40 Prozent ihre Erststimme der linken Direktkandidatin Kathrin Gebel, 45 Prozent aber haben die grüne Kandidatin Sylvia Rietenberg gewählt. 77 Prozent derjenigen, die mit ihrer Zweitstimme die SPD gewählt haben, haben das auch mit der Erststimme getan. Bei Grünen und AfD trifft das auf etwa 82 Prozent, bei der CDU sogar auf gut 90 Prozent der Wähler:innen zu. Wenn man das Ganze von der Erststimme aus betrachtet, wählten die meisten jeweils denselben Parteivorschlag mit ihrer Zweitstimme.

(Quelle: Stadt Münster)

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Kommt die Steuer auf Kaffeebecher und Pizzakartons?

Seit einem Urteil in Karlsruhe denken viele Städte über eine Verpackungssteuer nach. Auch Münster. Aber lässt sich so das Wegwerfproblem lösen?

Als das Wetter vergangene Woche in Münster sehr schön war, sonnig und wolkenlos, war an der Königsstraße viel los. Die ersten Frühlingstage und die beiden Eisdielen direkt nebeneinander lockten viele Menschen an. Genauso schnell, wie die Bänke an der Straße besetzt waren, quilten auch die Mülleimer irgendwann mit leeren Eisbechern über.

Eine Kugel Eis kostet in Münster mittlerweile 2 Euro oder mehr. Wenn es nach der Internationalen Fraktion und der Linken ginge, könnte bald noch ein Obolus für den Becher dazukommen.

Im letzten Rat stellten sie ein Konzept für eine Verpackungssteuer zur Abstimmung. Münster habe ein Müllproblem, heißt es im Antrag. Nicht weil die Menschen hier wie vergangene Woche ihre Eisbecher stehen lassen, sondern weil die Gastronomie ihnen Pappbecher und Plastiklöffel in die Hand drückt. Laut Naturschutzbund Nabu fallen bundesweit 350.000 Tonnen Müll aus Einweggeschirr und To-Go-Bechern an.

Mit dem Ratsantrag sollte die Verwaltung ein Konzept für die Verpackungssteuer ausarbeiten. Bis spätestens Mitte 2026 sollte der Rat final entscheiden.

Doch wahrscheinlich wird die Abstimmung später kommen. Statt ein Konzept auf den Weg zu bringen, beschloss der Rat, die Verpackungssteuer im regulären Verfahren abzuhandeln. Heißt: Jetzt müssen erst die Ausschüsse beraten, bevor die Entscheidung ansteht.

Abgeschaut aus Tübingen

Inhaltlich schwebte der Linken und der Internationalen Fraktion ein ähnliches Steuermodell wie in Tübingen vor. Seit 2022 verlangt die Stadt 50 Cent extra für Einwegverpackungen wie Pizzakartons, die Alufolie um den Döner, Pappbecher für Kaffee zum Mitnehmen und eben auch Eisbecher. Auf Plastikbesteck und Strohhalme gilt ein günstigerer Steuersatz. Dann zahlen die Tübinger:innen 20 Cent obendrauf.

Die Steuer soll Speisen und Getränke erwischen, die an Ort und Stelle oder zu Hause verzehrt werden. Ein Hamburger mit Pommes und Cola kostet in Tübingen deshalb 1,70 Euro mehr als in Münster.

Kein Wunder, dass die Inhaberin einer „McDonald’s“-Filiale dagegen klagte. Nach jahrelangem Rechtsstreit erklärte das Bundesverfassungsgericht die kommunale Steuer auf Einwegverpackungen im Januar für rechtens. „McDonald’s“ zahlt die Tübinger Steuer selbst, statt sie an die Kund:innen weiterzugeben.

120 Städte haben Interesse

Das Karlsruher Urteil brachte eine Welle in Gang. Als die „Zeit“ 2023 über das erste Jahr der Verpackungssteuer berichtete, bezeichnete die Wochenzeitung sie noch als „Tübinger Sonderweg“. Jetzt ist Tübingen ein Vorbild. 120 Städte in ganz Deutschland sollen sich nach einer Recherche der deutschen Umwelthilfe (DUH) für die neue Steuer interessieren.

Vorreiter sind zwei Städte aus Baden-Württemberg, dem Land der Kehrwoche und der schwäbischen Hausfrau. Sie haben nach Tübingen als erste die Einführung beschlossen oder bereits vollzogen. Seit dem Jahreswechsel gilt die Steuer in Konstanz. Bald will Heidelberg nachziehen. Nur wann, ist bislang unklar.

Vor Kurzem segnete auch der Kölner Stadtrat die Verpackungssteuer ab. Die Stadt mit K ist damit die erste deutsche Metropole, die Pizzakartons und Dönerfolie besteuern will. Münchens Oberbürgermeister sieht eine mögliche Einführung kritisch, der Berliner Senat lehnt sie ab. Die Steuer ist allerdings kein rein großstädtisches Thema. Auch Borken und Lüdinghausen liebäugeln mit dem Modell.

Andernorts ist die Sache in Bewegung. Freiburg im Breisgau hatte die Verpackungssteuer bereits für Mitte des Jahres beschlossen, prüft aber jetzt Alternativen. Das hessische Gießen führt die Verpackungssteuer wieder ein, nachdem die Stadt eine ähnliche Steuer vor dreißig Jahren abgeschafft hatte. 1995 gab ein anderes Urteil des Bundesverfassungsgerichts den Ausschlag.

Stadt Münster hält die Steuer für sinnvoll

In der DUH-Umfrage taucht auch Münster unter den interessierten Städten auf. Der Nachrichtenagentur dpa sagte die Stadtverwaltung im Februar, sie begrüße das Gerichtsurteil und halte die Verpackungssteuer für ökologisch sinnvoll. Man könne die Steuer allerdings nur einführen, wenn die Vorteile überwiegen. Die Nachteile sind: Die Einführung sei für die Stadtverwaltung aufwendig und benötige mehr Personal, heißt es.

Michael Krapp, Ratsherr für die ÖDP und Mitglied der Internationalen Fraktion, sieht das ein wenig anders. Es gebe ja seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine rechtssichere Steuersatzung. „Man könnte den Text übernehmen und das Wort ‚Tübingen‘ jeweils durch ‚Münster‘ ersetzen“, sagt Krapp am Telefon.

Am Tübinger Modell gefällt ihm, dass die Verpackungssteuer die Mehrwegquote in der Stadt deutlich erhöht habe. Der Ratsantrag sah deshalb auch ein Info-Angebot für die Gastronomie in Münster vor. Die Stadt sollte auf diesem Weg die Betriebe unterstützen, ihre Verpackungen auf ein Mehrwegsystem umzustellen. Am besten ein möglichst einheitliches, sagt Krapp, damit die Kund:innen es flexibel nutzen können.

Zweifel an Wirksamkeit

CDU-Ratsfrau Babette Lichtenstein van Lengerich befürwortet ebenfalls Mehrwegangebote. Die Verpackungssteuer lehnt sie dennoch ab. Am Telefon betont Lichtenstein van Lengerich, dass sich ihre Ratsfraktion bisher noch nicht dazu positioniert habe. Sie möchte deshalb als stellvertretende Vorsitzende der CDU-nahen Mittelstands- und Wirtschaftsunion Münster und Vorstandsmitglied des niedersächsischen Bäckerhandwerks zitiert werden.

Lichtenstein van Lengerich betreibt mit ihrem Mann drei Bäckereien in Rheine. Sie sagt, vor einigen Jahren hätten etwa acht von zehn Kund:innen Mehrwegbecher und -schüsseln genutzt. Dann sei die Coronapandemie gekommen und die Quote auf null gestürzt.

Besonders beliebt sei Mehrweg im Lebensmittelgewerbe ohnehin nicht, sagt Lichtenstein van Lengerich. Das habe eine Umfrage ergeben, die sie 2023 im norddeutschen Bäckerhandwerk durchgeführt hat. Ergebnis damals: Nur ein Bruchteil der rund 180 teilnehmenden Innungsbetriebe bieten Einweg-Alternativen an. Die Kundenakzeptanz ist dementsprechend gering.

Babette Lichtenstein van Lengerich hält es grundsätzlich für falsch, Betriebe mit einer bürokratischen Verpackungssteuer für das Fehlverhalten der Verbraucher:innen zu belasten. Sie schlägt stattdessen höhere Strafen für Abfallsünder:innen vor, ähnlich wie in Zürich oder Singapur. „Vermüllung ist schließlich kein Kavaliersdelikt“, sagt sie. Die Tübinger Verpackungssteuer habe, was die Reduktion von Abfall angeht, laut einer Studie ohnehin keine Verbesserung gebracht.

Studie zieht gemischte Bilanz

Stimmt das? Anruf bei Stefan Moderau. Der Betriebswirt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Tübingen und hat vor zwei Jahren die Studie veröffentlicht, auf die sich Babette Lichtenstein van Lengerich bezieht.

Richtig ist laut Moderau: Im ersten Steuerjahr hat die Abfallmenge in den öffentlichen Mülleimern der Stadt nicht abgenommen. „Wenn es darum geht, Kosten zu sparen, indem die Müllabfuhr weniger Fahrten machen muss, dann ist die Verpackungssteuer nicht das geeignete Mittel“, sagt er.

Aber: Gewichtsmäßig fällt kaum Abfall aus Einwegverpackungen an. Problematisch ist eher Glasmüll, zum Beispiel Sektflaschen, die Feiernde zum Vorglühen mit in die Stadt nehmen. Die Flaschen stammen meist aus Supermärkten. Die sind allerdings von der Verpackungssteuer befreit. Eine Lücke, die Stefan Moderau kritisch sieht. Denn Supermärkte verkaufen neben schweren Glasflaschen auch Salate oder Sandwiches in Einwegplastik.

Mit Mehrweg gegen Straßenmüll

Was aber seit Einführung der Verpackungssteuer auffällig sei: „Es liegt weniger Müll auf der Straße rum“, sagt Moderau. Das bestätigt auch die Stadtverwaltung Tübingen auf Anfrage: Die Abfallmenge sei fast gleich geblieben, das Straßenbild aber sauberer geworden. Konkrete Daten zum Einwegabfall kann die Stadt nicht mitteilen, da „man den Müll händisch sortieren müsste, um Zahlen zu ermitteln.“ Das sei nicht machbar.

Moderaus Studie zeigt allerdings einen gewissen Trend: Die Abfallmenge veränderte sich zunächst unterm Strich zwar kaum, sank aber sechs Monate nach Einführung der Verpackungssteuer. ÖDP-Ratsherr Michael Krapp sieht darin einen Gewöhnungseffekt: Mutmaßlich habe es einfach gedauert, bis die Steuer ihre Wirkung entfaltet. Es braucht schlicht eine Weile, bis die Verbraucher:innen von Einweg auf Mehrweg umsteigen.

Das Fazit der Stadt Tübingen lautet nach drei Jahren Verpackungssteuer dazu: Mehrweg sei „im Stadtbild ganz klar sichtbar und vorherrschend“. Viele Leute brächten inzwischen zur Mittagspause wie selbstverständlich eine „Vesperdose“, also einen eigenen Behälter, von zu Hause mit.

Seit der Einführung hat sich das Mehrwegangebot in Tübingens Gastronomie vervierfacht, schreibt die Stadt. Geholfen haben beim Ausbau Zuschüsse. Betriebe, die auf Mehrweggeschirr umstellten, bekamen dafür bis zu 500 Euro. Für eine neue Spülmaschine gab es maximal 1.000 Euro.

800.000 Euro pro Jahr

Das sind die Investitionen in das Tübinger Mehrwegsystem. Auf der anderen Seite stehen die Einnahmen aus der Verpackungssteuer. Das erste Steuerjahr brachte der Stadt Tübingen rund eine Million Euro ein. Zum Vergleich: Die Erhöhung der Beherbergungssteuer spült in Münster genauso viel in die Stadtkasse.

Inzwischen hat die Stadt die erwarteten Einnahmen ein wenig nach unten korrigiert, vermutlich durch das erhöhte Mehrwegangebot. Jetzt rechnet Tübingen mit jährlich 800.000 Euro, teilt uns die Stadt auf Anfrage mit. Über 200 Betriebe zahlen die Verpackungssteuer zurzeit.

Geld, das man auch in Münster angesichts der drohenden Haushaltssperre gut gebrauchen könnte. Das Ratsbündnis aus Grünen, SPD und Volt hatte sich bereits im Koalitionsvertrag auf die Verpackungssteuer geeinigt. Vorausgesetzt, der Bund schafft keine andere Lösung.

Die gibt es inzwischen in anderer Form. Seit 2024 müssen Firmen, die Einwegplastik in Umlauf bringen, eine Abgabe zahlen. Während die Verpackungssteuer bei den Kund:innen ansetzt, nimmt der Einwegkunststofffonds die Hersteller in die Pflicht. 430 Millionen Euro sollen auf diese Weise jedes Jahr zusammenkommen, schätzt der Umweltverband Nabu. Das Geld will der Bund an die Kommunen für die Abfallbeseitigung weitergeben.

Keine Entscheidung vor der Kommunalwahl

Aber wie stehen noch die Chancen für die Verpackungssteuer in Münster? Die Koalitionsparteien seien mit dem Inhalt des Ratsantrags der Linken und der Internationalen Fraktion weitgehend einverstanden gewesen. Das sagt die Grünen-Ratsfrau Leandra Praetzel, die den Vorsitz des Umweltausschusses innehat.

Ihr Kritikpunkt: Das Verfahren sei falsch gewesen. „Mit einer Zustimmung hätten wir den zweiten Schritt vor den ersten gesetzt“, sagt sie. Vor dem Antrag habe man sich weder mit anderen Ratsfraktionen noch mit den relevanten Beteiligten abgestimmt, die die Steuer zahlen müssten. Nun wolle man Gespräche führen, in den Ausschüssen und mit der Gastronomie sowie den Verbänden. Die Grünen hätten etwa schon mit dem Gaststättenverband Dehoga über die Verpackungssteuer gesprochen.

Bloß: Was erhofft man sich davon? Der Ratsantrag hätte ohnehin nicht die Einführung der Verpackungssteuer beschlossen, sondern nur ein Konzept in Auftrag gegeben. Man hätte also so oder so miteinander sprechen müssen. Auf die Verwaltung hätte das zugetroffen, sagt Leandra Praetzel. In dieser Frage sei es aber auch wichtig, dass die Politik den Austausch sucht.

Der Prozess wird also noch lange dauern. Bis zur Kommunalwahl im September rechnet niemand im Rathaus mehr mit einer Vorlage zur Verpackungssteuer. Die Mehrheit, die es für das Projekt im Rat gibt, dürfte bis zum Erscheinen kleiner werden – oder ganz verschwinden. (sfo)

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Ein-Satz-Zentrale

+++ Nach Protesten im Kreuzviertel will die Stadt noch einmal überlegen, ob sie tatsächlich einen Grünstreifen rodet, um dort E-Ladesäulen und Carsharing-Parkplätze einzurichten – oder ob man einen anderen Standort findet. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, kündigt ihren Rücktritt an und fordert eine inhaltliche und personelle Neuaufstellung der FDP, um die Partei bis 2029 wieder in den Bundestag zu führen. (Handelsblatt)

+++ Die Stadt will die Melanchthonschule in Coerde innerhalb von zwei Jahren um einen Neubau erweitern – innerhalb von vier Jahren um eine Turnhalle. (Stadt Münster)

+++ Die Frauen-Union der CDU Münster fordert, dass der Verkauf der Partydroge Lachgas verboten wird. (Frauen Union Münster bei Facebook)

+++ Die Regionalbahn 7 von Krefeld über Münster nach Rheine war im vergangenen Jahr der unpünktlichste Zug im Münsterland, die Regionalbahn von Münster über Warendorf nach Bielefeld der pünktlichste. (Westfälische Nachrichten)

+++ Der Netzbetreiber Stadtnetze hat einen knapp 300 Meter langen Tunnel unter dem Dortmund-Ems-Kanal gebaut, um Versorgungsleitungen an der Warendorfer Straße zu erneuern, was ab Montag knapp zwei Wochen lang zu Sperrungen und Umleitungen führt. (Stadtnetze Münster)

+++ Die CDU-Ratsfraktion möchte von der Stadt gerne wissen, wie sie den Hitzeschutz an Schulen und Kitas seit ihrem Antrag vor einem Jahr verbessert hat. (CDU-Fraktion)

+++ Das neue Gefängnis in Wolbeck feiert im Mai Richtfest und soll im nächsten Jahr fertig sein. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Stadt möchte Touristen dazu bringen, nicht nur Tagesausflüge nach Münster zu machen, sondern länger zu bleiben. (Stadt Münster)

+++ Damit die während der Coronapandemie angeschafften Luftreiniger weiter in Schulen genutzt werden können, hat das Unternehmen Hengst Ersatzfilter im Wert von 20.000 Euro gespendet. (Hengst Filtration)

+++ Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen den Comedian Nizar findet dessen geplanter Auftritt im Bürgerhaus Kinderhaus nun nicht statt. (Westfälische Nachrichten)

Unbezahlte Werbung

Vor fast vier Jahren haben wir hier auf das internationale Fusion-Restaurant „Salam Kitchen“ aufmerksam gemacht (RUMS-Brief). Ab morgen gibt es dort etwas Neues: Frühstück. An jedem Samstag und Sonntag von 10 bis 12:30 Uhr bekommen Sie dort zum Beispiel israelisches Shakshuka, türkisches Menemen mit Simit, arabisches Ful oder Tahinigranola. Übersetzt stünden auf Ihrem Tisch ungefähr folgende Speisen: pochierte Eier in Tomaten-Paprika-Sauce, veganes Rührei mit Sesamkringeln, dicke Bohnen und geröstetes Sesam-Müsli. Dazu gibt es Filterkaffee von der „Roestbar“. Hier können Sie einen Platz reservieren. (aze)

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Annalena Zernott für Sie in den Kalender geschaut. Das sind ihre Empfehlungen:

+++ Heute und morgen um 19 Uhr finden die ersten Konzerte des diesjährigen Programms „C’est la vie“ der „Chanson AG“ statt. Als Musik-AG am Pascal-Gymnasium vor über 30 Jahren von Jean-Claude Séférian gegründet, wirken inzwischen mehr als 60 Sänger:innen im altersgemischten Chor mit. Die Konzerte in der Aula des Pascal-Gymnasiums sind ein seit Jahren gut besuchtes und beliebtes Spektakel. Hinweise zum Programm finden Sie hier. Wenn Sie dabei sein wollen: Karten können Sie hier kaufen.

+++ Im Forum der Volkshochschule am Aegidiimarkt findet am Samstag von 10 bis 14 Uhr ein „Medien-Probier-Tag“ statt. Dabei können Sie verschiedene digitale Technologien ausprobieren, zum Beispiel Hilfsmittel für Menschen mit Seh- oder Hörproblemen. Das Angebot ist kostenlos, sich anzumelden ist nicht nötig.

+++ Samstagabend Lust auf funky Grooves? Dann empfehlen wir Ihnen das „Snakatak“-Konzert im Hot Jazz Club. Karten gibt’s für 16 Euro hier. Um 21 Uhr geht es los.

+++ Das Buch „Wie Lichter in der Nacht“ von Jürgen Grässlin erzählt von Menschen, deren Handeln positive Auswirkungen auf die Welt hatte. Grässlin liest am Sonntag um 16 Uhr in der Kneipe Frauenstraße 24. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos hier. Einen Blick ins Buch werfen können Sie hier.

+++ Am Montag beginnen die „Wochen gegen Rassismus“, auch in Münster sind dazu zwei Wochen lang verschiedene Veranstaltungen geplant. Das Ziel der Aktionswochen ist, rassistische Ressentiments zu überwinden. Die Auftaktveranstaltung in der Stadtbücherei beginnt am Samstag um 11 Uhr. Der Rassismusexperte Cihan Sinanoğlu erörtert die rassistischen Dimensionen der aktuellen „Migrationsdebatte“ und die konkreten Auswirkungen auf diejenigen, die davon unmittelbar betroffen sind. Einen Platz können Sie hier reservieren. Das komplette Programm finden Sie hier.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Ralf Heimann (rhe), Jan Große Nobis (jgn), Annalena Zernott (aze) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

Wissen Sie eigentlich, warum auf Buchrücken Zitate von bekannten Menschen stehen, die das Buch außergewöhnlich fanden? Das liegt daran, dass Menschen sich eher auf das Urteil von anderen verlassen als auf das eigene, wenn sie sich nicht sicher sind. Das kann falsch sein. Zum Beispiel, wenn eine lange Schlange vor einem Imbiss immer länger wird, während eine andere Bude daneben fast das Gleiche verkauft, weil die Leute denken: Die anderen werden schon wissen, warum sie hier in der langen Schlange stehen. Manchmal ist das aber auch richtig. Zum Beispiel, weil Freunde und Bekannte nur dann etwas empfehlen, wenn sie davon überzeugt sind. Daher zum Schluss eine Bitte: Sie haben den RUMS-Brief fast durch. Wenn Ihnen das gefallen hat, was Sie gelesen haben, freuen wir uns, wenn Sie das weitersagen. Wenn jemand RUMS sechs Monate lang für einen Euro abonniert, hilft uns das schon weiter. Für uns ist das wichtig. Wir brauchen mehr Abos, um RUMS auch im nächsten Jahr finanzieren zu können. Wer RUMS weiterempfiehlt, bekommt für das erste geworbene Abo einen Kaffeegutschein und hat bei mehreren Empfehlungen die Chance auf Prämien, etwa ein Wohnzimmerkonzert von Henning Wehland, einen Nachmittag in der Preußenloge oder eine Fahrt in einem Heißluftballon. Alle Prämien finden Sie hier. Wie Sie uns empfehlen können, steht hier. Und noch ein Zwischenstand: In einer Woche haben über 160 Menschen ein RUMS-Abo abgeschlossen. (rhe)

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