„Die Friedensbewegungen sollten sich fragen, warum aus der Ukraine niemand mitmarschiert” | Die Bürokratie und das Kopftuch | Klimafolgen des Ukraine-Kriegs

Müns­ter, 24. Febru­ar 2023

Guten Tag,

Ihre Time­lines, Tages­zei­tun­gen und E-Mail-Post­fä­cher waren heu­te gefüllt mit einem The­ma: Vor genau einem Jahr hat Russ­land die Ukrai­ne erneut ange­grif­fen. Damit hat sich Mari­ya Shar­kos Leben ver­än­dert, sagt sie. Sie ist in der Ukrai­ne auf­ge­wach­sen und hat den Kon­takt zum Land in den 17 Jah­ren, die sie nun in Deutsch­land lebt, nie ver­lo­ren. Ähn­lich gehe es ande­ren Ukrainer:innen, die sie zum Bei­spiel in der ukrai­ni­schen Gemein­de in Müns­ter trifft oder im Ver­ein „Ukrai­ni­sche Spra­che und Kul­tur in Münster“.

„Das Leben dreht sich jetzt nur noch um das Land und die Leu­te“, berich­tet Mari­ya Shar­ko, die als Ost­eu­ro­pa-Refe­ren­tin im Bis­tum Müns­ter arbei­tet. Die Ukrainer:innen, die wie sie schon län­ger in Deutsch­land leben, woll­ten hel­fen, so viel es eben gehe. „Wir kön­nen hier viel bewir­ken. Wir sehen uns als Ver­mitt­ler“, sagt Mari­ya Shar­ko. Eini­ge hät­ten sogar ihren Job für ein Ehren­amt aufgegeben.

Und vie­le wür­den sich nun wie­der stär­ker mit der ukrai­ni­schen Kul­tur und Spra­che aus­ein­an­der­set­zen. Sie woll­ten zei­gen, war­um sie kämp­fen. „Putin geht es schließ­lich um die Ver­nich­tung der ukrai­ni­schen Iden­ti­tät“, sagt Mari­ya Sharko.

Viel­leicht könn­te man sagen, dass auch vie­le Ukrainer:innen, die wegen des Kriegs im ver­gan­ge­nen Jahr geflüch­tet sind, eben die­se Iden­ti­tät jetzt suchen. Im Moment leben laut Stadt gut 3.600 Ukrainer:innen in Müns­ter (zum Ver­gleich: Ende 2021 hat das Aus­län­der­zen­tral­re­gis­ter gut 400 gemel­det), über 90 Pro­zent von ihnen sind als Kriegs­ge­flüch­te­te registriert.*

Eine Wohnung, ein Sprachkurs – und dann?

Auf der einen Sei­te brau­chen sie natür­lich kon­kre­te Unter­stüt­zung, also zum Bei­spiel eine Woh­nung, einen Kita-Platz und einen Platz im Sprach­kurs. Das ist alles nicht so ein­fach. Valen­tin Peschan­skyi erzählt davon in einem Gespräch, das Ralf Heimann mit ihm geführt hat, und das Sie wei­ter unten im Brief finden. 

„Auf der ande­ren Sei­te wol­len sie aber auch leben“, fasst es Mari­ya Shar­ko zusam­men. Kin­dern ukrai­ni­sche Bücher vor­le­sen, in einem Chor sin­gen, Lesun­gen besu­chen und viel­leicht auch selbst Ukrai­nisch ler­nen. Sie freut sich, dass das mitt­ler­wei­le mög­lich ist in Müns­ter. Es gibt etwa ukrai­ni­sche Bücher in der Stadt­bi­blio­thek und ihr Ver­ein macht eini­ge kul­tu­rel­le Ange­bo­te. An einer Web­site arbei­ten die Mit­glie­der gera­de, einen Ort für regel­mä­ßi­ge Tref­fen haben sie mitt­ler­wei­le gefun­den, im Müh­len­hof. Über die Soli­da­ri­täts­part­ner­schaft mit der ukrai­ni­schen Stadt Win­nyz­ja freut sie sich beson­ders: „Das war schon seit Jah­ren ein Anlie­gen von unse­rem Ver­ein“, sagt sie.

Es ist schließ­lich auch so, dass etwa 2.500 Ukrainer:innen schon in den ers­ten Wochen nach Beginn des Angriffs­kriegs in Müns­ter ange­kom­men sind. Seit Sep­tem­ber habe sich die Anzahl ein­ge­pen­delt, wobei es auch gut 1.000 Abmel­dun­gen gege­ben hat. Was Mari­ya Shar­ko jeden­falls wahr­nimmt: Die Men­schen, die über einen län­ge­ren Zeit­raum in Müns­ter sind, ler­nen unglaub­lich schnell Deutsch und ver­su­chen, Arbeit zu fin­den – was ihnen oft auch gelingt, trotz erschwer­ter Umstände.

„Die Soli­da­ri­tät ist etwas zurück­ge­gan­gen, zumin­dest, was huma­ni­tä­re Hil­fe und Geld­spen­den angeht. Aber das ist ein natür­li­cher Pro­zess, weil ande­re The­men kom­men“, sagt Mari­ya Shar­ko und erwähnt etwa das Erd­be­ben in Syri­en und der Tür­kei. „Grund­sätz­lich beob­ach­te ich nach wie vor eine gro­ße Hilfsbereitschaft.“ 

Falls Sie Kon­takt zu Ukrainer:innen auf­bau­en möch­ten oder Ihre Unter­stüt­zung anbie­ten wol­len: Mari­ya Shar­ko ist für die ukrai­ni­sche Kir­chen­ge­mein­de und den ukrai­ni­schen Kul­tur­ver­ein unter mariyasharko@gmail.com erreich­bar. Alter­na­tiv gibt es auch noch den Ver­ein „Ukrai­ne in Not“, der in Müns­ter aktiv ist. Oder viel­leicht haben Sie schon neue Kon­tak­te bei der Kund­ge­bung heu­te geknüpft. (sst)

* Dar­über, wie vie­le Men­schen aus der Ukrai­ne sich tat­säch­lich in Müns­ter auf­hal­ten, kann die Stadt kei­ne genaue Aus­sa­ge machen. Denn momen­tan dür­fen Ukrainer:innen drei Mona­te lang ohne Auf­ent­halts­ti­tel in Deutsch­land leben, wes­we­gen sie nicht regis­triert sein müs­sen. Eine vor­he­ri­ge Regis­trie­rung wird aller­dings stark empfohlen.

Kurz und Klein

+++ Die Gewerk­schaft Ver­di hat ange­kün­digt, die Warn­streiks im öffent­li­chen Dienst aus­zu­wei­ten. Für die Süd­deut­sche Zei­tung ist das eine „Eska­la­ti­on mit Ansa­ge“, sehr wirt­schafts­na­he CDU-Politiker:innen sin­nie­ren gar von der Ein­schrän­kung des Grund­rechts auf Streik. Aber wor­um geht’s genau? Ver­di for­dert für die 2,5 Mil­lio­nen Beschäf­tig­ten im öffent­li­chen Dienst einen Infla­ti­ons­aus­gleich von 2.500 Euro und ein Lohn­plus in Höhe von 10,5 Pro­zent. Die Kom­mu­nen win­ken aller­dings mit Blick auf die lee­ren Kas­sen ab. Am Mon­tag gehen die Warn­streiks wei­ter, auch in Müns­ter. Und so sieht die „Eska­la­ti­on mit Ansa­ge“ in der Stadt aus: Die Abfall­wirt­schafts­be­trie­be holen den Müll nicht ab und wegen einer Kund­ge­bung in der Stadt ändern sich die Bus­li­ni­en – falls über­haupt Bus­se fah­ren. Auf den Lini­en 5, 6, 8, 10, 11 und 14 wird laut den Stadt­wer­ken vor­aus­sicht­lich nix los sein. Falls Sie trotz­dem auf den Bus ange­wie­sen sind, schau­en Sie am bes­ten auf die­ser Web­site ein­mal nach und che­cken Sie regel­mä­ßig die Müns­ter-App. Wie es nach dem Warn­streik wei­ter­geht, hängt von den Ange­bo­ten der Kom­mu­nen ab. Die Süd­deut­sche spe­ku­liert, in den kom­men­den Wochen könn­te das Pfle­ge- und Erzie­hungs­per­so­nal wie­der strei­ken. (sfo)

+++ Ter­mi­ne sind schwer zu bekom­men, trotz­dem haben es in der zwei­ten Jah­res­hälf­te knapp 3.700 Men­schen geschafft, in Müns­ter aus der Kir­che aus­zu­tre­ten. Das schreibt die Lan­des­re­gie­rung in einer Ant­wort auf eine Klei­ne Anfra­ge zwei­er AfD-Abge­ord­ne­ter, die wis­sen woll­ten, wie vie­le Men­schen in Nord­rhein-West­fa­len die Kir­chen in der zwei­ten Jah­res­hälf­te ver­las­sen haben. Die­se Infor­ma­ti­on daher hier auch noch: Lan­des­weit sind im ver­gan­ge­nen Jahr 220.509 Men­schen aus der Kir­che aus­ge­tre­ten, im zwei­ten Halb­jahr waren es unge­fähr die Hälf­te, näm­lich 109.274. Und falls Sie gera­de den Gedan­ken haben, Sie könn­ten beim Amts­ge­richt auch einen Ter­min buchen: Ja, das geht, und zwar hier, aller­dings erst wie­der in ein paar Wochen. Wenn Sie es eilig haben, müss­ten Sie es bei einer Nota­rin oder einem Notar pro­bie­ren. (rhe)

+++ Bis Ende Dezem­ber 2022 hat das Job­cen­ter der Stadt Müns­ter über 1.500 Anträ­ge von ukrai­ni­schen Geflüch­te­ten bear­bei­tet. Seit Juni ver­gan­ge­nen Jah­res kön­nen Ukrainer:innen in Deutsch­land Sozi­al­leis­tun­gen aus der Grund­si­che­rung bezie­hen (also Hartz IV bezie­hungs­wei­se Bür­ger­geld). Laut einem Bericht des Job­cen­ters sei es bis­her noch schwie­rig, die Geflüch­te­ten an eine Arbeits­stel­le zu ver­mit­teln. Vie­le von ihnen sprä­chen noch zu wenig Deutsch und der Ein­satz von Dolmetscher:innen sei sehr zeit­in­ten­siv. Die meis­ten Anträ­ge von Ukrainer:innen beim Job­cen­ter wur­den im Juni und Juli gestellt. Ein Zuzug von Ukrainer:innen in den Win­ter­mo­na­ten, den das Job­cen­ter erwar­tet hat­te, blieb aller­dings aus. (sfo)

+++ Sowohl Mari­ya Shar­ko als auch Valen­tin Peschan­skyi haben es in ihrem Gespräch mit uns gesagt: Eine Woh­nung zu fin­den, sei für Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne schwie­rig, sehr sogar. Etwa 1.300 Ukrainer:innen, die als Geflüch­te­te gemel­det sind, leben gera­de in einer kom­mu­na­len Ein­rich­tung. Die Stadt Müns­ter nennt die Wohn­si­tua­ti­on für geflüch­te­te Men­schen „sta­bil, aber ange­spannt“. Das bedeu­tet laut Pres­se­stel­le: Es gebe noch eini­ge freie Plät­ze, und regel­mä­ßig kön­ne die Stadt neu­en Wohn­raum auf­trei­ben. Dabei han­de­le es sich aller­dings eher um klei­ne Immo­bi­li­en. Solan­ge unge­fähr so vie­le Asyl­su­chen­de und Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne wie zur­zeit nach Müns­ter kom­men, sei­en die Unter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten zumin­dest „aus­rei­chend“. Ober­bür­ger­meis­ter Mar­kus Lewe, der auch Prä­si­dent des Deut­schen Städ­te­tags ist, hat vor eini­gen Tagen aller­dings auch deut­lich gesagt, dass die Kom­mu­nen mehr Unter­stüt­zung bräuch­ten. Zum einen wäre das Geld. Zum ande­ren spricht er im Inter­view mit ntv zum Bei­spiel auch davon, dass der Bund mehr eige­ne Kapa­zi­tä­ten für die Unter­brin­gung auf­bau­en soll­te. Zumin­dest in Müns­ter gebe es die aller­dings schon in höhe­rem Aus­maß. (sst)

+++ Das Amts­ge­richt Lüding­hau­sen hat Ankla­ge gegen zwei Män­ner aus Sen­den erho­ben, die am 11. Mai 2021 eine Isra­el­fah­ne vor der Syn­ago­ge in Müns­ter ver­brannt haben. Über­wa­chungs­ka­me­ras hat­ten die Män­ner bei der Tat gefilmt. Das Beschä­di­gen von Staats­flag­gen ist laut Straf­ge­setz­buch in Deutsch­land ver­bo­ten. Die­ser Vor­fall gehört zu den 437 anti­se­mi­ti­schen Straf­ta­ten, die die Poli­zei im Jahr 2021 in Nord­rhein-West­fa­len erfasst hat. Neben dem reli­gi­ös moti­vier­ten Anti­ju­da­is­mus und dem ras­sis­ti­schen Juden­hass neh­me vor allem der israel­be­zo­ge­ne Anti­se­mi­tis­mus bun­des- und lan­des­weit zu, schreibt Sabi­ne Leu­theus­ser-Schnar­ren­ber­ger, die Anti­se­mis­tis­mus­be­auf­trag­te der Lan­des­re­gie­rung, im drit­ten Anti­se­mi­tis­mus­be­richt. Rund 150 Straf­ta­ten stan­den vor zwei Jah­ren im Zusam­men­hang mit dem Isra­el-Paläs­ti­na-Kon­flikt. So auch ein wei­te­rer Vor­fall, der sich nur vier Tage nach der Ver­bren­nung der Isra­el­flag­ge vor der Syn­ago­ge in Müns­ter ereig­net hat: Ein Teil­neh­mer einer Paläs­ti­na-Kund­ge­bung belei­dig­te einen Mann und sei­ne Fami­lie auf einer isra­els­o­li­da­ri­schen Gegen­de­mons­tra­ti­on, die nur weni­ge Meter ent­fernt statt­fand, als „die neu­en Nazis“. Im Anti­se­mi­tis­mus­be­richt für das Jahr 2020 taucht Müns­ter nur im Zusam­men­hang mit den Quer­den­ken-Demons­tra­tio­nen auf, auf denen immer wie­der juden­feind­li­che und holo­caust­re­la­ti­vie­ren­de Sym­bo­le gezeigt wur­den. Einen neu­en Bericht wird die Anti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­te vor­aus­sicht­lich Mit­te des Jah­res ver­öf­fent­li­chen. Fest steht aber schon: Anti­se­mi­ti­sche Straf­ta­ten wer­den immer häu­fi­ger began­gen, laut Poli­zei stei­ger­ten sich die Vor­fäl­le von 2020 auf 2021 um 53 Pro­zent. Die Lan­des­re­gie­rung hat des­halb im ver­gan­ge­nen Jahr eine Mel­de­stel­le ein­ge­rich­tet, um die­se bes­ser zu doku­men­tie­ren. (sfo)

+++ Das mit der Frie­dens­ket­te zwi­schen Müns­ter und Osna­brück hat wohl nicht so ganz geklappt: Anten­ne Müns­ter berich­tet, dass die ers­te Lücke schon an der Lam­ber­ti­kir­che in Müns­ter zu sehen war. Zuerst hat­ten die Organisator:innen 50.000 Teil­neh­men­de ange­peilt, dann 25.000. Die Ver­an­stal­ter sagen, die sei­en auch da gewe­sen. Die West­fä­li­schen Nach­rich­ten schrei­ben, dass sich immer­hin etwa 20.000 Men­schen dem unge­müt­li­chen Wet­ter aus­ge­setzt haben, um ein Zei­chen für den Frie­den zu set­zen. Die 55 Kilo­me­ter haben sie unter­wegs zum Teil auch mit Flat­ter­band über­brückt. In Müns­ter hat die ukrai­ni­sche Com­mu­ni­ty ihre Kund­ge­bung für die Akti­on unter­bro­chen, die heu­te eben­falls statt­fand. Im Vor­feld gab es Kri­tik an der Frie­dens­ket­te. Denn weder war klar, wie die genaue Aus­sa­ge lau­ten soll­te, noch hat­ten die Veranstalter:innen direk­ten Bezug zur Ukrai­ne und den Ukrainer:innen genom­men. (sst)

Der Rürup 

Wie es wei­ter­ging – mit der Büro­kra­tie und dem Kopftuch

Vor zwei Wochen hat Dina El-Oma­ri in ihrer Kolum­ne über Men­schen geschrie­ben, die auf ihrem Pass­bild aus reli­giö­sen Grün­den ein Kopf­tuch tra­gen und des­halb beim Bean­tra­gen eines Aus­wei­ses Pro­ble­me bekom­men. Die Stadt habe in eini­gen Fäl­len ver­langt, dass die­se Men­schen ihre Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit nach­wei­sen. Doch das sei so leicht gar nicht mög­lich, denn im Islam gebe es kei­ne zen­tra­le Stel­le, bei der Gläu­bi­ge regis­triert sind.

Unse­re Lese­rin Bri­git­te Hasen­jür­gen hat Bür­ger­amts­lei­ter Jür­gen Kup­fer­schmidt eine E-Mail geschrie­ben. Aus Kup­fer­schmidts Ant­wort dür­fen wir mit sei­ner Zustim­mung zitieren.

Kup­fer­schmidt schreibt, die recht­li­chen Vor­ga­ben sei­en klar. Das Pass­bild müs­se die Per­son ohne Kopf­be­de­ckung zei­gen. Aus­nah­men sei­en aus reli­giö­sen Grün­den mög­lich. Ihre Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit müs­se die Per­son aller­dings glaub­haft machen. Die pau­scha­le Anga­be, einem bestimm­ten Glau­ben anzu­ge­hö­ren, rei­che nicht aus.

Dass es im mus­li­mi­schen Glau­ben kei­ne Ver­wal­tungs­struk­tu­ren gibt, die den Nach­weis erleich­tern, das sei dem Gesetz­ge­ber klar gewe­sen, und das wüss­ten auch die Men­schen im Bür­ger­amt. Ganz frei ent­schei­den, wie es in der Kolum­ne dar­ge­stellt sei, könn­ten die­se aber nicht. Im Zwei­fel wer­de ihre Ent­schei­dung über­prüft. Dann müs­se sie nach­voll­zieh­bar sein.

Daher müss­ten die Men­schen glaub­haft machen, dass sie einem bestimm­ten Glau­ben ange­hö­ren. Das kön­ne auf ver­schie­de­ne Wei­se gesche­hen. Sie könn­ten sich von einer mus­li­mi­schen Gemein­de einen Nach­weis aus­stel­len las­sen. Ein Indiz sei auch die Her­kunft aus einem Land mit über­wie­gend mus­li­mi­scher Bevöl­ke­rung. Letzt­lich tra­ge man alle Indi­zi­en zusam­men. So erge­be sich ein Gesamt­bild, und dar­aus tref­fe man eine Ent­schei­dung, schreibt Kupferschmidt.

„Die Friedensbewegungen sollten sich fragen, warum aus der Ukraine niemand mitmarschiert” 

Valen­tin Peschanskyi

Seit knapp einem Jahr berich­ten wir in unse­rer Serie „Nach der Flucht“ regel­mä­ßig dar­über, wie das Leben für Mari­ia und And­re Gro­ten nach ihrer Flucht aus der Ukrai­ne in Müns­ter wei­ter­ge­gan­gen ist (auch heu­te, sie­he unten). Vor eini­gen Wochen erzähl­te And­re am Tele­fon, dass er einen Wis­sen­schaft­ler aus der Ukrai­ne ken­nen­ge­lernt habe, der in Müns­ter lebt und an der Uni­ver­si­tät arbei­tet. Sie hät­ten sich ein paar Mal getrof­fen, den gan­zen Abend gere­det, inzwi­schen hät­ten sie sich ange­freun­det. Der Wis­sen­schaft­ler heißt Valen­tin Peschan­skyi, ist 36 Jah­re alt und pro­mo­vier­ter Sla­wist. Ein freund­li­cher, zuge­wand­ter Mann mit dunk­ler Stim­me, der in sei­ner Frei­zeit Sprach­kur­se für geflüch­te­te Men­schen gibt und Men­schen bei Behör­den­gän­gen oder Arzt­be­su­chen hilft. Vor zwei Wochen hat Ralf Heimann And­re Gro­ten und Valen­tin Peschan­skyi in der Knei­pe „Zur alten Flei­sche­rei“ in der Sophien­stra­ße getrof­fen. Einen gan­zen Abend lang spra­chen sie über die Ukrai­ne und über Men­schen aus der Ukrai­ne in Müns­ter. Das war so inter­es­sant, dass Heimann sich danach mit Peschan­skyi zu einem Inter­view ver­ab­re­det hat. Das fand am Mon­tag statt. Weil Ralf Heimann sich nach den vie­len Mona­ten mit And­re Gro­ten duzt, ergab sich das im Gespräch auch mit Valen­tin Peschanskyi.

Valen­tin, du hilfst Men­schen in Müns­ter, die vor dem Krieg in der Ukrai­ne geflüch­tet sind. Was machst du genau?

Ges­tern habe ich für eine geflüch­te­te Frau einen Brief an das Job­cen­ter geschrie­ben, weil es zu Miss­ver­ständ­nis­sen gekom­men war. In der letz­ten Woche habe ich zwei Men­schen zum Arzt beglei­tet. Und heu­te hat sich ein jun­ger Mann gemel­det, weil sich ein Freund von ihm die Nase gebro­chen hat. 

Was war passiert?

Hin­ge­fal­len, ein Alltagsunfall. 

Wie kam der Mann auf dich?

Ich hat­te ihm schon ein­mal gehol­fen. Aber nor­ma­ler­wei­se läuft das über eine Anwen­dung in der App Tele­gram, über die Geflüch­te­te nach ehren­amt­li­chen Dol­met­schern suchen kön­nen. Die­se Soft­ware wird von meh­re­ren hun­dert Men­schen aus der Ukrai­ne genutzt, die jetzt in Müns­ter leben.

Wie bist du auf die­se Anwen­dung gestoßen?

Ich habe sie nicht gefun­den, ich wur­de von ihr gefun­den. Ich bekam irgend­wann eine Ein­la­dung. Das hat­te mög­li­cher­wei­se damit zu tun, dass ich mich bei der Stadt als Frei­wil­li­ger gemel­det hat­te. Viel­leicht hat irgend­wer die Num­mer wei­ter­ge­ge­ben. Falls es von der Stadt kam, war es aber eine sinn­vol­le Aus­he­be­lung des Daten­schut­zes. Also es war mir in die­sem Fall recht. 

In wel­chen Situa­tio­nen helft ihr denn?

Mitt­ler­wei­le machen wir so eini­ges. Wir schrei­ben Brie­fe an Behör­den. Wir dol­met­schen bei der Woh­nungs­su­che. Aber zuerst ging es vor allem dar­um, geflüch­te­ten Men­schen bei Arzt­be­su­chen zu helfen. 

Wie ist das, wenn man einen Men­schen ken­nen­lernt und dann gleich eine so per­sön­li­che Situa­ti­on mit­ein­an­der erlebt? 

Die Men­schen selbst müs­sen nur am Anfang eine Hür­de über­win­den. Wo es ange­bracht ist, füh­re ich vor­her eine Art Meta-Gespräch, wo ich auch sage: Mir ist klar, dass es für Sie eine unan­ge­neh­me Situa­ti­on ist. Aber für die Leu­te ist die Alter­na­ti­ve, mit einer ernst­haf­ten Erkran­kung zum Arzt zu gehen und sich da dann nur mit dem Goo­g­­le-Tran­s­la­­tor oder einem ande­ren Über­set­zungs­pro­gramm ver­stän­di­gen zu kön­nen. Das ist natür­lich schlim­mer, als wenn ich dane­ben sitze. 

Und wie erlebst du die­se Situationen?

Es ist teil­wei­se schon hart, wenn man kurz nach dem Ken­nen­ler­nen in Gesprä­chen sitzt, in denen der Arzt im Extrem­fall sagt: Sie haben nur noch weni­ge Mona­te zu leben. Aber ich habe Stra­te­gien ent­wi­ckelt, mit denen ich mich als Mensch da ein wenig raus­neh­men kann. Ich sehe mich in die­sen Situa­tio­nen als eine Art tech­ni­sches Hilfs­ge­rät oder als Medi­um, sozu­sa­gen als fleisch­ge­wor­de­ner Goo­g­­le-Tran­s­la­­tor. Aber immer gelingt das auch nicht, weil man doch einen per­sön­li­chen Kon­takt auf­baut. Manch­mal geht man ja hin­ter­her mit den Men­schen noch einen Kaf­fee trinken. 

Wor­über sprecht ihr dann?

Wir reden oft über die Situa­ti­on im Hei­mat­land. Also dar­über, was in der Hei­mat­stadt der Per­son los ist, was die Ver­wand­ten und Freun­de machen, die zurück­ge­blie­ben sind. Vie­le kom­men aus Gebie­ten, die teil­wei­se non­stop beschos­sen wer­den oder sogar unter Besat­zung ste­hen. Die meis­ten aus dem Osten des Lan­des. Und dann geht es auch um vie­le The­men, die ich von mei­ner eige­nen Migra­ti­ons­ge­schich­te ken­ne. Um das Ankom­men in Deutsch­land, um „die Deut­schen“ und die Vor- und Nach­tei­le hier. 

Was sind denn die Vor- und Nach­tei­le von Deutschland?

Die Vor­tei­le sind natür­lich die Ord­nung und dass die Men­schen hier rela­tiv geset­zes­treu sind. Auch das Gesund­heits­sys­tem ist ein ganz gro­ßer Bonus. Aus deut­scher Per­spek­ti­ve, in die ich mich mal hin­ein­neh­me, sagen wir natür­lich: Schreck­lich, unser Gesund­heits­sys­tem geht den Bach run­ter. Aber aus einer gesamt­eu­ro­päi­schen Per­spek­ti­ve ste­hen wir im Ver­gleich zu ande­ren Län­dern ziem­lich gut da. 

Und die Nachteile?

Ein gro­ßer Nach­teil ist die schlep­pen­de Digi­ta­li­sie­rung. Da ist man in den Län­dern Mit­­tel- und Ost­eu­ro­pas, also auch in der Ukrai­ne, deut­lich wei­ter. Und da ist man dann schwer irri­tiert dar­über, dass man­che klei­ne Ange­le­gen­heit in einem so rei­chen und ansons­ten pro­gres­si­ven Land einen wochen­lan­gen Brief­wech­sel erfor­dert, bis alles geklärt ist. Das ist für die Leu­te schon irri­tie­rend, wenn sie es gewohnt waren, jedes Pro­blem mit einem Klick auf dem Smart­phone zu lösen. Dazu kommt die deut­sche Amts­spra­che, aber das ist ein ande­res Thema. 

Du bist vor knapp 30 Jah­ren selbst mit dei­nen Eltern aus der Ukrai­ne nach Deutsch­land gekom­men. Wie kam es dazu?

Ich stam­me aus einer jüdisch-ukrai­­ni­­schen Fami­lie in Odes­sa. Mei­ne Eltern haben sich wie vie­le ande­re auch nach dem Zusam­men­bruch der Sowjet­uni­on ent­schlos­sen, das Land zu ver­las­sen und nach Deutsch­land zu gehen. Und dann sind wir mit dem Bus nach Baden-Wür­t­­te­m­­berg umgezogen.

Wie war das für dich, als Kind in ein Land zu kom­men, in dem man die Spra­che nicht versteht?

Ich war damals neun Jah­re alt und kam in die drit­te Klas­se einer Grund­schu­le, aber nicht in eine regu­lä­re Klas­se, son­dern zunächst in eine För­der­grup­pe. Das war aller­dings kei­ne gute Idee. 

War­um nicht?

Ich soll­te dort Deutsch ler­nen. Aber dafür sind die­se Klas­sen über­haupt nicht för­der­lich. Denn wer sitzt dort? Ande­re Kin­der aus dem eige­nen Hei­mat­land, die die eige­ne Mut­ter­spra­che spre­chen und nicht Deutsch. 

Wie hast du die Spra­che dann gelernt?

Mei­ne Mut­ter ist eine durch­set­zungs­star­ke Frau. Sie hat nach drei Mona­ten erwirkt, dass ich in eine regu­lä­re Klas­se kam und die drit­te Klas­se wie­der­ho­len durf­te. Nach wei­te­ren drei Mona­ten konn­te die Spra­che schon ganz ordent­lich ver­ste­hen und spre­chen, zwar noch mit einem sehr beschränk­ten Voka­bu­lar und mit eini­gen Feh­ler­chen. Aber ab da wur­de es bes­ser, und in der vier­ten Klas­se war ich dann schon gut genug, um das Gym­na­si­um zu besuchen. 

Erkennst du manch­mal Par­al­le­len zu Erfah­run­gen, die dei­ne Fami­lie gemacht hat? 

Frei­wil­li­ge Immi­gra­ti­on und unfrei­wil­li­ge Flucht­er­fah­rung sind kate­go­risch völ­lig unter­schied­li­che Din­ge. Des­we­gen mag ich das nicht ver­glei­chen. Aber mir fällt tat­säch­lich auf, dass es bei­spiels­wei­se das Pro­blem mit den För­der­klas­sen auch heu­te noch gibt. 

Heu­te unter­rich­test du in Müns­ter selbst geflüch­te­te Menschen. 

Ja, die Flücht­lings­hil­fe Müns­­ter-Ost hat einen ehren­amt­li­chen Deutsch-Kurs für Geflüch­te­te orga­ni­siert, die noch län­ger auf einen Platz in einem „rich­ti­gen“ Inte­gra­ti­ons­kurs war­ten. Der Kurs fin­det an drei Nach­mit­ta­gen statt. Eltern kön­nen auch ihre Kin­der mit­neh­men, die in der Zeit betreut werden. 

Wie läuft der Unter­richt in dei­nen Kursen? 

Kei­ne von den Leh­ren­den hat davor Sprach­kur­se für geflüch­te­te Erwach­se­ne gege­ben, daher war das alles am Anfang eher behelfs­mä­ßig orga­ni­siert. Wir haben erst­mal All­tags­si­tua­tio­nen durch­ge­spielt und die hier­für wich­ti­gen Voka­beln gelernt. Nach bald einem Jahr sind wir nun deut­lich pro­fes­sio­nel­ler gewor­den. Die aktu­el­le Grup­pe, die seit Anfang des Jah­res bei uns ist, wol­len wir zumin­dest auf das Sprach­ni­veau A1 brin­gen, also auf ein Niveau, auf dem man ein­fa­che Sät­ze ver­steht und ver­wen­den kann. So berei­ten wir sie auf die Inte­gra­ti­ons­kur­se vor. Dort läuft der Unter­richt in einem rela­tiv atem­be­rau­ben­den Tem­po. Kom­plett auf Deutsch. Ein ande­rer Punkt ist die sozia­le und psy­cho­lo­gi­sche Kom­po­nen­te: Wir wol­len den Men­schen auch einen Treff­punkt geben, ein paar fixe Ter­mi­ne in der Woche. 

Also einen struk­tu­rier­ten Alltag. 

Genau. Für die Geflüch­te­ten ist Leer­lauf nach der Flucht ja oft ein Pro­blem. Der Krieg reißt sie aus ihrem Arbeits­le­ben, aus ihrem All­tag, danach folgt meist noch eine trau­ma­ti­sche Flucht­er­fah­rung. Die Men­schen lan­den in Deutsch­land in irgend­ei­ner Not­un­ter­kunft. Und dann sit­zen sie Tage und Wochen da und haben eigent­lich nichts zu tun außer Amts­gän­gen und der Dau­er­grü­be­lei über den Krieg. Das ist ja für einen gesun­den, erwach­se­nen Men­schen kein Zustand. Wir woll­ten den Men­schen also auch hel­fen, ihre sozia­len und mensch­li­chen Bedürf­nis­se zu decken.

Und wie fin­den die Men­schen zu euch?

Ganz klas­sisch über Aus­hän­ge in den Not­un­ter­künf­ten. Beim letz­ten Mal habe ich ein­fach eine Anzei­ge in einem Tele­­gram-Kanal ver­öf­fent­licht: „Wir haben noch Platz. Wir suchen 15 Leu­te. Bit­te mel­det euch.“ Das geht dann meis­tens auch sehr schnell, weil die Men­schen schnellst­mög­lich die Spra­che ler­nen wol­len, um sich in ihrer neu­en Umge­bung zurecht­zu­fin­den und Per­spek­ti­ven zu haben.

Wie vie­len der Geflüch­te­ten, die du kennst, ist es denn schon gelun­gen, in Müns­ter eine Woh­nung zu finden? 

Von allen, die ich bis­lang getrof­fen habe, haben nur drei eine gefun­den. Die Situa­ti­on ist ja über­all in Deutsch­land pro­ble­ma­tisch. Auch als mei­ne Freun­din und ich mit einem deut­schen Pass und einem nor­ma­len Gehalt vor bald zwei Jah­ren in Müns­ter eine Woh­nung such­ten, war das sehr schwie­rig und hat Mona­te gedau­ert. Die meis­ten Geflüch­te­ten, die ich ken­ne, leben wei­ter in Not­un­ter­künf­ten. Und das ist teil­wei­se wirk­lich absurd. 

Wie­so?

Mei­ne dies­be­züg­li­che Lieb­lings­ge­schich­te“ ist die von einer vier­köp­fi­gen Fami­lie, Vater, Mut­ter, Sohn und Toch­ter. Sohn und Toch­ter sind so um die zehn Jah­re alt. Sie alle leben seit zehn Mona­ten in einem ein­zi­gen Zim­mer. Eine Woh­nung kön­nen sie nicht fin­den, weil der Staat vor­gibt: Wenn man zu viert ist und Kin­der ver­schie­de­nen Geschlechts hat, dann muss die Woh­nung über 90 Qua­drat­me­ter ver­fü­gen und über vier Zim­mer, damit die Kin­der und Eltern jeweils ein eige­nes Zim­mer haben und es ein Wohn­zim­mer gibt. Das sind die staat­li­chen Vorgaben.

Aber so eine Woh­nung fin­det man nicht. 

Rich­tig. Wie man sich den­ken kann: Von dem Geld, das man vom Job­cen­ter zuge­teilt bekommt, kann man sich so eine Woh­nung für gewöhn­lich nicht leis­ten. Die­se Men­schen haben sich jetzt schon zig Woh­nun­gen ange­schaut, aber sie haben kei­ne bekom­men. Und das Absur­de dar­an ist, dass man um das Wohl die­ser Fami­lie so besorgt ist, dass man einer­seits sagt: Die müs­sen alle eige­ne Zim­mer haben. Aber dass die­se Kin­der jetzt seit einem knap­pen Jahr mit ihren Eltern zusam­men in einem Zim­mer ohne eige­nes Bad leben, das stört nie­man­den. 

Und wie ist es mit Arbeit?

Na ja, wie das in Deutsch­land eben so ist. Eine nie­der­schwel­li­ge Arbeit, wo man ein biss­chen was ver­dient, ist unat­trak­tiv. Wenn du vom Job­cen­ter Geld bekommst und über 100 Euro ver­dienst, wird ein beträcht­li­cher Teil des Gel­des abge­zo­gen. Also wenn du 200 Euro ver­dienst, sind 80 Pro­zent gleich wie­der weg. Wenn du 600 Euro bekommst, kriegst du am Ende nur 200 Euro raus. Und es ist klar, dass die meis­ten Leu­te, die noch kei­ne Sprach­kennt­nis­se haben, am Anfang auch nicht so anspruchs­vol­le Jobs machen kön­nen. Sie kön­nen als Rei­ni­gungs­kräf­te arbei­ten, in der Küche aus­hel­fen, obwohl sie sehr häu­fig für viel bes­se­re Jobs aus­ge­bil­det wur­den oder gar Hoch­schul­ab­schlüs­se haben. Doch der Staat macht auch sol­che Arbeit nicht gera­de attrak­tiv. Aber das ist ja ein uraltes Problem. 

Wenn du Men­schen zum Arzt beglei­test oder Sprach­kur­se gibst, pas­siert das alles in dei­ner Frei­zeit. Du beschäf­tigst dich als Sla­wist an der Uni Müns­ter aber auch beruf­lich mit der Regi­on, in der jetzt Krieg herrscht. Hilft dir das dabei, das alles etwas bes­ser zu verstehen?

Es gibt in der Wahr­neh­mung ja ver­schie­de­ne Ebe­nen. Einer­seits die Ratio­na­le, die bei mir durch die pro­fes­sio­nel­le Beschäf­ti­gung ganz gut ange­füt­tert ist. Und auf die­ser Ebe­ne bin ich nicht beson­ders über­rascht gewe­sen, denn das war immer eine rea­le Gefahr. In Deutsch­land ver­gisst man ja oft, dass der Krieg in der Ukrai­ne seit 2014 läuft. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat er sich im Grun­de nur radi­kal aus­ge­wei­tet und extre­me For­men ange­nom­men. Und auch das kam nicht aus dem Nichts. In den Fach­com­mu­ni­tys, die sich mit Mit­­tel- und Ost­eu­ro­pa beschäf­ti­gen, war man in gro­ßen Tei­len zwar wie alle geschockt, aber nicht in dem Sin­ne über­rascht, dass das jetzt aus hei­te­rem Him­mel kam. Da macht man sich über das Putin-Regime schon seit Jah­ren kei­ne Illu­sio­nen mehr. Auf der rein emo­tio­na­len Ebe­ne bekommt man das trotz­dem alles nicht zusammen.

Hast du noch Fami­lie oder Ver­wand­te in Odessa? 

Nein, viel­leicht Cou­sins drit­ten Gra­des, zu denen ich kei­nen Kon­takt habe. Ich ken­ne dort aber noch Men­schen. Freun­de, Weg­ge­fähr­ten, auch Freun­de mei­ner Eltern, mit denen ich auf­ge­wach­sen bin. Und natür­lich gibt es im gan­zen Land Bekann­te und Kol­le­gen. Oder Ange­hö­ri­ge und Freun­de von Ukrai­nern, die ich erst hier ken­nen­ge­lernt habe. 

Wie hast du den rus­si­schen Angriff vor einem Jahr erlebt?

Am aller­ers­ten Kriegs­tag sind ja auch in Odes­sa ein paar Rake­ten gelan­det. Das ging nicht in mei­nen Kopf. Das war für mich wie ein Film oder Com­pu­ter­spiel, wie ein fik­tio­na­les Werk. Von einem Tag auf den ande­ren sieht man, dass in der Stadt, in der man zur Welt gekom­men ist, Krieg herrscht. Natür­lich habe ich den abso­lu­ten Luxus, hier in Sicher­heit zu leben und mich auch mal für eine Wei­le aus­klin­ken zu kön­nen. Den­noch muss­te ich das erst­mal verarbeiten.

Wie hast du das gemacht?

Das war eine lan­ge Kri­sen­zeit, ein voll­kom­me­ner Aus­nah­me­zu­stand. Ich habe jedes klei­ne Fit­zel­chen auf den Social-Media-Kanä­­len und auf Nach­rich­ten­sei­ten auf­ge­so­gen. Ich habe alles minu­ti­ös ver­folgt. Ich wuss­te in die­ser Zeit genau, wo in der Ukrai­ne ein Stück­chen Metall vom Him­mel gefal­len ist. Ich wuss­te, wo wel­che Fron­ten ver­lau­fen und was im Detail dort gera­de passiert. 

War­um woll­test du das alles wissen?

Die­se Detail-Obses­­si­on ist wahr­schein­lich ein psy­cho­lo­gi­scher Schutz­me­cha­nis­mus. Man gewinnt dadurch eine ziem­lich unsin­ni­ge Illu­si­on von Kon­trol­le und meint, dass man es durch den ver­meint­li­chen Über­blick irgend­wie im Griff hat. In dem Moment kann man ja sonst auch nichts machen. Man kann nur dasit­zen und warten. 

Wie lan­ge hat die­se Pha­se gedauert?

Bis ich mich wie­der berap­pelt habe und akzep­tiert habe, dass das pas­siert ist, sind unge­fähr zwei Wochen ver­gan­gen. Nach zwei Mona­ten war ich wie­der ganz funk­ti­ons­fä­hig. Der Medi­en­kon­sum nahm ab, umge­kehrt pro­por­tio­nal dazu wuchs der Anteil der Zeit, die ich mit Geflüch­te­ten ver­bracht habe. 

Hat der 24. Febru­ar, der Tag des rus­si­schen Angriffs, für dich eine beson­de­re Bedeutung?

Es ist ein beson­de­rer Tag, weil er für uns alle eine Zäsur ist. In ers­ter Linie selbst­ver­ständ­lich für die Ukrai­ne, für die es ein kol­lek­ti­ves Trau­ma ist, dann für Euro­pa und wahr­schein­lich für die gan­ze Welt. Ich den­ke, im Nach­gang wird der Tag so ein­ge­ord­net wie der Beginn der bei­den Welt­krie­ge, die Auf­lö­sung der Sowjet­uni­on oder der 11. September. 

Zwi­schen Müns­ter und Osna­brück hat heu­te eine Men­schen­ket­te statt­ge­fun­den. Dar­über ist vor­her viel dis­ku­tiert wor­den. Was hältst du von den Auf­ru­fen zum Frieden?

Mir fällt auf, dass die­se Auf­ru­fe oft eine gewis­se anti­ame­ri­ka­ni­sche und russ­land­freund­li­che Schlag­sei­te haben und mei­nem Ein­druck nach bes­ten­falls naiv sind. Die Betei­lig­ten tun so, als hät­te man es hier mit zwei Kriegs­par­tei­en auf Augen­hö­he zu tun, die über einen Zank­ap­fel strei­ten und sich nur hin­set­zen müss­ten und dann wäre alles vor­bei. Damit rela­ti­vie­ren sie häu­fig die rus­si­sche Kriegs­schuld und nivel­lie­ren das Ver­hält­nis von Opfer und Täter. Und das ist zynisch. Es gibt so etwas ja sel­ten, aber hier ist es ganz klar: Es gibt eine Opfer­sei­te, die ange­grif­fen wur­de, und einen kla­ren Angrei­fer, der einen ter­ro­ris­ti­schen Krieg mit geno­zi­da­len Zügen führt und tag­täg­lich Kriegs­ver­bre­chen gegen die Zivil­be­völ­ke­rung begeht. Jeder ernst­haf­te Pazi­fis­mus muss sich gegen den Angrei­fer wen­den. Wenn Putin sich ent­schei­den wür­de, von heu­te auf mor­gen die Trup­pen zurück­zu­zie­hen, dann wäre der Krieg vor­bei. Wenn die Ukrai­ne die Waf­fen nie­der­legt, gibt es das Land im eigent­li­chen Sin­ne nicht mehr. Und es ist ja nicht so, dass nicht ver­han­delt wür­de. 

Was genau meinst du?

Man hat bis zum Kriegs­be­ginn und selbst danach ver­han­delt. Auch das Abkom­men zum Getrei­­de-Export bei­spiels­wei­se wur­de schon wäh­rend des Kriegs aus­ge­han­delt. Sonst hät­ten wir jetzt zusätz­lich zum Krieg eine gewal­ti­ge Hun­ger­kri­se. Und im Hin­ter­grund lau­fen natür­lich auch wei­ter­hin non­stop diplo­ma­ti­sche Bemü­hun­gen. Die kön­nen aber nur fruch­ten, wenn die Ukrai­ne mili­tä­risch in eine star­ke Ver­hand­lungs­po­si­ti­on kommt.

Kann man mit Russ­land denn über­haupt verhandeln? 

Das ist eine wei­te­re Fra­ge, die sich stellt und zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt zu ver­nei­nen wäre. Eine ande­re ist: Wor­über ver­han­delt man? Es gibt hier eine revi­sio­nis­ti­sche und revan­chis­ti­sche Macht mit einem impe­ria­len Phan­tom­schmerz. Und die möch­te – das for­mu­lie­ren Putin, sein Umfeld und sei­ne Pro­pa­gan­dis­ten immer wie­der – die Ukrai­ne und die ukrai­ni­sche Kul­tur fak­tisch aus­lö­schen. Wie will man mit so jeman­dem ver­han­deln? Und dann: Wer garan­tiert, dass die Ergeb­nis­se die­ser Ver­hand­lun­gen bin­dend sind? Man hat es ja mit patho­lo­gi­schen Lüg­nern zu tun, denen alle Abkom­men und Ver­trä­ge egal sind. Noch am 22. Febru­ar hieß es: Nie­mand beab­sich­tigt, in die Ukrai­ne ein­zu­mar­schie­ren. Und dann ist es trotz­dem pas­siert. 

Was denkst du, wenn du die­se Auf­ru­fe zum Frie­den liest?

Ich wün­sche mir dann, dass die Initia­to­ren und deren Anhän­ger sich ein­mal fra­gen, war­um die Men­schen aus der Ukrai­ne bei ihnen nicht mit­mar­schie­ren und sich dar­auf nicht ein­las­sen. Ich habe noch von kei­nem Ukrai­ner und kei­ner Ukrai­ne­rin gehört, und ich bin ja mit Hun­der­ten in Kon­takt, dass sie so eine Initia­ti­ve für gut hal­ten. Man soll­te sich ein­fach fra­gen: War­um set­zen die­se gan­zen Men­schen, deren Väter, Brü­der, Män­ner, Söh­ne, Freun­de und Bekann­te noch dort sind, nicht auf die­se Wei­se für die­sen Frie­den ein? 

War­um machen sie das nicht?

Für die meis­ten ist der Krieg die größ­te Tra­gö­die ihres Lebens. Aber sie wis­sen auch genau, was ein Frie­den mit dem Putin-Regime zum jet­zi­gen Zeit­punkt bedeu­tet: in den okku­pier­ten Gebie­ten Kriegs­ver­bre­chen gegen die Zivil­be­völ­ke­rung, Ermor­dun­gen, Fil­­tra­­ti­ons- und Umer­zie­hungs­la­ger, Tau­sen­de nach Russ­land ver­schlepp­te Kin­der, Hin­rich­tun­gen von Intel­lek­tu­el­len, Zer­stö­rung der mate­ri­el­len Kul­tur­gü­ter, ein Leben unter einer tota­li­tä­ren Will­kür­herr­schaft und die Aus­lö­schung der ukrai­ni­schen Staat­lich­keit. Das kennt man ja alles von der Krim und aus dem Don­bass und natür­lich von den zuletzt befrei­ten Gebie­ten. Und Putin wür­de dadurch die Abso­lu­ti­on für die zehn­tau­send­fa­chen Ver­bre­chen bekom­men, sich in sei­ner Stra­te­gie bestärkt sehen und Kräf­te für eine neue Offen­si­ve sammeln.

Valen­tin Peschan­skyi ist aka­de­mi­scher Rat am Insti­tut für Sla­wis­tik der Uni Müns­ter. Im Moment arbei­tet er an sei­ner Habilitation. 

Zahlen, bitte. 

Ende 2021 waren in Müns­ter 448 Per­so­nen mit ukrai­ni­scher Staats­an­ge­hö­rig­keit gemel­det. Ende 2022 waren es 3.648, was einer Stei­ge­rung von 814 Pro­zent ent­spricht. Aktu­ell sind über 90 Pro­zent der Ukrainer:innen als Kriegs­ge­flüch­te­te regis­triert. Quel­le: Stadt Münster/Ausländerzentralregister

Klima-Update

+++ Der Krieg in der Ukrai­ne zer­stört nicht nur Men­schen­le­ben, son­dern auch die Umwelt. Orga­ni­sa­tio­nen wie Pax und Green­peace doku­men­tie­ren die Umwelt­schä­den. Dazu gehö­ren Wald­brän­de, gif­ti­ge Dämp­fe aus Fabri­ken, bren­nen­de Treib­stoff­de­pots, Ölver­schmut­zun­gen im Schwar­zen Meer und Muni­ti­on. Letz­te­re ent­hält unter ande­rem Schwer­me­tal­le, die Boden und Was­ser ver­seu­chen. Durch geziel­te Angrif­fe auf die ukrai­ni­sche Infra­struk­tur wer­den bei­spiels­wei­se Kraft­wer­ke in Brand gesetzt, die ihre Umge­bung mit Öl ver­seu­chen. Wenn gan­ze Öko­sys­te­me ver­seucht sind, kommt es schnell zu Krank­hei­ten und Seu­chen für Mensch und Tier, sagt Wim Zwi­j­nen­burg von der Frie­dens­or­ga­ni­sa­ti­on Pax. Nach Anga­ben einer ukrai­ni­schen Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on belie­fen sich die Umwelt­schä­den im Novem­ber bereits auf 36 Mil­li­ar­den Euro. Eini­ge Gebie­te wer­den wahr­schein­lich für lan­ge Zeit nicht oder nur schwer bewohn­bar sein. (fkr)

+++ Und noch etwas zur Indus­trie­struk­tur der Ukrai­ne: Im Wes­ten des Lan­des sind vie­le Che­mie­an­la­gen ange­sie­delt, im Osten fin­det vor allem Koh­le­ab­bau statt. Allein der Berg­bau bringt in die­ser Situa­ti­on vie­le Pro­ble­me mit sich: Seit 2014 legt der Krieg die Arbeit in den Koh­le­ge­bie­ten lahm. Die Fol­gen: Koh­le­gru­ben im Don­bass wur­den geschlos­sen und unkon­trol­liert geflu­tet. Das Gru­ben­was­ser führt zu Boden­sen­kun­gen und lässt Stra­ßen und Häu­ser ein­stür­zen. Kommt es in Kon­takt mit dem Grund­was­ser, ver­seucht es die­ses. Das ist im Abbau­ge­biet bereits der Fall. Dort wer­den auch radio­ak­ti­ve Stof­fe unter­ir­disch gela­gert. Wie es um die­se Lager steht, ist schwer zu sagen. (fkr)

+++ Die Euro­päi­sche Uni­on stellt min­des­tens 7 Mil­lio­nen Euro für die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung ukrai­ni­scher Städ­te bereit. Als Teil der EU-Phoe­nix-Initia­ti­ve hofft die ukrai­ni­sche Regie­rung, sich einer EU-Mit­glied­schaft anzu­nä­hern. Mit dem Geld könn­ten beim Wie­der­auf­bau ener­gie­ef­fi­zi­en­te Schu­len und Kin­der­gär­ten geplant wer­den und ähn­li­che ukrai­ni­sche und EU-Städ­te könn­ten sich über ihre Erfah­run­gen im Bereich Ener­gie­ef­fi­zi­enz und Kli­ma­neu­tra­li­tät aus­tau­schen. (fkr)

+++ Die ers­te Akti­on der Grup­pe „Letz­te Gene­ra­ti­on“ in Müns­ter war dann doch recht schnell vor­über: Ver­gan­ge­nen Diens­tag hat­ten neun Klimaaktivist:innen vor, die Waren­dor­fer Stra­ße zu blo­ckie­ren. Das hat nicht geklappt, denn die Poli­zei war eben­falls vor Ort und hat das Vor­ha­ben been­det, bevor es über­haupt star­ten konn­te. Laut den West­fä­li­schen Nach­rich­ten haben die Beamt:innen vor Ort Ban­ner und Kle­ber abge­nom­men, die even­tu­ell als Beweis­mit­tel her­hal­ten müs­sen. Denn die Poli­zei hat nun Anzei­ge erstat­tet gegen die, die sie vom Pro­test abge­hal­ten hat. Der Vor­wurf: ver­such­te Nöti­gung. Erst ein­mal sei das aber nicht mehr als ein Anfangs­ver­dacht, heißt es aus der Pres­se­stel­le der Poli­zei, und ein ganz nor­ma­les Vor­ge­hen. Polizist:innen sei­en in so einem Fall ver­pflich­tet, Anzei­ge zu erstat­ten. Die Prü­fung über­nimmt nun die Staats­an­walt­schaft. Die Grup­pie­rung kün­digt indes wei­te­re Aktio­nen an. Und unter uns: Wenn die Gerichts­ver­hand­lun­gen dann so wie bei Grup­pen­mit­glied Hen­ning Jesch­ke ablau­fen, wün­schen wir uns das viel­leicht auch ein biss­chen. (sst)

Nach der Flucht

Ende März hat­te Johan­ne Burk­hardt für RUMS mit dem Müns­te­ra­ner And­re Gro­ten gespro­chen. Er hat zusam­men mit sei­ner Frau in Kyjiw gelebt und muss­te zu Beginn des Kriegs flüch­ten. Hier erzäh­len wir, wie es für die bei­den nach ihrer Flucht weiterging.

Heu­te Mor­gen erin­ner­te And­re Gro­ten sich dar­an, wie er vor genau einem Jahr geweckt wur­de. Von einem Anruf. Sei­ne Schwie­ger­mut­ter war dran. Sie sag­te, es sei Krieg. Und jetzt sind all die­se Gefüh­le aus die­sem Moment zurück bei And­re und sei­ner Frau Mari­ia. „Es geht uns bei­den heu­te nicht gut“, sag­te And­re. Sie bei­de den­ken an die­sen Tag, der bis heu­te nicht enden will. So beschrei­ben vie­le Men­schen aus der Ukrai­ne ihr Gefühl. Und jetzt steht das Datum wie­der im Kalen­der. Am Mor­gen haben And­re und Mari­ia gear­bei­tet, wie immer. Als Mari­ia vor einem Drei­vier­tel­jahr ihren Jah­res­ver­trag unter­schrieb, konn­te sich kaum jemand vor­stel­len, dass noch immer Krieg sein wür­de, wenn der Ver­trag endet. Im Rück­blick erscheint das unwahr­schein­lich. Doch so ist es jetzt gekom­men. Und es ist nicht nur der Krieg, es ist auch die Unge­wiss­heit. Es ist ja nicht klar, ob alles gut aus­ge­hen wird. Vor allem ist nicht klar, wie das Ende aus­se­hen wird. Dass man sich an einen Tisch setzt und über den Frie­den ver­han­delt, erscheint unwahr­schein­lich, solan­ge Putin die Macht hat. Wie soll man mit jeman­dem ver­han­deln, der einen über­fal­len hat und als Gei­sel hält? So sehen die meis­ten Men­schen aus der Ukrai­ne es. Daher haben And­re und Mari­ia heu­te auch nicht an der Frie­dens­ket­te zwi­schen Müns­ter und Osna­brück teil­ge­nom­men, son­dern an einer Soli­da­ri­täts­ver­an­stal­tung mit der Ukrai­ne, die eben­falls in Müns­ter statt­fand. „Wir müs­sen zuse­hen, dass wir die­sen Tag irgend­wie rum­krie­gen“, sag­te And­re am Tele­fon. Ab mor­gen geht der Krieg ins zwei­te Jahr. (rhe)

Anony­mer Briefkasten

Haben Sie eine Infor­ma­ti­on für uns, von der Sie den­ken, sie soll­te öffent­lich wer­den? Und möch­ten Sie, dass sich nicht zurück­ver­fol­gen lässt, woher die Infor­ma­ti­on stammt? Dann nut­zen Sie unse­ren anony­men Brief­kas­ten. Sie kön­nen uns über die­sen Weg auch anonym Fotos oder Doku­men­te schicken.

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Frau­en­stra­ße ist am Wochen­en­de gesperrt, weil dort gebaut wird. (Stadt Müns­ter)

+++ Nächs­te Woche ist die Ach­ter­mann­stra­ße gesperrt, weil dort Kampf­mit­tel besei­tigt wer­den. (Stadt Müns­ter)

+++ Am Don­ners­tag hat die Stadt eine Flä­che am Bre­mer Platz ein­ge­rich­tet, an der sich die soge­nann­te Dro­gen­sze­ne wäh­rend des Umbaus auf­hal­ten kann. (Stadt Müns­ter)

+++ Der Par­do-Steeg am Aasee wird saniert und ist erst Ende des Som­mers fer­tig. (Stadt Müns­ter)

+++ Müns­ter bekommt kei­ne Pfandsam­mel­bo­xen, weil ande­re Kom­mu­nen damit schlech­te Erfah­run­gen wie Scher­ben und Van­da­lis­mus gemacht haben. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Bischof Felix Genn hat den Ver­wal­tungs­di­rek­tor abbe­ru­fen, ohne dafür einen Grund zu nen­nen. (Bis­tum Müns­ter)

+++ Das Bis­tum Müns­ter sieht in der Esse­ner Miss­brauchs­stu­die kei­ne neu­en Erkennt­nis­se zu Müns­ters Bischof Felix Genn. (Kir­che und Leben)

+++ Die Stadt will noch bis Mit­te nächs­ter Woche das Grund­stück des Kin­der­hau­ser Müll­samm­lers auf­räu­men und ihm dafür die Rech­nung schi­cken. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

+++ Die Poli­zei sucht nach Zeu­gen, die am Mon­tag­abend gese­hen haben, wie jemand eine ande­re Per­son mit einer Schuss­waf­fe bedroht haben soll. (Poli­zei Müns­ter)

+++ Die Bun­des­po­li­zei hat jeman­den fest­ge­nom­men, der zuvor einen Zug­be­glei­ter auf einem Bahn­steig im Haupt­bahn­hof mit einem Mes­ser bedroht haben soll. (Bun­des­po­li­zei NRW)

+++ Der gebür­ti­ge Ira­ner Fari Hadi­pour hält in einem aus­ran­gier­ten Lini­en­bus auf dem Schloss­platz eine Dau­er­mahn­wa­che zur Unter­stüt­zung der Pro­test­be­we­gung im Iran ab. (WDR)

+++ Ein Gedicht des Poet­ry-Slam­mers Mari­an Heu­ser aus Müns­ter ist doch glatt in einem Schul­buch für Neuntklässler:innen gelan­det. (WDR)

+++ In Hil­trup fin­det am Mon­tag eine Info­ver­an­stal­tung zur bean­trag­ten Umbe­nen­nung der Heid­eg­ger­stra­ße statt, in der es um die Nähe des Phi­lo­so­phen Mar­tin Heid­eg­ger zum Natio­nal­so­zia­lis­mus gehen wird. (Stadt Müns­ter)

+++ Eine Frau hat bei der Poli­zei eine Ver­ge­wal­ti­gung am frü­hen Sonn­tag­mor­gen gemel­det, die­se sucht nun Zeu­gen. (Poli­zei Müns­ter)

Unbezahlte Werbung

Gegen­über vom Schloss­thea­ter befin­det sich ein Stück Kul­tur. Kioskkul­tur, um genau zu sein. Der X-Vier­tel-Kiosk im klei­nen Büd­chen bie­tet eine gro­ße Aus­wahl an Geträn­ken, Sitz­ge­le­gen­hei­ten je nach Gus­to im Schat­ten oder in der Son­ne und die Mög­lich­keit, einen net­ten Plausch mit den Betrei­bern zu hal­ten. Und sonn­tags bekommt man dort auch das Nötigs­te für den all­täg­li­chen Bedarf.

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Heu­te haben Fabi­an Cohrs, Sebas­ti­an Fob­be und Ralf Heimann für Sie ein paar schö­ne Ver­an­stal­tungs­tipps herausgesucht. 

+++ Noch auf der Suche nach einem Abend­pro­gramm? Heu­te bie­tet die Thea­ter­büh­ne im Krea­tiv­haus einen Ein­blick in die Welt des Nar­ziss­mus und Gel­tungs­drangs. Alles ganz locker und humo­ris­tisch in Kaba­rett­form, ver­steht sich. Sie erwar­ten Erzäh­lun­gen aus All­tags­si­tua­tio­nen und der Berufs­welt, vor­ge­tra­gen von Regi­na Schrott und Chris­toph Hil­ger. Kar­ten für das um 20 Uhr star­ten­de „Narz­a­rett“ gibt es noch hier.

+++ Bei ihrem ers­ten Abend­sa­lon im Krea­tiv-Haus am Mitt­woch wol­len Katha und Lea, Psy­cho­lo­gin und Betriebs­wir­tin (Nach­na­men ste­hen nicht in der Ankün­di­gung), sich mit Frau­en in Müns­ters Ver­gan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft aus­ein­an­der­set­zen. Dabei geht es auch um eine wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis: Wenn Teams, die nicht nur aus Men­schen eines ein­zi­gen Geschlechts bestehen, Ent­schei­dun­gen tref­fen, fal­len die­se oft anders aus. Zu Gast ist Luci­en­ne Ban­gu­ra-Nott­beck. Sie wird über weib­li­ches Empower­ment spre­chen. Noch ein paar Tickets und wei­te­re Infor­ma­tio­nen gibt es hier.

+++ Bei bes­tem Sonn­tags­wet­ter bie­tet sich ein Aus­flug in die Natur an. Und falls Sie es aben­teu­er­lich mögen, dür­fen Sie den Aus­flug auch „Müns­ter­land-Safa­ri“ nen­nen: In der Hohen Ward führt Udo Wel­ler­dieck Sie am Sonn­tag durch Hil­trup. Name der Safa­ri: „Auf den Spu­ren der Schwei­ne“. Im Zen­trum steht das Leben der Wild­schwei­ne hier in der Regi­on. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Daten zur Anmel­dung fin­den Sie hier.

+++ Ab heu­te zeigt die Gale­rie Osten­dorff eine Aus­stel­lung von Pablo Picas­so. Sie ist eine Hom­mage zu sei­nem 50. Todes­tag. Zu sehen sind über hun­dert Wer­ke des Künst­lers. Die Ver­nis­sa­ge hat heu­te um 17 Uhr begon­nen, die „Hom­mage à Picas­so“ kön­nen Sie noch bis zum 18. März besuchen.

+++ Der Früh­ling kommt, damit wird auch das Fahr­rad­fah­ren wie­der attrak­ti­ver. Wer sei­ne oder ihre Lee­ze auf Vor­der­mann brin­gen möch­te, das aller­dings nicht allei­ne machen möch­te, kann am Sams­tag ab 12 Uhr zum Cuba in der Ach­ter­mann­stra­ße kom­men. Werk­zeug und Hil­fe zur Selbst­hil­fe wer­den gestellt, eine Anmel­dung ist nicht nötig. Mehr Infor­ma­tio­nen bekom­men Sie hier.

+++ Till Lin­de­mann und sei­ne Band­kol­le­gen sol­len sich ja „ordent­lich beöm­melt“ haben, als sie von die­ser Par­ty­rei­he hör­ten: „Stramm­sein“ fin­det Sams­tag­nacht wie­der in der Sputnik­hal­le statt. Zwar gibt es kei­ne Live­mu­sik, aber zwei DJs, die das Publi­kum ab 23 Uhr mit Ramm­stein und ande­rer Musik aus dem lau­te­ren Gitar­ren­spek­trum unter­hal­ten. Wer mit­ge­schleppt wur­de und das eigent­lich eher anstren­gend fin­det (oder ein­fach ger­ne Pfef­fi mag), bekommt Shots umsonst am DJ-Pult. Die Abend­kas­se kos­tet 8 Euro, mehr Infor­ma­tio­nen fin­den Sie hier.

+++ Die Ukrai­ne­rin Alek­san­dra über­leb­te die Hun­gers­not Holo­do­mor, wur­de von den Nazis nach Deutsch­land ver­schleppt und fing nach dem Zwei­ten Welt­krieg in den Nie­der­lan­den ein neu­es Leben an. Ihre Enke­lin, die Autorin Lisa Weeda, hat 2021 ihre bewe­gen­de Fami­li­en­ge­schich­te auf­ge­schrie­ben und als Roman ver­öf­fent­licht. Heu­te, am Jah­res­tag des Ukrai­ne­kriegs, erscheint „Alek­san­dra“ in deut­scher Spra­che. Am 13. März wird Bir­git Erd­mann, die Über­set­ze­rin des Romans, im Haus der Nie­der­lan­de zu Gast sein und bei einer Lese­run­de des Lite­ra­tur­ma­ga­zins „Tra­lalit“ mit RUMS-Lek­to­rin Lisa Men­sing über das Buch dis­ku­tie­ren. Wenn Sie an der Ver­an­stal­tung teil­neh­men möch­ten, kön­nen Sie sich per Mail anmel­den. Die Teil­neh­men­den soll­ten das Buch vor­ab (zumin­dest in Tei­len) gele­sen haben.

Am Diens­tag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Haben Sie ein schö­nes Wochenende!

Herz­li­che Grü­ße
Sven­ja Stühmeier

Mit­ar­beit: Sebas­ti­an Fob­be (sfo), Ralf Heimann (rhe), Jan Gro­ße Nobis (jgn), Frie­da Kru­ken­kamp (fkr), Fabi­an Cohrs (fco)
Lek­to­rat: Anto­nia Strotmann

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PS

Falls Sie zufäl­lig stu­die­ren und neben­bei Bier brau­en, hier ein Frei­zeit­tipp für Sie: Beim „Stu­dents‘ Beer Award“ kön­nen Sie sich mit ande­ren Brauer:innen mes­sen und bes­ten­falls als Sieger:in aus dem Wett­be­werb gehen. Was Sie dafür tun müs­sen? Naja, Bier brau­en halt. Und zwar ent­we­der deut­sches Pils, Irish Stout, Ame­ri­can Pale Ale oder ein krea­ti­ves „Win­ter­bier“. Anmel­den kön­nen Sie sich bis zum 17. Juli auf der Inter­net­sei­te, Ein­sen­de­schluss für Ihr Bier ist am 31. Juli. Damit unter­stüt­zen Sie übri­gens die Aus­bil­dung eini­ger Stu­die­ren­der an der FH, denn das Gan­ze ist in einem Oeco­tropho­lo­gie-Semi­nar zum Event­ma­nage­ment ent­stan­den. Wer es dann im Okto­ber aufs Trepp­chen schafft, gewinnt Poka­le, Urkun­den und Brau­ma­te­ri­al. (sst)