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Resolution gegen Rechtsextremismus | Markus Lewe erklärt Münsters Klimapolitik | Unbezahlte Werbung: Takumi
Guten Tag,
am Mittwoch ist etwas Ungewöhnliches im Rat passiert: Ein Ratsherr ist mittendrin gegangen. Wohl noch ungewöhnlicher: Deswegen haben andere Ratsmitglieder applaudiert. Klingt seltsam ungehalten für dieses politische Gremium, oder?
AfD-Vertreter Richard Mol war derjenige, der den Saal aus Protest verlassen hat. Er fand es skandalös, dass sich die übrigen Parteien einer Erklärung gegen Rechtsextremismus an die Trierer Erklärung angeschlossen hatten. Der Deutsche Städtetag hatte die Erklärung als Reaktion auf das Treffen in Potsdam formuliert.
Anstoß des Ganzen war ein Antrag der Internationale Fraktion, dem nicht alle zustimmen wollten. Wenn man den Text neben die Trierer Erklärung legt, stellt man etwa fest: Die Internationale Fraktion hebt hervor, dass die Proteste der vergangenen Wochen „eine Forderung an die demokratischen Parteien und Politiker:innen“ seien.
Das macht die Trierer Erklärung nicht, dafür steht da: Es darf ruhig gestritten werden, Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten sind Teil der Demokratie. Aber eben nur, bis „die Würde des Menschen“ angegriffen wird. Das sei etwa für die FDP in Münster ein wichtiger Punkt gewesen, sagt Fraktionschef Jörg Berens am Telefon.
Die Unterschiede wurden in der Ratssitzung allerdings nicht wirklich thematisiert. Ist auch gehopst wie gesprungen, beziehungsweise: Das kann man ja später noch diskutieren. Hauptsache, man findet in dieser Sache den Minimalkonsens und ist sich einig: Ja, dieser Text passt für uns alle. Und immerhin das ist jetzt erst mal gelungen. (sst)
Heute lesen Sie im Brief:
- Stadtfinanzen I: Kunstgriff der Stadt
- Stadtfinanzen II: Sparpläne der CDU
- Stadtfinanzen III: Replik der Grünen
- Der Rürup: Tauschgeschäft mit Paris
- Update I: Gepflogenheiten bei Einwohnerfragen
- Update II: Frauenfußball in Kinderhaus
- Ratssitzung: Markus Lewe erklärt Münsters Klimapolitik
- Worum ging es sonst noch? Ratsbeschlüsse im Überblick
- Abschied: Schriftführer geht nach über 250 Ratssitzungen
- Fehltritt: Populismus der CDU
- Bester Dialog: Mols Abgang im Wortlaut
- Satz der Sitzung: Lewe hat Humor
- Klima-Update: Die EU fördert irgendein Quartier – nur welches?
- Korrekturen: Die Sonne kreist um Münster
- Ein-Satz-Zentrale: Mittagessen in Schulen wird teurer
- Unbezahlte Werbung: Ramen von Takumi
- Drinnen und Draußen: Stadtführung über Straßennamen
+++ Die Stadt Münster will mit einer „Good Cop, Bad Cop“-Strategie versuchen, ihre Finanzen wieder halbwegs ins Gleichgewicht zu bekommen. Der böse Bulle (Tschuldigung) soll in dem Fall ein externes Unternehmen sein, das bis zum Sommer ein Paket mit unangenehmen Sparvorschlägen zusammenstellt. Der gute Bulle ist dann die Stadtverwaltung, die sagt: „Tja, wir wollen’s ja auch nicht. Aber wenn die das sagen, dann muss es wohl so sein.“ Kämmerin Christine Zeller hat den Plan in dieser Woche in etwas anderen Worten (hier nachzulesen) im Finanzausschuss vorgestellt. Und warum das alles? Die Rücklagen der Stadt, mit denen sich die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben bislang immer noch schließen ließ, sind fast aufgebraucht. Wenn die Stadt jetzt zwei Jahre hintereinander sozusagen auf Reserve fährt, winkt die Bezirksregierung sie aus dem Verkehr, nimmt ihr den Führerschein ab, setzt sich daneben und fährt selbst. Das Problem ist: Haben Sie die Bezirksregierung schon mal Auto fahren sehen? Genau, das wollen Sie auch nicht. (rhe)
+++ Aber wo sparen? Die CDU hält zum Beispiel die am Mittwoch beschlossenen Ausnahmen bei der Buspreiserhöhung für Menschen mit wenig Geld für verzichtbar. Sie seien nicht gegenfinanziert, kritisiert Ulrich Möllenhoff, der finanzpolitische Sprecher der Ratsfraktion. Auch „Goodies für eine bestimmte Wählerklientel“ – also vermutlich so etwas wie Zuschüsse für das Hansaforum oder für Reitturniere – brauche eine „verantwortungsvolle Politik im Sinne der nachfolgenden Generationen“ nicht. Nach Einschätzung von Fraktionschef Stefan Weber muss die Stadt kurzfristig 40 Millionen Euro sparen, um nicht in die Pleite zu schlittern. Aber wie? Ach ja, das soll ja die Sparliste klären. (rhe)
+++ Die Grünen wiederum schreiben zu den Finanzproblemen der Stadt in einer Pressemitteilung: „Zum Mitschreiben für die CDU-Opposition (Sie können das hier auch einfach rauskopieren, Anm. RUMS): Die politischen Veränderungen der Koalition am Haushalt 2024 haben den Haushalt unter dem Strich nicht verschlechtert.“ Der Grund für die Misere seien massiv angestiegene Ausgaben im Sozial-, Kinder- und Jugendbereich. Wäre es nach der CDU gegangen, käme nun kein Geld durch die Beherbergungssteuer, Anwohnerparkgebühren oder Strafzettel für Raser herein. Diktat Ende. (rhe)
+++ The city that never sleeps? Das kann unmöglich Münster sein, denn hier sind im vergangenen Jahr fast zwei Millionen Übernachtungen gebucht worden (okay, 1,9 Millionen), ein Viertel mehr als im Vorjahr und so viele wie noch nie. Damit gehört Münster zu den schläfrigsten Stä…, Entschuldigung, zu den beliebtesten Reisezielen in Nordrhein-Westfalen, meldet die Stadt. Weitere Erkenntnisse aus den Daten: Es gibt mehr Betten als vor der Pandemie (plus 7 Prozent), gleichzeitig bleiben die Gäste länger (und schlafen länger?). Gründe für den Rekord sieht die Stadt unter anderem im Bildungs- und Kongresstourismus sowie im Jubiläumsjahr zum 375-Jährigen des Westfälischen Friedens. Und was steht dieses Jahr alles an? Ach ja, das Amt des Oberbürgermeisters feiert sein 200-Jähriges. Wäre das nicht was für eine große Party? Ganz nebenbei: Wissen Sie, wie der erste Oberbürgermeister der Stadt hieß? Nein? Ach, kommen Sie: natürlich Münstermann. (rhe)
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Wie es weiterging – mit der Einwohnerfragestunde
Wieder was gelernt. In der Geschäftsordnung des Rates steht, dass in einer Ratssitzung maximal zwei Einwohnerfragen gestellt werden dürfen. Darauf hat uns ein Leser hingewiesen. Dass am Mittwoch nur zwei Fragen auf der Tagesordnung standen, muss also nicht zwingend daran liegen, dass nur zwei eingereicht wurden, wie wir am Dienstag schrieben. Und ganz so schnell, wie wir vermutet hatten, ging es mit der Einwohnerfragestunde dann auch nicht. Am Ende dauerte sie eine halbe Stunde, eine ganze wäre allerdings auch nicht möglich gewesen. Im ersten Absatz von Paragraph 13 steht: „Die Gesamtdauer der Einwohnerfragestunde soll 45 Minuten nicht überschreiten.“ (rhe)
Wie es weiterging – mit dem Frauenfußball in Münster
Im RUMS-Brief am Dienstag hat Helene Altgelt sich für RUMS mit der Situation des Frauenfußballs in Münster beschäftigt. Tenor: In der Breite sehr gut, in der Spitze noch ausbaufähig. Aus Kinderhaus kam nun der Hinweis, im Sportverein dort, bei Westfalia Kinderhaus, gebe es 16 Mädchen- und ein Frauenteam. Es könne sein, dass es landesweit oder sogar bundesweit die größte Frauenabteilung ist. Man versuche zurzeit, das in Erfahrung bringt. Wenn wir mehr wissen, melden wir uns. (rhe)
Die Prostata-Selbsthilfegruppe Münster e. V. hat Prof. Bögemann, Leiter der Uroonkologie im UKM, eingeladen. Er spricht am 29. Februar 2024 um 18 Uhr über „Neuerungen bei Zweit- und Dritt-Therapie bei Prostatakrebs“. Hier erfährt man etwas über die aktuellen Therapieansätze. Ort: Konferenzraum der Selbsthilfe-Kontaktstelle im Dahlweg 112.
Kontakt: prostata@prostata-selbsthilfe-muenster.de
Die Klimadebatte
Was macht die Stadt denn nun, um ihr ehrgeiziges Klimaziel zu erreichen? Und warum setzt sie die Ratsbeschlüsse nicht um? Das wollte Dirk Guntenhöner in der Einwohnerfragestunde wissen. Darum ging es im RUMS-Brief am Dienstag. Oberbürgermeister Markus Lewe gab in der Ratssitzung eine Antwort. Später stellte er bei Instagram noch einmal ausdrücklich klar: Das Ziel sei richtig, „aber es ist eben kein Versprechen“.
Da liegt vielleicht schon das Missverständnis, denn im dreieinhalb Jahre alten Ratsbeschluss steht, die Verwaltung möge „rechtzeitig einen konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan“ vorlegen. Das Wort „verbindlich“ kann man schon als Versprechen verstehen. Wobei zwischen einem Versprechen und einer losen Absichtserklärung sicherlich noch Zwischenstufen liegen.
Aber zurück zur eigentlichen Frage: Was macht die Stadt? Markus Lewe hat das in der Ratssitzung ausführlich beantwortet.
Er verwies auf die Konzeptstudie, die Münster hat erstellen lassen, und die keine Machbarkeitsstudie sei, sondern verschiedene Szenarien darstelle, betonte Lewe. Aus der Vorlage gehe auch hervor, warum es nicht möglich sei, einen Maßnahmenplan zu erstellen, die „Herausforderungen“ müssten „immer wieder aktuell und dynamisch angepasst und angegangen werden“.
Die Stadt habe Ad-hoc-Maßnahmen entwickelt, die nun neben weiteren Anträgen und Vorhaben umgesetzt würden. Der Bericht zum Umsetzungsstand sei im vergangenen Juni vorgelegt worden. Man könne das Ziel „nicht singulär“ betrachten, sagt Lewe, man müsse in ihm einen „integralen Bestandteil der unterschiedlichen gesamtstädtischen Prozesse“ verstehen.
Um alles noch schneller zu machen, habe man „Themenpatinnen und Themenpaten aus der obersten Management-Ebene“ der Stadt benannt. Und jetzt kommt die Struktur des städtischen Klimaschutzmasterplans. Sie besteht laut Lewe aus drei Säulen.
Und wie sieht sie aus?
Säule I: Klimaschutz in der Stadtverwaltung – als Querschnittsaufgabe, die alle Ämter durchzieht
Säule II: Der Beitrag der Stadt zum Klimaschutz in Münster, in sechs Hauptfeldern (noch mehr Säulen?).
- Wie kann man in Münster in Zukunft klimafreundlich Energie erzeugen?
- Wie kann man in Gebäuden Energie sparen?
- Wie kann man die Mobilität klimafreundlicher machen?
- Was kann die Stadt gemeinsam mit der Wirtschaft und den Hochschulen machen?
- Was kann man auf den Gebieten Bildung und Ernährung verbessern?
- Wie kann ein Klimahaushalt dazu beitragen, dass man das Ziel erreicht?
Säule III: Der Beitrag der Stadtgesellschaft.
Hier spielt unter anderem der sogenannte Klima-Stadtvertrag eine Rolle, eine Sammlung aus Vorschlägen zum Klimaschutz, die Lewe am Mittwochabend unterzeichnen wird.
Was war das noch mal?
Laut Lewe ist dieser „Vertrag“ die Grundlage für den Wettbewerb, in dem Münster als eine von hundert ausgewählten europäischen Städten steht. Sie alle wollen zu den Ersten gehören, die klimaneutral sind.
Ein wichtiges Detail steht auf der Website zum Klima-Stadtvertrag allerdings ganz unten, hinter dem Wort „Übrigens“, nämlich: „Eine juristische Verbindlichkeit schafft der Klimastadt-Vertrag nicht.“
Das Wort Vertrag ist also im Grunde ein Euphemismus. Besser wäre die Formulierung: „Klima-Selbstverpflichtung“, die natürlich nicht so richtig toll klingt, das zugrunde liegende Papier aber sehr viel besser beschreibt. Das Wort steht auf der Website im folgenden Satz der Beschreibung. Dort heißt es: „Verbindlichkeit wird stattdessen durch die öffentliche Selbstverpflichtung der Beitragenden geschaffen.“
Es gehe zum Beispiel darum, die Leitlinien zu gestalten statt nur einzelne Sanierungen voranzutreiben, sagte Markus Lewe am Mittwoch. Klimaschutz müsse zur Selbstverständlichkeit werden.
Klingt gut. Und was bedeutet das?
Markus Lewe sagt im Grunde: Es ist alles so kompliziert und es sind so viele Stellen beteiligt. Man kann nicht einfach sagen: Was muss gemacht werden, damit das Ziel erreicht wird?
Das ist wahrscheinlich nicht falsch. Das Problem ist: Es ist nicht das, was der Rat beschlossen hat. Und es ist gleichzeitig der Versuch, sich jeglicher Form von Verbindlichkeit zu entziehen.
Bei Selbstverpflichtungen ist das eine generelle Schwierigkeit. Sie eignen sich vor allem, um unangenehme und verbindliche Verpflichtungen zu vermeiden. Ohne die wird es aber kaum gehen. Zu diesem Ergebnis kommt die Stadt Münster selbst.
Im Ratspapier zur Konzeptstudie „Münster Klimaneutralität 2030“ steht im Fazit der Satz: „Die dargestellten Absenkungspfade in den einzelnen Handlungsfeldern machen die Herausforderung deutlich und zeigen auf, dass es in allen Bereichen grundlegender gesellschaftlicher und politischer Systemumbrüche bedarf, die umgehend herbeigeführt werden müssten.“
Aber was sagen die Ratsparteien?
Leandra Praetzel (Grüne) sagt: „Herr Lewe, es hilft nichts, wenn die Verantwortlichkeit für den Klimaschutz in Ihrem eigenen Dezernat liegt, Sie sich aber anschließend nicht ernsthaft dafür einsetzen, dass in der eigenen Verwaltung dann auch das Ziel der Klimaneutralität bei allen Entscheidungen an erster Stelle steht.“ Politisch liege alles auf dem Tisch, es sei Lewes Aufgabe, das jetzt umzusetzen.
Michael Krapp (ÖDP) sagt: „Man könnte auf die Idee kommen, dass das Politik und Verwaltung gar nicht ganz so unangenehm ist, dass wir kein Reporting und kein Monitoring beziehungsweise keinen klaren Maßnahmenplan haben, weil wir dann unser eigenes Scheitern nicht tagtäglich live miterleben können.“ Deswegen bleibe das Ziel seiner Partei, den dreieinhalb Jahre alten Ratsantrag umzusetzen.
Babette Lichtenstein van Lengerich (CDU) sagt: „Man hätte auch beschließen können, Münster fliegt 2030 zum Mond, ohne bislang zu wissen, wie man eine Rakete baut.“ Man müsse sich um viele Dinge gleichzeitig kümmern, um Kita-Plätze, Schulen, Wohnungen, auch um Obdachlose. Klimaschutz sei nicht die einzige Aufgabe. Es gehe darum, eine richtige Balance zu finden.
Hedwig Liekefedt (SPD) sagt: „Der fehlende Gesamtüberblick – der macht das Miteinander-Sprechen, das Miteinander-Entscheiden und auch das Justieren von Maßnahmen sehr, sehr schwierig.“ Da gehe es der Politik nicht anders als der Bürgerschaft. Um einen Überblick zu bekommen, habe man ein Konzept für ein Klimabudget in Auftrag gegeben, aber auch darauf warte man noch.
Katharina Geuking (Linke): „Der Beschluss ist jetzt dreieinhalb Jahre her, und von Klimaneutralität sind wir eher weiter weg als näher dran, siehe zum Beispiel ÖPNV.“ Der Maßnahmenplan, den die Stadt erstellen sollte, habe konkret und verbindlich sein sollen, vor allem aber auch überprüfbar. Wenn man die Bemühungen tatsächlich überwachen würde, so Geuking, würde sich wahrscheinlich herausstellen, dass wir „nicht im Ansatz so viel machen, wie wir machen müssten“.
Jörg Berens (FDP): „Ehrlicherweise war der Beschluss 2020 aus meiner Sicht ein Marketinggag von einzelnen Fraktionen hier im Rat. Es war damals unrealistisch, bis 2030 klimaneutral zu werden. Es ist heute noch unrealistischer, dass wir bis 2030 die Klimaschutz- und Umweltpolitik in der Stadt verändern werden.“ Es sei aber auch nicht nichts passiert. Nur müsse man feststellen: Klimaschutz koste Geld. Seine Partei stehe weiter hinter dem Ziel, dass Münster klimaneutral werden müsse, aber hier einen Zeitraum festzulegen, das habe man in der FDP immer kritisch gesehen. (rhe)
Hinweis: Die AfD verbreitet in Klimadebatten Desinformation und Verschwörungslegenden, unter anderem deshalb beschränken wir uns in unserer Berichterstattung auf die Beiträge der demokratischen Parteien.
Worum ging es sonst noch im Rat?
Es war eine recht kurze Sitzung. Hier weitere Entscheidungen im Schnelldurchlauf.
+++ Die Stadt schenkt ihrer eigenen Wohnungsgesellschaft ein Grundstück im Wert von 23 Millionen Euro. Die Gesellschaft Wohn- und Stadtbau soll auf dem früheren Gelände des Handorfer Sportvereins ein Wohngebiet bauen, damit es mit dem Wohnungsbau ein bisschen vorwärts geht. Und da ist es natürlich ganz praktisch, wenn einem niemand reinredet. Die FDP bemerkte in einer Protokollnotiz, das müsse ein einmaliger Schritt bleiben, denn die Stadt heble auf diese Weise den Wettbewerb aus, und das könne schnell dazu führen, dass am Ende alles teurer werde als notwendig.. Eine Diskussion gab es um den Anteil der Sozialwohnungen im neuen Wohngebiet. Die CDU störte sich an der Formulierung „mindestens 30 Prozent“. Dann könnten es am Ende auch 60 Prozent sein, hieß es. Die Sorge dahinter ist, dass ein zu hoher Anteil an Sozialwohnungen für das Viertel nicht gut sei. Die SPD wies das zurück. Angesichts des großen Bedarfs sei es wichtig, so viele Sozialwohnungen wie möglich zu bauen. (rhe)
+++ Busfahren wird ab August teuer. Das hat der Rat am Mittwoch beschlossen. Die Preise steigen im Schnitt um fünf Prozent. Ein 90-Minuten-Ticket kostet damit bald 2,30 Euro statt wie bisher 2,20 Euro, ein Tagesticket kostet 6,70 Euro statt 6,40 Euro. Genaueres hier. (rhe)
+++ Die Stadt baut die Bürgerhalle im Rathaus für eine halbe Million um. Nachdem alles ungefähr 80.000 Euro günstiger wird, hat der Rat zugestimmt. Eine Diskussion gab es nicht. Warum das alles? Weil es drinnen zieht, wenn die Türen sich öffnen, und die Bürgerhalle auch ein Arbeitsplatz ist. Glastüren sollen außerdem den Energieverbrauch senken, man soll von drinnen in Richtung Domplatz schauen können. Und die Bürgerhalle soll schöner werden. Ob das gelingt? Sehen Sie selbst. In der Pressemitteilung der Stadt ist eine Visualisierung zu sehen, die zeigt, was sich in der Bürgerhalle verändern soll. (rhe)
Abschied
Jürgen Kupferschmidt, der Mann neben dem Oberbürgermeister, saß am Mittwoch nach 45 Jahren in der Stadtverwaltung zum letzten Mal als Schriftführer ganz vorne mit am Tisch. Der Leiter des Amts für Bürger- und Ratsservice hat über 250 Sitzungen erlebt und über 12.000 Ratspapiere bearbeitet. Markus Lewe hob in seiner kleinen Würdigung Kupferschmidts Loyalität sowie seine Zugänglichkeit hervor – und dass er ein wichtiges Bindeglied zwischen Politik und Verwaltung gewesen sei. Dabei erzählte Lewe ganz nebenbei auch noch, wie er selbst sich zu Weiberfastnacht so gut verkleidet hatte, dass jemand fragte, in welchem Amt er denn beschäftigt sei. Danach durfte Jürgen Kupferschmidt auch noch selbst etwas sagen. Er verabschiedete sich seinerseits mit einem Lob: „Ich finde das immer beeindruckend, dass ein Rat so kontrovers und heftig miteinander diskutieren kann, aber gleichzeitig hinter dem Mandatsträger nicht den Menschen vergisst.“ Am Ende gab es Applaus. Später übernahm Andreas Lembeck die Schriftführung der Sitzung. Kuperschmidts Nachfolge im Amt für Bürger- und Ratsservice übernimmt die Juristin Julia Dickfer. (rhe)
Korrekturhinweis: In einer ursprünglichen Version stand hier, Julia Dickfer hätte auch die Schriftführung im Rat übernommen. Wir haben das korrigiert.
Fehltritt
Irgendwann ging es um den Antrag der Internationalen Fraktion mit dem Titel „Gegen Rechtsextremismus und Faschismus – Nie wieder ist jetzt“, dem die CDU so nicht zustimmen wollte. Fraktionschef Stefan Weber sagte, man müsse sich auch mal die Ursachen ansehen. Die Umfragewerte der AfD hätten sich verdoppelt, seit in Berlin die Ampel regiert. Eindeutige Belege dafür, ob es sich hier um eine Kausalität oder eine Korrelation handelt, gibt es nicht. Es ist schlicht Populismus, und der Zusammenhang zwischen rechtem Populismus und dem Aufstieg der AfD lässt sich sehr viel eindeutiger beschreiben als der zur Regierungszeit der Ampel. Tatsächlich sind die Ursachen für den Erfolg der Partei sehr komplex, wie zum Beispiel diese Analyse zeigt. In anderen Worten: Nur, weil die AfD sich in Angela Merkels Regierungszeit gegründet hat, bedeutet das noch lange nicht: Die CDU ist schuld. (rhe)
Bester Dialog
Wir haben es oben schon angerissen. Nachdem alle Parteien, Ausnahme AfD, der Trierer Erklärung für Demokratie und Menschenwürde zugestimmt hatten, meldete sich AfD-Ratsherr Richard Mol zu Wort, anfangs grummelnd, dann immer lauter werdend, schließlich polternd. Ach, lesen Sie selbst:
(…)
Lewe: „Wer ist dagegen? Wer enthält sich? Dann ist das so beschlossen worden.“
Mol: „Herr Oberbürgermeister, ich werde die Ratssitzung jetzt vorzeitig verlassen, weil das mache ich hier nicht mit, dass unsere Partei hier gebrandmarkt wird und diskriminiert wird und ausgegrenzt wird von einer Mehrheit, die um ihre Pfründe und ihre Macht fürchtet, und aus Angst davor Resolutionen verabschiedet.“
(Anhaltender Applaus)
Mol (schreiend): „Ja, klatschen Sie ruhig! Ihr Klatschen wird Ihnen noch im Halse umdrehen! Ich verlasse…“
(Mikrofon aus)
Lewe: Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13. Hier geht es um die Bestellung einer Schriftführung für die Sitzung des Rates.
(Gepolter im Hintergrund, Richard Mol ab)
Hier finden Sie die eine Minute lange Szene zum Hören.
Satz der Sitzung
„Vielen Dank, Herr Nowak. Ihr kernseriöser Antrag wird jetzt entsprechend gewürdigt durch Herrn Mol.“
Oberbürgermeister Markus Lewe, als AfD-Politiker Richard Mol sich auf den Antrag der Internationalen Fraktion zu Wort meldet, die Sparkasse in „Spaßkasse“ umzubenennen. Begleitet wurde das von Applaus, hier können Sie sich die Passage anhören, der Satz fällt bei 1:14 min.
Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
+++ Beim Autokauf erhalten Kund:innen künftig einfacher Informationen darüber, wie umweltverträglich ein Neuwagen ist. Das hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beschlossen. Verkäufer:innen müssen Infos über Verbrauch und Emissionen im Laufe des Jahres direkt am ausgestellten Neuwagen oder bei Werbung angeben. Dazu bekommt jedes Auto ein Label. Eingeteilt werden die Wagen in sieben farbige Klassen. Das Gewicht eines Autos ist im Vergleich zu einer früheren Einordnung unwichtig. So möchte das Bundesministerium vermeiden, dass schwerere Wagen in einer besseren Klasse landen als leichtere Fahrzeuge mit gleichem CO2-Ausstoß. (rba)
+++ Die Stadt Münster beteiligt sich am deutsch-niederländischen Projekt „FutureBEEing“, bei dem klimaneutrale Wohngebiete entwickelt werden. In den nächsten vier Jahren erarbeiten die Beteiligten Maßnahmen für insgesamt zehn Quartiere in der deutsch-niederländischen Grenzregion. Eines davon soll in Münster liegen. Welches das ist, steht laut Stadt noch nicht fest. Auch ein weiteres Quartier könnte je nach Projektverlauf in Münster liegen. Die Beteiligten legen Anforderungen fest, wie die Viertel klimaneutraler werden. Daraus entwickeln sie Maßnahmen und testen diese mit einem Online-Tool. Die Aktionen, die am stärksten helfen, landen in einem Umsetzungsplan für die Quartiere. Die Europäische Union fördert das Projekt. (rba)
+++ Wir haben inzwischen eine Antwort auf die Frage bekommen, wie weit die Stadt mit dem Klimabudget ist. Sie lautet: alles fast fertig. Aller Voraussicht nach werde man das Konzept zwischen April und Juni vorstellen, schreibt das Kommunikationsamt. Am Dienstag hatten wir im RUMS-Brief darauf hingewiesen, dass die Stadt das im Dezember noch nicht sagen konnte, und weil wir auf unsere Anfrage vom Montagnachmittag am Dienstag noch keine Antwort hatten, schrieben wir, offenbar wisse das noch immer niemand. Die Stadt kritisierte am Donnerstag, wir hätten in unserer Anfrage vom Montagnachmittag keine Frist gesetzt. Daher sei nicht klar gewesen, dass wir die Antwort schon am Dienstag brauchten. Fairerweise müssen wir sagen: Das stimmt. Wir haben den Text in dieser Passage geändert und durch die Antwort der Stadt ersetzt. (rhe)
+++ Weil die Westfälischen Nachrichten dafür offenbar keinen Platz haben, übernehmen wir das mal schnell: Auf der Titelseite der Zeitung stand am Mittwoch in einer Meldung („13 Prozent wissen nichts vom Schaltjahr“) der Satz: „Für die Erdumrundung braucht die Sonne nicht exakt 365 Tage, sondern: 365 Tage, fünf Stunden und fast 49 Minuten.“ Das stimmt so natürlich nicht, denn wie Sie aus der Zeitung wissen, dreht sich die Sonne nicht um die Erde, sondern selbstverständlich um Münster. Vielleicht noch zur Ehrenrettung: Der Fehler stand offenbar in einer dpa-Meldung und wurde übersehen. Das Magazin „Focus” hat ihn gefunden und korrigiert. Warum er auch schon vor vier Jahren in einer dpa-Meldung stand und übersehen wurde, das würde uns allerdings auch mal interessieren. (rhe)
Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen
+++ Beim Heimspiel von Preußen Münster gegen den MSV Duisburg heute Abend ist das Stadion zum fünften Mal in dieser Saison ausverkauft. (Preußen Münster)
+++ Das Mittagessen an 15 städtischen Schulen wird in diesem Jahr um über 10 Prozent teurer. (Westfälische Nachrichten)
+++ Nach der Ankündigung des grünen NRW-Verkehrsministers, Straßen vor Schulen zu bestimmten Zeiten zu sperren, Stichwort Elterntaxis, schreiben Münsters Grüne, das sei gut und habe auch aus pädagogischen Gründen einige Vorteile (vielleicht auch für die Eltern?) (Grüne Münster, WDR)
+++ Neben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist am 7. März auch der Start-up-Versteher Frank Thelen bei der Konferenz „Data Unplugged“ (Thema: Künstliche Intelligenz) zu Gast. (Westfälische Nachrichten, Data Unplugged)
+++ Das Blaue Haus in Münster steht (wie auch weiterhin die selbstgemachten grünen Nudeln) zum Verkauf. (Westfälische Nachrichten)
+++ Der Abriss des Paul-Gerhardt-Hauses beginnt in der nächsten Woche. (Westfälische Nachrichten)
+++ Das Bistum Münster will bis zum nächsten Jahr 33 Millionen Euro sparen, unter Umständen auch bei Schulen und Kitas. (WDR Münster)
+++ Nach 48 Jahren wird es kein Juwi-Fest (Jura und Wirtschaftswissenschaften) mehr geben, weil die Veranstalter keinen passenden Ort finden und die Auflagen so hoch sind. (Westfälische Nachrichten)
Korrekturhinweis: Ursprünglich stand hier: „Nach 48 Jahren in Folge”. Das stimmte nicht. In der Coronazeit fand zum Beispiel kein Juwi-Fest statt.
+++ Die Stadt hat am Ermlandweg im Norden von Münster eine neue Unterkunft für Geflüchtete eröffnet, in der bis zu 50 Menschen wohnen können. (Stadt Münster, Foto hier)
+++ In die Melanchthon-Grundschule in Coerde ist in den vergangenen zwei Jahren sieben Mal eingebrochen worden. (WDR Münster)
+++ NRW-Schulministerin Dorothee Feller hat Lehrkräfte aufgerufen, mit Schüler:innen gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. (Spiegel)
Die Influencerin Yesse.Expore hat kürzlich das japanische Restaurant Takumi an der Wolbecker Straße getestet. Ihr Fazit: „nice für‘s kalte Wetter“. Takumi serviert eine spezielle Nudelsuppe aus Japan: Ramen. Die Nudeln werden in der japanischen Region Hokkaido mit lokalen Zutaten hergestellt. In Münster landen sie dann mit Brühe und frischen Zutaten auf Ihrem Teller. Auch bei uns kommt’s gut an. Mein Kollege Sebastian Fobbe war dort und kann die Veggi Miso Ramen empfehlen. (rba)
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat Raphael Balke in den Veranstaltungskalender geschaut. Das sind seine Empfehlungen:
+++ Keine Absprache, keine Vorgabe: Beim „Musik Blind Date” improvisieren Musiker:innen am Sonntag im Kreativ-Haus ein Live-Konzert. Die Zuschauer:innen geben mit Reaktionen und Ideen kreativen Input für die vier Künstler:innen auf der Bühne. Tickets gibt’s hier.
+++ Straßennamen sind immer wieder ein Politikum, gerade wenn es um Umbenennungen geht. Woher einige Namen stammen, erfahren Sie bei einer Führung am Samstag. Drei Gästeführer:innen erklären etwa, warum die Straße „Spiegelturm“ ihren Namen trägt, obwohl dort weder ein Spiegel noch ein Turm zusehen sind. Los geht’s am Platz des Westfälischen Friedens.
+++ Bis zum 15. März zeigt der LWL die Ausstellung „Werde Zweitzeug*in“ im Landeshaus. Die Wanderausstellung thematisiert die Geschichten von vier Zeitzeug:innen des Holocaust. Die Inhalte sind barrierefrei gestaltet, etwa in leichter Sprache verfügbar.
+++ Beim „XY-Fragezeichen“-Kneipenquiz in Kinderhaus testen am Montag mehrere Teams ihr Wissen. In fünf Runden stellen die Organisator:innen jeweils zehn Fragen aus verschiedenen Rubriken. Wenn sie dabei sein wollen, können sie sich hier anmelden.
+++ Morgen jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine zum zweiten Mal. Um 11:30 Uhr beginnt ein Solidaritätsmarsch an den Aaseekugeln. Die Schlusskundgebung findet vor dem historischen Rathaus statt. Die Demonstration organisieren die Fachstelle Weltkirche des Bistums sowie die Ukraine-Vereine aus Münster und Greven.
Am Dienstag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier
Mitarbeit: Raphael Balke (rab), Ralf Heimann (rhe) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Susanne Bauer
PS
In Krisen entsteht schnell eine apokalyptische Stimmung. Und wenn Sie jetzt an die Bauern und Robert Habeck auf der Fähre denken: Nein, es geht um die Wiedertäufer. Sie haben im 16. Jahrhundert eine Bewegung geschaffen, die Münster zu einem Gottesstaat machen wollte. Und na ja, die Vorstellung, dass Münster ein Staat, ach was, im Grunde ein Universum ist, die hat sich ja immerhin bis heute gehalten. Aber das geht jetzt zu weit. Die Täufer wollten jedenfalls eine streng moralische Ordnung; und dann endete alles in einem schrecklichen Blutvergießen. Der Münsteraner Heiner Wember hat für die WDR-Radiosendung „Zeitzeichen“ einen sehr hörenswerten Radiobeitrag über das Täuferreich gemacht, der heute Nachmittag im Radio lief, aber in der Mediathek weiter zu finden ist. Und falls der Name Heiner Wember Ihnen bekannt vorkommt: Genau, das war der Journalist, der mit Kindern an der Wartburg-Grundschule Radio macht (RUMS-Brief). (rhe)
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