Mit Glühwein gegen die Bädermisere | Haushalt 2024: Mut zur Lücke | Das Ende des Gasometers

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

für die letzte Ratssitzung des Jahres hat sich die Internationale Fraktion zwei lustige Sachen einfallen lassen. Sie hatte Karten für ein Bullshitbingo vorbereitet. Jedes Mal, wenn irgendwer im Rat eine hohle Phrase drischt, wird ein Begriff auf der Karte weggestrichen. Wer eine Spalte oder Reihe voll hat, ruft laut „Bingo!“

Das zweite Spiel geht ganz ähnlich. Es gibt nur eine Regel, aber die hat mit Glühwein zu tun. Auf dem Kurznachrichtendienst, der bis vor Kurzem noch „Twitter“ hieß, erklärt die Internationale Fraktion das Spiel so: „Für jede schwülstige Metapher einmal kräftig am Glühwein nippen, um sie besser zu ertragen.“

Was schwülstige Metaphern angeht, so hatte es der erste Tagesordnungspunkt im Rat in sich. Die FDP hatte eine Aktuelle (halbe) Stunde zur Bädermisere beantragt. 

Sie wissen schon: Das Ostbad ist geschlossen, das Bad in Hiltrup auch, das Südbad öffnet nach dem Umbau erst gar nicht, die Hallenbäder in Roxel und Wolbeck sind für den normalen Publikumsverkehr geschlossen und öffnen nur für Schulklassen und Sportvereine. Es fehlt Personal. Die Fachstellenleitung im Sportamt ist seit 2020 unbesetzt.

„Kurzum: Es ist bodenlos“, fasste FDP-Fraktionschef Jörg Berens die Situation zusammen. Bodenlos. Das ist vielleicht nicht die allerschwülstige Metapher aus der Bäderdebatte, aber hey, warum genehmigen wir uns nicht schon den ersten Schluck aus der Glühweintasse?

Inhaltlich waren sich die Ratsleute in der Debatte im Kern einig: Mehr Bäder sind in Münster momentan geschlossen als geöffnet und das geht gar nicht. Rhetorisch wurde die Aussprache aber noch wild. CDU-Ratsherr Stefan Leschniok forderte bei der Neuaufstellung des Sportamts dringend „einen personalpolitischen Aufschlag aus der Politik“. Aber wozu auf einen Aufschlag warten, wenn man den „personalpolitischen Ball, den Stefan Leschniok gerade spielt, kurz aufgreifen“ kann, wie es Andrea Blome von den Grünen formulierte? Naja. Zweimal nippen, bitte.

Richtig tief in die Rhetorikkiste griff dann noch mal Jörg Berens. Er ärgerte sich über die geplante Erhöhung der Eintrittspreise in den Bädern und prophezeite, dass dadurch irgendwann „auch die letzten Stammkunden das Handtuch werfen und im Umland ihre Bahnen ziehen“ würden. Das ist noch einen Schluck wert.

Und jetzt schenken Sie noch mal nach für eine schöne Metapher von Astrid Bühl aus der CDU-Fraktion. Sie forderte in der Aussprache eine „eine Turbo-Rutsche an Maßnahmen“. Es geht um Schwimmbäder, es muss schnell gehen, alles klar, es muss die Turbo-Rutsche her. Prost!

Diese Maßnahmen-Rutsche ist zwar noch nicht fertig. Aber es gibt eine Neuigkeit, die Stadtdirektor Thomas Paal im Rat schon angekündigt und die die Stadt heute Mittag bekannt gegeben hat. Wenn Sie noch nüchtern sind, können Sie weiter unten nachlesen, wie es mit den Bädern weitergeht – und was der Rat auch sonst noch beschlossen hat. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Im Rat ging es um die Bäder in der Stadt. Das wissen Sie schon. In der Sitzung beschlossen die Ratsleute, 450.000 Euro für professionelle Hilfe bereitzustellen: Drei Jahre lang soll das Bädermanagement an einen externen Dienstleister übergeben werden (RUMS-Brief), damit hoffentlich eine dauerhafte Lösung für das Chaos gefunden wird. Stadtdirektor Thomas Paal kündigte außerdem eine kurzfristige Zwischenlösung an. Sie hat uns heute Mittag per E-Mail erreicht. Die Stadt teilt mit, sie wolle vier Bäder in den Weihnachtsferien länger öffnen. In Roxel und Wolbeck ist der Eintritt kostenlos, „als kleine Entschädigung für den entgangenen Schwimmspaß“, wie die Stadt schreibt. In den Bädern Mitte und Kinderhaus ist der Eintritt für Kinder und Jugendliche frei, Erwachsene zahlen etwas weniger als sonst. Die Zusatzöffnungszeiten finden Sie hier. In Zukunft wolle die Stadt das Personal flexibler einplanen, damit die Bäder in Münster häufiger geöffnet sind, sagte Stadtdirektor Paal im Rat. (sfo)

+++ Vor Kurzem hatten wir über die Insolvenz der österreichischen „Signa Holding“ berichtet, zu der auch der Warenhauskonzern „Galeria Karstadt Kaufhof“ gehört (RUMS-Brief). Damals schrieben wir, die münstersche LVM-Versicherung habe einen „mittleren zweistelligen Millionenbetrag“ in eine Tochtergesellschaft der Holding investiert. Medienberichten zufolge dürfte die LVM aber viel mehr Geld investiert haben. Laut „Spiegel“ handelt es sich um 300 Millionen Euro, die zudem nicht besichert seien. Auch andere deutsche Versicherungen haben in die „Signa“-Gruppe investiert. Insgesamt soll es um 3 Milliarden Euro gehen. Die LVM kommentiert die Pleite der „Signa Holding“ nach wie vor nicht. (sfo)

+++ Ab dem nächsten Jahr schenkt die Stadt allen 33.000 Kindern und Jugendlichen in Münster, die eine Schule besuchen, ein Kulturticket. Das hat der Rat am Mittwochabend beschlossen. Das Kulturticket ist gleichzeitig ein Bücherei-Ausweis, außerdem kommen die Schüler:innen günstiger oder kostenlos in den Zoo, ins Kino, ins Theater, in Museen und zu Musik- und Sportveranstaltungen. Die Stadt plant, das Kulturticket zunächst drei Jahre lang anzubieten. Dann will sie die Kosten und die Resonanz auswerten, um zu entscheiden, ob es die Karte nach 2026 weiterhin geben soll. (sfo)

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+++ Die Zahl der wohnungslosen Familien in Münster steigt rapide – vor allem, weil viele Menschen aus der Ukraine mit Kindern nach Deutschland flüchten. Der Rat hat am Mittwoch deshalb beschlossen, die Zahl der Plätze in der Notunterkunft an der Nieberdingstraße zu verdoppeln. Laut Beschlussvorlage fährt sie damit die „inaktiven Kapazitäten in der Einrichtung“ hoch, um „den Standort mit den baulich vorgesehenen 100 Plätzen zu betreiben“. Eigentlich gelten 50 Plätze in einer Wohnungslosenunterkunft für Familien in Münster als Limit. Da die Stadt aber viele Menschen unterbringen muss, kaum noch Geld in der Stadtkasse liegt, die Zahl der Wohnungslosen im nächsten Jahr weiter steigen wird und auch kein anderes Grundstück zur Unterbringung verfügbar ist, sieht die Verwaltung keine andere Möglichkeit, heißt es in der Vorlage. Ob das gut geht? Bernhard Mülbrecht vom Projekt „Brückenschlag“, das sich um wohnungslose Familien kümmert, sagt, das hänge von der Größe der Immobilie ab. Dass mehr Plätze entstehen, sei wichtig, weil die Not zurzeit groß ist. Wichtiger als das sei es aber, dass die Stadt ein Konzept entwickelt, um Wohnungslosigkeit von Familien zu verhindern. (sfo)

+++ Oberbürgermeister Markus Lewe hat am Mittwoch in der Ratssitzung eine Nachricht aus Münsters israelischer Partnerstadt Rishon LeZion überbracht. Am Sonntag habe es einen Raketeneinschlag gegeben, einen Tag später noch einmal Raketenalarm. Und eine weitere sehr traurige Nachricht: Seit Sonntag weiß Eden Zakarias Mutter, dass sie in Geiselhaft der Hamas ermordet wurde. Eden Zakaria hat in Rishon LeZion gelebt und wurde 28 Jahre alt. Die Geiseln Andrei Kozlov, Itzhak Elgarat, Arbel und Dolev Yehoed, Or Levy, Eitan Levy, Eliy Cohen, Ohad Yahalomi, Tal Shoham, Doron Steinbrecher, Avraham Mundar und Ron Binjamin leben ebenfalls in Rishon LeZion oder haben enge Familienangehörige dort. Yair Yaakov, dessen Bruder in Rishon LeZion lebt, konnte befreit werden. Die taz schrieb gestern, Israel geht momentan von 135 Menschen in Geiselhaft der Hamas aus. Wir möchten hiermit dem Wunsch der Menschen aus Rishon LeZion nachkommen, an die Sorge und Trauer um diejenigen zu erinnern, die von der Hamas in Geiselhaft genommen worden sind. (sst)

+++ Gestern haben die Stadtwerke eine Pressemitteilung mit den neuen Preisen für Gas und Wärme verschickt. Die gute Nachricht ist: Nicht alle müssen ab dem nächsten Jahr mehr zahlen. Wer Erdgas in der Grundversorgung bezieht, spart laut Stadtwerke knapp 5 Prozent. Bei der Fernwärme ist das anders. Da steigen die Kosten für einen Durchschnittshaushalt um rund 18 Prozent, weil die staatlichen Preisbremsen wegfallen. Schon jetzt sind die Preise für viele ein Problem. Stadtwerke-Sprecherin Lisa Schmees teilt uns auf Anfrage mit, dass bis Ende November 78 Gasanschlüsse gesperrt wurden, weil die Privatkund:innen Energieschulden hatten. Strom wurde 600-mal abgestellt. Hierzu zählen aber auch Anschlüsse, die zwischen Januar und November mehrmals gesperrt wurden, schreibt Schmees. Das ist mehr als im Vorjahr: 2022 wurden 520 Strom- und 68 Gassperren bei den Stadtwerken verhängt. Abhilfe schaffen soll der Sozialenergiefonds, den die Stadt im März zusammen mit den Sozialverbänden eingerichtet hat. Er soll säumigen Kund:innen die Energierechnung begleichen. Die Caritas meldet heute in einer Pressemitteilung, dass dem Fonds rasant das Geld ausgehe. Die Energieberatungen der Wohlfahrtsverbände würden derzeit überrannt, heißt es. Grund sei, dass viele Energieversorger gerade ihre Abschlussrechnungen verschicken. Caritas-Vorstand Thomas Schlickum schätzt, dass der Sozialenergiefonds in vier Wochen leer sein werde. Bisher hat der Fonds 338 Anträge bewilligt und über 145.000 Euro für unverschuldete Energieschulden ausgezahlt. Davon hätten vor allem Haushalte profitiert, die zu arm für die Energierechnung, aber zu reich für staatliche Hilfeleistungen seien, schreibt die Caritas. Der Verband ruft jetzt zu Spenden auf, damit sich der Sozialenergiefonds wieder füllt. (sfo)

+++ Wer innerhalb von drei Monaten zweimal im Bus ohne gültiges Ticket erwischt wird, bekommt von den Stadtwerken Münster eine Strafanzeige. So war es bisher, aber damit ist jetzt Schluss. Die Linke hatte am Mittwoch einen Antrag zur Abstimmung gestellt, der die Stadtwerke Münster dazu auffordert, ab sofort auf die Anzeigen zu verzichten. Die Grünen, die SPD, Volt und die Internationale Fraktion stimmten dem zu. Die Argumentation: Es sei doch ein Tacken zu hart, wenn Leute ins Gefängnis müssen, weil sie sich keinen Fahrschein leisten können. Die Vertragsstrafe in Höhe von 60 Euro reiche da aus. CDU, FDP und AfD widersprachen. In der Regel werde das Strafverfahren eingestellt, der Vorschlag der Linken sei zudem ungerecht, weil die Ehrlichen für Unehrliche draufzahlen. Und überhaupt, man könne ja auch einfach warten, bis der Bund aus der Straftat eine Ordnungswidrigkeit mache. Die Stadtwerke schreiben uns auf Anfrage, für sie werde es künftig aufwendiger, wenn die Vertragsstrafe auf zivilrechtlichem Wege eingeklagt werden müsse. Das könne auch am Ende teurer für die betreffenden Personen werden. Die Verkehrsbetriebe in Köln und Düsseldorf verzichten auch auf Strafanzeigen. Der Freiheitsfonds hat also künftig nicht mehr so viel zu tun in Münster. Der Verein kauft Menschen aus der Haft, die wegen Fahrens ohne Fahrschein inhaftiert sind. Gründer Arne Semsrott sagt: Seit 2016 habe der Freiheitsfonds zwölf Menschen aus der JVA Münster freigekauft. (sfo)

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Münsters Haushalt – Mut zur Lücke

Der Rat hat am Mittwoch den Haushaltsentwurf für das nächste Jahr beschlossen. Das bedeutet: Die Stadt hat geplant, was sie mit ihren Einnahmen machen wird, oder anders gesagt: wie sie ihre Ausgaben finanziert. 

Die zweite Frage ist in diesem Jahr etwas schwerer zu beantworten, denn wenn die Prognose stimmt, wird am Ende eine Lücke bleiben. Knapp 57 Millionen Euro fehlen. Ähnliches Problem wie in diesem Jahr, in dem die Lücke 55 Millionen Euro groß ist. Noch kann die Stadt das mit Rücklagen ausgleichen, aber die sind bald aufgebraucht. Dann bleibt nur noch die Notreserve, die allgemeine Rücklage. 

Greift die Stadt zweimal hintereinander zu tief in diesen Topf, nimmt die Finanzaufsicht ihr den Kassenschlüssel aus der Hand (Haushaltssicherung). Das wäre laut der Kämmerin Christine Zeller ab 2025 der Fall, wenn sich nicht noch irgendeine überraschende Geldquelle auftut. Für die Stadt wäre es fatal, wenn sie nicht mehr selbst entscheiden könnte, wofür sie ihr Geld ausgibt, aber sie wäre damit nicht allein. Nach einer Umfrage des Städte- und Gemeindebunds im September rechnen vier von zehn Städten in Nordrhein-Westfalen damit, dass es auch bei ihnen bald so weit ist. 

Die Ursachen sind fast überall ähnlich: Die gestiegenen Tariflöhne belasten alle Städte stark. Münster muss deshalb fast 22 Millionen Euro mehr zahlen. Noch mehr ins Gewicht fallen die Aufwendungen für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie für soziale Leistungen, die Münster zahlen muss. Hier stehen unter dem Strich über 78 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Allein das macht 60 Prozent der höheren Budgets aller Ämter aus. 

Das Rathausbündnis und die Internationale Fraktion haben den Entwurf der Kämmerin etwas verändert. Sie wollen vier Millionen Euro mehr ausgeben (hier alle Änderungen im Überblick). Ob für die richtigen Dinge, das schätzen die verschiedenen Parteien unterschiedlich ein. In ihren Haushaltsreden kritisierten sie am Mittwoch, was ihnen am Etat und an der Politik generell nicht gefällt. Hier eine Zusammenfassung: 

  • Stefan Weber (CDU) hält den Etatentwurf für unausgewogen. Ihm fehlen Bau-Investitionen, vor allem in den Wohnungsbau, aber auch in den Klimaschutz und die Verkehrswende. Wobei Weber da etwas anders Vorstellungen hat als das Rathausbündnis. Das 29-Euro-Busticket ist seiner Meinung nach teuer, nutzlos und daher verzichtbar. Weber kritisiert, dass das Ratsbündnis das Hansaforum mit 120.000 Euro unterstützt, während das Turnier der Sieger leer ausgeht und der Mühlenhof mit 100.000 Euro nach seinem Eindruck zu wenig bekommt. Webers Vorschläge sind unter anderem: 190.000 Euro Personalkosten für die Baumschutzsatzung streichen, Kitaplatz-Problem lösen, hohe Baustandards abschaffen, mehr Gewerbeflächen zur Verfügung stellen, die Drogenhilfe stärken und: eine Wache für Polizei und Ordnungsdienste am Hauptbahnhof. 
  • Helene Goldbeck (Volt) ist mit ihrer Partei Teil des Rathausbündnisses und sieht das etwas anders. Nach ihrem Eindruck ist der Haushalt solide und ausgewogen. Die Stadt müsse sich auf den Klimawandel vorbereiten, sie müsse das Verkehrsproblem lösen und den Busverkehr gezielt fördern. Dass das möglich sei, zeige der Busvorrangstreifen zwischen Ludgeriplatz und Landeshaus. Nicht alle Entscheidungen fielen leicht, zum Beispiel, höhere Gebühren für Anwohnerparkausweise zu verlangen. Doch das helfe nicht nur, die Verkehrswende zu finanzieren, sondern reduziere, hoffentlich, auch die Zahl der Autos in der Innenstadt. In Zeiten von Fachkräftemangel sei es zudem wichtig, Menschen schnell einzubürgern. Daher freue sie sich über zwei neue Stellen im Integrationsamt und darüber, dass die ersten spanischen Kitafachkräfte in Münster angekommen seien. 
  • Doris Feldmann (SPD) erkennt im Haushaltsentwurf eine sozialdemokratische Handschrift. Ziel sei es, in gesellschaftliche Zusammenarbeit und Teilhabe zu investieren, Kultur und Bildung seien dazu wichtige Grundpfeiler. Es sei wichtig, die Schwächsten zu stärken. Das alles erreiche man durch den Ausbau der Quartiersarbeit, der Schulsozialarbeit, durch eine bessere Ausstattung der Schulen, durch die Einrichtung eines Nottopfes für Kitaplätze, Investitionen in Musikschulen und den Wohnungsbau. Außerdem fördere man Frauenhäuser, sichere die Zukunft des Paul-Gerhardt-Hauses. Man baue Busspuren aus, passe das 29-Euro-Ticket für Menschen mit Münster-Pass an und erweitere das Schülerticket zum Deutschlandticket. Und man verstärke die Indro-Drogenhilfe sowie den kommunalen Ordnungsdienst. 
  • Jörg Berens (FDP) kritisiert, das Ratsbündnis setze in Zeiten knapper Kassen falsche Prioritäten. Die Internationale Fraktion bekomme einen sechsstelligen Betrag für das Hansaforum. Dieses Geld könne man laut Berens an vielen anderen Stellen sinnvoller einsetzen. Die Digitalisierung der Behörden sei mangelhaft, der Alltag in den Kitas geprägt von Notfallkonzepten, über tausend Kinder hätten keinen Kitaplatz. Das hätte man verhindern können, sagt Berens. Der Fachkräftemangel sorge zudem dafür, dass die Stadtwerke nur drei Viertel des Busfahrplans bedienen könnten. Das 29-Euro-Ticket sei nutzlos, die Finanzierung funktioniere nicht. Berens sagt, seine Partei habe unbesetzte Stellen im Umfang von 700.000 Euro gefunden, deren Besetzung aussichtslos erscheine. Hier könne man Geld sparen. Außerdem fordert er weniger Bürokratie und mehr Pragmatismus in der Verwaltung. Dazu brauche es mehr Wohnungen, mehr Gewerbeflächen und Antworten auf die drängendste Frage: Wie managen wir den aktuellen Mangel in den Kitas?
  • Ulrich Thoden (Linke) hat den Eindruck, das Ratsbündnis präsentiere mit dem Haushalt Jahr für Jahr einen „brennenden Mülleimer“. Die Daseinsvorsorge bröckle – bei den Bussen, den Kitas, den Bädern. Münster werde für Menschen mit kleinen Einkommen immer unerschwinglicher. Die Stadt spare an Kindern und Jugendlichen. Geld für Großprojekte wie den Musik-Campus sei aber da. Thodens Urteil: Die Stadt greife den Falschen in die Tasche. Die Anwohnerparkausweise teurer zu machen, sei unsozial und wirkungslos. Thoden schlägt vor: Münster müsste mehr bezahlbare Wohnungen bauen und die Lasten im Haushalt gerechter verteilen. Die „wirklichen Leistungsträger“ seien die Menschen, „die den Laden am Laufen halten“, die „in der Coronazeit als systemrelevant“ gegolten hätten. 
  • Sylvia Rietenberg (Grüne) kritisiert in ihrer Haushaltsrede die Stadtverwaltung. Seit anderthalb Jahren warte man auf das Parkraumkonzept, das die Parkplatzsituation in der Stadt verbessern soll. Seit über drei Jahren warte man auf Konzepte für Mobilitätsstationen. In jeder Haushaltsrede fordere man, dass die Verwaltung den Busverkehr beschleunigt. Allerdings sagt Rietenberg auch: Das Vertrauen der Menschen gewinne man nicht dadurch zurück, dass man mit dem Finger auf andere zeige. Ihre Partei habe daher dazu beigetragen, einen Notfalltopf für die Kitas zu schaffen. Sie kümmere sich um das Bahnhofsgebiet, darum, dass Menschen schneller eingebürgert werden können. Das Bündnis habe Grundstücke im Wert von 50 Millionen Euro an die städtische Wohnungsgesellschaft übertragen. In der Verkehrspolitik hebt Rietenberg die neue Busspur an der Friedrich-Ebert-Straße hervor – und dass der Domplatz autofrei sei. Wenn der Verkehr nicht endlich menschen- und klimafreundich werde, dann werde man scheitern, sagt sie. In der Klimakrise sei das aber keine Option.
  • Georgios Tsakalidis (Internationale Fraktion) spricht in seiner Rede vor allem über zwei Themen: Münsters Vorhaben, in sechs Jahren klimaneutral zu sein, und die Bemühungen der Stadtverwaltung, sich interkulturell zu öffnen, sich also auf die Bedürfnisse von Menschen anzupassen, die eine Migrationsvorgeschichte haben. Beides gehe zu langsam. Tsakalidis fordert die Stadtverwaltung auf, ihre Strukturen zu überdenken, mehr zu delegieren, dem Personal mehr Vertrauen zu schenken und die migrantische Bevölkerung stärker an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Diese Menschen seien in der Stadt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die interkulturelle Bildung sei zudem wichtig, um Chancengerechtigkeit herzustellen und die Stadt zukunftsfähig zu machen. Daher solle die Stadt auch die interkulturelle Bildung in Schule und Weiterbildung stärken. Vor allem brauche es dabei eines: mehr Tempo. 
  • Die Rede von AfD-Ratsherr Richard Mol dokumentieren wir hier nicht. Wir haben uns darauf verständigt, lediglich die Debatte der demokratisch orientierten Parteien abzubilden. Kleine Kuriosität am Rande: Weil viele Ratsleute die Zeit, in der Mol sprach, nutzten, um aufs Klo zu gehen, hätte die Abstimmung über den Haushalt scheitern können. Mol sprach sehr kurz. Als er fertig war, waren noch nicht alle zurück. Die Westfälischen Nachrichten haben das hier dokumentiert. (rhe)

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Das Ende des Gasometers, wie wir ihn kennen

Das Gazo-Kollektiv wird den Gasometer bald räumen müssen. Der Rat hat am Mittwoch den Antrag der Internationalen Fraktion mehrheitlich abgelehnt. Sie wollte, dass das Grundstück bis Juni 2025 nicht verkauft wird. Denn das stand und steht nun weiterhin bevor (RUMS-Brief).

Das Unternehmen UTB, das Projekte zur Stadtentwicklung macht, hat den Investor:innenwettbewerb gewonnen (RUMS-Brief). CDU, FDP, SPD und Grüne loben die von UTB aufgestellte Vision in der Ratssitzung. Zum Beispiel, weil der Gebäudekomplex aus nachhaltigen Baustoffen gebaut werden soll, es ein Mobilitätskonzept gibt und weil das Denkmal Gasometer erhalten bleibt. Kurz: Man bekomme ziemlich viel von dem, was man gefordert hatte, sagt FDP-Ratsherr Bernd Mayweg.

Demo vor dem Rathaus

Das Gazo-Kollektiv fordert allerdings noch etwas, das so nicht im Konzept für den Gasometer steht: einen Freiraum, der selbstorganisiert ist und an dem sich queere und junge Menschen sicher und willkommen fühlen. Darum geht es auch im ersten Redebeitrag auf der Kundgebung, die während der Sitzung vorm Rathaus stattfindet und zwischendurch ziemlich laut ist.

Was draußen sonst passiert ist: Die Gruppe „Busters“ hat gestern in einer Instagram-Story behauptet, einigen Demo-Teilnehmer:innen sei der Zutritt zur Ratssitzung von Beamt:innen verwehrt worden. Polizei und Stadt teilen uns mit: Sie wissen davon nichts. Die Stadt schreibt uns dafür: „Grundsätzlich gilt, dass niemandem der Zugang zu einer öffentlichen Sitzung des Rates verwehrt werden kann. Wer allerdings den Ablauf der Sitzung stört, muss den Raum verlassen.“ 

Drinnen ist die Sache mit dem Ort für eine Szene eher zweitrangig. Die SPD würde es „begrüßen“, wenn der Investor dem Kollektiv Platz anböte. Grünen-Ratsfrau Annika Bürger sagt, man erkenne den Bedarf an und wolle „weiterhin im Austausch zu bleiben“. Aber auch: „Für diesen Standort am ehemaligen Gasometer ist die Alleinnutzung durch die Initiative Sozialpalast eine Überforderung.“

Die Grünen und ihre Meinung

Moment. Hatten sich die Grünen nicht eigentlich für die Initiative ausgesprochen? Linken-Fraktionssprecher Ulrich Thoden wirft ihnen ihre Haltung im Rat jedenfalls vor, denn sie hätten dem Kollektiv lange Unterstützung versichert.

Grünen-Fraktionschef Christoph Kattentidt begründet das in einem Telefongespräch nach der Ratssitzung so: Man habe sich Zeit genommen, weil man es ernst meine. Zum Schluss habe man allerdings den Eindruck gehabt: Das grundsätzliche Verständnis der Gruppe lasse sich mit den „gängigen Strukturen“ schwer vereinbaren. Das habe sich zum Beispiel gezeigt, als es um ein Konzept für den Ort oder Fördermittel gegangen sei. Darüber habe man vor drei Wochen noch einmal in der Fraktion gesprochen. Und entschieden: Das, was das Kollektiv vorgestellt hat, ist den Grünen finanziell zu unsicher.

Kulturräume verschwinden in Münster

Stellt sich die Frage: Inwiefern sollte eine Gruppe, wie sie das Gazo-Kollektiv ist, überhaupt in solche Strukturen passen? Ist es nicht gerade ihr Ansatz, die zu hinterfragen und Dinge anders zu machen? „Die Privatisierung des Grundstückes zu verhindern ist gescheitert, was wir scharf kritisieren“, schreibt Janis Ester für das Gazo-Kollektiv. Anscheinend fehle es der Stadt Münster an politischem Willen, öffentlichen Besitz zu erhalten und gemeinwohlorientiert zu bewirtschaften.

Das Gazo-Kollektiv macht außerdem darauf aufmerksam, dass neben dem Gasometer als Kulturort auch die Trafo-Station verschwunden sei und das Paul-Gerhardt-Haus bisher keine sichere Perspektive habe (RUMS-Brief). Zwei weitere Räume in Münster, die möglichst niedrigschwellig und nicht-kommerziell sein wollen.

Es ist nachvollziehbar, wenn Leute sagen: „So was ist utopisch, das kann sich die Stadt nicht leisten.“ Oder vielleicht: „Utopien sind nicht immer schlecht. Die Stadt sollte sich das zwar leisten, aber es geht einfach nicht.“ Dass der Bedarf da ist, machen engagierte Menschen gerade aber an einigen Ecken deutlich. Deswegen ist es wohl auch wichtig, nicht mit so einer Feststellung aufzuhören, sondern zu fragen: Wie bekommt es eine Stadt hin, neue Räume dieser Art zu schaffen, oder Menschen einfach mal schaffen zu lassen und zu gucken, was sie aus einem Ort in ihrer Stadt machen? 

Christoph Kattentidt bringt spontan das Gebäude ins Gespräch, das die B-Side gerade zwischennutzt. Das sei nur so eine Idee. „Aber wir wollen zeigen: Wir machen uns Gedanken.“ (sst)

Klima-Update

+++ Die Stadt Münster erinnert daran, dass Sie noch bis zum 31. Januar Ideen zum Klimastadtvertrag einreichen können. Münster ist Teil der EU-Mission „100 Climate-Neutral and Smart Cities“, Teil hiervon wiederum ist der Vertrag. In diesem Vertrag halten die Städte ihre Visionen, konkrete Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten und einen Investmentplan fest. Der Vertrag soll laufend angepasst werden, weswegen Sie sich auch noch nach dem 31. Januar dazu äußern können. (sst)

+++ Falls Sie noch keine Weihnachtsgeschenke und so gar keine Lust auf Weihnachtsbaumshopping haben, hier eine gute Ausrede, das dieses Jahr sein zu lassen oder ein bisschen anders zu machen: Weihnachtstraditionen sind in Deutschland sehr mit Konsum verbunden. Das sagt die Nachhaltigkeitsforscherin Carolin Bohn von der Uni Münster im Interview mit dem evangelischen Pressedienst (hier in der Neuen Westfälischen). Auf der einen Seite sei es sehr schwierig, damit zu brechen, sagt sie. Auf der anderen Seite gibt sie ein paar Tipps, wie man’s trotzdem schön machen kann. Warum nicht mal „Zeit statt Zeug“ schenken (und dann nicht gemeinsam shoppen, sondern im Wald spazieren gehen)? (sst)

Korrekturen

Im RUMS-Brief am Dienstag haben wir darüber geschrieben, was in Münster im neuen Jahr teurer wird. In den Angaben zu städtischen Verwaltungsgebühren haben wir aus Versehen aus einer falschen Übersicht zitiert. Die Passage haben wir entfernt, da diese Preise sich nicht ändern. Richtig ist es wie folgt: Sich in Münster an- und abzumelden ist kostenlos, ein Auszug aus dem Melderegister kostet 9 Euro. Eine Baugenehmigung mindestens 50 Euro (Tarifstelle 3, Punkt 3.1.4). Einen Grundbuchauszug bekommt man beim Grundbuchamt (über das Amtsgericht). Kosten: 10 Euro, für einen amtlichen Ausdruck 20 Euro. (rhe)

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Ein-Satz-Zentrale

+++ Münsters Naturrasen-Sportplätze bleiben bis Montag gesperrt, die Asche- und Kunstrasenplätze sind wieder bespielbar. (Stadt Münster)

+++ Weil im Oktober in Münster 136 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen sind (normal sind rund 60 Liter) und im November 123 Liter (im Durchschnitt ist’s etwa die Hälfte), fließt in  Münsters Bächen zurzeit viel Wasser. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Stadt hat an der Ostseite des Bahnhofs Durchfahrtssperren vor den Eingang gestellt, um die Sicherheit zu erhöhen. (Stadt Münster)

+++ Weil Priester fehlen, leiten jetzt die Pastoralreferentin, der Verwaltungsleiter und ein Ehrenamtlicher die katholische Pfarrei St. Joseph. (Antenne Münster)

+++ Die Polizei sucht Menschen, die am Samstagabend auf der Friedrichstraße gesehen haben, wie eine 22-jährige Münsteranerin rassistisch beleidigt, geschlagen und mit einem Messer bedroht wurde. (Polizei Münster

+++ Spaziergänger:innen haben im Dyckburgwald eine Frauenleiche gefunden, bei der es sich mutmaßlich um eine 33-jährige Osnabrückerin handelt, die als vermisst galt. (Westfälische Nachrichten)

+++ RUMS-Kolumnist und Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz lehnt den Begriff „Leitkultur“ im Entwurf zum neuen Grundsatzprogramm der CDU ab. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Stadtwerke Münster kaufen ein Tiefbauunternehmen, um den steigenden Bedarf an Fachkräften zu decken. (Stadtwerke Münster

+++ Der Regionalrat wird auch dann weiterhin im Freiherr-von-Vincke-Haus am Domplatz tagen, wenn das Verfassungsgericht dort einzieht. (Bezirksregierung Münster)

+++ Der Mobilitätspreis geht in diesem Jahr an die Provinzial-Versicherung, den Verband Regionalverkehr Münsterland und an den Verein „Move and Meet“, der vor allem Frauen den Weg in den Sport erleichtert. (Mobilitätspreis Münster)

+++ Der Allgemeine Fahrradclub macht mehrere Vorschläge dazu, wie man den Stadthafen Nord zu einem autoarmen Quartier machen kann. (Adfc-Pressemitteilung)

+++ Das LWL-Museum für Kunst und Kultur übernimmt im nächsten Jahr die Sammlung des Museums für Lackkunst in Münster. (dpa, hier bei „Zeit Online“)


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Gemeinsam auf dem Weg zum Frieden. Das ist nicht nur ein passender Zukunftswunsch in unruhigen Zeiten, sondern auch der Titel eines vor einigen Wochen erschienenen Kinderbuchs. Geschrieben hat es die Autorin Zita Klünker. Die Illustrationen stammen von Marta Latour, die eigentlich Martje Thalmann heißt und als Türmerin in der Lambertikirche arbeitet. In dem Buch geht es auch um Münster. Die Geschichte handelt von drei Freund:innen, die ganz unterschiedliche Bezüge zu Krieg und Frieden haben, jedoch auch einige Krisen der vergangenen Jahre gemeinsam erlebt haben. Auf einer Reise versuchen sie, etwas zu finden, das den Weltfrieden näherbringt. 

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Fabian Cohrs hat heute ein paar schöne Empfehlungen für Sie herausgesucht:

+++ Dieses Wochenende laufen zwei Vorstellungen des Stücks „Love & Loneliness in the 21st Century“ im Pumpenhaus. In dem Stück des israelischen Tänzers Nir de Volff geht es um einen Mann in seiner Midlife Crisis. In der One-Man-Show geht es um Liebe und Verluste, Erinnerungen und Enttäuschungen. Vorführungen finden morgen und übermorgen jeweils um 20 Uhr statt. Karten und weitere Informationen erhalten Sie hier.

+++ Im Stück „Tratsch im Treppenhaus“ geht’s um Zoff unter Nachbar:innen. Allerdings auf Plattdeutsch unter dem Titel „Quaterie in’t Treppenhues“. Verstehen Sie nicht? Kein Problem, es gibt ja noch die hochdeutschen Übertitel. Die Vorstellungen heute und morgen beginnen um 19:30 Uhr im Stadttheater. Tickets und weitere Informationen erhalten Sie hier.

+++ Nächste Woche ist der Kurzfilmtag, den Kinos deutschlandweit logischerweise mit Kurzfilmen zelebrieren. In Münster geht es mit einem Kinderprogramm schon am Sonntag los. Ansonsten gibt es am Dienstag den „Kurzfilmsalon“ in der Kurbelkiste mit dem Programm „Golden Shorts“. Hier gibt es Tickets für die Kurbelkiste. Falls Sie noch nach weiteren Veranstaltungen am Kurzfilmtag suchen, werden Sie hier fündig.

+++ Das Tattoostudio „Tätowiersucht“ veranstaltet morgen von 14 bis 20 Uhr einen kleinen Markt mit Glühwein, Waffeln, Flohmarkt, Kunsthandwerk und mehr. Schauen Sie doch mal vorbei, hier gibt es die Ankündigung bei Instagram.

+++ Ab morgen stellen Studierende der Kunstakademie ihre Werke im Haus der Niederlande aus. Unter dem Titel „I can’t believe we made it“ wird es in der Ausstellung Siebdrucke und Radierungen zu sehen geben. Die kostenfreie Ausstellung ist von Montag bis Freitag von 12 bis 18 Uhr geöffnet, am Wochenende von 10 bis 16 Uhr. Weitere Informationen gibt es hier.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Fabian Cohrs (fco), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Svenja Stühmeier (sst)
Lektorat: Antonia Strotmann


PS

Heute Abend brennt die letzte Kerze auf der Chanukkia am Maria-Euthymia-Platz. Damit endet das jüdische Lichterfest, das in diesem Jahr überschattet wird von dem grausamen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel. Seit dem 7. Oktober hat sich das Leben für Jüd:innen in Deutschland verändert. Über diese Entwicklung hat der serbische Autor Ivan Ivanji in dieser Woche einen lesenswerten Essay in der „taz“ veröffentlicht. Ivanji überlebte das Konzentrationslager Buchenwald, arbeitete im ehemaligen Jugoslawien als Dolmetscher für Präsident Tito und galt über die Jahre hinweg als jüdische Stimme, die Israel scharf kritisierte und an der Seite der Palästinenser:innen stand. Mit fast 95 Jahren hat er seine Meinung geändert. Im Oktober schrieb Ivan Ivanji: „Ich fühle mich zum ersten Mal seit meiner Befreiung aus dem Konzentrationslager vor 78 Jahren als Jude.“ In seinem neuen Text heißt es: „Es ist nun mal meine Erfahrung, dass ich in Deutschland keine Antisemiten kannte. Und jetzt soll alles anders sein?“ (sfo)

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