- Newsletter
- Briefe
- Brief von Marc-Stefan Andres und Götz Grommek
Neue Abo-Preise ab September | Klimaanpassung: Mit Lyrik gegen Hitze, Sturm und Starkregen | Stadtfest: RUMS mittendrin
Guten Tag,
heute starten wir den Brief in eigener Sache. Wir werden ab dem 1. September unsere Abo-Preise erhöhen. Qualitativ hochwertiger Lokaljournalismus kostet Geld, und auch wir spüren die steigenden Preise. Wir bezahlen unser hervorragendes Team, unser Büro, Versicherungen, Lizenzen, Bezahl-Dienstleister, E-Mail-Anbieter und viele andere kleine und große Aufwände. Daher werden wir ab September folgende Preisstruktur haben:
- Das Standard-Abo kostet zukünftig 12 Euro (bislang 10 Euro).
- Der Preis für das Idealistisch-Abo steigt auf 18 Euro (15 Euro).
- Das Großzügig-Abo kostet nun 36 Euro (25 Euro).
- Der Preis für das ermäßigte Standard-Abo erhöht sich auf 6 Euro (5 Euro). Dieses Angebot können Schüler:innen, Studierende oder Menschen beziehen, die Arbeitslosengeld II empfangen.
- Alle Abos bleiben monatlich kündbar.
Wir setzen das Geld außerdem ein, um die Technik zu verbessern, mit deren Hilfe wir Ihnen den Journalismus präsentieren. Auch davon profitieren Sie. Seit Monaten arbeiten wir daran, unser technisches System zu überarbeiten. Im Oktober präsentieren wir Ihnen das Ergebnis.
Hier schon mal ein Ausblick: Es wird alles anders aussehen, frischer und übersichtlicher. Außerdem werden wir das Idealistisch- und das Großzügig-Abo aufwerten. Das heißt:
- Mit dem Idealistisch-Abo können Sie dann über zwei E-Mail-Adressen RUMS beziehen und RUMS so leichter teilen.
- Mit dem Großzügig-Abo stehen Ihnen bis zu vier E-Mail-Adressen zur Verfügung.
Um diese Vorteile nutzen zu können, müssen die Idealistisch- und Großzügig-Abonennt:innen Anfang Oktober ein neues Produkt buchen. Das liegt daran, dass sich die Technik im Hintergrund geändert hat. Aber keine Sorge, Sie müssen sich jetzt noch nichts merken. Wir werden Ihnen das im September noch einmal erklären. Im Prinzip ist es auch ganz leicht.
Vielen Dank, dass Sie RUMS unterstützen.
Herzliche Grüße
Götz Grommek und Marc-Stefan Andres
Und hier geht’s jetzt weiter mit dem RUMS-Brief.
+++ In ein paar Jahren wird die Justizvollzugsanstalt umziehen, aus der Innenstadt heraus nach Wolbeck. Das Gebäude an der Gartenstraße soll allerdings erhalten bleiben, schließlich sind viele Teile des Gefängnisses ein Baudenkmal. Im Zukunftskonzept der Stadt steht, dass man mal ausloten will, inwiefern das Areal als neues Innenstadtquartier genutzt werden kann. Über diesen Grundsatzbeschluss wird der Rat in der ersten Sitzung nach der Sommerpause entscheiden. In der Vorlage sind vier Planungsziele mit Ausrufezeichen versehen: das Gebäude denkmalgerecht nutzen, das Quartier in der Stadt vernetzen, Freiräume sichern und das Quartier möglichst vielfältig und klimagerecht gestalten. Dazu will die Stadt insbesondere die Nachbarschaft frühzeitig einbeziehen und zum Beispiel Nutzungsideen diskutieren, sobald es konkrete gibt. (sst)
+++ Ist Ihnen auch schon die neue Radwegführung auf der Wolbecker Straße aufgefallen? Seit einiger Zeit machen große Schilder darauf aufmerksam, dass Radfahrende auf der Fahrbahn fahren dürfen. Jetzt müssen sie das vor einem Supermarkt sogar. Der ehemalige Radweg ist inzwischen grau eingefärbt und bietet Fußgänger:innen mehr Platz. Das soll Unfällen vorbeugen, die laut Pressemitteilung der Stadt an dieser Stelle in der Vergangenheit häufiger zwischen Rad- und Fußverkehr passiert sind. Stattdessen gibt’s jetzt einen neuen roten Schutzstreifen auf dem Asphalt. Außerdem wird’s bald noch vier Ladezonen für Liefer- und Paketdienste geben. Und aus gegebenem Anlass noch einmal eine kleine Erinnerung: Wer mit dem Auto Radfahrende überholt, muss sowohl mit als auch ohne aufgemalten Schutzstreifen anderthalb Meter Abstand zu ihnen halten. Und auch da, wo die Straße nicht rot eingefärbt ist, dürfen Radfahrende auf der Wolbecker Straße zwischen Servatii- und Hansaplatz fahren. (sst)
+++ Es hat viel geregnet, gleichzeitig war es warm: Das mögen Pilze, die gerade aus dem Boden schießen. Beste Voraussetzungen also für einen Waldausflug mit Messer und Korb. Bevor Sie sich jedoch zum Sammeln aufmachen, vergewissern Sie sich, dass Sie auch ganz sicher ein essbares Exemplar gefunden haben. Laut Westfälischen Nachrichten hat das Uniklinikum dieses Jahr schon vier Menschen aufgenommen, die sich mit einem Knollenblätterpilz vergiftet haben. Der sieht Champignons täuschend ähnlich und ist laut NDR für neun von zehn tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich. Falls Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können Sie zum Beispiel einen Termin mit Pilzsachverständigen über die Datenbank der Deutschen Gesellschaft für Mykologie vereinbaren. (sst)
Wie es weiterging – mit den Luftbildern
Am Dienstag haben wir im RUMS-Brief auf 400 Luftbilder von Münster aus dem Jahr 1993 hingewiesen, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe veröffentlicht hat. Und wir baten darum, auf Dinge hinzuweisen, die wir bei der Sichtung übersehen haben. Henry Robbert schreibt uns: „Das Erstaunlichste ist mit das Offensichtlichste: Die Promenade, wie wir sie heute kennen, war gar nicht Allee, die sie heute quasi überall ist, sondern vor allem ein schöner Weg auf einem Wall mit Rasen drumherum.“ Auf diesem Bild ist das sehr gut zu sehen. Johannes Massolle ist aufgefallen, dass ein Foto vom Stadthafen spiegelverkehrt ist. Und ein interessanter Hinweis steht unter dem Brief in den Kommentaren: Luftbilder von Münster aus den vergangenen 20 Jahren, geordnet nach Jahren, finden Sie auch auf den Seiten der Stadt Münster. (rhe)
Mit Lyrik gegen Hitze, Sturm und Starkregen
In den vergangenen Wochen hat es geschüttet und gestürmt, jetzt steht eine Hitzewelle bevor. Ist Münster auf die Klimakrise vorbereitet? Sebastian Fobbe ist dieser Frage nachgegangen – eine Zusammenarbeit von RUMS mit dem Recherchezentrum Correctiv.
Ein großer Teil unserer Arbeit bei RUMS besteht darin, Ratspapiere und Verwaltungsdokumente zu lesen. Das kann ganz schön ermüdend sein. Ich sage nur: Behördendeutsch.
Da ist es doch schön, wenn sich die Autor:innen ins Zeug legen und die inhaltsschwere Bürokratieprosa mit ein paar entzückenden Stilmitteln aufhübschen. Ein wunderbares Beispiel hierfür findet sich in einem Entwurf für das Innenstadtkonzept der Stadt Münster. Darin heißt es, Münster sei „Großstadt und ‚Hygge‘ zugleich“. Ah ja. Und was soll das bedeuten? Münsters Innenstadt soll laut Konzeptentwurf „mehr großstädtisches Flair erhalten, ohne seine Behaglichkeit zu verlieren“.
Wenn es aber so weitergeht, wie es die Wissenschaft vorhersagt und es im Sommer deutlich heißer wird, stärker stürmt und heftiger regnet, ist es mit der hyggeligen Innenstadt in Münster bald vorbei. Einen Vorgeschmack auf dieses Szenario haben wir in den vergangenen Jahren schon erlebt. Der Sturm Kyrill 2007, das Hochwasser 2014, das Fischsterben im Aasee 2018 – und die Unwetter in diesem Jahr.
Immerhin hat die Stadt schon 2015 ein Klimaanpassungskonzept erarbeitet. Zentraler Punkt hierbei ist „ein Schirm für Münster“ – die nächste Metapher in Münsters Klimalyrik. Der aufgespannte Schirm soll die Stadt sowohl vor Hitze als auch vor Starkregen schützen. Das Zentrum Klimaanpassung, das im September eine Aktionswoche mit dem Bundesumweltministerium ausrichten wird, meldet den „Schirm für Münster“ auf seiner Website als Praxisbeispiel für andere Städte und Gemeinden in Deutschland.
Die Klimakrise wird heftig und teuer
Aber wie steht es um die Klimaanpassung in Münster? Die Antwort darauf findet sich in einer Umfrage des Recherchezentrums Correctiv. Das Lokal-Netzwerk hat zusammen mit dem WDR, NDR und BR alle 400 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland angefragt, um zu erfahren, ob und wie sie auf die Klimakrise vorbereitet sind. 330 haben geantwortet, darunter auch Münster.
Die Stadt Münster schreibt in der Umfrage, sie sehe sich bis zum Jahr 2050 mit extremen Wetterereignissen konfrontiert. 96 Prozent der Städte und Landkreise, die auf die Correctiv-Umfrage geantwortet haben, äußern sich genauso.
Konkret heißt das laut Stadt: Münster wird mit mehr Hitzewellen und Dürreperioden zu tun haben. Was das angeht, sah es in der Vergangenheit schon nicht gut aus. Vergangenes Jahr hat die Wetterstation am Flughafen in Greven 22 heiße Tage mit mehr als 30 Grad Celsius gezählt. Der Schnitt der Jahre 1993 bis 2022 lag bei fast neun heißen Tagen. Und das trocknet die Böden aus. Zwischen 2018 und 2022 herrschte jedes Jahr im Schnitt fast ein Dreivierteljahr lang Dürre.
Gleichzeitig geht die Stadt von heftigeren Stürmen und stärkeren Regenfällen aus. Zudem rechnet sie mit mehr Überschwemmungen. Das Bundesamt für Gewässerkunde hat ausgerechnet, dass bei einem Flusshochwasser 1.200 Menschen in Münster betroffen wären. Unklar ist nach aktuellen Daten nur, ob Münster einen Trinkwassermangel erleben wird.
Diese Schäden werden sehr teuer: Münster erwartet im Verlauf der Klimakrise „signifikant höhere finanzielle Belastungen“ bis 2050. Das geben insgesamt 86 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte in der Umfrage an.
Es wird immer heißer in Münster. Die Wetterstation am Grevener Flughafen hat vergangenes Jahr 22 heiße Tage mit über 30 Grad Celsius gemessen. Zwischen 1993 und 2022 gab es im Durchschnitt durchschnittlich neun heiße Tage.
(Quellen: Wetterstation FMO, Correctiv)
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
Die Stadt tut schon alles – sagt sie
Fest steht aber auch: Noch teurer wäre es, nichts zu tun und der Klimakrise einfach ihren freien Lauf zu lassen. Doch diese Botschaft scheint noch nicht überall angekommen zu sein: Nur ein Viertel der Städte und Kreise, die Correctiv geantwortet haben, verfügen über ein Klimaanpassungskonzept. In Sachsen-Anhalt haben 82 Prozent weder ein Konzept noch planen sie eines. Anders in NRW. Dort hat mehr als die Hälfte der kreisfreien Städte und Kreise ein Konzept.
Deshalb zurück zum „Schirm für Münster“. Wie viel hat die Stadt denn schon in Sachen Klimaanpassung geleistet? Laut Correctiv-Umfrage steht Münster vorbildlich dar. Logisch, denn die Stadt hat ja auch den Fragebogen ausgefüllt. Egal ob beim Hitze- oder Hochwasserschutz: Die Stadt schreibt, sie habe bereits alle möglichen Maßnahmen umgesetzt.
Super, Problem gelöst. Oder? Teresa Häuser vom Klimaentscheid Münster sagt, die Stadt passe sich zwar in einigen Bereichen an die Klimakrise an, aber eben nicht im großen Stil. Mit der Anpassung sei es wie mit der Klimaneutralität. Es fehle laut Häuser ein Plan, der die nötigen Schritte aufzeigt, um die Klimakrise abzufedern. Die Stadt schreibt in der Correctiv-Umfrage, sie entsiegle zum Beispiel Flächen, pflanze Bäume und baue Hochwasserrückhaltebecken. Das stimmt alles, sagt Häuser. Aber bisher seien es eben nur punktuelle Verbesserungen. Es fehle ein Konzept für die gesamte Stadt.
Ich habe bei der Stadt nachgefragt und um konkrete Beispiele gebeten. Im Rahmen meiner Frist habe ich leider keine Antworten vom Presseamt bekommen. Falls sich die Stadt noch meldet, liefere ich die Stellungnahme im RUMS-Brief nach.
Die Übertragbarkeit fehlt, die Abkehr vom Wachstum auch
Trotzdem zwei Beispiele: Die Stadt hat den Kinderbach in Kinderhaus renaturiert, aber eben nicht alle Flüsse in Münster. Für die Wolbecker Straße gibt es Vorschläge, um dort die Verkehrswende voranzutreiben, aber eben nicht für alle Straßen. Alles schön und gut. Teresa Häuser kritisiert, dass die Stadt diese Maßnahmen nicht auf alle relevanten Stellen überträgt.
Es sind also kleine Schritte, die die Stadt in Richtung Klimaanpassung geht. Man könnte es aber auch härter ausdrücken und von Klima-PR oder Greenwashing sprechen. Dazu gibt es noch einen zweiten Kritikpunkt des Klimaentscheids: Die Stadt setze weiterhin auf Wachstum, sagt Teresa Häuser.
Besonders plastisch erklärt sich diese Kritik anhand der diversen Flächenkonzepte, die die Stadt erstellt hat. Beispiel Bauleitplanung: Die soll es „erheblich erschweren“, neue Gebäude im zweiten Grünring zu errichten (RUMS-Brief). Der zweite Grünring liegt zwischen Münster-Mitte und den Außenbezirken.
Allerdings sollte man hier auf die Formulierung achten: Dass der Neubau „erheblich erschwert“ werden soll, bedeutet nicht, dass er komplett untersagt wird. Das wird in der Praxis tatsächlich nicht so eng gesehen. Gerade plant die Stadt, zwei Modellquartiere im zweiten Grünring mit neuen Wohnungen und Gewerbeflächen zu errichten. Teresa Häuser bezweifelt, dass zum Ausgleich genauso viel Fläche wieder entsiegelt wird.
Ausgleich, der keinen Ausgleich schafft
Apropos Ausgleichsflächen, hiervon gibt es zwei Sorten: Ausgleichsflächen, die per Entsiegelung Ersatz schaffen, und Ausgleichsflächen, die durch eine ökologische Auswertung entstehen. Wenn Sie wissen wollen, wo in Münster Ausgleichsflächen zu finden sind, setzen Sie im Umweltkataster beim Kompensationsflächenkataster einen Haken.
Da werden Ihnen dann einige Flächen angezeigt. Detlef Lobmeyer vom Nabu Münster sagt allerdings, man stoße bei den Ausgleichsflächen auf viele Flächen, die ihren Zweck nicht erfüllen. Das Problem sei, dass die Stadt manche Ausgleichsflächen nicht pflegt. So würden zum Beispiel Obstbäume auf Sandböden gepflanzt, obwohl die Fläche für solche Bäume ungeeignet ist.
Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: Was kann die Stadt Münster tun, um sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen?
Nachverdichtung und Wassermanagement
In einem Beitrag in der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ (Apuz) heißt es, die Städte müssten im Zuge der Klimaanpassung das Prinzip einer dreifachen Innenstadtentwicklung in den Blick nehmen. Dabei geht es um bauliche Verdichtung, mehr Stadtgrün und platzsparende Mobilität.
Die Nachverdichtung sei laut Apuz „das Gebot der Stunde“, denn dadurch würden Brachflächen und Leerstand ressourcenschonend genutzt. Das wäre ein Argument, den zweiten Grünring in Münster unangetastet zu lassen. Allerdings hat die Nachverdichtung auch einen Nachteil. Wenn zum Beispiel Baulücken geschlossen werden, können Schneisen für Kalt- und Frischluft in den Wohnquartieren verschwinden. Das vergrößert Hitzeinseln. Und das wiederum wäre ein Argument, den zweiten Grünring ein bisschen zu bebauen.
Außerdem sollten Flächen im Idealfall mehrere Funktionen erfüllen, heißt es in der Apuz. Ein Beispiel hierfür ist die Stadt Rotterdam in den Niederlanden. Laut Artikel hat Rotterdam für jeden Stadtteil einen eigenen Wasserplan erstellt. Neben Deichen und Gründächern werden auch Wasserplätze gebaut, die Regen auffangen. Wenn es trocken ist, können die Wasserplätze als Aufenthaltsorte oder für Sport genutzt werden.
Diese Form der Stadtplanung soll verhindern, dass bei Starkregen die Kanalisation überläuft und es im schlimmsten Fall zu Hochwassern kommt. Zudem verbessern sich die Grundwasserqualität und das Stadtklima, wenn Wasser nicht mehr direkt abfließt. Über dieses Prinzip der sogenannten Schwammstadt hat Ann-Marlen Hoolt vor zwei Jahren einen RUMS-Brief geschrieben. Mehr Grün, weniger Versiegelung und mehr Rückhaltebecken sind wichtige Elemente einer Schwammstadt.
Treten die Flüsse über ihre Ufer, wären 1.200 Menschen in Münster betroffen. Ist Münster auf die Klimakrise vorbereitet? Sebastian Fobbe ist dieser Frage nachgegangen. Jetzt freigeschaltet: Die Zusammenarbeit von RUMS mit dem Recherchezentrum Correctiv.
(Quelle: Bundesamt für Gewässerkunde)
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
Schwitzen gegen die Hitze
Was das angeht, sei Münster sehr gut aufgestellt, sagt der Stadthydrologe Helmut Grüning von der Fachhochschule Münster. „Die Stadt hat unterirdische Becken, die zum Teil so groß sind wie Turnhallen“, sagt Grüning.
Diese Becken sind aber beim Hochwasser 2014 übergelaufen. Damals sei in kurzer Zeit zu viel Regen gefallen, sagt Grüning. Das waren fast 300 Liter Regenwasser pro Quadratmeter in wenigen Stunden. Immense Massen, wie ein aktueller Vergleich zeigt: Diese Woche sind in Frankfurt 50 bis 60 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Das war genug, um die Landebahn am Flughafen unter Wasser zu setzen und den Flugverkehr lahmzulegen.
Auch beim Hitzeschutz spielen Wasserflächen eine Rolle, sagt Grüning. Eine blau-grüne Infrastruktur kühle die Innenstadt ab. Dunkle Flächen, zum Beispiel schwarzer Asphalt, heizen die Stadt hingegen auf. Um Hitzeinseln zu bekämpfen, müsse man stattdessen laut Grüning „die Stadt zum Schwitzen bringen“. Noch mehr schwitzen im Sommer. Muss das sein?
„Jupp“, antwortet Helmut Grüning westfälisch-knapp. Im Grunde sei es wie beim Menschen: Wenn uns zu heiß wird, schwitzen wir, um uns abzukühlen. Gäbe es mehr grüne und blaue Flächen in der Stadt, könnte sich das Stadtklima über die Verdunstung abkühlen. Feuchtwiesen wären dafür ideal, sagt Grüning. Allerdings gäbe es solche Flächen in Städten praktisch nie.
Baumrigolen als Lösung
Eine andere Möglichkeit seien Baumrigolen. Eine solche Rigole hat einen Regenwasserspeicher unterhalb des Baumes. Der versorgt den Baum nicht nur mit Wasser, sondern speichert auch Feuchtigkeit für Verdunstungsprozesse. Helmut Grüning hat bei der FH Münster Baumrigolen entwickelt, die 90 Prozent des Regenwassers auffangen können.
Laut Grüning sei Bochum baumrigolenmäßig sehr gut aufgestellt. Wie sieht’s da aus? Ein Stadtsprecher teilt uns auf Anfrage mit, in Bochum gebe es mehr als 30 Baumrigolen. 150 weitere seien geplant. Allerdings sind Baumrigolen nicht gerade billig. Ein Pilotprojekt mit 18 untereinander vernetzten Rigolen hat allein rund 800.000 Euro gekostet. Für jeweils 8.000 Euro hat Bochum hingegen elf einzelne errichtet.
Kosten, gutes Stichwort. In diesem Punkt ist die Stadt in der Correctiv-Umfrage überraschend ehrlich. Sie schreibt, in den kommenden Jahren könnte die erforderliche Klimaanpassung nur „zum Teil“ finanziert werden. Die Maßnahmen finanziere sie „überwiegend oder ausschließlich aus eigenen Mitteln“.
Einen eigenen Etat hat die Klimaanpassung im städtischen Haushalt allerdings nicht. Das soll sich aber ändern. Das Ratsbündnis hat zusammen mit den Linken und der internationalen Fraktion ein Klimabudget beantragt. Ein solches Budget soll aufzeigen, wie viel Treibhausgase Münster noch bis 2030 ausstoßen darf und welche Maßnahmen wirksam sind, um die Klimaneutralität zu erreichen. Diese Maßnahmen sollen dann im Haushalt verankert werden. Bis zur Sommerpause hätte die Stadtverwaltung laut Antrag Ergebnisse liefern sollen. Aber zum Klimabudget gibt es noch keine Neuigkeiten.
Keine Alternativen
Neben dem Geldgibt es noch einen zweiten Haken. Den thematisiert das fertige Innenstadtkonzept. Darin heißt es zwar, dass Grün- und Wasserflächen für die Klimaanpassung benötigt werden, gewohnt poetisch schreibt die Stadt aber, diese Flächen müssten „im Einklang mit den historischen Prägungen der Stadtstruktur und der erhaltenswerten Gebäude“ stehen. Hier steht also der historische Städtebau im Weg.
Nur: Zur Klimaanpassung gibt es keine Alternative. Wie diese Aufnahme zeigt, ist die Innenstadt schon jetzt eine riesige, dunkelrote Hitzeinsel. Es ist also dringend geboten, dass die Stadt mehr Ergebnisse produziert als ein paar einzelne Verbesserungen und schönschreiberisches Stadtmarketing. Im Innenstadtkonzept steht über den Klimaschutz der poetische Satz: „Dass die Altstadt von dem grün-blauen Band der Aa durchzogen wird und vom Promenadenring prägnant grün gesäumt ist, kommt diesem Ziel entgegen.“ Wir werden also sehen, was sich aus der Klimalyrik der Stadt entwickelt. (sfo)
Diese Recherche ist Teil einer Kooperation von RUMS mit CORRECTIV, NDR, BR und WDR. Das Netzwerk CORRECTIV.Lokal recherchiert zu verschiedenen Themen, darunter in einem Schwerpunkt langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos unter correctiv.org/klima.
Korrekturen
Im RUMS-Brief am Dienstag hatten wir in der Ein-Satz-Zentrale die „Münstersche Volkszeitung“ zitiert, sie aber „Münsterische Volkszeitung“ genannt. Im ersten Wort war also ein „i“ zu viel. Das tut uns leid, wir haben den Fehler korrigiert. Man kommt da ja schnell durcheinander. Früher gab es auch noch die Münstersche Zeitung. Und morgens am Kiosk sieht es so aus, als wäre das auch weiterhin so. Tatsächlich produzieren aber die Westfälischen Nachrichten den Lokalteil für die Münstersche Zeitung, und da heißt das Lokale, so steht es jedenfalls über der Seite, diesmal mit einem „i“ in der Mitte: „Münsterischer Anzeiger“. (rhe)
Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
+++ Der Flughafen Münster/Osnabrück gibt in einer Pressemeldung an, in der Ferienzeit rund 250.000 Fluggäste befördert zu haben. Das sind 10 Prozent mehr als vergangenes Jahr und sogar 13 Prozent im Vergleich zu 2019. Die meisten sind nach Mallorca und Antalya geflogen, gefolgt von den griechischen Inseln. Damit hat der Flughafen sein Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Die Presseabteilung findet das super und schreibt von einem „optimistischen Ausblick“ auf die Herbstmonate. Nicht ganz so optimistisch ist der Ausblick auf die damit ausgestoßenen Treibhausgase: Der Flug nach Antalya verursacht laut Emissionsrechner pro Strecke für jede:n über eine halbe Tonne CO2, nach Palma de Mallorca eine knappe Dritteltonne. Um klimaverträglich zu leben, müssen wir weniger als eine Tonne CO2 pro Kopf und Jahr ausstoßen. Aktuell sind es durchschnittlich 11,2 Tonnen. Falls Sie Ihre Reisen etwas klimafreundlicher gestalten, aber trotzdem gerne auf Mallorca Urlaub machen wollen: Ab Paris können Sie mit dem Zug zum Beispiel nach Toulon oder Barcelona durchfahren und von dort aus die Fähre nehmen. Dauert deutlich länger, aber vielleicht sehen Sie unterwegs dafür noch andere schöne Orte. (ewi/sst)
+++ Für’s Protokoll: Die Vertiefungsstudie zum Fahrradverleihsystem in Münster ist nun veröffentlicht worden. Dass es das doch nicht geben wird, hatte der Rat aber schon vor ein paar Monaten beschlossen. Während die Linke und CDU genau diese Studie noch abwarten wollten, um die endgültige Entscheidung zu fällen, war das Ratsbündnis der Meinung: Dieses Projekt hätte vielleicht Prestige gehabt, aber wäre kein Treiber der Verkehrswende geworden. Und dafür sei es zu teuer (RUMS-Brief). Die Vertiefungsstudie spricht sich allerdings für so ein System aus. Argumente dafür sind laut Studie etwa, dass es die günstigste Leihmöglichkeit für Nutzende sei, dass es rund um die Uhr nutzbar sei und dass es potenziell Zweit- und Dritträder überflüssig mache. (sst)
Grüße aus dem Urlaub
Erfrischende Grüße kommen heute vom Kasbek rübergeweht. Das ist der dritthöchste Berg Georgiens, den RUMS-Abonnent Tim Rohleder im Urlaub bestiegen hat. Waren auch Sie in den Sommerferien fleißig? Dann schicken Sie uns gerne ein Urlaubsfoto an redaktion@rums.ms.
+++ Es wurde schon wieder etwas im Boden gefunden, das aussieht wie ein Blindgänger, dieses Mal südlich des Düesberg-Parks. (Stadt Münster)
+++ Die Stadt und Bezirksregierung streiten sich am 8. September vor Gericht über die geplante Gesamtschule in Roxel. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Gewerkschaft Verdi veranstaltet einen Erfahrungsaustausch für Medienschaffende, die nicht so genau wissen, wie das mit der Rückzahlung von Corona-Soforthilfen läuft. (Verdi)
+++ Die Post hat viele Zustellprobleme in Mecklenbeck, will aber die Rückstände abarbeiten. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Volksbank will ihr Hauptgebäude umbauen mit einem Extrageschoss und einem neuen Durchgang vom Drubbel zum Stadttheater. (Antenne Münster)
+++ Nachdem drei Störche und ein Faultier im Münsteraner Zoo gestorben sind, hat die Tierschutzorganisation Peta den Zoo und das Veterinäramt angezeigt. (Antenne Münster)
+++ Die Stadt hat ein neues Onlineportal, über das Mängel bei Straßen, Wegen und Anlagen in Münster gemeldet werden können. (Mängelmelder)
+++ Am 15. September soll eine Friedenskonferenz in Münster stattfinden, zu der Kyjiws Bürgermeister Witalij Klytschko eingeladen ist. (Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe)
+++ Verschiedene Akteur:innen aus der Wirtschaft haben eine Broschüre veröffentlicht, in der sie aufgeschrieben haben, was sie sich für Münster als Wirtschaftsstandort wünschen. (IHK Nordwestfalen)
Veranstaltung vor Ort 07. September 2023, 19:00 Uhr
Was ein Bürger:innenrat bewegen könnte – und was nicht
Aus der Reihe: „Was bewegt Münster?“ (#5)
Rechtspopulist:innen erhalten immer mehr Zuspruch, Menschen in Deutschland haben immer weniger Vertrauen in die Demokratie und die Wahlbeteiligung war auch mal höher. Wie kann eine Gesellschaft die Demokratie stärken und diesen Tendenzen entgegenwirken? Ein Instrument, das einige für eine Möglichkeit halten, nennt sich Bürger:innenrat. Was könnte so ein Rat in Münster bewegen? Wie funktionieren sie in anderen Städten und wo könnte es zu Schwierigkeiten kommen?
Darüber spricht RUMS-Redakteurin Svenja Stühmeier am 7. September mit Andreas Schiel von der Initiative „Demokratie Update Münster“ und Nora Freier vom Demokratie- und Partizipationsinstitut Wuppertal. Sie sind herzlich eingeladen und wir freuen uns, wenn Sie mitdiskutieren.
Diese Veranstaltung ist übrigens die fünfte des gemeinnützigen Vereins Rund um Münster – Forum für lokale Öffentlichkeit.
Als es beim Hammer-Straßen-Fest wie aus Eimern geschüttet hat, konnten wir unsere Sachen bei unseren Standnachbar:innen in Sicherheit bringen. Das waren die freundlichen Mitarbeiter:innen des Spirituosenhändlers „Vom Fass“. Das Geschäft an der Hammer Straße 8 hat eine große Auswahl an Weinen, Likören und Schnäpsen. Es gibt aber auch alkoholfreie Spezialitäten wie Feinkost, Pesto, Pasta, Antipasti, Essig und Öle. Wenn Sie für die nächste Party ein Mitbringsel suchen, finden Sie außerdem bestimmt ein schönes (und schmackhaftes) Geschenkset.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Fabian Cohrs hat heute in den Terminkalender geguckt und ein paar schöne Veranstaltungen für Sie herausgesucht:
+++ Wenn Sie heute schon in der Innenstadt unterwegs waren, haben Sie bestimmt gesehen, dass überall Stände fürs Stadtfest aufgebaut worden sind. RUMS ist mittendrin dabei, genauer gesagt an der Heinrich-Brüning-Straße beim Stadthaus 1. Kommen Sie gerne auf einen Schnack vorbei. Es gibt wie immer eine Tombola für kleine RUMS-Fans, die mit einem ausgemalten Rürup-Cartoon dreimal einen 10-Euro-Gutschein von Mukk gewinnen können. Bis Sonntag findet das Stadtfest statt. Das Programm finden Sie hier.
+++ Morgen verwandelt sich die Promenade wieder in einen riesigen Flohmarkt zwischen Aasee und Schloss. Wie immer gilt: Wer Rares für Bares ergattern will, muss früh aufstehen. Beginn ist um 8 Uhr.
+++ Und was ist mit dem Wochenmarkt? Der fällt morgen aus. Auf dem Domplatz steht ja die Konzertbühne fürs Stadtfest.
+++ Um 13 Uhr startet morgen das „Laut und Heimlich“-Festival in der Sputnikhalle am Hawerkamp mit Livemusik, Kunst und Workshops. Es gibt noch Tickets für 25 Euro, der Abendpass ab 22 Uhr kostet 19 Euro. Zum Programm bitte einmal hier entlang.
+++ Am Sonntag spielen verschiedene DJs „Beats am Beckenrand“ im Freibad Stapelskotten. Musikalisch reichen die Sets von House bis Hip-Hop, schreibt das Sportamt. Die Freibadfete geht von 15 Uhr bis 20 Uhr.
+++ Noch bis zum 27. August ist in der Stadthausgalerie die Ausstellung „Off the Pedestals“ zu sehen, in der es um die Kriegerdenkmäler in Münster geht. Das Schlosstheater zeigt im Rahmen der Ausstellung am Montag einen Film: Beim Dreiteiler „Ahnen“ geht es um Denkmäler, die im Laufe der Zeit immer wieder ideologisch umgewidmet wurden. Hier gibt’s mehr Infos und hier bekommen Sie Karten für die Vorführung.
+++ Und noch ein letzter Tipp: Bis zum 27. August ist in der Josephkirche eine Ausstellung über die Diskriminierung von queeren Katholik:innen zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein tolles Wochenende.
Vielleicht treffen wir uns beim Stadtfest. Ich stehe morgen von 13 bis 17 Uhr am RUMS-Stand und freue mich, wenn Sie vorbeikommen.
Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe
Mitarbeit: Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Svenja Stühmeier (sst), Elija Winkler (ewi)
Lektorat: Antonia Strotmann
Diesen Brief teilen und RUMS weiterempfehlen
PS
Vor mehr als 20 Jahren rief die Grünenlegende Hans-Christian Ströbele auf einer Parade in Berlin einen Satz, der später wochenlang im Radio zu hören war. Jetzt ist eingetreten, was Ströbele damals gefordert hat: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gibt das Hanf frei. Ei, ei, ei, denken Sie jetzt vielleicht. Ob das wohl gut geht? Damit bei der Legalisierung auch nichts schiefläuft, bietet die nordrhein-westfälische Landwirtschaftskammer als erste Sicherheits- und Qualitätsmaßnahme einen Lehrgang an. Wer den erfolgreich durchläuft, darf sich im Anschluss Cannabis-Fachkultivierer:in nennen. Vorher müssen Sie allerdings erst einmal Landwirt:in oder Gärtner:in werden. Und damit wirklich alles gut wird, hat Münster natürlich seine Finger im Bubatzspiel. Die Lehrlinge absolvieren ihre Weiterbildung nämlich in einem Bildungszentrum in Wolbeck. Der Abschlusstest findet übrigens ohne THC und Verkostung statt. Dafür müsste man dann vielleicht auf die Absolventenparty gehen.
Ihnen gefällt dieser Beitrag?
Wir haben Ihnen diesen Artikel kostenlos freigeschaltet. Doch das ist nur eine Ausnahme. Denn RUMS ist normalerweise kostenpflichtig (warum, lesen Sie hier).
Mit einem Abo bekommen Sie:
- 2x pro Woche unsere Briefe per E-Mail, dazu sonntags eine Kolumne von wechselnden Autor:innen
- vollen Zugriff auf alle Beiträge, Reportagen und Briefe auf der Website
- Zeit, sich alles in Ruhe anzuschauen: Die ersten 6 Monate zahlen Sie nur einen Euro.
Wir freuen uns sehr, wenn wir Sie ab heute in der RUMS-Community begrüßen dürfen!
Sie möchten dieses Thema mit anderen Leser:innen diskutieren oder uns Hinweise geben
Nutzen Sie einfach unsere Kommentarfunktion unterhalb dieses Textes. Wenn Sie diesen Brief gerade als E-Mail lesen, klicken Sie auf den folgenden Link, um den Text auf unserer Website aufzurufen:
diesen Brief kommentieren