Wer läuft zuerst durchs Klimaziel? | Für und Wider der Videokameras auf Schulgeländen | Anwohnerparken: Doch keine Gebührenerhöhung in Münster?

Porträt von Svenja Stühmeier
Mit Svenja Stühmeier

Guten Tag,

manche Menschen sollen ja Spaß an Wettbewerben haben. Sie bereiten sich darauf vor mit dem Ziel, besser zu sein als die anderen Teilnehmenden. Wer das schafft, bekommt am Ende eine schöne Medaille und ein Pressefoto. Ob „besser als alle anderen“ aber objektiv betrachtet gut ist, rückt dabei manchmal in den Hintergrund oder wird vielleicht sogar durch möglichst hohe erbrachte Leistungen definiert. Zum Beispiel beim Sport in der Freizeit ist das auch unproblematisch. Wenn Wettbewerbe Menschen motivieren können, sich zu bewegen und Kontakte zu anderen Sportler:innen zu knüpfen, ist das doch eine gute Sache.

Anders ist das bei der Bekämpfung der Klimakrise. Da sind Motivation und Kontakte knüpfen zu Menschen, denen Klima- und Umweltschutz auch wichtig ist, natürlich auch super. Das reicht allerdings nicht aus, wie uns Wissenschaftler:innen sagen: Selbst das, was Menschen vielleicht als „hochambitioniert“ bezeichnen, ist oft nicht ausreichend, um die Erderhitzung in großem Stil aufzuhalten.

Den Gedanken hat Carolin Bohn gestern beim Stadtforum „Münster wird zur Klimastadt“ (RUMS-Kolumne) formuliert. „Es geht hier um Klimaneutralität, nicht um ihrer Selbst willen, sondern weil es die unbedingt notwendige Voraussetzung dafür ist, dass wir und alle heutigen und zukünftigen Generationen ein gutes Leben führen können und letztlich sogar überleben können“, hat die Wissenschaftlerin vom Zentrum für interdisziplinäre Nachhaltigungsforschung auf der Bühne gesagt.

Ehrgeizige Vorhaben

Dieses Forum fand im Rahmen einer EU-Mission statt. Die unterstützt einhundert Städte dabei, bis 2030 klimaneutral zu werden, Münster ist eine davon. Wiebke Pankauke ist in der EU-Kommission für dieses Projekt zuständig und war auch zu Gast. Sie hat etwa von der Vision gesprochen, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent sein wird. Oberbürgermeister Markus Lewe nennt das eine „Klima-Olympiade“ und einen „Wettbewerb mit den europäischen Städten“.

Und wie es sich für einen Wettbewerb gehört, gehe es nicht um Versprechen, hat Markus Lewe zur Klimaneutralität bis 2030 gesagt. Sondern um Ziele. Ob man die erreicht? Kommt drauf an, wie sehr man sich anstrengt. Lewe hat gestern noch einmal betont, dass Bürger:innen Verantwortung für eine ressourcenschonende Stadt übernehmen müssen. Ich halte das grundsätzlich für einen sehr guten Ansatz. Das Bestreben, in einer klimaneutralen Stadt zu leben, bedeutet Veränderungen für ihre Bewohner:innen, das muss klar sein.

Man würde ja, aber …

Zumindest diejenigen, die regelmäßig an diesen Veranstaltungen teilnehmen, zeigen jedoch die geforderte Bereitschaft längst. Mehr noch, sie ermutigen die Stadt, auch unpopuläre Entscheidungen im Sinne des Klima- und Umweltschutzes zu treffen und versichern ihre Unterstützung.

Nur: Dafür müsste es die auch geben. Oder wenigstens konkrete Ansätze. Wie eben den Maßnahmenplan, den Markus Lewe längst hätte vorlegen müssen (RUMS-Brief). Den hat er gestern jedoch kleingeredet: Ein festgelegter Plan sei zu eindimensional, um das vielschichtige Problem Klimakrise zu lösen.

In einer Pressemitteilung kritisieren Gruppen wie zum Beispiel der Klimaentscheid und Fridays for Future diese Haltung. Und verweisen außerdem auf die EU-Mission, in deren Rahmen jede Stadt einen Aktions- und einen Finanzierungsplan erstellen soll. Das wäre schließlich sowas ähnliches.

Jetzt soll allerdings erst einmal der sogenannte Klimastadtvertrag entstehen, und zwar in Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft. Auch den sollen alle einhundert Städte aus dem EU-Programm verfassen. Einen Platz auf dem Treppchen kann Münster hier zwar nicht mehr bekommen, denn laut Wiebke Pankauke haben schon zwölf Städte so einen Vertrag fertiggestellt. Mitmachen lohnt sich aber trotzdem. Hier können Sie Ihre Ideen einbringen. (sst)

Kurz und Klein

+++ Zu fast allen Themen, die im Stadtrat diskutiert werden, meldet sich der AfD-Ratsherr Richard Mol zu Wort, um die für seine Partei typischen Geschmacklosigkeiten abzusondern. Bislang ignorierten die Ratsleute der demokratischen Fraktion diese Provokationen, schließlich will man nicht über jedes Stöckchen springen, das die AfD einem hinhält. Am Mittwoch hat Mol allerdings den Bogen im Rat überspannt. In den Debatten um die Videoüberwachung an einer Schule (dazu weiter unten mehr) und um eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Gievenbeck äußerte sich Mol dermaßen rassistisch, dass die demokratischen Ratsleute ihren stoischen Umgang nun überdenken. Georgios Tsakalidis von der Internationalen Fraktion forderte etwa, die demokratischen Ratsmitglieder müssten stärker Position gegen die Aussagen von Mol beziehen. Die SPD-Bürgermeisterin Maria Winkel dachte sogar laut darüber nach, die Aussagen von Mol strafrechtlich prüfen zu lassen. Aber wäre so etwas auch erfolgversprechend? Anders als Abgeordnete des Land- oder Bundestags genießen Mitglieder des Stadtrats keine politische Immunität. Richard Mol könnte also wie alle anderen Ratsleute auch strafrechtlich verfolgt werden. Einige Kommunalpolitiker:innen der AfD sind bereits wegen Volksverhetzung in den sozialen Medien verurteilt worden: Drei Beispiele sind Marie-Thérèse Kaiser, Carsten Härle und Florian Jäger. (sfo)

+++ Vor einem Jahr hat die Vorsitzende des allgemeinen Studierendenausschusses der Uni Münster, Madita Fester, auf Twitter geschrieben, sie wolle „das Patriarchat und den Kapitalismus brennen sehen“ und strebe eine sozialistische Revolution an. Kampfeslustige Parolen, die früher einmal zum guten Ton unter Studierendenvertreter:innen gehörten. Diese Woche haben die Journalisten Peter Poensgen und Christoph Wüllner diese Posse aber noch einmal ausgebuddelt und sich in der Bildzeitung über den Tweet der Asta-Vorsitzenden empört. Anlass dafür ist, dass Madita Fester von ihrer Partei, der SPD Münster, ins Rennen um einen Listenplatz für die Europawahl 2024 geschickt wird. Das habe für „politischen Wirbel in NRW“ gesorgt, schreiben Poensgen und Wüllner, und um diese künstlich erzeugte Aufregung noch einmal zu untermauern, haben die beiden Männer andere Männer zitiert, die das genauso sehen wie sie. Nur: Bis auf den Kommentar vom NRW-Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, sind die Zitate von Matthias Hauser (CDU) und der liberalen Hochschulgruppe schon ein Jahr alt. Mehr als ein laues Lüftchen scheint dieser Sturm im Wasserglas wohl doch nicht zu sein. (sfo)

Wie es weiterging

Mit dem Bürger:innenrat

Oben habe ich Ihnen schon ein paar Absätze zum Stadtforum geschrieben. Einen Aspekt habe ich dort nicht angesprochen: Die anwesenden Bürger:innen haben sich im zweiten Teil in Gruppen zusammengefunden und konkrete Handlungsmöglichkeiten in verschiedenen Themenfeldern diskutiert.

In einer Gruppe ging es um Bildung, Meinung und Mitgestaltung. Und als Quintessenz haben die Teilnehmenden angeregt, einen Bürger:innenrat einzuführen. Die Initiative „Demokratie Update Münster“ verfolgt das Vorhaben schon seit einiger Zeit und eigentlich hat die Verwaltung die Aufgabe, die Umsetzung dieses Jahr zu konkretisieren. Aber richtig viel ist bisher nicht geschehen (RUMS-Brief). Im Ausschuss für Stadtplanung und Stadtentwicklung hat Maximilian Brinkmann-Brand (Grüne) noch einmal nachgehakt, die Antwort der Verwaltung steht nun aus.

Derweil hat sich die Initiative mal in der Stadt umgehorcht, um herauszufinden, über welche Themen die Bürger:innen denn gerne sprechen würden. Von Anfang April bis Mitte Juni haben sie etwa 250 Themenvorschläge gesammelt, sowohl online als auch bei Straßenumfragen. Die meisten haben mit Verkehr (59 Vorschläge) zu tun. Das zweithäufigste Feld ist Stadtplanung (41), auf Platz drei steht Klima (38). Alle Erkenntnisse und Ergebnisse finden Sie hier. Und falls Sie selbst noch einen Vorschlag haben: Das Online-Formular ist weiter geöffnet. (sst)

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Mit dem Musik-Campus

Nach unserer Meldung über die Musik-Campus-Planungen am Dienstag kamen einige Reaktionen. Joachim Harder, Dirigent der „EinKlang“-Philharmonie (RUMS-Interview) und Gegner der Musik-Campus-Idee, schickte uns einen Katalog aus fünf Fragen und Antworten, in dem er unter anderem erklärt, warum er einige der gesagten Dinge bezweifelt. Cornelia Wilkens hatte in dem Pressegespräch gesagt, unter den Gruppen, die in der Vergangenheit „Ankermietende“ genannt wurden, werde es keine Hierarchie geben. Das würde bedeuten: Die Gruppen aus der freien Musikszene stehen auf gleicher Stufe wie das Sinfonieorchester, die Musikhochschule und die städtische Musikschule.

Joachim Harder denkt nicht, dass das so sein wird. Schon der immense Budgetunterschied zwischen dem Theater Münster (24 Millionen Euro pro Jahr) und der freien Musikszene (etwa 180.000 Euro pro Jahr) lasse daran Zweifel aufkommen. Auch die Belegung der Räume sei ohne Hierarchie kaum vorstellbar. Harder fragt: „Wer ist die freie Musik-Szene eigentlich?” Er fragt: „Wen vertreten die Mitglieder des musikfachlichen Beratungsgremiums?“ Und er fragt: „Betreiberkonzept erneut vertagt – warum?“ Harders kompletten Katalog samt seiner Antworten finden Sie hier.

Wenn Sie sich für die Perspektive der Stadt Münster interessieren: Das Kommunikationsamt hat eine ausführliche Pressemitteilung zum Zwischenbericht des musikfachlichen Beratungsgremiums veröffentlicht. Tenor: Das Gremium zieht eine positive Bilanz seiner Arbeit. Man arbeite an Ideen, um die 700 Quadratmeter effektiv und möglichst zukunftssicher zu nutzen. (rhe)

Das Für und Wider der Videokameras auf Schulgeländen

Im letzten Brief haben wir den Stadtrat in unseren Meldungen ja quasi vorzeitig in die Sommerpause geschickt und geschrieben, die Sitzung am Mittwoch werde wohl kurz ausfallen. Und dann haben die Ratsmitglieder und wir uns doch in einer dreistündigen Diskussionsrunde wiedergefunden. Ein Grund dafür war die geplante und nun beschlossene Videoüberwachung am Schulzentrum in Kinderhaus.

Das Thema ist nicht neu in Münster. 2019 hatte der Rat beschlossen, dass die Schulzentren in Hiltrup und in Wolbeck mit Videokameras ausgestattet werden sollen, was im August 2019 passiert ist. Denn: Immer mehr Leute hatten die Schulgebäude beschädigt. Vor einigen Wochen hat die Verwaltung dann ihre Zwischenbilanz zum Pilotprojekt veröffentlicht, zu der sie der Rat verpflichtet hat. Mit dem Fazit: Die Videoüberwachung sei ein wirkungsvolles Mittel, denn seitdem dort Kameras hängen, ist es zu weniger Schäden gekommen. Das sollte man so also ruhig weitermachen und auch auf andere Schulen mit Vandalismus-Problem ausweiten.

Im Rat ist man da geteilter Meinung. Bevor ich allerdings auf die Argumente für und gegen die Maßnahme eingehe, kurz zu den Rahmenbedingungen. Denn da sind sich alle einig: Wenn es schon Videoüberwachung an Schulen gibt, muss die wenigstens reguliert sein.

  • Es gibt keine Aufzeichnung in Unterrichtsräumen und Lehrerzimmern.
  • Die Kameras zeichnen unter der Woche zwischen 22 und 7 Uhr auf, am Wochenende, an Feiertagen und in den Ferien potenziell rund um die Uhr. Die Aufzeichnung startet an diesen Tagen allerdings nur dann, wenn die Kameras eine Bewegung wahrnehmen.
  • Die Videos werden fünf Tage lang gespeichert und anschließend automatisch gelöscht.
  • Falls eine Aufzeichnung ausgewertet werden soll, um eine Tat nachzuvollziehen, muss das innerhalb der fünf Tage geschehen. Dafür müssen ein:e Hausmeister:in und ein:e Mitarbeiter:in aus dem Schulamt zugegen sein, denn sie verfügen jeweils über einen Teil des Passworts, mit dem sie an die Daten gelangen.
  • Der Personalrat wird vor einer Auswertung informiert. Er darf teilnehmen, weitere Personen allerdings nicht.
  • Videosequenzen werden nur auf einem USB-Stick gesichert und so der Polizei übergeben.
  • Die Verwaltung berichtet alle zwei Jahre über die Videoüberwachung. Dann wird neu entschieden, ob die Projekte fortgeführt und angepasst werden sollten.

Für die einen sind diese Richtlinien stärker als ihre Bedenken in Bezug auf die Kameras an Schulen, insbesondere im Verhältnis zu den Straftaten, die dort begangen werden. Die sind zurückgegangen, zumindest in den Bereichen, in denen Kameras hängen. In Wolbeck wurden 2021 Fertigbauklassen aufgestellt, außerhalb des videoüberwachten Areals. Dann wurden sie beschädigt. Das wieder zu richten, hat recht viel Geld gekostet. Seit 2022 werden auch diese Räume von Kameras bewacht.

Videoüberwachung als letzte Instanz

Grüne, SPD, Volt und CDU haben sich im Rat für die Erweiterung der Videoüberwachung ausgesprochen. Letztere hatte 2021 mit einem Antrag angeregt zu prüfen, an welchen städtischen Gebäuden sich die Methode zusätzlich anböte. Gleichzeitig haben die Sprecher:innen immer wieder betont: Diese Vorgehensweise soll laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Und sie stehe auf der Eskalationstreppe ziemlich weit oben, oder andersherum ausgedrückt: Andere Maßnahmen haben zu wenig Wirkung gezeigt.

Für Stefan Leschniok (CDU) geben die Kameras Schüler:innen, Eltern und Lehrpersonal eine gewisse Freiheit zurück, nämlich die, beruhigt zur Schule gehen zu können. Der Freiheitsdefinition der FDP entspricht das allerdings nicht. Für den Fraktionsvorsitzenden Jörg Berens verletzt die Videoüberwachung Bürger:innenrechte. Und außerdem stellt er einige Fragen, die für ihn längst nicht ausreichend geklärt sind: Wie verhältnismäßig ist die Überwachung in Bezug auf die Kosten, die aufgrund von Vandalismus entstehen? Warum ist es in Ordnung, dass Kinder, die Schulhöfe außerhalb der Schulzeiten als Spielplatz nutzen, in den Ferien jederzeit dabei aufgenommen werden können? Und inwiefern steht wirklich der Gedanke hinter den Projekten, dass die Kameras auch irgendwann wieder abgebaut werden?

„Es ist kein Einstieg in eine breit angelegte Überwachungsstaatlichkeit“, sagt Meik Bruns (CDU) dazu. Aber so ganz unberechtigt sind die Bedenken von Jörg Berens, die auch Ulrich Thoden (Linke) und Georgios Tsakalidis (Internationale Fraktion) teilen, vielleicht doch nicht. Schließlich wird das Pilotprojekt nun erweitert und die Verwaltung hat in ihrer Bilanz neben ihrem positiven Urteil auch schon weitere Schulen genannt, an denen Kameras eine Überlegung wert seien.

Wie man es konkret schaffen könnte, die Videoaufnahmen überflüssig zu machen, steht da allerdings nicht drin. Obwohl es sich laut Stadtdirektor Thomas Paal um eine „Ultima Ratio“ handelt. Er sagt auch: „Wir haben uns in den ersten Piloten noch schwerer getan als jetzt beim Nachziehen des Schulzentrums in Kinderhaus.“ Ist die Videoüberwachung also doch irgendwie normal geworden?

Viele halten Kameras für angemessen

Auf der anderen Seite muss man eben auch sagen: Die Polizei und Angehörige der Schulen finden die Maßnahme laut Verwaltungsvorlage angemessen und gut. Der stellvertretende Schulleiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Walter Brinkmann sagt, dass am Schulzentrum einige Vorkehrungen gegen Vandalismus nichts gebracht haben. Zum Beispiel geht dort helles Licht an, wenn sich Menschen im Radius eines Bewegungsmelders befinden. Trotzdem hätten Gruppen weiter Fahrräder gestohlen, Fenster kaputt gemacht und seien in die Schule eingebrochen.

Und es gibt noch eine weitere Schwierigkeit, die Helene Goldbeck (Volt) anspricht. Als Alternative zu Kameras könnte man Personal einsetzen, das kostet aber Geld und das hat die Stadt nicht im Überfluss.

Eine Stelle wurde allerdings doch geschaffen. Ergebnis der vorigen Diskussionen ist nämlich auch, dass die Fahrradständer in Kinderhaus nicht wie ursprünglich von der Verwaltung vorgeschlagen von Kameras überwacht werden. Denn hier hat man den Eindruck, dass andere Möglichkeiten bestehen, sie vor Fahrraddiebstählen und -beschädigungen schützen. Eine Aufsichtsperson hat ihren Dienst bereits angetreten und ist an Schultagen bis 15 Uhr vor Ort. Allerdings: Seitdem wurde laut Walter Brinkmann schon wieder ein Fahrrad geklaut, gegen 16 Uhr.

Was in der Ratssitzung eher am Rand Thema war, ist die Frage, wie sich die Kameras auf dem Schulgelände auf Schüler:innen auswirken könnten. Doris Feldmann (SPD) hat eine Studie des Landesbeauftragten für Datenschutz angesprochen. Darin steht: Auch wenn Kameras ausgeschaltet oder durch Attrappen ausgetauscht werden, fühlen sich Menschen beobachtet. Sie ändern dann ihr Verhalten und handeln eingeschränkt. Damit haben sie dieselbe Wirkung wie herkömmliche Videoüberwachung.

Aber was ist eigentlich das Problem?

Die Sozialarbeiterin Heike Tewes-Herting weitet den Blick noch einmal aus. Sie hat vor ein paar Jahren das Projekt „Limit“ an der Hauptschule Hiltrup begleitet, an der auch Kameras installiert sind. „Kameras ändern nichts am eigentlichen Problem“, ist ihre Einschätzung. Sie würden eher das individuelle Sicherheitsempfinden stärken. Sie sagt, dass Jugendliche, die aggressiv werden und Vandalismus betreiben, Anleitung brauchen, also eine gute pädagogische Betreuung.

Sozialarbeiter:innen gibt es an den Schulen in Kinderhaus auch. In den Fällen, in denen Schüler:innen in die Schule eingebrochen sind oder etwas kaputt gemacht haben, seien Gespräche wirkungsvoll gewesen, berichtet Schulleiter Walter Brinkmann. Aber: Nicht alle Täter:innen besuchen auch das Schulzentrum. Und in diesem Fall kann die schulinterne Sozialarbeit wiederum nicht allzu viel ausrichten. (sst)

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Urteil zum Anwohnerparken: Doch keine Gebührenerhöhung in Münster?

Am Dienstag hatten wir es im RUMS-Brief schon prophezeit: Das neueste Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Anwohnerparken wird auch Auswirkungen auf Münster haben. Und siehe da: Nur einen Tag später meldete sich Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer im Rat zu genau diesem Thema zu Wort und verkündete ein paar Neuigkeiten. Worum geht’s?

Das Urteil

Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die neue Parkgebührensatzung in Freiburg für unwirksam und zwar aus drei Gründen:

  1. Die Stadt hatte einen formalen Fehler begangen: Sie hätte statt einer Satzung eine Rechtsverordnung erlassen müssen.
  2. Das Gericht sah aber auch inhaltliche Mängel: So sei der Sozialrabatt auf die Parkgebühren für Geringverdienende, Beziehende von Sozialleistungen oder Menschen mit Behinderung unzulässig.
  3. Interessant ist auch ein weiterer Punkt im Urteil: Das Gericht findet die Gebührenstaffelung nach Autogröße unverhältnismäßig. Ab einer Fahrzeuglänge von 4,71 Metern hätten Autofahrende in Freiburg 480 Euro fürs Parken pro Jahr zahlen müssen. Menschen mit einem Auto, das kürzer als 4,20 Meter ist, dagegen nur die Hälfte. Die Parkgebühren für Autos mit Längen dazwischen hätten bei 360 Euro gelegen. Grundsätzlich könnten Fahrzeuglängen eine Gebührenstaffelung rechtfertigen, aber im Freiburger Fall seien die Sprünge laut Gericht zu groß.

Was bedeutet das für Münster?

Die Stadt hatte hier ab Juli Ähnliches vor: In zwei Stufen sollten die Jahreskosten fürs Anwohnerparken auf bis zu 380 Euro steigen. Auch hier ist eine Staffelung je nach Autolänge und ein Sozialtarif für Menschen mit Münsterpass geplant. Die Gebühren nach Einkommen zu staffeln, ist juristisch nicht möglich.

Wolfgang Heuer sagte am Mittwoch im Rat, was aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für Münster folge, könne man noch nicht abschätzen, zumal der Urteilstext noch gar nicht öffentlich ist. Er rechne aber damit, dass „auch Bestandteile unserer Gebührenordnung rechtswidrig sind“.

Und jetzt?

Heuer sagte im Rat, die Stadt werde „für eine kurze Übergangszeit“ keine Parkausweise ausstellen. Notfalls werde die neue Gebührenordnung aufgehoben. Dann müsste sich der Rat im September noch einmal damit befassen. Seit heute Mittag steht fest, was übergangsweise gelten soll: Autofahrende, deren Anwohnerparkausweis zum 1. Juli ausläuft, können ihn erstmal weiter hinter die Windschutzscheibe legen. Wer allerdings noch einen Ausweis braucht, kann ihn beim Bürgerbüro beantragen. Welche Gebühren fällig werden, entscheidet sich dann noch. Wie die Westfälischen Nachrichten schreiben, hat die Stadt schon fast 300 Anwohnerparkausweise nach der neuen Gebührenordnung ausgestellt. Was mit denen passieren soll, wisse man noch nicht, heißt es im Bericht.

In Freiburg beginnt das Spiel jetzt wieder von vorne: Der Stadtrat muss eine neue Ordnung schaffen. Solange es die noch nicht gibt, kostet das Parken für Anwohner:innen wieder 30 Euro im Jahr.

Teure Ausweise sind okay

Ein interessantes Detail sollte aber in der Debatte nicht untergehen: Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Grundgebühr fürs Anwohnerparken in Höhe von 360 Euro nicht beanstandet. Im Gegenteil: Ein wohnortnaher Parkplatz sei laut Gericht viel wert und könne entsprechend bepreist werden.

Das sieht der deutsche Städtetag, dessen Präsident Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe ist, ähnlich: Geschäftsführer Helmut Dedy hatte in einer Pressemitteilung zum Urteil noch einmal klargestellt, wie wichtig es sei, Parkraum angemessen zu bepreisen. Gebühren von 30 Euro im Jahr fürs Anwohnerparken seien überholt: „Wer im knappen, öffentlichen Raum parken will, muss auch bereit sein, dafür zu zahlen“, wird Dedy zitiert.

Und auch Münsters Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer äußert sich in einer Pressemeldung der Stadt zu dem Urteil: Es verkompliziere alles nur unnötig. „Eigentlich brauchen wir das Gegenteil: mehr lokale Kompetenzen bei Geschwindigkeitsbeschränkungen, Gebühren und Parkraummanagement”, sagt Heuer. Dafür sollte der Gesetzgeber die Möglichkeiten schaffen. (sfo)

Klima-Update

+++ Das Land Nordrhein-Westfalen will die erste klimaneutrale Industrieregion Europas werden. Jetzt, ein Jahr nach Amtsantritt, hat die schwarz-grüne Landesregierung ihr erstes Klimaschutzpaket geschnürt, das sieben Punkte „anpacken“ soll:

  1. den Ausbau von Wind- und Solarenergie
  2. Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Wärmewende
  3. energieeffiziente Gebäude
  4. mehr Beratungen bei der Verbraucherzentrale, um Menschen zum Energiesparen zu animieren
  5. den Umbau der Wirtschaft hin zu einer kreislaufbasierten und klimaneutralen Ökonomie
  6. den Schutz von Wäldern, Mooren, Grünland und Gewässern

Alles noch ein bisschen unkonkret, aber immerhin ein erster Plan. Ziel der Landesregierung ist es bisher, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 65 Prozent zu senken, verglichen mit dem Jahr 1990. (lar/sfo)

+++ Das war wohl gutes Timing: Am Dienstag hatte sich die Ampel-Koalition auf Bundesebene in Sachen Gebäudeenergiegesetz (GEG; das mit den Heizungen) geeinigt. Und am Mittwoch hat der Rat in Münster beschlossen, dass es einen kommunalen Energienutzungsplan (ENP) geben wird, der auch eine kommunale Wärmeplanung beinhaltet. Die spielt im Entwurf für das GEG eine wichtige Rolle. Denn in Städten ohne Wärmeplanung dürfen beim Heizungsaustausch weiter Gasheizungen eingebaut werden, sofern die auch mit Wasserstoff laufen. Bis spätestens 2028 sollen alle Kommunen so einen Plan vorlegen. In Münster soll es schon Ende 2024 so weit sein. Die Verwaltung hält in ihrer Vorlage fest, dass das dringend nötig ist. Die Wärmeversorgung verursacht etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen in Münster. 80 Prozent der Heizungen laufen mit Erdgas und Heizöl. Immerhin: Die Stadtwerke verzeichnen, dass ihre Kund:innen 2022 fast 15 Prozent weniger Gas und Wärme verbraucht haben als 2021. Der ENP soll die Wärmeplanung stadtweit koordinieren und Leitlinien entwickeln, wo sich welche Form der Wärmeversorgung am besten anbietet. Die kleinräumige Planung findet jedoch nicht im ENP statt. (sst)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Hallenbäder Kinderhaus und Mitte haben seit heute geschlossen, das Hallenbad Ost schließt morgen, weil Personal fehlt und die Leute bei dem schönen Wetter eh lieber ins Freibad gehen. (Stadt Münster)

+++ In Gievenbeck soll eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für achtzig Geflüchtete auf dem Gelände der Oxford-Kaserne entstehen. (Stadt Münster)

+++ Aufgrund des Personalmangels fallen vor allem auf der Stadtwerke-Linie 4 und auf der Eurobahn-Linie RB 65 zahlreiche Fahrten aus. (Antenne Münster)

+++ Münsters Grundstücksvergabe soll künftig einfacher und digitaler vonstattengehen als bisher. (Stadt Münster)

+++: Die Stadt hat zwölf Belüftungsgeräte am Aasee installiert, damit genug Sauerstoff ins Wasser kommt. (Stadt Münster)

+++ Seit heute hat das Bürgerbüro Gievenbeck wieder geöffnet. (Stadt Münster)

+++ An der Sentruper Höhe gibt es eine schicke neue Boule-Anlage. (Klub für Kugelsport Münster)

+++ Der Rat hat Arno Minas zum neuen Beigeordneten für Wohnungsversorgung, Immobilien und Nachhaltigkeit gewählt. (Stadt Münster)

+++ Cordula Gladrow übernimmt wie geplant die Leitung der Stadtbücherei. (Stadt Münster)

+++ Dominik Baumann wird neuer Verwaltungsdirektor am Theater Münster. (Stadt Münster)

+++ Frank Gäfgen, Geschäftsführer der Stadtwerke, übernimmt die Leitung der Westfälischen Bauindustrie von Peter Todeskino. (Stadt Münster)

+++ Eine externe Beratungsfirma soll die digitale Kitaplatzvergabe wuppen, nachdem in diesem Jahr so ziemlich alles schiefgelaufen ist. (Stadt Münster)

+++ Die Stadt Münster richtet eine ehrenamtliche Ombudsstelle für Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen ein, die Streitfragen klären soll. (Stadt Münster)

+++ Vertreter:innen des Bistums Münster, Wissenschaftler:innen und Betroffene ziehen eine gemischte Zwischenbilanz unter die bisherige Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. (Katholisch.de)

+++ Im Allwetterzoo ist ein Orang-Utan-Baby zur Welt gekommen. (Allwetterzoo Münster auf Instagram)

+++ Der Förderverein Münster-Lublin in Deutschland hat mehr als 620.000 Euro gesammelt, um Flüchtlingen aus der Ukraine in Polen zu helfen und dokumentiert die Spendenaktion ab Freitag um 17 Uhr in einer Ausstellung in der Stadtbücherei. (Förderverein Münster-Lublin)

Unbezahlte Werbung

Wenn Sie noch nach einem schönen Ausflugsziel am Wochenende Ausschau halten, hier wäre eines: das Gut Kinderhaus. Der Hof ist ein Inklusionsbetrieb von Westfalenfleiß, dort arbeiten rund vierzig Menschen mit Behinderung, die zum Beispiel Obst und Gemüse anbauen oder in Werkstätten tätig sind. Das Gut hat außerdem ein Café, das Kaffee und Kuchen serviert, und einen eigenen Hofladen, der selbstgemachte Marmelade, Fruchtsäfte und andere Mitbringsel anbietet. Wie es sich für einen Bauernhof gehört, leben dort auch ein paar Tiere. Im Sommer kann man dort übrigens auch eine Gartenparzelle pachten. Das wäre ein Grund mehr, öfter mal zum Gut zu kommen.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Luzia Arlinghaus hat heute in den Terminkalender geschaut und das hier für Sie herausgesucht:

+++ Heute findet ab 20 Uhr der Nachtflohmarkt an der Promenade statt. Im Juli ist erstmal Pause, den nächsten Flohmarkttermin können Sie sich aber schon mal notieren: Das ist der 19. August, dann aber wieder tagsüber.

+++ Am Samstag lädt die Ausländische Studierendenvertretung zum Sommerfest auf dem Schlossplatz ein. Es gibt Musik, Tanz und Speisen aus Ländern der ganzen Welt. Für Kinder ist ab 15 Uhr ein Sprungkissen aufgebaut, sie können sich schminken lassen und am bulgarischen Stand selber töpfern. Für Erwachsene, die sich für Frauenrechte und Nachhaltigkeit in anderen Ländern interessieren, gibt es Infostände.

+++ Heute Abend eröffnet um 20 Uhr eine Ausstellung über ukrainische Erinnerungskultur im Foyer des Philosophikums. Vorbereitet haben die Ausstellung Studierende des kunstgeschichtlichen Instituts der Uni Münster. Mit der Ausstellung wollen die Studierenden das Vorurteil widerlegen, „die Ukraine sei keine Nation mit längerer Geschichte“. Die Ausstellung können Sie unter der Woche besuchen. Vom 19. bis 23. Juni im Foyer des Philosophikums von 8 bis 20 Uhr und vom 26. Juni bis 7.Juli im Fürstenberghaus.

+++ Am Sonntag findet auf dem Emshof, an der Grenze von Münster und Telgte, ein Kompostfestival statt. Um 13:30 Uhr beginnt eine Hofführung, bei der gezeigt wird, wie Kompostieren funktioniert. Danach geht es weiter mit Bastelprogramm für Kinder, wer will kann eine Wurmbox selbst bauen, muss sich dafür aber vorher anmelden. Zwischendurch gibt es Kaffee und Kuchen, Bratwurst und Falafel. Später findet eine Podiumsdiskussion statt und der Abend endet mit einem Freiluftkino am Lagerfeuer. Das gesamte Programm finden Sie hier.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier

Mitarbeit: Luzia Arlinghaus (lar), Sebastian Fobbe (sfo), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe)
Lektorat: Laura Badura

PS

Wir bei RUMS fühlen uns den Niederlanden ja sehr verbunden, das sieht man direkt am Firmenlogo im königlichen Orange. Redakteur Sebastian Fobbe hat da mal gelebt, und unsere Lektorin Lisa Mensing übersetzt niederländische Romane ins Deutsche. Zum Beispiel „Wir sind das Licht“ von Gerda Blees. Darin geht es um eine Wohngemeinschaft, die davon überzeugt ist, sich ausschließlich von Licht ernähren zu können. Bis eine der Bewohner:innen stirbt. Falls Sie mal reinschnuppern (und vielleicht sogar Ihr Niederländisch trainieren) möchten: Ausschnitte in beiden Sprachen können Sie kostenlos hier anhören. Und fürs niederländische Latin-Feeling schauen Sie sich doch Loonas Auftritt auf dem Hafenplatz an. Vergangenen Mittwoch hat sie den Besuch der niederländischen Sportler:innen begleitet, die ab morgen an den Special Olympics in Berlin teilnehmen und vorher in Münster vorbeigekommen sind.

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