Sonntags erscheint die RUMS-Kolumne. Menschen aus Münster analysieren und kommentieren, was in Münster passiert oder was sie in der Welt erleben. Diese Texte geben ihre eigene Meinung wieder, nicht die der Redaktion.
Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen,
langsam erwacht das öffentliche Leben in Münster aus der Zwangsnarkose der Corona-Beschränkungen. Geschäfte haben wieder geöffnet. Seit Montag auch die Restaurants. Die Innenstadt belebt sich wieder. Kitas und Schulen tasten sich schrittweise vor, damit die Kinder wenigstens an einem oder zwei Tagen in der Woche wieder kommen können.
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Stadt, in die ich diesen Brief schreibe, wirkt aus der Ferne robust. Wenn ich mit meinen Freunden und meinen Eltern in Münster spreche und wenn ich die Texte Katrin Jägers und Ralf Heimanns lese, dann stelle ich mir ein solidarisch diszipliniertes oder diszipliniert solidarisches Münster vor, das die Corona-Krise verstanden hat, ernst nimmt und deshalb vergleichsweise milde davon getroffen ist.
Einen schönen Sonntag
wünsche ich Ihnen.
„Die Kunst des Anästhesisten ist nicht, dass jemand einschläft, sondern dass wir alle wieder aufwachen.“ An diesen Satz des Kanzleramtsministers Helge Braun muss ich jetzt oft denken, wenn darüber diskutiert wird, wann, wie und wo die Corona-Restriktionen schrittweise wieder gelockert werden könnten.
Liebe Leser*innen,
seit Jahren schon fahre ich durch die Bundesrepublik und rede in Schulen über Digitalisierung und ihre Herausforderungen. “Was haben Sie ein Glück, Frau Weisband”, bekomme ich nun gesagt: “Corona ist ja praktisch ein Kickstart für die Digitalisierung an Schulen.” Ich bin mir da aber nicht sicher.
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Präsident sagt von sich selbst, er sei ein „sehr stabiles Genie“ und er kenne „die besten, die allerbesten Wörter“. Die amerikanische Fernsehsendung „The Daily Show“ schrieb darum einen Wettbewerb aus, sie suchte das „beste beste Wort“ des Präsidenten. Es konkurrierten Begriffe wie „United Shaysh“ (vermutlich gemeint: die USA), „Bipartiss Solucius“ (überparteiliche Lösungen?) und „Merry Chrissus Erry“ (frohe Weihnachten allerseits?). Das war zwar verdammt lustig, aber kein Witz: Der 73-Jährige hat das alles tatsächlich exakt so gesagt (und hier können Sie’s sehen, und ich verspreche, es wird Ihren Tag nicht trüben). Es siegte übrigens „The Oranges“, da der Präsident gar keine Apfelsinen gemeint hatte; er hatte wohl „origins“, „Ursprünge“, sagen wollen.
Einen schönen Sonntag,
wünsche ich Ihnen.
Seit dem 9. März, also seit jetzt vier Wochen, sind meine Frau und ich in häuslicher Quarantäne. Das hat Gründe, denn ich gehöre gleich dreifach zu den Risikogruppen. Ich bin 73, habe ein vorgeschädigtes Herz und ein geschwächtes Immunsystem. Deshalb werde ich wohl so lange zuhause bleiben müssen, bis ein wirksames Medikament gegen das Coronavirus verfügbar ist oder man sich – wie gegen die Grippe – impfen lassen kann. Das Warten darauf fiele mir leichter, wenn ich mir nicht Sorgen machen müsste um die Jüngeren und um alle, die jetzt um Ihren Arbeitsplatz oder ihren Betrieb bangen. Hoffentlich schaffen es die Forscher, schnell Medikamente oder Impfstoffe zu entwickeln.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Münster war immer da, die Heimat eben, immer konnte ich dorthin zurückkehren. Heimat, das ist ja bereits das Wissen, die Sicherheit nämlich, dass dieser Ort existiert.
Ausgerechnet jetzt aber geht das mit der Rückkehr nicht.
Da sind die Einreiseverbote. Die gestrichenen Flüge. Die Risiken. Die Vernunft, die auch.
Wenn jetzt etwas passierte, wenn uns in New York oder der Tochter in München oder der Schwester in Montpellier oder dem Schwiegervater in Hamburg oder den Eltern in Münster etwas zustieße, wir fänden nicht zueinander.